PDF DOWNLOAD

DIE SACHE MIT DEM „GRÜNEN PFEIL“

Der „Grünpfeil“, umgangssprachlich häufig als „Grüner Pfeil“ bezeichnet, hat eine wechselvolle Geschichte und wirft so manche Frage auf. Es handelt sich dabei um ein nicht leuchtendes, quadratisches Schild (Seitenlänge 25 cm) mit einem mittelgrünen, weiß umrandeten Pfeil auf schwarzem Grund, das rechts neben dem Rotlicht von Ampeln unter bestimmten Bedingungen angebracht werden kann (Zeichen 720).

Dazu regelt die StVO durch § 37 (Wechsellichtzeichen, Dauerlichtzeichen und Grünpfeil) in Absatz 2: „Nach dem Anhalten ist das Abbiegen nach rechts auch bei Rot erlaubt, wenn rechts neben dem Lichtzeichen Rot ein Schild mit grünem Pfeil auf schwarzem Grund (Grünpfeil) angebracht ist. Wer ein Fahrzeug führt, darf nur aus dem rechten Fahrstreifen abbiegen. Dabei muss man sich so verhalten, dass eine Behinderung oder Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer, insbesondere des Fußgänger- und Fahrzeugverkehrs der freigegebenen Verkehrsrichtung, ausgeschlossen ist.“

So weit die Theorie. Fast versteckt steht im ersten Satz die Hauptforderung an die Verkehrsteilnehmer, nämlich das „Anhalten“. Wird dieses missachtet, so droht ein Bußgeld von 70 Euro (inklusive eines Punktes im Fahreignungsregister), bei Behinderung oder gar Gefährdung steigt die Summe bis auf 150 Euro (ebenfalls jedoch nur ein Punkt). Studien zufolge wird aber die Anhaltepflicht von rund 77 Prozent der Fahrer ignoriert. Der Grünpfeil ist also nach § 37 sehr wohl zu unterscheiden vom leuchtenden grünen Pfeil, der ungehindertes Abbiegen nach rechts erlaubt, da der querende Verkehr durch Rot abgeschirmt wird. Beim Grünpfeil ist jedoch jederzeit mit Querverkehr zu rechnen.

Bemerkenswert ist beim Grünpfeilschild auch, dass man nicht verpflichtet ist zum Rechtsabbiegen und demzufolge das Warten auf Grün keine Behinderung anderer darstellt. Das sollte aber nicht „schikanös“ übertrieben werden. Wichtig ist auch, dass nur aus dem „befahrbaren“ rechten Fahrstreifen heraus abgebogen werden darf. Rechts parkende Fahrzeuge können also schon dazu führen, dass auch aus dem linken Fahrstreifen heraus nach rechts abgebogen werden darf. Biegt man aber ohne Grund von dort ab, so werden 15 Euro, bei Gefährdung sogar 35 Euro fällig.

Schon die Historie zeigt einige Besonderheiten des Grünpfeils auf, die ihm eine herausgehobene Rolle als Verkehrszeichen einräumen. In der Tat wurde das Schild zuerst 1978 als „grüner Pfeil“ in der Deutschen Demokratischen Republik eingeführt, dort bemerkenswerterweise ohne Anhaltepflicht. Nach der Wiedervereinigung wollte man ihn eigentlich so schnell wie möglich loswerden und erlaubte daher seine weitere Nutzung ab 1991 für höchstens ein Jahr (man konnte die Grünpfeile ja nicht so schnell beseitigen). Allerdings wurde aufgrund des Einschreitens der Bevölkerung der Einsatz auf der Grundlage einer Ausnahmeverordnung um fünf Jahre verlängert. Und am 1. März 1994 wurde der Grünpfeil letztendlich doch offiziell in die StVO aufgenommen.

In mehreren Untersuchungen wurde das Unfallgeschehen beim Einsatz von Grünpfeilschildern genau untersucht, aber keine Verschlimmerung gegenüber einer normalen Ampelanlage festgestellt. Insbesondere Blindenverbände hatten sich massiv gegen den Einsatz ausgesprochen. Sehbehinderte orientieren sich meist an den Verkehrsgeräuschen. Ein an einem Grünpfeil anfahrendes Fahrzeug könnte dann den Eindruck erwecken, dass in Gehrichtung Grün angezeigt wird.

Trotzdem oder gerade deshalb ist der Einsatz immer weiter eingeschränkt und eine ganze Liste von Ausschlusskriterien aufgestellt worden (beispielsweise Gleise von Schienenfahrzeugen, Schulwegsicherung, kreuzender Radweg, eben auch bei häufiger Nutzung von Seh- und Gehbehinderten).

Die Verbreitung in Westdeutschland begann am 1. März 1994 in Berlin, auf dem ehemaligen Gebiet der DDR gab es da rund 2.500 Grünpfeile. Im Jahre 2002 sollte die Zahl für ganz Deutschland um die 5.000 betragen haben. Mittlerweile wird aber immer häufiger von Rückbau berichtet, so beispielsweise aus Hamburg. Litauen, das die deutsche Regelung vor einiger Zeit genau übernommen hatte, wird mit Beschluss von 2014 alle Grünpfeile ab 2020 abschaffen.

Betrachtet man die rechtliche Situation aber noch genauer, so darf das grüne Pfeilschild eigentlich gar nicht existieren, weil es nicht Bestandteil des Wiener Übereinkommens über den Straßenverkehr und über Verkehrszeichen vom 8.11.1968 ist. Aufgrund der Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland dem Übereinkommen gegenüber ist somit der Grundsatz der Vertragstreue zumindest infrage gestellt. In anderen Staaten der Welt (beispielsweise USA oder Kanada) ist das Rechtsabbiegen bei Rot fast überall ohne Zusatzschild erlaubt, es wird dann allenfalls durch das Zusatzschild NO TURN ON RED explizit verboten.

Wie man den Grünpfeil allerdings zu einer echten Attraktion machen kann, zeigt die Stadt Dresden mit einer entsprechend ausgestatteten Ampelanlage, die seit 25 Jahren auf Dauerrot steht (http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/extra_3/Realer-Irrsinn- Dauerrote-Ampel-in-Dresden,extra9516.html). Verkehr ist doch immer wieder für „realen Irrsinn“ gut.