
Das wurde aber auch Zeit, Jaguar brauchte so dringend ein SUV. Warum? Weil das Segment einfach trendy ist und boomt. Wer als Premium-Marke ganz oben mitspielen will, kommt um diese Gattung nicht herum. Aber jetzt ist der erste Kraxler von Jaguar ja da – und, was lange währt, wird nicht nur gut, sondern genial. Die Heckpartie des auf den Namen F-Pace getauften Briten nimmt deutliche Anleihen am begehrten Sportler F-Type, während die Front mit den zackigen Scheinwerfern typische Jaguar-DNA vermittelt. Mit einer Höhe von nur 1,65 Metern kommt der Allradler nicht nur optisch niedrig daher – sondern er ist es wirklich, was dynamische Fortbewegung verspricht. Mittels coupéhafter Dachlinie flirtet der Insulaner durchaus auch mit Fahrern anderer Segmente. Er offeriert eine gelungene Mischung aus Platzangebot, Reisetauglichkeit und einer Portion City-Freundlichkeit, denn angesichts einer Länge von 4,73 Metern fällt die Parkplatzsuche selbst in urbanen Gegenden nicht allzu schwer – kein unwichtiges Kriterium in Zeiten voller werdender Innenstädte.
Apropos urbaner Zeitgeist – unser Jaguar-Testwagen kommt in einem stylisch mattierten Silber daher, was auf das Konto der Firma SIGNal Reklame geht, die bundesweit Folierungen vornimmt. Bleibt die Frage, wie sich der 1,8-Tonner in der Praxis anfühlt. Das ambitioniert geringe Leergewicht liegt übrigens an den eingesetzten Werkstoffen – so besteht die Karosse vor allem aus Alu. Das ist quasi eine Win-win-Situation, denn Aluminium ist nicht nur leichter, sondern obendrein verwindungssteifer als Stahl. Die neue Raubkatze punktet also schon einmal auf dem Papier – doch jetzt wird mal gefahren. Als adäquater Motor im Flottenbereich erscheint der im Verhältnis zum Output durchaus sparsame Dreiliter-Diesel. Dank zweier Turbolader konnten die Ingenieure dem Sechszylinder zu ansehnlichen 300 Pferdchen verhelfen. Von einer Anfahrschwäche kann angesichts der stufenweise gehaltenen Aufladung keine Rede sein – der 700 Nm-Brocken legt knapp nach Standgas-Drehzahl vehement los, sofern der Fahrer es möchte.
Doch Moment, immer der Reihe nach. Nach dem Drücken der Starttaste sollte man zunächst einen Augenblick innehalten und sich auf der Zunge zergehen lassen, wie wattig Dieseltechnologie heute ist. Aus Richtung Motorhaube tönt es lediglich dezent, und selbst mit steigender Drehzahl bleibt es angenehm leise. Dazu kommt noch, dass der Diesel gar nicht auf richtig hohe Touren angewiesen ist. Siebentausend Umdrehungen und Begrenzer? Nee, nicht mit diesem V6. Ab 2.500 Rotationen schiebt der Achtgang-Wandlerautomat schon die nächste Übersetzung nach, um die Raubkatze dann wie an einem überdimensionalen Gummiband gezogen gen Horizont zu katapultieren. Sie finden das übertrieben? Es vergehen kaum sechs Sekunden, bis der Brocken Landstraßentempo erreicht, und ähnlich vehement geht es auch darüber hinaus weiter. Der Passagier spürt das in Form von prägnantem Druck im Kreuz. Der F-Pace ist Geländegänger und Sportwagen vereint unter ein und derselben Haut.
Geländegänger? Na ja, eine Reduktion gibt es hier nicht – braucht man auch nicht. Wenn schon hartgesottene Offroad-Kunden nicht in die Kiesgrube fahren, werden es F-Pace-Kunden gleich gar nicht tun. Aber der Allrad ist dennoch eine gute Sache: Traktionsprobleme kennt der F-Pace auch unter widrigen Verkehrsbedingungen nicht. Ein schwerer Gasfuß bringt den Fahrer also selbst im Falle regennasser Straßen kaum in Verlegenheit. Richtig Laune macht der Luxus-Allrounder auf der kurvigen Piste. SUV und Fahrspaß scheinen sich keineswegs zu widersprechen. Flink und leichtfüßig wieselt der Brite durch die Kehre, immer dezent vermittelnd, die Power liege insbesondere auf der Hinterachse. Dabei krallen sich natürlich alle vier Pneus in den Asphalt, und wenn das elektronische Stabilitätsprogramm mit den Hausmittelchen à la Bremswirkung nicht mehr weiterkommt, schiebt das per Lamellenkupplung modellierte 4x4-System Moment an die Räder, die es gerade nötig haben. Trotz aller Drahtigkeit macht die Katze auf der Holperstrecke eine ebenso gut Figur und gibt ganz die Samtpfote. Innen herrschen moderne Zeiten und eine satte Ration Noblesse. Der große Monitor im Breitformat ist selbstredend berührungsempfindlich – das dahintersteckende System funktioniert intuitiv. Infotainment wird hier wahrlich eine hohe Bedeutung zugemessen – statt mechanischer Zeiger gibt es eine vollflächige TFT-Zone mit all den Vorteilen der individuellen Display-Konfiguration. Die belederten Fauteuils nehmen ihre menschliche Fracht großzügig auf und halten deren Mienen im Zweifel auch mal ein paar Stunden freundlich. In puncto Verarbeitung gibt sich der Hersteller keine Blöße und lässt den F-Pace souverän auf Wettbewerber-Niveau rangieren. Die feine Alu-Optik des Testwagens unterstützt den sportlichen Einschlag. Wer lieber Holz möchte, darf aus reichhaltigem Angebot wählen – muss allerdings 294 Euro netto zuzahlen.
Gegen Zuzahlung kann man sich den F-Pace fein herrichten und muss kaum Verzicht üben. Auch nicht auf die heute üblichen Technik-Schmankerl, die der Kunde in diesem Segment erwartet. Das Headup-Display beispielsweise ist so ein Feature – hier werden Komfort und Sicherheit vereint. Man muss den Kopf nicht von der Straße nehmen, um wichtige Informationen wie Geschwindigkeit oder auch Zielführungshinweise aufzunehmen. Kostenpunkt 1.285 Euro netto. Eine Neuheit ist der Activity Key – ein wasserresistenter „Schlüssel“ als Armband, perfekt für Strandurlauber, die in Bademontur noch kurz etwas aus dem Wagen holen müssen. Für das Bildschirm-Navigationssystem verlangt Jaguar moderate 672 Euro netto. Wenn man will, fungiert das Infotainment- System auch als Wi-Fi-Hotspot, sodass alle Fahrgäste mit besserem Empfang surfen können. Bei den Assistenten hat der Käufer eine große Auswahl: Einparkautomatik (630 Euro netto), Surround-Kamera sowie aktiver Tempomat (beide 1.008 Euro netto) und Verkehrszeichen-Erkennung für 226 Euro netto sind dem F-Pace nicht fremd. Ein autonomes Bremssystem dagegen ist für alle Varianten frei Haus an Bord. Wer das erste Jaguar-SUV mit dem starken Dieselmotor erwerben möchte, muss mindestens 48.478 Euro (netto) auf den Tisch legen.