
Die Fuhrpark- und Mobilitätsbranche 2022 war vor allem bestimmt durch Krisen in vielerlei Hinsicht. Der Russland-Ukraine-Krieg hat und hatte primär negative Auswirkungen auf die Energieversorgung und damit die Preisentwicklung. Ebenso beeinträchtigt ist noch immer die Liefersituation. Neben der Krisenbewältigung stand aber insbesondere auch die (weitere) Elektrifizierung des Fuhrparks im Vordergrund sowie die Digitalisierung. Ein Blick auf 2023 zeigt, dass sich Fuhrparkverantwortliche weiterhin mit den Themen aus 2022 befassen müssen.
Eines der Top-Themen 2023 wird sicherlich das Thema Nachhaltigkeit im Fuhrpark sein. Dabei können ökonomische wie ökologische Aspekte eine Rolle spielen – ebenso wie die CSR-Berichtspflichten. Mit den 2022 verabschiedeten Verordnungen unterliegen immer mehr Unternehmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung und müssen Auskunft über ihren CO2-Ausstoß geben. Im Zuge dessen ist es sinnvoll und unausweichlich, sich mit der zukünftigen Mobilität des Unternehmens auseinanderzusetzen. Eine wichtige Stellschraube ist dabei die Elektromobilität. 2022 schloss mit einem Elektro-Rekord ab. Wie Dataforce vermeldet, kamen rein elektrische Fahrzeuge auf einen Marktanteil von 33,2 Prozent, bei Plug-in-Hybriden lag der Anteil bei 22,2 Prozent. Summiert macht das für beide Kraftstoffarten 55,4 Prozent. Benziner und Diesel hingegen hatten im Dezember ihren historisch geringsten Anteil. Zusammen kamen die beiden auf lediglich 44,2 Prozent. Die sehr guten Zahlen bei den Zulassungen von Elektroautos sieht Dataforce in den Vorzieheffekten begründet. Durch die Novellierung der Förderungen sank der Umweltbonus 2023 von 6.000 auf 4.500 Euro im Bundesanteil. Viele Hersteller versuchten deshalb alles, um die Elektrofahrzeuge noch 2022 auszuliefern.
Weitere Elektrifizierung des Fuhrparks ungewiss
In der Änderung der Fördermaßnahmen liegt allerdings das größte Problem hinsichtlich der Elektromobilität. Durch die Deckelung der Fördersumme, die Verringerung des Zuschusses und insbesondere durch die Streichung der Förderungen für Unternehmen ab September 2023 steht bislang in den Sternen, wie es genau mit der Elektrifizierung der Fuhrparks vorangehen wird. Klar ist aber, dass es einen Einbruch bei den gewerblichen Zulassungen geben wird. Subventionen des Staates sind ein wesentlicher Anreiz für die Umgestaltung der Mobilität – wenn auch nicht der einzige. Und selbst wenn Unternehmen die Fahrzeuge bis zum September 2023 zulassen können, ist unklar, ob die Fördersumme bis dahin nicht schon aufgebraucht ist.
Ein weiterer Trend, der eng mit der Nachhaltigkeit zusammenhängt, ist das Ausloten neuer Mobilitätskonzepte. Insbesondere im Hinblick auf den bevorstehenden Wegfall der Fördermaßnahmen für Unternehmen werden Alternativen zur Elektromobilität noch eine größere Rolle spielen. Bereits jetzt werden Mobilitätsbudgets immer beliebter. Die Bandbreite der Mobilitätsmöglichkeiten ist groß und sollte in einem ganzheitlichen Konzept bedacht werden. Dass der ÖPNV sowie die Fahrradbranche laut Politik eine untergeordnete Rolle spielen, zeigte jüngst der „Mobilitätsgipfel“ im Kanzleramt. Unter dem Namen „Strategieplattform Transformation der Automobil- und Mobilitätsbranche“ lud der Kanzler vor allem verschiedene Vertreter der Automobilund Mobilitätsbranche ein. Die Bahnund Fahrradbranche sowie wichtige Mobilitätsverbände wie zum Beispiel der BEM oder auch der Mobilitätsverband wurden dabei außen vor gelassen. Damit eine Mobilitätswende gelingen kann, bedarf es aber mehr als nur einer Umstellung der Antriebsart. Das mag vielen Fuhrparkverantwortlichen schon bewusst sein. Die Politik übersieht nach wie vor die zentrale Rolle der betrieblichen Mobilität bei allen Überlegungen.
Betriebliche Mobilität in den Fokus rücken
Eine deutliche Entwicklung gibt es in der strategischen Herangehensweise beim Fuhrpark- und Mobilitätsmanagement – die betriebliche Mobilität als Ganzes zu betrachten und nicht nur auf das Automobil zu schauen. Nicht erst seit der Umbenennung setzt sich der Bundesverband Betriebliche Mobilität verstärkt dafür ein, neben dem Fuhrparkmanagement als nach wie vor wichtigem Teil, auch die gesamte betriebliche Mobilität in den Blick zu nehmen. Um wettbewerbsfähig und langfristig erfolgreich zu sein, ist es nicht ausreichend, lediglich die Antriebsart der Flotte zu ändern. Vielmehr geht es darum, die gesamte betriebliche Mobilität auf den Kopf zu stellen und Verbesserungspotenziale auszuloten. Dazu gehört neben dem Travelmanagement, das eng mit dem Flottenmanagement verbunden sein sollte, vor allem auch die Mitarbeitermobilität. Hierbei können Unternehmen nicht nur von einer Veränderung hin zur Nachhaltigkeit profitieren, sondern auch enorme Kosten sparen.
Die Kostenplanung ist ein weiteres wichtiges Trendthema, das Fuhrparkverantwortliche 2023 auf dem Schirm haben müssen. In Zeiten von Energiekrise und Inflation wird die Kostenaufstellung immer wichtiger. Neben den Fahrzeugpreisen steigen die Energiekosten und mittlerweile sind die erhöhten Preise auch an den Ladesäulen angekommen. Um die Kostensteigerungen abzufangen, ist es an den Fuhrparkund Mobilitätsverantwortlichen, die Mobilität in der bestehenden Form zu überprüfen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten, um die Kosten zu reduzieren. Dabei ist es wichtig, die gesamten Fuhrparkkosten im Blick zu haben. Beim Fahrzeugkauf bedeutet das beispielsweise, nicht nur die Anschaffungskosten zu beachten, sondern die Kosten über die gesamte Nutzungsdauer zu bedenken.
Ebenso wie die Elektromobilität wird auch die Digitalisierung in diesem Jahr wieder eine zentrale Rolle im Fuhrpark spielen. Neben den technischen Fortschritten im Hinblick auf die Fahrzeuge sind dabei vor allem die Systeme, die die Arbeit im Fuhrparkmanagement erleichtern, zu nennen. Dazu gehören beispielsweise die elektronische Führerscheinkontrolle oder das Arbeiten mit elektronischen Fahrtenbüchern. Die Digitalisierung der betrieblichen Flotte, die insbesondere durch die Corona-Pandemie einen Boost erfahren hat, kann wesentlich dazu beitragen, den Aufwand im Fuhrparkmanagement zu reduzieren und damit Zeit und Kosten einzusparen. Es ist an den Fuhrpark- und Mobilitätsverantwortlichen, den Fuhrpark mit digitalen und innovativen Lösungen voranzubringen, um den administrativen Aufwand zu reduzieren.
Erfolgsrelevante Trendthemen für Mitglieder und die Branche – damit setzt der Verband sich selbstverständlich weiterhin intensiv auseinander und unterstützt mit Informationen, Wissen von Experten und Praktikern aus über 500 Unternehmen, mit direkt nutzbaren Tools und Qualifizierungsangeboten. Interessierte finden dazu auf der Homepage des Verbandes eine Übersicht.
AUTOR
AXEL SCHÄFER ist seit 2010 Geschäftsführer des von ihm mit initiierten und mit gegründeten Bundesverbandes Betriebliche Mobilität e. V. (vormals Bundesverband Fuhrparkmanagement e. V.) und Sprecher der FMFE Fleet and Mobility Management Federation Europe. Der diplomierte Finanzierungs- und Leasingwirt (VWA) ist seit 1992 als Autor, Trainer/Fachreferent in Deutschland, Österreich und der Schweiz tätig. Seine Kernkompetenz liegt in den Bereichen Mobilitäts-, Fuhrparkmanagement und Leasing. Er publiziert zu den Themen regelmäßig Beiträge in Büchern, Fachmagazinen und ist immer wieder Redner bei Vorträgen im Rahmen verschiedener Events, Seminare und Workshops.