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Mittlerweile hat es nicht nur der Autokauf ins Internet geschafft, sondern gleich das ganze Fahrzeug. So bietet fast jeder Automobilhersteller dem Kunden die Möglichkeit, ständig „online“ zu sein, und das auch während der Fahrt. Während der Großteil dieser Systeme meist als Sonderausstattung zu finden ist, ersetzen zunehmend Infotainmentsysteme mit Smartphone-Anbindung insbesondere in kleinen Fahrzeugsegmenten wie Kleinst- oder Kleinwagen das klassische Radio. Der größte Unterschied zwischen den beiden Systemen liegt beim Zugriff auf mobile Dienste: Während bei optionalen Systemen der Zugriff auf mobile Daten über eine eigene SIM-Karte erfolgt, muss der Nutzer in kleinen Fahrzeugsegmenten das Smartphone an die Infotainmenteinheit koppeln, um so „online“ zu gehen.

Das wirft natürlich bei den Systemen aus der Sonderausstattung eine Frage auf: „Kann ich nun einfach die SIM-Karte aus meinem Smartphone für die Abrechnung nutzen?“ Die Antwort ist „zum Teil“. So ist gerade in älteren Fahrzeugen ein normaler SIM-Kartenschacht verbaut, über den man die Karte aus dem Smartphone oder eine Zweitkarte einfach aktivieren kann. Doch insbesondere in neuen Modellen fehlt ein solcher Schacht, da dort eine sogenannte „embedded“ SIM-Karte (kurz: eSIM) Anwendung findet. Dabei lässt sich der wichtigste Unterschied zur herkömmlichen SIM-Karte bereits durch das englische Wort „embedded“ erahnen, was auf Deutsch so viel wie „eingebettet“ bedeutet. So ist die eSIM eine fest verbaute SIM-Karte, die im Unterschied zu der klassischen Variante nicht ausgewechselt wird. Stattdessen ist sie jeweils einem Fahrzeug zugeordnet und dort fest integriert. Wer sich jetzt fragt „Kann ich so überhaupt den Anbieter wechseln?“ kann beruhigt sein – die fest verbaute Variante wird von außen programmiert, sodass ein Wechsel des Mobilfunkanbieters problemlos vonstattengeht. Auch ist es kein Problem, die auf der eSIM-Karte gespeicherte Telefonnummer mit einem zweiten Gerät zu verwenden. Wie beim Übertragen von Nummern zwischen zwei Smartphones können hier beispielsweise über eine Bluetooth-Verbindung die Daten von einem auf das andere Gerät übertragen werden. Die eSIM-Karte im Fahrzeug birgt zudem viele Vorteile für den Kunden:

So spart man vor allem bei Fahrten ins Ausland die Roaming-Gebühren, da man die Karte einfach bei einem örtlichen Anbieter aktivieren und aufladen kann. Gleichzeitig gestaltet sich dadurch auch der Wechsel zwischen verschiedenen Anbietern leicht und unkompliziert, weil ein Wechsel der Karte komplett entfällt.

Deutsche Premiumhersteller als Vorreiter
Gerade im Premiumsegment ist das Internet im Auto nicht ganz neu: So bietet beispielsweise BMW neben seinem Entertainment- und Infotainmentsystem mit dem iDrive-Bedienkonzept auch ein optionales „Car Hotspot LTE“-System an, wodurch bis zu acht Nutzern ein Webzugang mit LTE-Geschwindigkeit auch im Auto ermöglicht wird. Der eigentliche Clou dabei ist der Snap-In-Adapter, wodurch sich das System nicht nur einfach in die Mittelkonsole einklinken lässt, sondern auch außerhalb des Fahrzeugs mithilfe der integrierten Akkus nutzen lässt. Für die Nutzung ist jedoch eine eigene LTE-fähige SIM-Karte nötig. Neben dieser Nachrüstlösung hält der Münchner Premiumhersteller unter der Überschrift „ConnectedDrive“ aber noch eine Fülle an Apps und Onlineservices bereit, die dem Fahrer viele Informationen direkt in das Auto liefern. Diese reichen von Standardinformationen zu Spritpreisen bis hin zum Branchenbuch.

Unter der Bezeichnung „COMAND Online“ wird das Fahrzeug bei Mercedes-Benz zum rollenden Internetcafé: Insbesondere in der neuen E-Klasse zeigt sich dabei, welche Bedeutung das ständige „Onlinesein“ mittlerweile in unserem Alltag eingenommen hat. So vereint das Tablet-ähnliche 31,2 Zentimeter große Media-Display nicht nur zahlreiche Einstellungsmöglichkeiten für das Fahrzeug mit einem Entertainment- und Navigationssystem, sondern der Dienstwagennutzer kann sich bei Bedarf die neuesten Nachrichten sowie Beiträge aus den sozialen Netzwerken anzeigen und vorlesen lassen. Natürlich erlaubt das System auch die Ermittlung von Verkehrsdaten in Echtzeit, wodurch sich Staus besser umfahren lassen sollen. Als „Masterpiece of Intelligence“, wie der Beiname der E-Klasse bei Mercedes- Benz lautet, ist es nicht verwunderlich, dass der Austausch aktueller Verkehrsinformationen zwischen entsprechend ausgestatteten Fahrzeugen über eine Car-to-X-Schnittstelle ermöglicht wird. Dadurch kann zum Beispiel vor Pannenfahrzeugen auf der Strecke oder Fahrbahnglätte gewarnt werden. Wie bei den Konkurrenzmodellen aus München bieten die Sindelfinger natürlich auch eine Vielzahl von Apps an – zum Beispiel zur Abfrage der Wetterlage, für das Internetradio oder die Sonderzielsuche – und erlauben die Integration des Smartphones über Android Auto beziehungsweise Apple CarPlay.

In Ingolstadt wird das Fahrzeug dank „Audi connect“ zur mobilen Kommunikationszentrale: So lassen sich ganz einfach über das Infotainmentsystem E-Mails abrufen, Kurznachrichten und Tweets checken. Optional können dank des integrierten WLAN-Hotspots bis zu acht mobile Endgeräte das Internet nutzen. Zudem werden mit dem neuen Audi smartphone interface die Dienste Apple CarPlay und Android Auto an Bord geholt, wodurch sich Smartphone-Inhalte einfach im MMI-Display darstellen lassen. Doch nicht nur die Integration des Smartphones wird bei Audi großgeschrieben – eine eigene Wetterstation, ein Reiseführer, weltweites Internetradio und aktuelle Verkehrsinformationen sind nur einige Beispiele für die Vielfalt des Angebots, welches sich einfach auf Knopfdruck und in LTE-Geschwindigkeit ins Fahrzeug holen lässt. Zudem können Dienstwagennutzer, die in Eile sind, Navigationsziele auf Wunsch bequem vom PC oder Smartphone ans Fahrzeug schicken lassen. Bei Fahrtantritt genügt dank myAudi und Google Maps beziehungsweise der Audi MMI connect App dann einfach nur eine Bestätigung der Zieleingabe und die Fahrt kann beginnen.

Doch das Internet hält längst nicht nur Einzug in die deutschen Premiummodelle: Riesige Tablet- ähnliche Displays in den Tesla-Modellen und dem Volvo XC90 zeigen, dass auch hier der mobile Webzugang zum Standard gehört. Aber nicht nur die Premiumklasse lässt sich mit dem Mehr an Komfort ausrüsten. So bieten beispielsweise Opel über OnStar und Volkswagen mit Car- Net das Internet fürs Fahrzeug bereits ab der Kleinstwagengröße an. Wer jetzt denkt „das sind aber Sparversionen“, der täuscht sich. Schon in den Volumensegmenten verfügen die Systeme über die Technologien, Apps vom Smartphone auf den Bildschirm des Fahrzeugs zu bringen, stets hochaktuelle Informationen aus dem Web mit in die Suche beziehungsweise Navigation zu integrieren oder einfach den Status des Fahrzeugs auf dem Smartphone zu checken.

Ein Blick in die Zukunft
Die zunehmende Vernetzung der Fahrzeuge und die damit einhergehende steigende Nachfrage der Kunden nach Connectivity-Angeboten sehen die Experten von McKinsey & Company als Grundlage für eine fundamentale Neuordnung des weltweiten Automobilmarktes an, das geht aus einer aktuellen Branchenstudie mit dem Titel „Connected Cars“ hervor. Dabei zeigte sich, dass bereits für 13 Prozent der Neuwagenkäufer ein Fahrzeug ohne Internetzugang gar nicht mehr in Betracht käme. Grundlagen für das Ergebnis sind eine repräsentative Umfrage der Unternehmensberatung unter 2.000 Autokäufern in Deutschland, den USA, Brasilien und China sowie mehr als 30 Interviews mit Automobilherstellern, Zulieferern, Telekommunikations- und Halbleiterunternehmen.

Wirft man einen Blick auf die zusätzlichen Kosten beim Neuwagenkauf, die sich mit 48 Prozent auf Niveau des Kaufpreises bei den Gesamtausgaben bei einer fünfjährigen Nutzung befinden, dann nehmen die Kosten für Car Connectivity derzeit nur rund vier Prozent ein. Weitaus größer ist der Anteil der Betriebskosten mit 24 Prozent, der Versicherung mit 14 oder auch der Kosten für Wartung und Reparaturen mit sechs Prozent. Jedoch gehen die Experten von McKinsey davon aus, dass sich der Kostenpunkt Car Connectivity in der Zukunft spürbar verändern wird: Der weltweite Markt für Connectivity-Komponenten und -Dienste wird sich bis zum Jahr 2020 von heute 30 Milliarden Euro auf dann 170 Milliarden Euro mehr als verfünffachen. Dann macht Connectivity sechs Prozent der Ausgaben aus. „Wesentlich größer ist jedoch der indirekte Einfluss von Car Connectivity auf die Marktanteile. Das Thema wird für die Autohersteller zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor“, erklärt Detlev Mohr, Leiter der europäischen Automobilberatung von McKinsey. „Beim Autokauf spielen Angebote wie Echtzeit-Wartungsinformationen, ortsbasierte Empfehlungen, dynamische Stauprognosen oder Musikstreaming eine zunehmend wichtige Rolle“, so Mohr weiter.

Noch erstaunlicher ist, dass laut der Studie 20 Prozent der Kunden die Automarke wechseln würden, wenn sie dadurch an bessere Connectivity- Angebote gelangen würden. Unter den Vielfahrern, die mehr als 20 Stunden pro Woche im Auto verbringen, beträgt der Anteil der Wechselwilligen sogar 40 Prozent.

Fazit
„Mobil zu sein“ beschränkt sich heute nicht mehr nur auf den Zugriff auf ein Fortbewegungsmittel. Mobil ist man heute, wenn man stets erreichbar ist und von jedem Ort der Welt aus die Informationen, die man benötigt, bekommt. Dies haben auch die Autohersteller erkannt und rüsten ihre Fahrzeuge mit jeder Menge Technologie für das neue Connectivity-Zeitalter aus – ganz unabhängig vom Segment.