
Die meisten Fahrzeughersteller verkaufen ihre Produkte heutzutage mit Garantie. Der Unterschied zur gesetzlich verankerten Gewährleistung besteht darin, dass der Kunde nach Ablauf der Halbjahresfrist nicht nachweisen muss, dass der Mangel bei Übergabe schon bestanden hat. Der Kunde kann die volle Garantiezeit darauf bauen, dass er bei einem Mangel eine für ihn kostenlose Reparatur oder einen kostenlosen Ersatz erhält. Die überwiegende Zahl der Fahrzeughersteller gewährt zwei Jahre Garantie, drei Jahre oder mehr geben insbesondere Importeure. Herausragend stellt sich Kia mit sieben Jahren auf, Hyundai, Mitsubishi und die Nissan Nutz- und einige Elektrofahrzeuge folgen mit fünf. Alfa Romeo, Jeep, Lancia und Tesla garantieren den Kunden jeweils vier Jahre Mängelhaftung. Drei Jahre sind bereits bei Jaguar/Land Rover, Maserati, Mazda, Nissan Pkw und einigen Elektrofahrzeugen sowie Toyota/Lexus Standard. Bei einigen ausgewählten Fahrzeugmodellen versprechen die Hersteller ebenfalls längere Fristen, beispielsweise beim Fiat Sedici oder dem Renault Talisman.
Die großzügigen Zusagen sprechen jedenfalls dafür, dass die Hersteller von der Qualität ihrer Produkte überzeugt sind. Bei 14 Herstellern decken die Fristen die üblichen Fuhrparklaufzeiten von drei Jahren ab und funktionieren so als Kundenbindungsinstrument, da sie während der Nutzungsdauer die Loyalität des Kunden, gerade im Reparaturfall, zur Marke wahren und ausbauen, wie Heidrun Brubacher, Leiterin Kundenbetreuung bei der Jaguar Land Rover Deutschland GmbH, erklärt. Doch der temporäre Aspekt ist eine Sache, die Kilometerlaufleistung eine andere, denn einige Fahrzeugproduzenten schränken den Garantiezeitraum durch eine bestimmte Laufleistungsobergrenze, mindestens aber mit 100.000 Kilometern, ein. Ein Blick in die Garantiebedingungen oder zur schnellen Übersicht in unsere beistehende Tabelle ist also unerlässlich.
Planungssicherheit spielt im Fuhrpark eine große Rolle. Fahrzeugausfälle durch Mängel bedeuten nicht nur Kosten, sondern auch Aufwand. Die insbesondere im Privatkundenbereich erfolgreichen Anschlussgarantien spielen im Fuhrpark nicht überall eine vorrangige Rolle, in erster Linie aufgrund der begrenzten Laufzeiten und im Full-Service-Leasing je nach Fahrzeughersteller integrierten Modulen oder kostengünstigen Pauschalen, beispielsweise bei Mazda, bei denen entsprechende Module sämtliche Dienst- und Serviceleistungen einer Garantieverlängerung enthalten. Dennoch gilt ein fehlendes Angebot dieser für einen Hersteller als Wettbewerbsnachteil, denn beim Trend zu längerer Fahrzeugnutzung im Fuhrpark bietet die Garantieverlängerung zusätzliche Sicherheit. „Bei Iveco hieß das Programm früher ‚sorglos fahren‘, das beschreibt den Kundenwunsch sehr gut. Heute ist die Bezeichnung ‚sorglos‘ mittlerweile durch ‚risikolos‘ ersetzt worden“, so ein Unternehmenssprecher. Das wiederum gibt den derzeitigen Trend in der Flottenverwaltung noch präziser wieder. Fuhrparks mit finanzierten oder gekauften Fahrzeugen fragen Garantieverlängerungen stärker nach als Fuhrparks mit Full-Service-Leasing, weiß Stefan Wieber, Direktor Flottenverkauf und Remarketing der Ford-Werke GmbH. Kleinere und mittlere Flotten gelten zudem als Zielgruppe der Garantieverlängerung, analysiert Frank Kemmerer, Leiter Flottenmanagement Mercedes-Benz Pkw und smart im Mercedes-Benz Vertrieb Deutschland. „Bei Porsche-Kunden sind die Approved-Garantie-Versicherungspakete vor allem bei den Nutzern beliebt, die ihren Dienstwagen nach der Leasingzeit übernehmen möchten“, so Reinhold Knott, Leiter Key-Account-Management.
In der Regel sind diese Garantieverlängerungen nichts anderes als eine Versicherung, die der Fahrzeuginhaber abschließt, um sich gegen unerwartete Kosten abzusichern. Alexander Schröder, MOPAR Service Marketing Program Manager, zuständig für Kundendienst, Customer Care, Originalersatzteile und Zubehör für alle Marken der FAC Germany AG, bringt es für seine Marken auf den Punkt: „Mit einem vergleichsweise geringen Betrag lässt sich hier ein Schutz vor Reparaturkosten erreichen, die unter Umständen sehr teuer werden können. Dies wird natürlich noch verstärkt, wenn die Marke sich dazu entscheidet, die Raten für die Versicherung zu subventionieren, wie es häufig getan wurde.“
Häufig gehören die Garantieverlängerungsangebote auch zum Portfolio von Tochtergesellschaften, beispielsweise der Volkswagen Versicherungs AG und der Mercedes-Benz Versicherung AG, oder externen Versicherern. Die Bedingungen, unter denen der Hersteller die Mängelhaftung beziehungsweise die Kosten für Reparatur oder Teiletausch übernimmt, weichen häufig von denen der Neuwagengarantie ab. Auch ist die Kostenübernahme nicht bei allen Anbietern mit 100 Prozent veranschlagt. Je nach Laufleistung kommen Abstriche bei Teilekosten zum Tragen. Da haben diejenigen Hersteller die besten Argumente, die eine uneingeschränkte Neuwagengarantie für mehr als zwei Jahre gewähren. Nichtsdestotrotz, Garantieverlängerungen bieten nicht nur dem Kunden Planungssicherheit, der sie abschließt, auch ein potenzieller Gebrauchtwagenkäufer kommt in den Genuss der Anschlussgarantie. Denn sie gilt fahrzeugbezogen.
Von einer der marktführenden Institutionen zur Ermittlung von Fahrzeugrestwertprognosen, die EurotaxSchwacke GmbH, kommt folgendes Fazit: „Verlängerte Neuwagengarantien sind ein wichtiger Treiber stabiler Restwerte. Übertragbarkeit vorausgesetzt, bieten sie dem Käufer Kostensicherheit und Sorgenfreiheit. Unsere statistischen Auswertungen zeigen nachweislich, dass diese Faktoren einen deutlichen Restwerteffekt haben – bei einzelnen Modellen von bis zu sechs Prozent des Restwerts. Das macht bei dreijährigen Gebrauchten mindestens einen dreistelligen Betrag aus, weshalb diese Analysen wichtige Bausteine in den Garantie-Business-Cases der Hersteller sind“, fasst Michael Kleber, Product Manager Consulting bei Automotive Intelligence & Consulting, einer internationalen Schwestereinheit von Schwacke aus der EurotaxGlass’s Group, zusammen. All das hat für Fuhrparkkunden einen durchaus positiven Effekt.