
Dabei wird dem Reifendruck oft nicht genug Beachtung geschenkt. Viel zu oft weichen die Werte bei Fahrzeugen von den Herstellerangaben ab. So hat beispielsweise der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) im Rahmen der Initiative Reifenqualität „Ich fahr‘ auf Nummer sicher!“ im gesamten Bundesgebiet den Reifendruck von insgesamt 6.044 Pneus an 1.511 Fahrzeugen untersucht. Man kam zu dem Ergebnis, dass rund 30 Prozent der untersuchten Reifen einen zu niedrigen Luftdruck aufwiesen. Zudem hatten 361 Pkw (sechs Prozent) einen zu hohen Luftdruck.
Wie stark sich ein zu geringer Reifendruck letztendlich auf die Fahrleistung auswirken kann, hat wohl jeder schon einmal durch einen platten Fahrradreifen erlebt. Nur mit deutlich mehr Kraftaufwand kommt man voran. Das ist bei Autoreifen nicht anders. Der ADAC spricht so von einem Mehrverbrauch von bis zu 0,3 Litern auf 100 Kilometern. Allerdings kann dieser Wert nicht pauschal für alle Modelle und Luftdrücke gelten und entsprechend abweichen.
Eine genauere Aussage lässt sich über den CO2-Rechner der DEKRA treffen. Darüber lässt sich online kalkulieren, welche Maßnahmen sich positiv auf den Kraftstoffverbrauch sowie die Emissionswerte auswirken. Hierzu zählt unter anderem der Verzicht auf unnötiges Gewicht. Zudem wirken sich auch eine vorausschauende Fahrweise durch frühes Hochschalten und ein den Herstellerangaben entsprechender Reifendruck positiv auf den Verbrauch aus.
Flottenmanagement hat anhand eines VW Passat Variant TDI SCR BlueMotion aus dem Modelljahr 2017 Werte für drei Laufleistungen berechnet (siehe Tabelle). Der Kombi verbraucht laut Herstellerangaben 3,8 Liter auf 100 Kilometern ohne die zuvor beschriebenen Maßnahmen. Wird der Reifendruck um 0,5 Bar unterschritten, kann der Verbrauch laut DEKRA um bis zu 0,2 Liter auf 100 Kilometern steigen. Bei einem aktuellen Dieselpreis von 1,15 Euro und einer Jahreslaufleistung von 50.000 Kilometern macht dies pro Pkw rund 109 Euro aus. Bei einer Flotte von zehn Fahrzeugen mit einer Leasinglaufzeit von drei Jahren können allein durch den Reifendruck über 3.000 Euro gespart werden!
Neben dem erhöhten Kraftstoffverbrauch lässt sich zudem ein schlechteres Fahrverhalten feststellen. So nimmt beispielsweise der Bremsweg zu. Laut dem ADAC verlängert bereits ein Bar zu wenig den Bremsweg auf nasser Fahrbahn um bis zu zehn Prozent. In Zahlen verlängert sich also bei einer Vollbremsung aus einer Geschwindigkeit von 100 km/h der Weg bis zum Stillstand von 52 Metern auf etwa 56,5 Meter. Das klingt zunächst nicht viel, allerdings würde ein Fahrzeug so noch mit 27 km/h auf ein Hindernis prallen, während man bei optimalem Druck noch gerade so zum Stehen kommt. Dies kann sowohl bei Nieder- als auch Überdruck unter anderem auf die verringerte Aufstandsfläche und damit den schlechteren Kontakt zur Straße zurückgeführt werden. Hierdurch erhöht sich zudem auch der Verschleiß der Reifen sowie der Stoßdämpfer und Achsteile, die durch den falschen Druck mehr beansprucht werden.
Die bereits angesprochenen Fahreigenschaften sind ebenfalls von einem platten Fahrradreifen bekannt. Speziell Kurvenfahrten können so zu einer wackligen Angelegenheit werden. Zwar sind bei einem Auto vier Reifen montiert, dennoch macht sich auch am Kfz ein nicht ordnungsgemäß aufgepumpter Reifen in Kurven bemerkbar. So spricht der ADAC davon, dass bei einem um 0,5 Bar zu geringen Druck nur noch etwa 80 Prozent der Kräfte im Vergleich zu einem korrekt befüllten Reifen übertragen werden können. Bei einem Bar sinkt dieser Wert entsprechend sogar auf unter 70 Prozent. Die Folge ist ein schwammiges Fahrverhalten bis hin zu Spuruntreue. Denn auch die Sicherheitssysteme wie ESP leiden unter falschem Reifendruck und können den Fahrer so nicht mehr richtig unterstützen. Somit ist auch Schleudern aufgrund fehlender Stabilität möglich. Zudem walkt der Pneu deutlich stärker und kann sich so übermäßig stark erhitzen. Die übermäßige Temperaturentwicklung und damit das Ausdehnen der Luft können letztendlich sogar in einem geplatzten Reifen enden und zu einem Sicherheitsrisiko werden.
Diese Problematik lässt sich jedoch einfach durch die Technik vermeiden. Seit dem 1. November 2014 sind Reifendruckkontrollsysteme (RDKS) in allen neu vom Band laufenden Pkw Pflicht. Im Laufe des Jahres 2017 sollten somit alle Leasingfahrzeuge mit einer Laufzeit von drei Jahren mit dieser Technik ausgerüstet sein. Sie warnt den Fahrer, wenn der Reifendruck von der Norm abweicht.
In Nutzfahrzeugen sind die Systeme bislang (noch) keine Pflicht. Immer wieder wurde über eine Einführung diskutiert. Kritiker sprechen von einer fehlenden Rentabilität durch zu geringe Auswirkungen. Zu dieser Meinung ist die EU-Kommission im Rahmen einer Studie zum flächendeckenden Einsatz der RDKS aus dem Jahr 2013 gekommen. Demnach würde der Kraftstoffverbrauch einer Lkw-Flotte lediglich um 0,18 bis 0,35 Prozent sowie die Unfallquote um 0,4 bis 0,8 Prozent gesenkt werden können. Allerdings ändert sich die Physik der Fahrzeuge nicht und man könnte im Nutzfahrzeugbereich von denselben Vorteilen eines Kontrollsystems wie bei Pkw profitieren. Zumal Reifenschäden noch immer zu den Hauptgründen für eine Lkw-Panne zählen. Mittlerweile haben die meisten Hersteller von Nutzfahrzeugen ohnehin RDKS serienmäßig in den neueren Modellen verbaut – selbst ohne gesetzliche Pflicht.
Um das mögliche Einsparpotenzial nachvollziehen zu können, hat Flottenmanagement erneut den DEKRA-Rechner zurate gezogen. Ein Ford Transit Kastenwagen (L2) hat laut Hersteller einen kombinierten Verbrauch von 6,3 Litern auf 100 Kilometern. Bei sonst gleich bleibenden Parametern wie bei der vorhergehenden Rechnung bei Pkw kann der Verbrauch bei zu geringer Luft um bis zu 0,3 Liter ansteigen. Bei einer Jahreslaufleistung von 50.000 Kilometern pro Jahr macht dies rund 181 Euro bei einem Fahrzeug aus. In dieser Rechnung wird jedoch nicht berücksichtigt, wie sich die teilweise großen Beladungsunterschiede in Nutzfahrzeugen bei falschem Reifendruck auf den Verbrauch sowie den Verschleiß auswirken.
Um den richtigen Druck zu ermitteln, kommen sowohl im Pkw-Bereich als auch bei Nutzfahrzeugen zwei unterschiedliche Systeme zum Einsatz. Im Hause Volkswagen werden sogar beide Varianten verbaut. Beispielsweise wird im Caddy und im T6 verschiedener Baureihen das indirekte System genutzt. Dieses misst nicht den Luftdruck in den Pneus, sondern den Abrollumfang beziehungsweise die Raddrehzahl des belasteten Reifens. Bei einem schleichenden Plattfuß erhöht sich beispielsweise die Drehzahl und das System schlägt Alarm. Allerdings geschieht dies mit einer kleinen Verzögerung. Dafür ist das System sehr komfortabel und kostengünstig, da bei einem Reifenwechsel lediglich die neuen Werte der unterschiedlichen Reifen im Kontrollsystem bestätigt werden müssen.
Im neuen VW Crafter des Modelljahres 2017 wird der Reifendruck dagegen direkt gemessen. Diese Variante ist im Nutzfahrzeug deutlich verbreitet und ist unter anderem auch in den neueren Transportergenerationen von Mercedes- Benz, Ford, Nissan und Opel verbaut. Die Sensoren sind dabei entweder direkt im Reifen oder auf den Ventilen angebracht. So können bereits kleinste Schwankungen registriert und der Fahrer frühzeitig über einen fallenden Luftdruck gewarnt werden, während das indirekte System noch keine Veränderungen anzeigt. Zudem zeigen viele direkte Systeme auch die Reifentemperatur an und warnen vor einem Temperaturanstieg beispielsweise durch eine zu hohe Belastung. Somit können Schäden oder einem zu hohen Verschleiß vorgebeugt werden. Allerdings bringt das direkte System auch höhere Kosten mit sich. Denn jedes Rad eines Satzes Sommer- oder Winterreifen muss mit einem eigenen Sensor versehen werden. Dennoch soll sich dieses System laut Experten aufgrund eines geringeren Kraftstoffverbrauchs und eines geringeren Verschleißes innerhalb von zwei bis drei Jahren amortisieren.
Der richtige Reifendruck sorgt also nicht nur für mehr Wirtschaftlichkeit durch einen niedrigeren Kraftstoffverbrauch und Verschleiß, sondern auch für mehr Sicherheit durch bessere Fahreigenschaften. Reifendruckkontrollsysteme können sowohl bei Pkw als auch bei Nutzfahrzeugen einem zu geringen Druck vorbeugen. Allerdings empfehlen Experten trotz der eingebauten Systeme den Druck mindestens einmal im Monat zu überprüfen. Gerade in den Übergangszeiten mit großen Temperaturschwankungen sollte der Druck sogar wöchentlich überprüft werden. Ähnlich verhält es sich bei Nutzfahrzeugen, bei denen aufgrund von Beladung teilweise große Gewichtsunterschiede auf die Pneus wirken. Hier müsste der Druck theoretisch vor jeder Fahrt neu eingestellt werden. Der Fuhrparkleiter kann seine Fahrer also so einweisen, dass ein regelmäßiger Griff zum Luftdruckprüfgerät erfolgt oder zumindest auf Warnungen des Systems reagiert wird.