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Wer kennt es nicht? Möchte man ein Fahrzeug an-, um- oder abmelden, wird vor allem Zeit und Geduld benötigt. Mit dem Projekt „i-Kfz“ (internetbasierte Fahrzeugzulassung) digitalisiert das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) seit Oktober 2019 das Fahrzeugzulassungswesen in Deutschland. Ziel des Projektes ist es, die Fahrzeugzulassung einfacher, bequemer und effizienter zu machen und dadurch Bürger, Unternehmen und die öffentliche Verwaltung zu entlasten. Durch die Digitalisierung sollen Fahrten zur Zulassungsbehörde vermieden werden, was ein erhebliches Zeit- und Wegeeinsparungspotenzial für Fahrzeughalter bedeutet. Mit Inkrafttreten der „Vierten Verordnung zur Änderung der Fahrzeug-Zulassungsverordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften“ wurde die internetbasierte Abwicklung aller Standardzulassungsvorgänge für Privatpersonen ermöglicht (Stufe 3) – für ausgewählte Fälle auch vollautomatisiert.

Ab dem 1. September 2023 soll nun Stufe 4 folgen: So ist es möglich, direkt nach der digitalen Neuzulassung mit dem Fahrzeug zu starten. Es muss nicht mehr auf die Übersendung der Fahrzeugdokumente und Plaketten gewartet werden. Als Nachweis dient der digitale Zulassungsbescheid, der zehn Tage für die Fahrt auf öffentlichen Straßen ausreicht. Außerdem können auch juristische Personen Zulassungsanträge digital über die bestehenden i-Kfz-Portale bei den Zulassungsbehörden abwickeln. Leichter wird es auch für juristische Personen des Privatrechts wie Autohäuser und Zulassungsdienstleister, die sehr viele Zulassungsanträge pro Jahr stellen. Sie können diese künftig bundesweit digital über eine einheitliche Schnittstelle beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA), die sogenannte zentrale Großkundenschnittstelle (GKS), in die i-Kfz-Portale einsteuern. Auch Versicherungsunternehmen können mit der digitalen Zulassung beauftragt werden und per Video-Ident-Verfahren die Identität des Kunden nachweisen. Ein elektronischer Personalausweis ist dann nicht nötig. „Mit den internetbasierten Fahrzeugzulassungen wird der Zulassungsprozess beschleunigt, da die Zulassungsvorgänge mit dem höchsten Anteil an Verwaltungsvorgängen automatisiert bearbeitet werden. Der ‚Gang zur Zulassungsbehörde‘ entfällt dadurch, was bei überlasteten Zulassungsbehörden in Ballungsräumen sicher ein klarer Vorteil sein dürfte“, erklärt Tanja Ebert, Director Sales & Marketing bei der PS Team GmbH.

Für Marcus Olszok, Head of carTRUST bei Kroschke, ergeben sich durch die Stufe 4 noch weitere Vorteile, insbesondere im Flottenbereich: „Für gewerbliche Kunden ist unserer Kenntnis nach besonders interessant, dass bei der digitalen Zulassung hohe Vorgangszahlen an einem Tag möglich sind und dass die Kfz-Anmeldung 24/7 von überall aus erledigt werden kann. Außer der Zulasssungsbescheinigung I (ZB I) und der ZB II werden keine physischen Unterlagen mehr benötigt und Antragsbearbeitung und -abschluss erfolgen innerhalb weniger Minuten. Inwiefern das ‚sofortige Losfahren‘ für Flottenbetreiber als besonderer Vorteil gesehen wird, ist sicherlich von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich, da auch die Prozessketten sehr variieren.“ Obwohl in der Theorie je nach Zulassungsvolumen des Unternehmens auch eine direkte Anbindung an die GKS denkbar wäre, sollte man mit einem umfangreichen initialen IT-Aufwand rechnen – sowohl zeitlicher als auch finanzieller Natur: Zum einen müssen die Unternehmen ihre eigenen Systeme so programmieren, dass sie mit der Schnittstelle kommunizieren können. Zum anderen muss die Identität des zukünftigen Halters digital verifiziert werden; und das geht nicht ohne die Zusammenarbeit mit einem sogenannten Vertrauensdiensteanbieter, der ein Verfahren wie PostIdent, Bank Ident oder Video-Ident anbietet und dem Kraftfahrt-Bundesamt durch eine elektronische Signatur die Identität des Zulassenden bestätigt. Neben einem großen initialen finanziellen Aufwand, der im unteren sechsstelligen Bereich liegen kann, bedarf es zudem immer wieder Wartungsarbeiten, Software-Updates und so weiter. Daher ist eine direkte Anbindung an die GKS wohl nur in den wenigsten Fällen interessant und der überwiegende Teil der Unternehmen wird auf das Know-how eines Zulassungsdienstleisters zurückgreifen.

Einen anderen Aspekt, der für den Einsatz von Zulassungsdienstleistern spricht, bringt Tanja Ebert ins Spiel: „Auch die Folgeprozesse müssen berücksichtigt werden, die bei den Zulassungen für Privatpersonen einen anderen Stellenwert haben als bei den Zulassungen für juristische Personen in Flottenprozessen. Das Konzept der internetbasierten Fahrzeugzulassungen ist primär auf die Zulassungen für Privatpersonen oder auf juristische Personen (KMU) ausgerichtet, die nur ein oder wenige Fahrzeuge zulassen müssen. Der entscheidende Unterschied besteht in den logistischen Prozessen der zulassungsrelevanten Dokumente, die von der Zulassungsbehörden erstellt und versendet werden (ZBII, ZBI, Siegel, Plaketten) und den externen Bestandteilen (Kennzeichen, Kennzeichenhalter und Feinstaubplaketten). Bei den beschriebenen Zulassungen auf natürliche Personen lassen sich die beiden Prozesse, die aus unterschiedlichen Quellen stammen und zu verschiedenen Zeiten zusammentreffen, sicher leicht zusammenführen. Bei Flottenzulassungen mit mehreren Fahrzeugen und Auslieferungen an verschiedenen Standorten ist jedoch eine Versandlogistik erforderlich, die alle Dokumente verarbeitet, zusammenführt und auf Verzögerungen reagiert, falls beispielsweise Dokumente der Zulassungsbehörde nicht oder nicht rechtzeitig eintreffen.“

Vollständig digital? 
Obwohl das Fahrzeugzulassungswesen mit der Stufe 4 des Projektes i-Kfz einen großen Schritt in puncto Digitalisierung gemacht hat, ist es noch ein weiter Weg bis zu einer vollständig digitalen Zulassung ohne Medienbrüche. Dies liegt vor allem an der Vielzahl von Dokumenten, die auch bei der digitalen Zulassung vonnöten sind: „Für die digitale Zulassung wird es bundesweit einheitliche Vollmachten geben. Für den Einzug der Kfz-Steuer wird weiterhin ein SEPA-Lastschriftmandat benötigt. Privatpersonen müssen zusätzlich noch ein Dokument zur Einwilligung der Datenverarbeitung ausfüllen. Alle Dokumente müssen mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (QES) versehen werden. Diese Authentifizierung kann nur durch speziell dafür zertifizierte Unternehmen erfolgen und ist bei uns schon in den Prozessen integriert. Welche Dokumente beziehungsweise Informationen im Rahmen der Zulassung benötigt werden, kommt auf die Zulassungsart an: Für alle Zulassungen werden im Laufe des Prozesses Informationen von der ZB II als Berechtigungsnachweis benötigt (Sicherheitscode, ZB-IINummer, FIN). Im Falle von Ummeldungen werden zusätzlich die Informationen der ZB I und bei noch angemeldeten Fahrzeugen auch die Sicherheitscodes der Kennzeichen gebraucht. Für eine Abmeldung werden die Kennzeichen und deren Sicherheitscodes benötigt und die ZB I inklusive Sicherheitscode. Bei allen Vorgängen reicht aber die digitale Übermittlung der jeweiligen Informationen; die Alt-Kennzeichen oder Fahrzeugdokumente müssen nicht physisch versendet werden“, gibt Marcus Olszok zu verstehen.

Doch nicht nur Deutschland steht noch am Anfang des noch weiten Weges zur vollständig digitalen Fahrzeugzulassung. So spricht Marcus Olszok von einem regelrechten Wildwuchs im Bereich der Fahrzeugzulassung in Europa: „Einige Länder bieten die digitale Zulassung durch Dienstleister bereits an, andere nicht und einige sind irgendwie dazwischen beziehungsweise im Aufbau. Insofern ist die Situation in der EU mit Deutschland und seinem Föderalismus vergleichbar. Auch zum 1. September 2023 wird ein flächendeckendes Angebot in Deutschland nicht möglich sein, da nicht alle Zulassungsstellen die Voraussetzungen für die digitale Zulassung werden erfüllen können. Wer also aus Deutschland heraus Fahrzeuge im europäischen Ausland ab- beziehungsweise anmelden möchte, sollte auf Dienstleister wie Kroschke zurückgreifen, die Zulassungsdienstleistungen auch im europäischen Ausland anbieten, um nicht in länderspezifischen Regelungen unterzugehen“, erklärt der Head of carTRUST bei Kroschke.

Nichtsdestotrotz ist die i-Kfz ein wichtiger erster Schritt beim Abbau von bürokratischen Hürden im Fahrzeugzulassungswesen und hat auch für die Zulassungsdienstleister, als Bindeglied zwischen Flottenkunden und Behörden, eine enorme Bedeutung: „Tatsächlich haben wir bei PS Team bereits seit Jahren die Digitalisierung unserer internen und externen Prozesse vorangetrieben. Daher begrüßen wir es, dass nun auch das BMDV in die Digitalisierung der Antragsprozesse und Zulassungsverfahren investiert und einen wesentlichen Beitrag zum Onlinezugangsgesetz (OZG) leistet. Aufgrund der hohen Anzahl an Verwaltungsvorgängen ist die Digitalisierung der Zulassungsverfahren sicherlich eine gute Entscheidung. Hier sind uns andere Länder in der EU tatsächlich um einiges voraus. Ob und wie Prozessdienstleister hier unterstützen können, ist von Land zu Land sehr unterschiedlich. Hier gibt es faktisch noch keinerlei einheitliche, EUweite Regelungen. In Frankreich beispielsweise bauen wir unser Geschäft gerade massiv aus, da wir dort mit unserem 35-jährigen Know-how einiges bewegen können, was die Prozessoptimierung bei Zulassungen angeht“, wie Tanja Ebert abschließend zu verstehen gibt.