Solche eindeutigen Anhaltspunkte lassen sich grundsätzlich noch nicht ohne Weiteres einem Schreiben des Fahrzeugverkäufers entnehmen, mit dem der Fahrzeugkäufer über die Bereitstellung eines Software-Updates durch den Fahrzeughersteller unterrichtet, um die Vereinbarung eines Termins zum Aufspielen des Updates in der Werkstatt des Fahrzeugverkäufers gebeten und auf die Übernahme der Kosten der Maßnahme durch den Hersteller sowie die Möglichkeit einer für den Fahrzeugkäufer kostenlosen Überlassung eines Ersatzfahrzeugs für die Dauer der Maßnahme hingewiesen wird. … 

Die Beklagte ist ihrer Rügeobliegenheit gemäß § 377 Abs. 3 HGB nicht rechtzeitig nachgekommen, so dass der in der unzulässigen Abschalteinrichtung liegende Mangel als genehmigt gilt. Sie hat erstmalig in der Rücktrittserklärung - mehr als einen Monat nach der Entdeckung - eine diesbezügliche Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs gerügt, was nicht als unverzüglich nach Entdeckung anzusehen ist.

Die Rügeobliegenheit setzt mit dem Vorliegen eines Mangels der Sache und dessen Erkennbarkeit ein). Ein verdeckter Mangel - um einen solchen handelt es sich bei der hier gegebenen Ausstattung des Fahrzeugs mit einem über eine unzulässige Abschalteinrichtung verfügenden Motor - muss unverzüglich nach seiner Entdeckung angezeigt werden. Da es dann lediglich noch um die Mitteilung des (bereits entdeckten) Mangels geht, kann und muss die Rüge im Rahmen der geschäftlichen Korrespondenz eines ordentlichen Kaufmanns (§ 347 Abs. 1 HGB) regelmäßig ohne weitere Verzögerung erfolgen. … Dem Käufer wird im Regelfall eine Erklärungsfrist von (nur) wenigen Tagen zugebilligt. 

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ist die … erstmals mit der Rücktrittserklärung der Klägerin vom 15.11.2016 erfolgte Mängelanzeige nicht rechtzeitig. Gezeigt hat sich der in der eingebauten unzulässigen Abschalteinrichtung liegende Mangel des Fahrzeugs für die Klägerin spätestens mit dem Zugang des Schreibens vom 14. Oktober 2016, mit dem sie durch die Fahrzeugherstellerin darüber informiert wurde, dass für ihr Fahrzeug nunmehr das erforderliche Software-Update zur Verfügung stehe. Jedenfalls aufgrund dieser Mitteilung hat die Klägerin (sichere) Kenntnis davon erlangt, dass auch in ihrem Fahrzeug die in der Presseberichterstattung seit September 2015 als unzulässige Abschalteinrichtung und technische Manipulation bezeichnete Motorsteuerungssoftware eingebaut und das Fahrzeug somit von dem sogenannten Dieselabgasskandal betroffen ist. … Der Mangelverdacht hatte sich aufgrund des Schreibens der Fahrzeugherstellerin zu einem Mangelbefund verdichtet und spätestens damit die Rügeobliegenheit nach § 377 Abs. 3 HGB ausgelöst. Die erstmals mit dem Rücktrittsschreiben und damit erst mehr als einen Monat nach der Entdeckung erfolgte Anzeige eines diesbezüglichen Mangels des Fahrzeugs bei der Beklagten war danach nicht mehr unverzüglich.

BGH, Urteil vom 16.12.2022, Az. VIII ZR 383/20