Gelangt im Ordnungswidrigkeitenverfahren ein standardisiertes Messverfahren zur Anwendung, folgt aus dem Recht auf ein faires Verfahren im Grundsatz der Anspruch des Betroffenen, Kenntnis auch von solchen Inhalten zu erlangen, die zum Zweck der Ermittlung entstanden und weiterhin vorhanden sind, aber nicht zur Bußgeldakte genommen wurden. Ein Anspruch auf Zugang zu den außerhalb der Akte befindlichen Informationen setzt in formeller Hinsicht voraus, dass die begehrten Informationen hinreichend konkret benannt werden. In materieller Hinsicht erfordert der Anspruch auf Informationszugang zu den nicht zur Bußgeldakte gelangten Informationen einen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem jeweiligen Ordnungswidrigkeitenvorwurf sowie eine erkennbare Relevanz für die Verteidigung. Der Anspruch auf Einsicht in nicht zur Bußgeldakte gelangte Informationen besteht nicht, wenn gewichtige verfassungsrechtlich verbürgte Interessen wie beispielsweise die Funktionstüchtigkeit der Rechtspflege oder schützenswerte Interessen Dritter entgegenstehen. Die Ablehnung des Begehrens des Beschwerdeführers, soweit dieses auf die Zugänglichmachung von vorhandenen Wartungs- und Instandsetzungsunterlagen des konkreten Messgerätes gerichtet war, wird den aus Art. 77 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 LV folgenden Anforderungen an ein faires Verfahren nicht vollständig gerecht.

VerfGH Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 13.12.2021, Az. VGH B 46/21