Im Zusammenhang mit potenziell abrutschenden Schneelasten auf Dächern … sind die Anforderungen an die Gefahrenabwehr herabgesetzt gegenüber Gefahren, die jedem vor Augen stehen müssen und vor denen sich deshalb durch zu verlangende eigene Vorsicht ohne weiteres selbst schützen kann. Danach muss der Verkehrssicherungspflichtige nur diejenigen Gefahren ausräumen oder vor ihnen warnen, die für den Benutzer, der die erforderliche Sorgfalt walten lässt, nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzurichten vermag.

Das vom Geschädigten gekaufte und gehaltene Auto wurde durch vom Dach des Nachbarn herabfallenden Schnee beschädigt. In der Sache besteht gleichwohl kein Anspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Zwar war es dem beklagten Nachbarn ca. eine Woche nach dem Starkschneeereignis möglich, auf die Gefahr einer von seinem Dach abgehenden Dachlawine hinzuweisen. Dem Geschädigten waren die bestehenden Gefahren allerdings selbst bekannt, was eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht ausschließt. … Daher gebietet allgemein die Sorgfalt, nach starken Schneefällen im Bereich von Dächern, die von Dachlawinen betroffen sein könnten, keine Fahrzeuge abzustellen. Diese Überlegung berührt bereits die Verneinung eines Verstoßes gegen die Verkehrssicherungspflicht.

Der Geschädigte konnte sich außerdem auf die Gefahren vom Dach des Nachbarn einrichten. Zum einen ist es nicht plausibel, dass es in der Ortslage nirgendwo die Möglichkeit gegeben haben soll, einen PKW in angemessener Entfernung zu seinem Wohnhaus ohne die Gefährdung durch Dachlawinen abzustellen. Zum anderen standen dem Geschädigten auf seinem Grundstück ein Stellplatz und ein Carport zur Verfügung. Nicht recht überzeugend ist dabei, warum der Geschädigte den Carport nicht zum Schutz seines Fahrzeugs genutzt haben will. Das beschädigte Auto stand keinen Meter von dem Tor zum Carport entfernt.

OLG Naumburg, Urteil vom 09.05.2022, Az. 12 U 233/21