Die begehrten Inhalte müssen zum Zweck der Ermittlung entstanden und weiterhin vorhanden sein, damit sie dem Betroffenen zur Herstellung einer Parität des Wissens überlassen werden können. Demgegenüber kommt der Aspekt der Waffengleichheit bei tatsächlich nicht (mehr) vorhandenen Rohmessdaten nicht zum Tragen, da diese Daten zwar kurzzeitig bei dem Rechenvorgang des Messgerätes bestanden haben, aber im weiteren Verfahren weder dem Betroffenen noch der Bußgeldstelle, der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht zur Verfügung stehen. Der Einsatz algorithmischer Systeme in Gestalt von standardisierten Messverfahren bei Geschwindigkeitsmessungen verkürzt Rechtspositionen des Betroffenen dann nicht übermäßig, wenn keine Rohmessdaten durch das jeweilige Messgerät gespeichert werden, aber die Nichtspeicherung dieser Daten durch rechtsstaatliche Sicherungen ausgeglichen wird. Eine Kompensation für die fehlende vollständige Überprüfbarkeit des Messergebnisses besteht in der Reduzierung des gemessenen Wertes um einen die systemimmanenten Messfehler erfassenden Toleranzwert. Auch bestehen anderweitige Möglichkeiten des Betroffenen und seines Verteidigers, den Vorgang der Geschwindigkeitsmessung nachträglich einer Überprüfung zu unterziehen. Dem Betroffenen sind auf seinen hinreichend konkreten Antrag hin vorhandene Unterlagen und Informationen mit erkennbarer Relevanz für die Verteidigung grundsätzlich zur Verfügung zu stellen.

VerfGH Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22.07.2022, Az. VGH B 30/21