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Die Elektromobilität in Deutschland boomt. Die Branche verzeichnet einen Zuwachs von mehr als 200 Prozent bei reinen Elektrofahrzeugen und 340 Prozent bei Plug-in-Hybriden gegenüber dem Vorjahr. Unter anderem ist dies auf die üppigen Zuschüsse und Steuererleichterungen durch Bund und Länder zurückzuführen – kombiniert mit weiteren Rabatten der Hersteller. In nackten Zahlen heißt das: 194.000 Neufahrzeuge mit reinem Elektroantrieb und 200.500 mit Plug-in-Hybrid- Antrieb fahren nun mehr auf deutschen Straßen als noch im Jahr 2019. Kumuliert sind das somit rund 600.000 Autos in Deutschland, die mit Strom geladen werden können. Das bringt einen unweigerlich zu der Frage, wie viele Ladesäulen dafür zur Verfügung stehen. Allein im Jahr 2020 kamen insgesamt über 3.000 neue öffentliche Ladepunkte hinzu. Den Autofahrern standen im November 2020 rund 33.100 frei zugängliche und teilöffentliche Ladesäulen zur Verfügung (Quelle: Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft). Nur um das Verhältnis zu verstehen: Für rund 50 Millionen Fahrzeuge stehen rund 14.500 Tankstellen mit herkömmlichem Kraftstoff zur Verfügung, dann aber mit mehreren Tanksäulen und belegt für eine Tankdauer von vielleicht fünf bis zehn Minuten. Elektroautos brauchen für einen Ladevorgang bekanntermaßen etwas länger. Natürlich braucht es für die Akzeptanz und Verbreitung der Elektromobilität im größeren Stil genügend Möglichkeiten, E-Fahrzeuge zu laden. Wenn bis 2030 sieben bis zehn Millionen Elektrofahrzeuge auf deutsche Straßen fahren, so das Ziel der Bundesregierung, sollen eine Million öffentlich zugänglicher Ladepunkte zur Verfügung stehen.

Doch zurück zu den derzeit verfügbaren Ladepunkten, deren Zahl allein wenig aussagekräftig ist. Nach wie vor zeigt sich die Ladeinfrastrukturlandschaft zerklüftet, wie der Energieversorger LichtBlick in seinem vierten Ladesäulencheck – veröffentlicht im Oktober 2020 – belegt: Zu viele Anbieter, die nicht miteinander kooperieren und zu viele uneinheitliche, intransparente Tarifsysteme sowie Bezahlmethoden machen das Reisen mit einem Elektroauto nicht leicht. Seit April 2019 müssen alle neu installierten Ladesäulen eichrechtskonform sein, für Bestandssäulen müssen Umrüstpläne bei den Eichbehörden eingereicht und von diesen genehmigt werden. Bis zur erfolgten Umrüstung werden die bisher erhobenen Tarife geduldet. Gemäß einer Präsentation auf der Vollversammlung des Mess- und Eichwesens im Dezember 2020 ist die Umrüstung von rund 22.000 AC-Ladepunkten (Wechselstrom) erfolgt. Mit mess- und eichrechtskonformen Ladelösungen für DC-Ladepunkte (Gleichstrom) sei in diesem Jahr zu rechnen. Einer Umfrage des Portals „Energate“ bei mehreren großen Ladepunktbetreibern zufolge soll die Umrüstung, wenn nicht schon erfolgt, im ersten Quartal 2021 abgeschlossen sein. Als Grund für bislang nicht abgeschlossene Umrüstungen werden meist fehlende Messtechnik und die Zertifizierungsverfahren genannt.

Jede Ladeeinrichtung in Deutschland, an der abgerechnet wird, unabhängig davon, ob diese öffentlich zugänglich ist oder einem privaten Nutzerkreis (zum Beispiel Mitarbeiter eines Unternehmens) zur Verfügung steht, unterliegt den Anforderungen des Eichrechts. Das heißt, sie benötigt eine Baumusterprüfbescheinigung. Die Abrechnungspflicht besteht sowohl in B2C- als auch in B2B-Verhältnissen. Einzige Ausnahmen sind die Flatrate oder das Verschenken von Ladestrom. Nicht mehr zulässig sind Abrechnungen nach Ladezeit sowie Pauschalbeträge, beides kWh-unabhängig. In Artikel 4, Stromversorgung für den Verkehr, heißt es in der EU-Directive AFID unter Absatz 10: „Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass die Preise, die von den Betreibern öffentlich zugänglicher Ladepunkte berechnet werden, angemessen, einfach und eindeutig vergleichbar, transparent und nichtdiskriminierend sind“. Aus dem Eichrecht ergeben sich zudem weitere Anforderungen, die eine Ladestation erfüllen muss, wie der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V. (VDE) zusammenfasst: Die Zählerdaten müssen dem Fahrer eines Elektroautos über eine Anzeige an der Ladestation sichtbar gemacht werden, die eingebauten Messeinrichtungen in der Ladestation müssen (herstellerseitig) ein Konformitätsbewertungsverfahren durchlaufen sowie geeicht werden und das Messsystem muss über eine geeignete Einrichtung zur Erstellung der digitalen Signatur verfügen. Ein Datensatz muss außerdem folgende Mindestbestandteile haben: Messwerte (zum Beispiel Anfangs- und Endzählerstand oder Differenz), Einheit des Messwerts, Zeitstempel, Eindeutige ID der Ladevorrichtung, Identifikation des Kundens/der Transaktion); für Zusatzeinrichtungen gilt: Eine solche Zusatzeinrichtung ist etwa ein Backend-System, das die sichere Übertragung des signierten Datensatzes oder die nachträgliche Überprüfung der Messdaten durch den Fahrer ermöglicht.

Wallboxen lassen sich in der Regel nicht eichrechtskonform nachrüsten, teilt das Portal „Amperion“ mit. Diejenigen, die im privaten Haushalt eingebunden sind, laufen in der Regel über den privaten Stromzähler. Soll der Ladestrom an einer Wallbox abgerechnet werden, muss die alte durch eine neue, eichrechtskonforme Wallbox ersetzt werden. Statt der Nachrüstung bleibt beim vertragsbasierten Laden die Flatrate oder das Verschenken von Strom. Wenn ein Ad-hoc- Laden angeboten wird beziehungsweise wenn die Wallbox öffentlich zugänglich im Sinne der Ladesäulenverordnung ist, muss der Ladevorgang eichrechtskonform abgerechnet werden. Ladesäulen, die in den vergangenen Jahren aufgebaut wurden, lassen sich in der Regel eichrechtskonform nachrüsten, allerdings mit einem erhöhten Kostenaufwand. Dies ermöglicht dann, den Ladestrom kWh-scharf abzurechnen. 

Fazit: Stimmen die Aussagen der Experten, sollten nun sämtliche öffentlich zugängliche Ladepunkte mit der eichrechtskonformen Technik aus- oder nachgerüstet sein. Somit kann hierüber immerhin die transparente, faire Abrechnung sichergestellt sein. Dass die Bezahlkonzepte trotzdem noch uneinheitlich in Bezug auf die Anwenderfreundlichkeit und vor allem nicht flächendeckend sind, könnte die Verbreitung der E-Mobilität bremsen. Hier sollte zwingend übergeordnet nach neuen Lösungen gesucht werden.

 

 

GLEICH- UND WECHSELSTROM-LADESÄULEN 

Im Stromnetz fließt die Energie als Wechselstrom, das heißt, sie ändert periodisch und in stetiger Wiederholung ihre Richtung. Um ein Auto mit Gleichstrom (DC) aufladen zu können, ist eine Transformatorstation nötig. Der Transformator wandelt den Wechselstrom (AC) des Stromnetzwerks in Gleichstrom (DC) um. Diese Installation ist kostenintensiv und benötigt eine erhebliche Leistung des Stromnetzwerks (circa 125 A). Beim Aufladen mit Gleichstrom (DC) wird der Lader im Auto selbst nicht benötigt, da ein Akku immer mit Gleichstrom (DC) funktioniert und somit der Strom direkt an den Akku weitergegeben wird. Diese Art aufzuladen muss mit Sorgfalt ausgeführt werden, da eine Überhitzung des Akkus zu unwiderruflichen Beschädigungen führen kann. In Europa wird Wechselstrom (AC) für Stromanschlüsse im Haushalt genutzt und es steht ein Dreiphasennetzwerk zur Verfügung. Für das Aufladen von elektrischen Fahrzeugen ist diese Art von Anschluss ideal. An den meisten Standorten können daher sogar bis zu 32 A (22 kW) für das Aufladen genutzt werden. Solange das Auto und die Ladestation dies bewältigen können, ist ein 20-kWh-Akku (durchschnittliches Elektroauto) innerhalb von 25 Minuten zu 80 Prozent aufgeladen. Beide Ladearten sind vorteilhaft in bestimmten Situationen. DC-Laden wird empfohlen bei langen Fahrstrecken ohne längere Zwischenstopps wie beispielsweise Autobahnfahrten. AC-Laden wird nahezu immer empfohlen für Standorte, an denen länger als 20 Minuten geparkt wird. Durch die hohen Produktions- und Installationskosten von DC-Ladestationen wird daher das Aufladen mit Wechselstrom (AC) normalerweise vorgezogen. AC-Laden wird wohl auch in Zukunft die am häufigsten gewählte Ladeart bleiben. 
(Quelle: in Anlehnung an evbox)