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Überhaupt: der Mensch. Das Älterwerden ist sicher ein Aspekt der Veränderung. Als ich kürzlich meiner besseren Hälfte zurief „Schatz, wer hat eigentlich dieses hässliche Bild im Bad übers Waschbecken gehängt“ und ich postwendend die Antwort „Das ist kein Bild, das ist der Spiegel“ per Zuruf erhielt, wurde mir das jedenfallsdeutlichundimwahrstenSinnedesWortes vor Augen geführt. Mir fiel dann auch ein, dass zuletzt die Kerzen für meine Geburtstagstorte deutlich teurer waren als die Torte selbst, weshalb es dann auch keine Geschenke gab: Die Kerzen waren zu teuer. Außerdem konnte man die Kerzen nur noch mit dem Stabfeuerzeug anzünden, wollte man sich nicht die Finger verbrennen und zum Ausblasen musste der Kompressor als Unterstützung herhalten.

Einhergehend mit dem Älterwerden sind die Veränderungen bei den Ansprüchen. Im Fuhrpark ist das deutlich sichtbar. Wenn ich zum Beispielinden90erndemDienstwagenfahrer den weißen VW Passat Variant mit 90 PS TDI und Radio Beta zur Verfügung gestellt habe, war alles prima. Hat man dann noch den TDI mit „rotem Fähnchen“ (Kenner wissen: Das war damals die stärkere TDI-Version mit satten 110 PS), Climatic und Radio Gamma hingestellt, waren dem Fuhrparkleiter der ausgerollte rote Teppich und die besondere Erwähnung im abendlichen Tischgebet sicher! Heute würde man für das gleiche Fahrzeug und vor allem die gleiche Leistung und Ausstattung des Mobbings bezichtigt. Abgesehen von Fragen wie „Wer hat die Schimmelpilz-Ausstattung festgelegt?“ oder „Geht es der Firma so schlecht?“ wären dem Fuhrparkleiter nicht jugendfreie Flüche und ewige Verdammnis sicher.

Leistungstechnisch haben wir zunächst langsame Aufstiege vollzogen. Inzwischen geht heute bei Verbrennern unterhalb von 150 PS in den meisten Flotten recht wenig. Auch „das Benzin umrühren“, also manuell die Gänge wechseln, möchten die wenigsten – den modernen Automatikgetrieben und Doppelkupplern sei Dank. Zu weiteren Ausstattungsstandards zählen selbstverständlich Assistenzsysteme, die mir (Achtung, böse!) die Beantwortung meiner Mails und WhatsApp-Nachrichten per Diktat während der Fahrt erlauben, ohne dass ich gleich von der Fahrbahn abkomme. Abstandsregeltempomaten, die notfalls bis zum Stillstand im Stau abbremsen, unterstützen dies zudem und sind deshalb auch Pflicht. Und statt Aschenbecher und Zigarettenanzünder gibt es heute jede Menge USB-Ports und Getränkehalter.

Neu ins Programm gekommen sind nun die Stromer. Abgesehen davon, dass diese neue Fahrzeuggattung die PS-Latte noch mal deutlich nach oben verschiebt, trägt sie zum Wandel der Mobilität bei. So muss man sich plötzlich mit Reichweiten, Lademöglichkeiten und Ladenetzdichte, Wallboxen und Ladekapazitäten und auch der Ladedauer auseinandersetzen – Themen, die im Alltag des Fuhrparkleiters zu den Verbrennerzeiten praktisch keine Rolle gespielt haben. Dienstwagennutzer wollen weiterhin möglichst schnell ans Ziel kommen, paaren dies aber nun mit dem verstärkten Wunsch nach Nachhaltigkeit. Und hier findet nun langsam der Übergang in das echte neue Mobilitätzeitalter statt. Immer mehr Unternehmen stellen fest, dass sich die Zahl derer, die beim Thema Mobilität nicht sofort an den Dienstwagen denken, kontinuierlich und deutlich erhöht – ein Trend, der gerade bei den Berufseinsteigern deutlich erkennbar wird. Galt früher noch der Autoführerschein als höchster Weihegrad der Mobilität, so ist es heute die Vielfalt, welche sich hinter der Begrifflichkeit der Mobilität tatsächlich verbirgt und Mobilisten mehr und mehr bewusst wird.

Die Folge: Wollen Arbeitgeber weiterhin attraktiv bleiben, müssen sie hier umdenken und sich dem neuen Bewusstsein anpassen. Entsprechend lautet die Zukunft: Mobilitätspaket beziehungsweise Mobilitätsrate. O.K., ein Thema, worüber viele Unternehmen schon länger nachdenken und bei dem einige schon in der Pilotphase sind, aber nur wenige haben es bislang erfolgreich aktiv umgesetzt. Das Prinzip ist einfach: Statt der klassischen Referenzrate für den Dienstwagen gibt es in vergleichbarer Höhe eine Mobilitätsrate. Dabei können sich Dienstwagenberechtigte ihr Mobilitätspaket selbst zusammenstellen. In der Praxis könnte eine solche Kombination beispielsweise so aussehen: kleiner Dienstwagen (vorzugsweise ein Stromer), E-Bike oder Dienstrad und eventuell noch die Bahncard 100. Den Grad der Ratennutzung liest man in der Mobilitäts-App ab. Ist noch Luft vorhanden, kann man den nicht genutzten Teil der Rate ansparen und vielleicht mal für den Mietwagen im Urlaub verwenden. Versteuert wird im Regelfall nur die Mobilität, die auch tatsächlich genutzt wird.

Klar, dass klassische FuhrparkleiterInnen ihre Fähigkeiten anpassen müssen. Neben den bisherigen Kenntnissen sollte man sich unbedingt in anderen Mobilitätsthemen schlau machen, um sich zu dem zu entwickeln, was sich schon heute „MobilitätsmanagerIn“ nennt.

 

AUTOR

Peter Insam ist seit rund 30 Jahren im Einkauf für Betriebsmittel und Investitionsgüter unterwegs, von denen er seit mehr als 25 Jahren die Geschicke verschiedener nationaler und internationaler Fuhrparks gelenkt hat. Heute ist er als Head of Corporate Procurement und zwischenzeitlich auch als Prokurist unter anderem für die knapp 700 Firmenfahrzeuge der Hays AG verantwortlich. Zuvor war er rund zehn Jahre für den Einkauf von Betriebsmitteln und Investitionsgütern für den Medizintechnik-Hersteller Maquet GmbH in Rastatt tätig. Hierzu gehörte auch die Leitung des Fuhrparks mit 350 Fahrzeugen am Standort Rastatt. Darüber hinaus sammelte er zahlreiche Erfahrungen im Rahmen von Auslandsaufenthalten in Frankreich und Australien.