Der Erteilung der begehrten Ausnahmegenehmigung stehen im Rahmen der Abwägung der privaten und öffentlichen Interessen höher zu bewertende Aspekte der Verkehrssicherheit, des Schutzes von Leib und Leben sowie der körperlichen Unversehrtheit Dritter entgegen. Die Regelung des § 23 Abs. 4 S. 1 StVO dient präventiv der Sicherheit des Straßenverkehrs und dem Schutz hochrangiger Rechtsgüter (Leben, Gesundheit, Eigentum) anderer Verkehrsteilnehmer. Das Verhüllungsverbot ist daher mit dem Grundrecht der Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG vereinbar und auch von einer Muslima, die aus religiösen Gründen einen Niqab trägt, zu beachten. Bei Befolgung der von ihr als verbindlich empfundenen Bekleidungsvorschriften muss die Klägerin zwar auf das PKW-Fahren mit Niqab verzichten. Die Regelung beeinträchtigt sie aber nur mittelbar in ihrer Religionsausübung. Diese hat nicht schlechthin höheres Gewicht als die mit dem Verdeckungs- und Verhüllungsverbot präventiv geschützten Rechtsgüter. … Auch die Gewährleistung der ungehinderten Rundumsicht von Kraftfahrzeugführern dient dem Schutz anderer Verkehrsteilnehmer. Denn bei einem Überwurf in Verbindung mit dem Tragen eines Niqabs besteht die greifbare Gefahr, dass etwa bei einem Blick über die Schulter oder bei einem Verrutschen des Überwurfs das Gesichtsfeld eingeschränkt und so das Verkehrsgeschehen nicht mehr ungehindert wahrgenommen werden kann und damit eine hohe Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer entsteht.
VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 26.07.2023, Az. 3 K 26/23.NW