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Während sich Flottenmanagement letztens das Basismodell der Taycan-Baureihe angesehen hat, darf es diesmal wieder etwas mehr Feuer sein: Zwar ist der 4S noch nicht das Topmodell, aber 571 PS als Boost-Leistung können sich schon sehen lassen. Diese Power gibt es zwar nur ein paar Sekunden, aber das reicht ja auch, denn viel Zeit braucht es nicht, um den Viertürer auf ordentlich Speed zu katapultieren. So in der Theorie. Probieren wir mal. Rein in die sportiven Sessel und den Wählhebel betätigen (den Startknopf braucht es gar nicht). Und schon rollt der Allradler los. Jetzt muss nur noch die richtige Straße her, um die Muskeln der beiden lautlosen Maschinen spielen lassen zu können. Sonst wird es eng, und kaltverformtes Blech wollen wir nicht. Also, erst die menschenleere Gegend aufsuchen, dann Spannung anlegen. Und, los gehts! Erst summt es, dann ertönt ein leichtes „Klack“ – aha, das Zweigang-Getriebe schaltet hoch. Die Nackenmuskulatur ist jedenfalls angespannt, ein 4S reicht locker, um den Rücken des Passagiers fest an der Rücksitzlehne kleben zu lassen.

Wer sich den Punch gibt und ihn genießt, könnte sich schon mit dem Gedanken anfreunden: Eine Welt ohne Verbrenner lässt sich aushalten. Na, wir wollen mal nicht übertreiben. Um die 571 Pferdchen unseres Testwagens mit der Performance Batterie Plus (knapp 84 kWh nutzbar) richtig galoppieren zu lassen, braucht es durchaus Feingefühl, denn der Sportler reagiert ziemlich prompt. Die quasi sofort anliegenden 650 Nm Drehmoment fallen nämlich bissig über die Pneus her. Wenn Lenkwinkel im Spiel ist, dämmt die Regelelektronik die Power ziemlich wirkungsvoll ein. Je nach Fahrmodus lässt sich das Quertreiben mit dem rechten Pedal durchaus unterstützen – daher gibt der Taycan durchaus die (fahr)spaßige Alternative. Dank Allrad bekommt man die Leistung gut auf die Straße. Wer mit voller Leistung aus der Ortschaft heraus beschleunigt, wird keinen Mangel an Grip erleben und stattdessen giftigen Vortrieb. In den – am Lenkrad einstellbaren – Sport-Modi darf man dann auch den eigens kreierten Sound (420 Euro netto Aufpreis) genießen, mit dem die Ingenieure kräftige Zwischenspurts untermalen. Ein bisschen Verbrenner-Gefühl kann ja nicht schaden.

Doch Taycan heißt nicht Dauer-Alarmzustand. Der Sport Turismo ist durchaus ein geschmeidiger Cruiser, mit dem man lange Strecken zügig abspulen können soll. Daher ist das Fahrwerk nicht brutal auf Sport getrimmt wie etwa beim Elfer; das Verb „dämpfen“ ist hier sprichwörtlich zu verstehen, demnach bügelt die Luftfederung das Gröbste wirklich glatt, und lange Autobahnwellen bestreitet der Tourer mit dem typischen, sanften Nachschwung. Das heißt aber nicht, dass der leise Porsche keine Querperformance besäße. Vor allem mit der netto 1.960 Euro teuren Allradlenkung pfeilt der Oberklässler nur so durch die Kehre; wer es übertreibt, wird vom wirkungsvollen Stabilitätsprogramm eingefangen, das aber ein bisschen Bewegung im Heckbereich zulässt – so geht Fahrfreude auf die sichere Art. Im Stadtverkehr dagegen hilft der Lenkwinkel an den Hinterrädern, um den 4,96 Meter-Liner bequem in die Parklücke zu bugsieren. Enge Einfahrten nimmt der Zuffenhausener auch frappierend gelassen dank seines kleinen Wendekreises. So bleiben die Mundwinkel im großen Auto auch mitten im fiesesten City-Labyrinth oben.

Wer schon ein paar verschiedene Elektroautos gefahren hat, wundert sich, warum der Taycan nicht sofort nach dem Lupfen des Fahrpedals ein Bremsmoment aufbaut. Es ist nicht etwa so, dass er nicht rekuperieren könnte – das kann er sogar bis in den ABS-Regelbereich hinein. Doch Porsches Fahrdynamiker wollten ein möglichst konventionelles Fahrgefühl erzeugen – der Fahrer bremst, und das Auto switcht selbsttätig zwischen Rekuperation und Reibbremse, und den Übergang haben die Ingenieure erstaunlich geschmeidig gestaltet – man muss schon sehr genau „fühlen“, um den Unterschied auszumachen. Im Zweifel hilft der Blick auf den großen Screen – das so genannte Curved Display mit 16,8 Zoll Fläche zeigt, wann gerade Power abgerufen oder die Traktionsbatterie durch die kinetische Energie des Fahrzeugs gespeist wird. Übrigens war der Porsche Taycan das erste rein elektrische Fahrzeug mit einem automatischen Wechselgetriebe – es gibt demnach zwei Fahrstufen, um die Effizienz zu steigern.

So langsam haben wir uns im Taycan eingerichtet, cruisen lässig über die Schnellstraße, während der Beifahrer das Display auf seiner Seite auskostet. Ob Straßenkarte oder BordrechnerInfos – alles da. Überhaupt ist der Taycan ein großer Infotainer, stellt vier riesige Monitore prominent zur Schau, die nicht nur angesehen, sondern auch fleißig „getoucht“ werden wollen. Physische Schalter beschränken sich auf den Getriebe-Schalter, die beiden Lenkradsteller sowie auf den Start-Knopf, den man aber in der Praxis eigentlich nicht drücken muss. Die Funktionalitäten sind extrem komplex, demnach braucht man schon eine Weile, um den Taycan zu durchdringen – aber es geht intuitiv. Und sonst? Anschmiegsame Sessel und viel Platz machen den Stromer zum Kilometerfresser – der Radstand von gewaltigen 2,90 Metern lässt ahnen, wie es um die Kniefreiheit der Hinterbänkler bestellt ist – der Raum bis zu den Vordersitzlehnen fällt jedenfalls ziemlich üppig aus.

Üppig sollte auch das Budget des Taycan-Kunden ausfallen – denn in dieser Preisregion gibt es keine Förderung mehr bei der Anschaffung. Daher muss der Interessent für den Taycan 4S Sport Turismo mit der Performance Batterie Plus mindestens 97.068,07 Euro netto auf den Tisch legen. Kleiner Trost: Als Dienstwagenfahrer muss nur ein halbes Prozent vom Bruttolistenpreis abgedrückt werden für die pauschale Versteuerung privater Fahrten. Jetzt stellt sich die Frage, ob man noch auf weitere Ausstattungsmerkmale angewiesen ist. Prinzipiell kommt der Taycan bereits bestens ausstaffiert daher, bietet Features wie Bluetooth-Freisprechanlage, elektrische Heckklappe, LED-Scheinwerfer, Luftfederung und Tempomat frei Haus. Der Teufel steckt allerdings im Detail: So sollte die 710 Euro netto kostende Wärmepumpe unbedingt an Bord, denn sie spart viel Energie. So muss der Innenraum nicht komplett über die Traktionsbatterie beheizt werden, sondern die Anlage nutzt die – wenn auch geringe – Abwärme. Dass der Taycan ein schneller Lader ist mit bis zu 225 kW Ladeleistung, bedarf angesichts der Preisklasse keiner Diskussion.