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Flottenmanagement: Bereits seit mehr als zehn Jahren beschäftigt sich der Technologiekonzern Schneider Electric mit dem Thema Elektromobilität. Welche Bedeutung nimmt die Elektromobilität für Sie als Unternehmen heute ein? Wie ist dieses Thema in Ihre Nachhaltigkeitsstrategie eingebunden?

Norbert Zähringer: Bereits seit mehr als 15 Jahren verfolgt Schneider Electric mit dem Schneider Sustainability Impact einen sehr ehrgeizigen Aktionsplan mit klar definierten Nachhaltigkeitsverpflichtungen auf globaler Ebene. Diese Bemühungen wurden 2021 auch mit dem ersten Platz im jährlich erscheinenden Ranking von Corporate Knights als „nachhaltigstes Unternehmen der Welt“ gewürdigt. In den Nachhaltigkeitsverpflichtungen ist unter anderem festgehalten, dass wir den eigenen Energiebedarf bis 2030 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen abdecken – Ende 2020 waren es bereits 80 Prozent. Außerdem möchten wir auf globaler Ebene unsere Flotte bis 2030 komplett auf Elektrofahrzeuge umstellen, bis 2025 soll ein Drittel umgestellt sein. In der DACH-Region sind wir bei der Elektrifizierung des Konzernfuhrparks die Speerspitze und haben bereits 2018 in Deutschland mit der Planung für den Übergang zur Elektromobilität angefangen. Seit gut zwei Jahren befinden wir uns nunmehr in der Umstellungsphase der rund 1.500 Flottenfahrzeuge in der DACH-Region.

Flottenmanagement: Bis 2025 soll die komplette Firmenwagenflotte von Schneider Electric auf Elektroantrieb umgestellt werden. Wo befindet sich Schneider Electric in diesem Prozess? Welchen Herausforderungen sahen Sie sich hierbei gegenübergestellt?

Norbert Zähringer: 2025 ist zunächst einmal das Ziel für die Umstellung in der DACH-Region, wo unser Fuhrpark mittlerweile über 1.500 Fahrzeuge umfasst. Somit haben wir mit den rund 600 Elektrofahrzeugen bereits 40 Prozent geschafft. Hinzu kommen noch über 300 Fahrzeuge, die bereits bestellt sind. Die aktuell sehr langen Lieferzeiten von ein bis zwei Jahren sind hierbei natürlich eine der größten Herausforderungen, denen wir uns gegenübergestellt sehen.

Wenn wir über Herausforderungen reden, ist gerade bei einer Umstellung von Systemen oder Fahrzeugen die erste Hürde, die Mitarbeitenden mit den Neuerungen auch abzuholen. Dies konnten wir in Zusammenarbeit mit inno2fleet sehr gut über verschiedene Umfragen und Newsletter sowie einen eigenen Intranet-Auftritt des Fuhrparks bewältigen. Eine weitere Herausforderung war natürlich die Elektrifizierung unserer Unternehmensstandorte, die wir aber aufgrund unseres eigenen Know-hows sowie der planerischen Unterstützung von inno2fleet sehr gut bewältigen konnten. Dabei war es uns ganz wichtig, dass die Standorte nicht überdimensioniert mit Ladeinfrastruktur ausgestattet wurden, sondern diese sukzessive je nach Anzahl der Fahrzeuge erweitert werden können. Das kann beispielsweise für den Ratinger Standort bedeuten, dass wir weitere Wallboxen installieren, wenn die bestehende Ladeinfrastruktur voll ausgelastet ist. Wir planen allerdings parallel den Umzug in den EUREF-Campus Düsseldorf und hoffen, dass wir, je nach Baufortschritt, im nächsten Jahr dort einziehen können. An diesem Standort spielt die Elektromobilität als Teil eines neuen urbanen Mobilitätskonzepts natürlich auch eine wichtige Rolle.

Flottenmanagement: Als eine der größten Herausforderungen beim Umstieg auf die Elektromobilität gilt die dazugehörige Ladeinfrastruktur. Wie haben Sie diese Herausforderung in ihrem Unternehmen bewältigt?

Harald Sattelberg: Wir glauben, dass es wichtig ist, Unternehmensstandorte bei der Elektrifizierung des Firmenfuhrparks flexibel und modular auszustatten. Und so gehen wir bei uns selbst auch vor: Das heißt beispielsweise, dass die Ladeinfrastruktur in unserer Tiefgarage so aufgebaut ist, dass sie sich aufgrund der Nutzung eines Stromschienenverteilers sehr einfach erweitern lässt. Im Vergleich zu einzelnen Kabeln zu den jeweiligen Wallboxes zahlt sich diese Lösung bereits ab fünf Ladepunkten monetär aus. Zudem können wir die Zahl der mit Ladeinfrastruktur ausgestatteten Stellplätze sehr einfach erhöhen, indem wir den Stromschienenverteiler Stück für Stück erweitern und weitere Wallboxen anschließen. Nicht zuletzt wird auch die Brandlast durch den Einsatz eines Stromschienenverteilers im Vergleich zu Kabeln reduziert, was die Feuerwehren begrüßen.

Neben der hardwareseitigen Ausstattung verfügen wir auch über ein dynamisches Lastmanagement. Die Besonderheit ist hier, dass unser Lastmanagement sekundengenau die Last am Hausanschluss misst und die Ladeleistung an den Wallboxen regeln kann. Wenn zum Beispiel morgens viele elektrisch betriebene Geräte im Gebäude genutzt werden, stellt das Lastmanagement sicher, dass jederzeit ausreichend Energie für das Gebäude zur Verfügung steht, und regelt an der Ladeinfrastruktur runter. Nachts kann im Gegenzug dann die volle Leistung für das Laden bereitgestellt werden. Gleichzeitig ist unsere Ladeinfrastruktur vernetzt, sodass unser Ladepunktbetreiber (Charge Point Operator; kurz: CPO) inno2fleet in Berlin jederzeit weiß, an welchen Wallboxen in Ratingen geladen wird. Zudem können die Boxen aus der Ferne gewartet und gegebenenfalls Störungen behoben werden. Das gilt übrigens für alle acht SchneiderElectric-Standorte in Deutschland, an denen wir die Ladeinfrastruktur intensiv ausgebaut haben.

Flottenmanagement: Ihre Erfahrungen und das Know-how bei der Umstellung auf eine E-Fahrzeugflotte steht anderen Unternehmen über das Gemeinschafts-Start-up mit der DB Energie – inno2grid – zur Verfügung. Inwieweit kann die Umstellung bei Schneider Electric als „Blaupause“ für andere Unternehmen gelten? Weshalb ist für eine erfolgreiche Flottenelektrifizierung eine Elektrifizierung der Wohn- und Arbeitsstandorte der Mitarbeitenden notwendig?

Harald Sattelberg: Wir im Großkonzern haben natürlich die Prozesse und Spezialisten für das Thema Flottenelektrifizierung. Das heißt einerseits, dass andere größere Unternehmen mit entsprechend komplexen Strukturen von unseren Erfahrungen profitieren können, aber andererseits sich das vorhandene Know-how auch auf Fuhrparks von kleineren und mittelständischen Unternehmen in abgespeckter Form übertragen lässt. Oftmals fehlt es in kleineren Firmen ganz einfach an der Manpower, denn der Fuhrpark wird vielleicht nur von einer Person gemanagt oder ist sogar nur ein Teilaufgabengebiet eines Mitarbeitenden. Hier können unsere Erfahrungen wirklich helfen.

Norbert Zähringer: Wie eingangs erklärt, besteht anfänglich zunächst einmal die Herausforderung, die Mitarbeitenden bei einer solchen Flottenumstellung mit ins Boot zu holen, sprich Überzeugungsarbeit zu leisten. Dies hört eben nicht bei der Ladeinfrastruktur am Unternehmensstandort auf, sondern inno2grid als unser Serviceprovider unterstützt unsere Mitarbeitenden bei der Installation einer Wallbox zu Hause. Das beginnt mit einem Check der Gegebenheiten beim Mitarbeitenden zu Hause reicht über die Installation und Integration der Wallbox in das Backend von inno2grid und endet mit der kilowattstundengenauen Erstattung des Stroms für das Laden des Elektrofahrzeugs an der Wallbox zu Hause. Der Mitarbeitende muss lediglich inno2grid einmalig oder beim Wechsel des Stromanbieters über den Preis pro Kilowattstunde informieren und bekommt die Kosten auf monatlicher Basis erstattet. Übrigens ist das Laden an unseren Unternehmensstandorten für Mitarbeitende kostenlos; auch das Laden von deren Privatfahrzeugen.

Flottenmanagement: Mit dem Bereich inno2fleet fokussiert inno2grid besonders die Anforderungen und Bedürfnisse von Unternehmen bei der Flottenelektrifizierung. Wo setzt inno2fleet bei der Umsetzung von unternehmerischen Nachhaltigkeitszielen im Bereich Mobilität an? Welche Leistungen werden hierbei angeboten?

Harald Sattelberg: Bei inno2fleet handelt es sich um einen Ende-zu-Ende-Anbieter. Das heißt, die Kolleginnen und Kollegen dort setzen bereits in der Beratung und Planung für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele des Unternehmens an. Es wird gemeinsam mit dem Kunden geschaut, welche Ziele mit dem vollelektrischen Firmenfuhrpark verfolgt werden sollen und wie sich diese im Einklang mit den Gegebenheiten an den Unternehmensstandorten sowie den eigenen Vorgaben hinsichtlich der Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte (kurz: ESG) umsetzen lassen. Hieraus wird eine Strategie entwickelt, wie der Fuhrpark innerhalb eines fünfstufigen Plans umgestellt werden kann – vom technischen Konzept bis zur Begleitung während des Aufbaus und Ausbaus. Als Kirsche auf der Sahnehaube könnte man dann noch die Einbindung von nachhaltigen Energien in dieses Konzept bezeichnen. Denn inno2grid beziehungsweise inno2fleet besitzt auch Know-how in den Bereichen Quartiere sowie SmartGrid. Im Bereich „Vehicle to Grid“ können Elektrofahrzeuge als Zwischenspeicher fungieren und die Energie aus den Fahrzeugakkus über das bidirektionale Laden auch als Unterstützung für das Energiemanagement des Gebäudes zur Verfügung stellen. Denken Sie nur mal an die vollelektrische Lieferflotte, die samstags am Firmenstandort Sonne tankt, und der Strom am Montag für die Lieferfahrt zur Verfügung steht oder sonntags bei widrigem Wetter in die Wärmepumpen gespeist werden kann. Technisch ist das heute schon möglich. Derzeit erarbeitet das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) rechtliche, technische, steuerliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen für das bidirektionale Laden.

Norbert Zähringer: Neben dem charge@work und dem zuvor angesprochenen charge@home wird natürlich auch der Bereich charge@public von inno2fleet abgedeckt. Die inno2grid Ladekarte bietet hier die Grundlage, um die drei verschiedenen Lademöglichkeiten über eine einzige Kundenkarte abzudecken. Das heißt für den Nutzenden, dass er nur eine Karte benötigt, um einen Ladevorgang zu starten; ganz gleich, ob er zu Hause, auf der Arbeit oder unterwegs lädt – übrigens mit einer Netzabdeckung von rund 95 Prozent in Europa (>280.000 Ladepunkte). Das Unternehmen beziehungsweise der Fuhrparkverantwortliche erhält ähnlich wie bei einer Tankkarte eine monatliche Auswertung zu den Ladevorgängen des Nutzenden. Man kann hier wirklich von sehr schlanken Prozessen sprechen: So bekomme ich gegenüber unserer Kostenstelle lediglich eine Sammelrechnung im elektronischen Format, die dann elektronisch eingebucht wird. Wie diese Prozesse gestaltet werden, wird jedoch ganz individuell mit dem Kunden vereinbart.

Flottenmanagement: Seit diesem Jahr werden Plug-in-Hybride nicht mehr gefördert und auch die Förderung von rein elektrischen Fahrzeugen wurde in Deutschland beschnitten. Dies ist sicherlich ein Dämpfer mit Blick auf den Appell an die Bundesregierung, Deutschland zum Leitmarkt für Elektromobilität zu machen, wie es Schneider Electric und zwölf weitere Unternehmen im Sommer 2022 gefordert haben. Welche Auswirkungen hat Ihrer Meinung nach die Abkehr von Förderungen für die E-Mobilität auf die eigentlich beabsichtigte Mobilitätswende hierzulande? Sind die Klimaziele so überhaupt erreichbar?

Norbert Zähringer: Grundsätzlich werden die fehlenden Förderungen meiner Meinung nach einen Einfluss haben, jedoch nicht in diesem Umfang, wie man zunächst befürchten könnte. Wir bei Schneider Electric leben den Nachhaltigkeitsgedanken, das ist grundsätzlich unabhängig von Förderungen. Und wir wollen dem Markt zeigen, dass es möglich ist, eine große Flotte auf Elektrofahrzeuge umzustellen. Gleichwohl führen die Lieferverzögerungen bei den Fahrzeugbestellungen von einem bis zu zwei Jahren auch zu einer gewissen Egalisierung der Preisstrategien der Hersteller: So gehen wir davon aus, dass sich die Preise von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor und Elektrofahrzeugen bereits 2025 auf einem ähnlichen Niveau befinden werden, da eine Vielzahl der Fahrzeughersteller ab diesem Zeitpunkt die Elektromobilität forciert. Somit kann man die Förderungen eher als Katalysator für den Übergang zur Elektromobilität bezeichnen und nicht als unabdingbar für den Erfolg der Elektromobilität.

Harald Sattelberg: Nicht zuletzt gibt es auch weitere Belohnungsinstrumente, die nach wie vor Bestand haben. Als Beispiele kann man hier die attraktive Dienstwagenbesteuerung, die Kfz-Steuerbefreiung, die Belohnung über die THG-Quote oder auch die verschiedenen lokalen und regionalen Fördermöglichkeiten der Länder und Kommunen anführen. Ob der Wegfall beziehungsweise die Kürzung des Umweltbonus zum richtigen Zeitpunkt passierte, wird die Zeit zeigen. Jedoch gehe ich davon aus, dass dieser Umstand die Preisgestaltung bei den Elektrofahrzeugen am Ende positiv beeinflussen wird und dass dadurch das in die Höhe getriebene Preisniveau sinkt.