
Zuallererst: Die Änderung des Rechnungslegungsstandards betrifft nur Unternehmen, die ihre Bilanzen nach den internationalen Rechnungslegungsvorschriften International Financial Reporting Standards (IFRS), die das International Accounting Standards Board (IASB) herausgibt, aufstellen. Das sind laut Aussage des Bundesverbands Deutscher Leasing-Unternehmen e. V. (BDL) rund 1.000 kapitalmarktorientierte Konzerne in Deutschland. Für die große Mehrzahl der ausschließlich nach HGB bilanzierenden Unternehmen ändert sich nichts an der Bilanzierung von Leasingobjekten. Ebenso bleiben die steuerlichen Vorschriften, insbesondere die Leasingerlasse der Finanzverwaltung, von IFRS 16 unbeeinflusst.
Am 9. November 2017 hat die EU-Kommission den neuen Leasingstandard IFRS 16 offiziell in EU-Recht übernommen. Die für das Unternehmen entscheidendste Änderung ist die bilanzielle Abbildung auch derjenigen Miet- und Leasinggeschäfte, die bisher als Operating Leases beim Mieter ohne Ansatz geblieben sind. Nun müssen alle Leasingverhältnisse mit einer Anfangsinvestition über 5.000 US-Dollar und einer Laufzeit von mehr als zwölf Monaten verbucht werden, das heißt sowohl das Nutzungsrecht am Leasingobjekt als auch eine Leasingverbindlichkeit als Aktiv- und Passivposten. Laut Mitteilung des BDL sollen dann – idealerweise auch schon im Voraus – alle Miet- und Leasinggeschäfte inventarisiert und mit ihren bilanzierungsrelevanten Daten in den Buchhaltungssystemen erfasst werden.
Der Leasing- und Fuhrparkmanagementanbieter Alphabet weist in einer Kundenbroschüre auf folgende erforderliche Überlegungen und Maßnahmen hin: In Zukunft hat der Leasingnehmer ein Nutzungsrecht aus einem Leasingvertrag in seiner Bilanz als Vermögenswert auszuweisen. Das bedeutet grundsätzlich, dass er die finanziellen Bestandteile des Leasingverhältnisses, also die Finanzierungskomponente der monatlichen Leasingrate, als Vermögenswert und Verbindlichkeit in seinen Büchern erfassen muss. In technischer Hinsicht hat er den Vermögenswert abzuschreiben, die Leasingverbindlichkeit fortzuführen und die Zinsen auf die Leasingverbindlichkeit auszuweisen. Der durchschnittliche Wert eines Nutzungsrechts beträgt je nach Laufzeit etwa ein Viertel des Buchwertes eines Fahrzeugs. Der Restwert am Ende der Leasinglaufzeit muss nicht in der Bilanz ausgewiesen werden. Die Servicekomponenten wiederum müssen nicht aktiviert werden und wirken sich nur auf die Gewinn- und Verlust-Rechnung aus. In dieser Hinsicht ändert sich nichts an der aktuellen Situation.
Weitere Empfehlungen zur Vorbereitung lauten: Zur Umsetzung des IFRS 16 müssen die Unternehmen einen Überblick über alle aktiven Leasingverträge haben. Für jeden Vertrag müssen der zugrunde liegende Zinssatz und die Aufteilung zwischen Finanzierungs- und Service-Leasingraten bekannt sein. Vorbehaltlich einer Rücksprache mit dem zuständigen Wirtschaftsprüfer sollte der Grenzfremdkapitalzinssatz angesetzt werden. Ebenso sollte frühzeitig der Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater mit eingebunden werden, um eventuelle Änderungen rechtzeitig einleiten zu können.
Um an Vertragsdaten zu gelangen, die nur extern vorhanden sind, verweist BDL-Geschäftsführer Dr. Martin Vosseler auf die Leasinggesellschaften: „Ein Großteil der benötigten vertragsbezogenen Daten wird in den IT-Systemen der Leasinggesellschaften auf aktuellem Stand vorgehalten. Wenn diese den Kunden in elektronischer Form zur Verfügung gestellt werden, erleichtert das die Verarbeitung enorm. Damit alle Beteiligten datenmäßig zueinanderfinden, bedarf es allerdings einer gewissen Standardisierung.“
Gemeinsam mit dem Projektpartner FAS Lease AG hat der BDL deshalb ein einheitliches Datenformat mit spezifizierten Definitionen für die IFRS- 16-relevanten Vertragsinformationen erarbeitet. Leasinggeber und Leasingnehmer brauchen sich jeweils nur auf eine einzige Datenspezifikation einzustellen, um Daten an verschiedene Adressaten zu übermitteln oder von unterschiedlichen Absendern zu beziehen. Und auch die Anbieter von Accounting-Software müssen nur eine einzige Schnittstelle einrichten, um ihre Systeme auf einen IFRS-16-bezogenen Datenaustausch vorzubereiten. Diese Datenstandards stellt der BDL Interessenten kostenlos auf seiner Homepage zur Verfügung. Zur spezifischen Aufbereitung müssen weitere unternehmensbezogene Daten eingegeben werden.
Auch die Volkswagen Leasing GmbH stellt ihre Kunden auf die bevorstehenden Änderungen ein und antwortet beispielsweise auf die Frage nach den Auswirkungen des IFRS 16: Ein Anstieg der Aktiva und Passiva ist zu erwarten, ebenso ein höherer Verschuldungsgrad sowie eine geringere EK-Quote. Das EBIT (Gewinn vor Zinsen und Steuern) fällt höher aus, da der Zinsaufwand nicht im EBIT gezeigt wird, mit einem deutlich höheren EBITDA (Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen auf Sachanlagen und Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände), ist ebenfalls zu rechnen, da hier auch die Abschreibung des Nutzungsrechts nicht berücksichtigt wird und somit das zukünftige EBITDA komplett vom bisherigen Leasingaufwand entlastet wird. Ein Front-Loading-Effekt durch einen zu Beginn höheren Zinsanteil besteht, ist in einem eingeschwungenen Portfolio aber zu vernachlässigen. Der VW-Kunde kann die Grunddaten der Leasingverträge in Bezug auf Leasingdauer, -rate und gegebenenfalls Kündigungsoptionen auf Wunsch übermittelt bekommen. Zudem arbeitet die Volkswagen Leasing an einer Lösung im Reporting-Tool FleetCars, die Daten im Onlineverfahren zur Verfügung zu stellt.
Auch wenn es nach viel Aufwand aussieht, das bisherige Resümee des BDL-Geschäftsführers fällt eher unaufgeregt aus: „Die Leasingnehmer haben gelassen auf die Kennzahleneffekte des IFRS 16 reagiert. An den tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten ändert sich sowieso nichts. Mit dem BDL-Standard wollen wir jetzt auch die Datenthematik in den Griff bekommen, sodass sich die Auswirkungen des IFRS 16 auf Leasing und Miete insgesamt in Grenzen halten dürften.“ Eine Vermeidung scheint indes keine wirkliche Alternative, denn die Vorteile des Leasings überwiegen weiterhin den Aufwand und die vermeintlichen Nachteile, die durch die Novellierung entstehen. Alternative Mobilitätsprodukte könnten zu höheren Kosten als vorher führen. Eine Bilanzierung nach IFRS 16 lässt sich beispielsweise nur komplett vermeiden, wenn keiner der Vermögenswerte des Unternehmens im Sinne der IFRS-16-Rechnungslegung einzustufen ist.