
Flottenmanagement: Herr Schmid, wie erleben Sie, nach mehr als 18 Monaten coronabedingter Veränderung des Alltags und nahezu schlagartiger Digitalisierung verschiedenster Wirtschaftsbereiche, den Zuspruch zu Telematikdiensten bei Unternehmensflotten?
Wolfgang Schmid: Die Corona-Pandemie wirkt insofern, als dass wir deutlich weiterkommen, wenn die Kunden unsere Dienste als Digitalisierungen verstehen. Bei Telematik denken viele zuerst an Überwachung und Kontrolle, aber das Know-how von Webfleet Solutions im Bereich Internet of Things (IoT) geht weit darüber hinaus. Dass die Kommunikationsmöglichkeiten des Fahrzeugs via Daten, das Aufbereiten dieser und die darüber verbundene Digitalisierung des Fahrzeugmanagements auch zur Telematik gehören, erleichtert uns den Zugang zu einigen Unternehmensflotten wesentlich. Daneben hilft uns unsere Zertifizierung nach ISO27001 bei der Argumentation mit Betriebsräten und Datenschutzbeauftragten in Bezug auf Datensicherheit und Datenschutz, dass der betriebliche Zweck des Datenaustauschs im Vordergrund steht und dies keine willkürliche Datenerfassung ist. So tragen die Mitarbeiter den Einsatz von Webfleet Solutions besser mit.
Flottenmanagement: Wie sieht die Rolle aus, die Webfleet Solutions nun im Bridgestone-Konzern spielt, auch in Bezug auf die Definition als Mobilitätsdienstleister?
Wolfgang Schmid: Als Teil der Bridgestone Mobility Solutions bringen wir uns ein mit dem, was wir gut können: Datenerfassung, Datenaufbereitung, also erfasste Daten zu nutzvollen Informationen zu machen. Das spielt dann in die Bereiche hinein, die Bridgestone mit Mobility Services fokussiert. Beispielsweise Subscription Services, bei denen unsere Rolle darin besteht, die erfassten und verarbeiteten Daten auch zu kommerzialisieren. Wir sind ein Teil von Bridgestone, der den digitalen Ansatz der Mobilität bedienen kann. Die Synergien für Webfleet Solutions ergeben sich daraus, dass Bridgestone sehr stark positioniert ist im Bereich der Mobilität, auch mit einer logistischen und personellen Größe, von der wir profitieren. Die Forschung & Entwicklung des Konzerns ermöglicht uns, früh an interessanten Entwicklungen beispielsweise bei der Elektromobilität zu partizipieren. Durch unsere Zulieferung von digitalen Daten werden die zukunftsweisenden Mobilitätsangebote des Konzerns weiter gestärkt.
Flottenmanagement: Aus welchem Bereich rekrutieren Sie Ihre Kunden? Und in welchen Bereichen des Fahrzeugs kann das Telematiksystem von Webfleet Solutions Daten beschaffen und mit welchem Nutzen für Fahrer und Fuhrparkmanager?
Wolfgang Schmid: Webfleet Solutions bietet Funktionen für Flottengrößen ab einem Fahrzeug. Nach oben hin können wir Großflotten mit 1.000er-Größenordnungen bedienen. Unsere Lösung funktioniert als Software as a Service und diese umfasst unterschiedliche Funktionalitäten. Für einen geringeren Funktionsumfang zahlt der Kunde natürlich auch weniger.
Immer häufiger steht bei den Nutzern das Thema Sicherheit von Flotten im Vordergrund, bei dem unsere Systeme einen erheblichen Mehrwert leisten können. In der Corona-Pandemie haben viele Unternehmen ihre Mitarbeiter zunehmend als wichtiges Gut schätzen gelernt, deren Sicherheit unter anderem mit Webfleet Solutions geschützt werden kann. Im Lkw-Bereich hat sich diese Sichtweise schon früher durchgesetzt, weil man mit bestmöglichen technischen Rahmenbedingungen gute Fachkräfte rekrutieren beziehungsweise binden will. Aber ein wesentliches Argument für die Verwendung unserer Systeme ist die Steigerung von Effizienz. Das soll aber nicht allein bedeuten, dass durch Flotten mehr Fahrten und mehr Aufträge übernommen werden können – dies waren vor 20 Jahren durchaus noch die Argumente für den Einsatz von Telematiksystemen –, sondern dass die Rahmenbedingungen der Touren durch bessere Streckenplanung stressfreier und dadurch sicherer gesteckt werden, sodass insbesondere die Fahrerinnen und Fahrer profitieren. Zu einer Win-win-Situation wird dies, wenn durch sinkende Unfall- beziehungsweise Schadenquoten die Versicherungsprämien auch niedriger werden. Konkret schätzen unsere Kunden, wenn Störungen der Fahrzeugfunktionen direkt an die Fuhrparkverwaltung gemeldet werden. Beispielsweise, wenn die Öllampe aufleuchtet, kann das Fuhrparkmanagement direkt einen Werkstatttermin vereinbaren. Das erspart dem Fahrzeugnutzer viel Aufwand und auch zeitlich kann eine Behebung des Defekts schneller in die Wege geleitet werden. Oder beim anstehenden Reifenwechsel kann die Reifenservicestation des Kunden direkt informiert werden.
Flottenmanagement: Wie kommen die Kunden auf die Lösungen von Webfleet Solutions? Wie gehen Sie auf potenzielle Kunden zu und wie überzeugen Sie sie von den Vorteilen von Webfleet Solutions?
Wolfgang Schmid: Ein großer Teil unseres Geschäfts läuft über Empfehlungen. Letztendlich ist es der zufriedene Kunde, der uns weitere zufriedene Kunden bringt. Darüber hinaus können wir über ein breites Händlernetz und deren Partner unsere Produkte vertreiben. Dazu nutzen wir natürlich Branchenveranstaltungen wie „Flotte! Der Branchentreff“, um potenzielle Kunden zu treffen.
Wir befinden uns in der günstigen Lage, jedem Kunden eine individuelle Lösung anbieten zu können, ihm genau die Daten aufzubereiten, von denen er profitiert. Sei es, dass der Benefit sich finanziell auszahlt, oder sei es, dass unser Produkt das Unternehmen im Wettbewerb gut aufstellt. Auch eignen sich unsere Produkte gut für Compliance-Nachweise wie Arbeitszeiten, welche papierlos und automatisch direkt im System erfasst werden. Da wir Lösungen tendenziell niederschwelliger anbieten können, erreichen wir mit Webfleet Solutions auch Branchen, bei denen der Fuhrpark weniger im Zentrum des Interesses steht, die aber dennoch von vielen unserer Funktionen profitieren können, zum Beispiel bei der positionsbedingten Zeiterfassung im Handwerk oder auch bei Pflegediensten im innerstädtischen Bereich, wenn die schon erwähnte Fehlermeldung ohne großen Zeitverlust an die zuständige Werkstatt gemeldet werden soll.
Unsere Dienste setzen auf den Daten der Kunden auf, über die der Kunde selbst bestimmt, beziehungsweise bei denen er entscheidet, an wen er sie weitergibt. Wir müssen auch nicht immer direkt die Kernsoftware für Flotten sein, wir können Teilbereiche abdecken oder Daten nur an der Stelle erfassen, wo sie gebraucht werden. Mehr und mehr nachgefragt werden unsere Lösungen zur Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen. Unternehmen können die in Flotten entstehenden CO2-Emissionen über unseren Partner Justdiggit kompensieren.
Flottenmanagement: Welche Voraussetzungen brauchen Ihre Kunden, um Ihre Flottenmanagementlösungen effizient und nachhaltig nutzen zu können?
Wolfgang Schmid: Unsere Software läuft komplett webbasiert, auf Geräten vom PC bis hin zu Smartphones und Tablets. Wenn wir in die Fahrzeugausstattung hineinschauen, dann kommt es sehr auf den Fahrzeugtyp und auf die Funktionalität an. In Pkw setzen wir einen OBD-(On-Board-Diagnostic-)Stecker als kleinste Lösung ein. Wichtig bei allen Lösungen ist, dass Daten nur ausgelesen, nicht aber verändert werden. Wenn man einen größeren Umfang bei der Datenerfassung haben möchte, bieten wir Blackboxes in unterschiedlichen Varianten an. Dazu kommen dann unsere Driver Terminals, ebenfalls in unterschiedlichen Varianten beziehungsweise Größen von kleinem Display bis hin zum Tablet, auf dem auch eigene Anwendungen laufen können. Wir bieten eine Reihe von Lösungen an, die sich kombinieren lassen, je nach Bedarf. Dazu beraten wir unsere Kunden individuell und finden die passenden Produkte. Im Bereich der Hardware nutzen wir bereits viele Partnerschaften und können die ab Werk eingebauten Blackboxes direkt verwenden, zum Beispiel die in den Neuwagen von BMW/Mini, Mercedes-Benz oder PSA. Auch viele kleinere Anbieter von Elektrofahrzeugen lassen sich direkt anbinden. Wenn der Kunde für einen Teil seiner Fahrzeuge keine Blackboxes kaufen muss, macht das finanziell schon etwas aus.
Flottenmanagement: Wenn wir in die nähere Zukunft blicken: Welche Themen werden in Flotten, aber auch bei der Mobilität immer wichtiger werden, die Webfleet Solutions bedienen kann?
Wolfgang Schmid: Ein zentrales Thema sind die Veränderungen durch den Einsatz von Elektromobilität, insbesondere die veränderten Anforderungen an Flotten. Das fängt an mit der Entscheidung, welche Fahrzeuge elektrisch betrieben werden können. Dafür braucht es eine Datenbasis, die wir liefern können. Dann geht es um sinnvolle Daten für die Alltagsnutzung: Wie ist der Ladezustand, wie lange lädt das Fahrzeug noch? Solche Informationen lassen sich auslesen und zur Verfügung stellen. Das geht weiter bei der Nutzung von Solarstrom, wenn man E-Fahrzeuge als Stromspeicher einbeziehen kann. Den Nutzern wird immer deutlicher, dass Datenaufbereitung nicht nur auf die Speditions- und Transportbranche beschränkt ist. Unsere Services übernehmen genau das, was unter den Begriff Telematik fällt: Die Verarbeitung von IT-Daten und die Verbindung dieser mit Kommunikation. Dies entwickelt sich auch immer weiter dahin, diese Daten überall im Unternehmen zur Verfügung zu stellen, sodass der Nutzen maximiert wird. Eine weitere Schiene ist die Bezahlung nach Nutzung, für die ebenfalls genaue Daten benötigt werden. Und dann wird das Thema „Smart City“ eine immer größere Rolle spielen, zu dem wir von Webfleet Solutions mit der Datenerfassung und -aufbereitung Entscheidungsgrundlagen liefern können.