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Seit mehr als sieben Jahren ist das „Gesetz zur Bevorrechtigung der Verwendung elektrisch betriebener Fahrzeuge“ (Elektromobilitätsgesetz – EmoG) in Kraft. Es bestimmt unter anderem, welche Bevorrechtigungen für Elektrofahrzeuge im Straßenverkehr möglich sind und wie die Kommunen das Gesetz im Alltag umsetzen können. Der Gesetzgeber wollte durch das am 12. Juni 2015 in Kraft getretene Gesetz gezielt die Verbreitung der Elektromobilität in Deutschland unterstützen und vor allem Rechtssicherheit schaffen. So bestimmt das EmoG, welche Fahrzeuge privilegiert werden können, welche Bevorrechtigungen möglich sind und wie die Kennzeichnung der Fahrzeuge zu erfolgen hat. Damit hatten Kommunen die Möglichkeit, Elektrofahrzeuge rechtssicher (§ 3 Abs. 4 Nr. 1–4 EmoG) beispielsweise beim Parken auf öffentlichen Straßen oder Wegen, dem (Teil-)Erlass von Gebühren bei der öffentlichen Parkraumbewirtschaftung oder bei der Nutzung von öffentlichen Straßen oder Wegen, die besonderen Zwecken gewidmet sind (Sonderspuren), zu bevorzugen. Das Elektromobilitätsgesetz ist zunächst bis zum 31. Dezember 2026 befristet.

Damit ein Elektrofahrzeug bevorrechtigt werden kann, muss es das sogenannte E-Kennzeichen haben. Hierbei steht im Anschluss an die Nummernkombination der Buchstabe „E“. Das Kennzeichen gilt für rein elektrische und wasserstoffbetriebene Fahrzeuge sowie für Hybridfahrzeuge, wenn diese rein elektrisch mindestens 40 Kilometer zurücklegen können oder höchstens 50 Gramm CO2 je Kilometer ausstoßen. Gleichzeitig wurde mit dem EmoG auch das Zusatzschild „E-Auto“ (Sinnbild Auto mit Stecker) eingeführt, das allgemein zur Regelung von Bevorrechtigungen vorgesehen ist. Es wird im Rahmen der Parkbeschilderung vor allem an Ladesäulen angebracht. Jedoch wird die Kennzeichnung von Parkplätzen an E-Ladesäulen von Kommune zu Kommune anders gehandhabt, sodass dies zur Verunsicherung führt. Hinzu kommt, dass nicht genau definiert ist, was unter dem Ladevorgang zu verstehen ist, wenn das Parken während des Ladens erlaubt ist.

Das Elektromobilitätsgesetz ist keineswegs als statisches Rechtskonstrukt zu sehen. So sieht es alle drei Jahre einen Bericht vor, um Erkenntnisse insbesondere zur Fortschreibung der Umweltkriterien zu gewinnen. Inhalte des Berichts sind unter anderem die Auswirkungen elektrisch betriebener Fahrzeuge im Hinblick auf Umweltund Klima, das Ladeverhalten dieser Fahrzeuge und die Entwicklung der Ladeinfrastruktur. Der erste Bericht wurde im Juli 2018 und der zweite im Dezember 2021 vorgelegt. Dabei handelt es sich um extern durchgeführte Evaluierungen, die den aktuellen Diskussionsstand, insbesondere in Kommunen und Fachkreisen, abbilden. Die enthaltenen Handlungsoptionen stellen einen Beitrag zur weiteren Diskussion über die Förderung der Elektromobilität dar.

Aus der EmoG-Berichterstattung 2021 ergab sich beispielsweise: „So sind mit großem Abstand an erster Stelle die Privilegierungen beim Parken in 74 % der Kommunen umgesetzt. Weitere 7 % geben an, diese Bevorrechtigung derzeit zu planen, häufig mit Zeithorizont 2022. Eine Reduzierung von Parkgebühren für Elektrofahrzeuge wird in 24 % der teilnehmenden Kommunen eingeräumt; für das nächste Jahr planen dies weitere 2 %.“ Obwohl hieraus nicht zu erkennen ist, dass die Privilegierungen beim Parken in der Realität missbräuchlich genutzt werden, lief diese Regelung in vielen Kommunen und Städten bereits im Laufe des Jahres 2022 aus oder endete spätestens mit dem Jahreswechsel 2022/2023. So formulierte beispielsweise die Stadt Köln im vergangenen Jahr die Parkprivilegien folgenderweise um: „Nutzende von E-Fahrzeugen können während des Ladevorgangs an einer Ladesäule in der ersten Stunde kostenlos parken und müssen erst ab der zweiten Stunde Parkgebühren entrichten.“ In Stuttgart wurden die Privilegierungen beim Parken gänzlich abgeschafft: „Der Gemeinderat der Stadt Stuttgart hat am 15.12.2022 entschieden, die bislang geltende Parkgebührenbefreiung für E-Fahrzeuge nicht mehr zu verlängern. Das heißt, dass ab 01.01.2023 auch für diese Fahrzeuge Gebühren an den Parkscheinautomaten zu bezahlen sind. Bewohner*innen von Parkraummanagementgebieten oder dort ansässige gewerbliche Betriebe und Freiberufler sowie Bewohner*innen der City-Gebiete können unter bestimmten Voraussetzungen einen Parkausweis für das kostenfreie Parken erhalten.“

Doch der Wegfall des (Teil-)Erlasses von Gebühren bei der öffentlichen Parkraumbewirtschaftung ist nur ein Teil der Gebühren, die bereits jetzt auf viele Fahrer von Elektrofahrzeugen zukommen. Denn auch Ladeinfrastrukturbetreiber und Roaming-Anbieter haben im Laufe der Jahre zusätzliche Gebühren eingeführt, die neben den Kosten für den Bezug einer Kilowattstunde Strom entrichtet werden müssen.

Start-und Standgebühren
Der Name „Startgebühr“ verrät bereits, worum es bei dieser Gebühr geht: Denn einige Ladekartenanbieter verlangen pro Ladevorgang eine im Vorfeld festgelegte Startgebühr, die unabhängig von der geladenen Strommenge ist. Es handelt sich dabei um eine Art Kartennutzungsgebühr. Ladekarten mit Startgebühr lohnen sich daher nur, wenn sie für das gesamte Aufladen des E-Autos genutzt werden. Für Zwischenstopps sind sie aufgrund der hohen Kosten nicht geeignet. Auch Standgebühren entfallen bereits mit dem Start des Ladevorgangs: Ähnlich wie Parkgebühren entfallen sie, weil der Stellplatz belegt ist. Jedoch ist der entscheidende Unterschied, dass diese Gebühren nicht vom Anbieter des Parkraums erhoben werden, sondern vom Ladeinfrastrukturbetreiber oder auch von Ladekartenanbietern. Die nicht sehr verbreitete Standgebühr kann unter Umständen die Kosten des Ladevorgangs enorm in die Höhe treiben, denn in vielen Fällen ist sie nicht gedeckelt. Das heißt, mit jeder Minute, die das Fahrzeug nicht mehr lädt, steigt der Anteil der Standgebühr an den eigentlichen Kosten des Ladevorgangs. Teuer wird es außerdem, wenn Standgebühr und Parkgebühr gleichzeitig erhoben werden.

Blockiergebühren
Um Ladepunkte schnell für die nächsten Elektroautofahrer freizumachen, haben in den vergangenen zwei Jahren viele Ladeinfrastrukturbetreiber und Ladekartenanbieter eine Blockiergebühr eingeführt. Umfragen belegen, dass die meisten Elektromobilisten durchaus eine Daseinsberechtigung für diese Gebühren sehen, um das Dauerparken an Ladestationen – zum Beispiel auch als Ersatz für kostenpflichtige Parkplätze in der Umgebung – zu vermeiden und jedem die Chance zu geben, Reichweite zu laden.

Das Problem bei der Sache ist, dass an keiner Stelle zentral erfasst wird, wann Blockiergebühren anfallen und wie hoch sie sind, da jeder Betreiber und Anbieter eine eigene Strategie verfolgt. Würden diese sich auf einen Standard einigen, wäre das Thema für Elektroautofahrer einfacher zu überblicken. Außerdem sollte bei der Berechnung der Blockiergebühren grundsätzlich die Ladegeschwindigkeit der Säule in Betracht gezogen werden: An einer schnellen DC-Ladesäule sind vier Stunden schon fast zu lang, für langsame AC-Ladestationen unter Umständen zu kurz, da eine Vollladung hier auch gerne mal fünf Stunden oder mehr dauern kann.

Nicht zuletzt unterscheiden sich die Gebühren für das „Blockieren“ einer Ladestation von Anbieter zu Anbieter. Einige, wie die EnBW, berechnen 10 Cent pro angefangene Minute, wenn das Elektroauto mehr als vier Stunden an der Ladesäule steht. So handhabt es auch Shell in seinem Roaming-Gebiet. Bei beiden Anbietern ist die Blockiergebühr auf 12 Euro pro Ladevorgang gedeckelt und sie unterscheidet sich nicht je nach Art der Ladesäule. Andere Anbieter setzen die Zeit für das Inkrafttreten der Blockiergebühr an einer Schnellladesäule jedoch deutlich herab: So werden bei der LichtBlick SE in den beiden Tarifen „FahrStrom Unterwegs Standard“ und „FahrStrom Unterwegs Vorteil“ (Letzterer gilt nur für Kunden mit einem Stromvertrag bei der LichtBlick SE) die 10 Cent pro angefangene Minute an einer Gleichstrom-(DC-)Ladesäule bereits bei mehr als einer Stunde fällig. Dies jedoch unabhängig von der Ladeleistung, welche die DC-Ladesäule zur Verfügung stellt. Bei beiden LichtBlick-Tarifen ist die Blockiergebühr nicht gedeckelt, daher sollte unbedingt die Ladezeit im Blick behalten werden.

Fazit
Der Plan, die Verbreitung der Elektromobilität zu unterstützen, den das Mitte 2015 eingeführte Elektromobilitätsgesetz zum Ziel hatte, ist zwar aufgegangen, jedoch hat sich mit dem Hochlauf der Elektromobilität in Deutschland ein neues Problem ergeben: ein Gebührendschungel, den kaum jemand überblicken kann. Wer sich für ein rein elektrisches Auto entscheidet und vorhat auch einmal unterwegs zu laden, sollte sich die verschiedenen Roaming-Anbieter und Ladeinfrastrukturbetreiber genauer anschauen. Dabei sollte genau überprüft werden, in welcher Situation mögliche Zusatzgebühren zu den eigentlichen Ladekosten hinzukommen. Preisvergleichs-Apps wie die mehr-tanken App der Motor Presse Stuttgart bieten einen guten Überblick über die 250 eingebundenen Ladetarife und ermöglichen dabei den Vergleich der Ladekosten basierend auf dem genutzten Fahrzeug, Ladestand und -leistung für ausgewählte oder alle verfügbaren Tarife an einer Ladesäule. Dadurch können Elektromobilisten nicht nur den für sie passenden Tarif an den bereits bekannten Ladestopps ausfindig machen, sondern können auch unterwegs prüfen, ob sie an diesem Ort in einem anderen Ladetarif beziehungsweise bei einem anderen Roaming-Anbieter nicht günstiger laden können. Es bleibt aber zu hoffen, dass zukünftig einheitliche Standards für Ladevorgänge im öffentlichen Raum geschaffen werden. Dann fände auch der Gebührendschungel ein Ende.