
Nach den Ergebnissen des Fuhrpark-Barometers, das der CVO – Corporate Vehicle Observatory – jährlich herausgibt, hat sich in den letzten sieben Jahren die Anzahl von Kilometerverträgen (Closed- End-Verträge) mehr als verdoppelt: Nutzten 2010 noch rund 20 Prozent der Fuhrparks Kilometerleasing, so wurde im Jahr 2017 mit 47 Prozent nahezu jeder zweite Vertrag mit Kilometerleasing abgeschlossen. Fragt man nach den Gründen, gelten Sicherheit, Transparenz und Planbarkeit als Hauptargumente. Das Vermarktungsrisiko liegt beim Leasinggeber, feste monatliche Raten über die vorab bestimmte Laufzeit ermöglichen eine sichere Budgetierung des Fuhrparks. Gerade in Zeiten, in denen öffentlichkeitswirksam über die Zukunft des Diesels diskutiert wird und damit der bislang unumstößlich gute Restwert von Fahrzeugen mit Selbstzünder infrage gestellt wird, kommt dem Aspekt des Vermarktungsrisikos eine wichtige Bedeutung zu. Manfred Sensburg, Geschäftsführer der Fleetcar + Service GmbH, ergänzt: „Neben der Berechenbarkeit ist es für viele Kunden sehr wichtig, sich möglichst wenig mit dem Fuhrpark beschäftigen zu müssen. Hier sorgt die einfache Rückgabe am Laufzeitende ohne Vermarktungsaufwand und Risiko sowie die Nutzung der Dienstleistungen über die Fahrzeuglaufzeit hinweg für einfache Prozesse und geringen Verwaltungsaufwand.“
Aber auch der zunehmende Trend, einen Vertrag über herstellereigene Leasinggesellschaften abzuschließen, trägt dazu bei, dass mittlerweile Kilometerverträge bei der Fahrzeugfremdfinanzierung überwiegen. Als besonderer Absatzkanal und mit eigener Wertschöpfungskette werden diese gefördert und erscheinen preislich sehr attraktiv. Nicht zuletzt durch die eigene Vermarktung der Leasingrückläufer lässt sich das Restwertrisiko für die Herstellerbank steuern und diese zu einem erfolgreichen Geschäftsfeld ausbauen.
Im Idealfall ist der Kilometervertrag also eine sichere und kalkulierbare Angelegenheit. Doch selten geht die Vertragslaufzeit wie vorbestimmt zu Ende, sodass fairerweise auch die Kosten für mögliche Abweichungen bei der Laufleistung und Forderungen aufgrund von Schäden, die über die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit hinausgehen, als tatsächliche Kosten erwähnt werden sollten. Die Leasinggeber und Fuhrparkmanagementanbieter empfehlen sich deshalb als Berater und Überwacher der Vertragsparameter, um frühzeitig und dadurch kostendämpfend eingreifen zu können. „Für die Kunden sind dafür regelmäßige Reportings wichtig, um bereits während der Vertragslaufzeit Trends absehen zu können beziehungsweise proaktiv Vertragsanpassungen vorgeschlagen zu bekommen, um zum Vertragsende keine Differenzzahlungen verbuchen zu müssen“, betont Christian Gelhard, Head of Sales & Marketing Daimler Fleet Management.
Aber genau diese eingeschränkte Flexibilität im Falle von veränderten Fuhrparkbedingungen bemängeln beispielsweise die Fuhrparkexperten von ARI Fleet. Henning Schick, Director European Sales bei der ARI Fleet Germany GmbH, weist darauf hin, dass die Restwerte von Fahrzeugen sich segment-, marken-, modellbezogen und sogar regional sehr uneinheitlich entwickeln. „Alle Fahrzeugmärkte sind in Bewegung, das sollte sich in einem Leasingmodell abbilden“, so Schick. Deshalb legt ARI eine Alternative mit dem Produkt Open-End-Finance-Lease auf. „Es zeichnet sich durch flexible Laufzeiten aus und die Möglichkeit, die Fahrzeuge jederzeit nach Bedarf an den Leasinggeber zurückzugeben, ohne eine zusätzliche Vertragsstrafe bezahlen zu müssen. Zudem entfällt das weithin bekannte Problem der Berechnung von Minderwerten am Vertragsende, da hier keine gesonderte Minderwertabrechnung stattfindet. Im Gegensatz zu Closed-End-Modellen fließen die Vermarktungserlöse eines Fahrzeugs am Vertragsende vollumfänglich dem Leasingnehmer zu. In Nordamerika setzt unsere Muttergesellschaft dieses ARI FlexLease bereits seit über 40 Jahren erfolgreich ein. Seit Dezember 2017 bieten wir es auch in Deutschland für gewerbliche Fuhrparks an. Die Resonanz ist enorm“, kann Henning Schick schon jetzt vermelden. Um das Full-Service-Angebot abzurunden, lassen sich die üblichen Fuhrparkmanagement-Dienstleistungen von ARI Fleet einbinden.
„Aus historischen beziehungsweise kulturellen Gründen haben sich in Amerika und Kanada die Open-End-Modelle durchgesetzt – das betrifft übrigens auch die Dienstleistungen, die eher auf Ist-Kosten-Basis abgerechnet werden. Im dortigen Kulturkreis ist die generelle Risikobereitschaft deutlich höher ausgeprägt als in Europa“, weiß Matteo Carlesso, Geschäftsführer der carmobility GmbH. Er geht aber davon aus, dass sich in der Zukunft Leasingmodelle durchsetzen werden, die sich viel stärker an den tatsächlichen Fahrleistungen orientieren.
Die hierzulande ebenfalls angebotene Variante des Restwertleasings kommt im gewerblichen Bereich nur selten zur Anwendung. „Restwertverträge können den Vorteil haben, dass der Leasingnehmer an einem eventuellen Erlös durch den Fahrzeugverkauf am Ende der Laufzeit beteiligt wird. Diese Vertragsvariante wird meist bei sehr wertstabilen oder Spezial-Fahrzeugen gewählt“, erklärt Matthias Rotzek, Geschäftsführer HLA Fleet Services GmbH (Member of TraXall International). „Das Restwertleasing eignet sich auch bei der Übernahme von inhomogenen Fuhrparks. In Form eines Sale-Lease-Back kommen in der Praxis ebenfalls häufiger Restwertverträge zum Einsatz“, ergänzt Christian Schüßler, Commercial Director Arval Deutschland, Beispiele für die Nutzung von Restwertverträgen. Eine weitere Anwendung bezieht sich auf Fahrzeuge, die einer außerordentlich hohen Abnutzung ausgesetzt sind, dann ist der Restwertvertrag ebenfalls von Vorteil. „Unter Umständen gilt dies auch für Fahrzeuge mit Einbauten oder Sonderumbauten“, fügt Karsten Rösel, Geschäftsführer der ALD AutoLeasing D GmbH, hinzu. Dies wissen auch die Kunden von Raiffeisen Impuls Leasing: „Das entfallende Rückgabegutachten und die entsprechende Kostentransparenz zum Leasingende schätzen unsere Kunden bei Restwertverträgen sehr. Gerade bei Fahrzeugen mit Sonderumbauten bieten sich Restwertverträge an. Der Kunde ist hier auch oft daran interessiert, insbesondere bei kostenintensiven Umbauten, die Fahrzeuge nach dem Leasingende noch weiter zu nutzen“, so die Leiterin Bestandskundenbetreuung, Claudia Heimke. Im Namen von Athlon empfiehlt Commercial Director Helma Karohl für Funktionsfuhrparks mit hohem Nutzungsgrad, wie zum Beispiel Baustellenfahrzeuge, Restwertverträge oder Teilarmortisationsverträge.
Mit dem Erfolg der Kilometerverträge, der derzeit unaufhaltsam weiterzugehen scheint, zeichnet sich vor allem ein Trend ab, den auch der Bundesverband Deutscher Leasing-Unternehmen (BDL) bestätigt: Der Kilometervertrag spiegelt besonders den Trend der Zeit wider, dass Nutzung statt Eigentum immer wichtiger wird. Damit einhergehend erwarten einige Leasing- und Fuhrparkmanagementunternehmen auch einen stärkeren Fokus auf alternative Finanzierungsmodelle wie „pay-as-you-drive“, „pay-per-mile“ oder Mobility-Flatrate-Angebote, wie sie Knut Krösche, Geschäftsführer der Volkswagen Leasing GmbH, benennt. „Mit einer Etablierung des autonomen Fahrens ab circa 2030 kommen dann sogar Betreibermodelle ins Spiel“, prognostiziert er. In dieselbe Richtung denkt man auch bei der ALD: „Generell setzt sich aber der Trend von Pay-as-youuse- Modellen auch in Deutschland weiter durch. Insofern rechnen wir damit, dass auch im Leasing entsprechende Vertragsmodelle entstehen werden, die in anderen Branchen schon länger üblich sind“, so Karsten Rösel. Konkret benennt Matthias Rotzek, HLA Fleet Services, das Modell der Langzeitmiete, das sich auch in Deutschland immer größerer Beliebtheit erfreut, „weil dadurch ein deutlich höheres Maß an Flexibilität bei der Nutzungsdauer und in Kombination mit anderen Mobilitätslösungen gegeben ist. Für bestimmte Anwendungsfälle kann dies wirtschaftlich sinnvoll sein. Spezialisierte Anbieter ermöglichen zudem immer mehr Auswahlmöglichkeiten bei den Modellen“, so der Geschäftsführer.
In der Tendenz ist eher eine wachsende Nachfrage nach Kilometerleasing in Kombination mit Full-Service-Dienstleistungen zu erwarten. Doch vielleicht überdenken einige kapitalmarktorientierte Unternehmen ihre Fuhrparkfinanzierung aufgrund der neuen IFRS-Regelungen. Denn diese erfordern in jedem Fall eine Entbündelung von Finanzierung und Services, wobei Letztere weiterhin „off balance“ in die Gewinn- und-Verlust-Rechnung mit einfließen.