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Wann wird eine Fahrtenbuchauflage verhängt? Fahrtenbuchauflagen drohen nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften, bei denen es nicht möglich war, den verantwortlichen Fahrzeugführer festzustellen. Die Verwaltungsbehörde kann in diesen Fällen nach § 31a der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) gegenüber einem Fahrzeughalter die Führung eines Fahrtenbuches für ein oder mehrere auf diesen zugelassene (oder künftig zuzulassende) Fahrzeuge verhängen. Dabei ist die Zielrichtung der Fahrtenbuchauflage vollkommen klar: Durch die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage soll in der Zukunft gewährleistet werden, dass Täter von Verkehrsordnungswidrigkeiten, bei denen Leben, Gesundheit und Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer gefährdet werden, künftig rechtzeitig ermittelt werden können. Die Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuches ist eine verwaltungsrechtliche Maßnahme zur Gefahrenabwehr. Ob es nämlich möglich ist, den Fahrer zu identifizieren, hängt sehr häufig von den Angaben des Fahrzeughalters ab – umso mehr dann, wenn in Fahrzeugpools mehrere Fahrer Zugriff auf die Poolfahrzeuge haben. Zweck der Fahrtenbuchauflage ist daher die Sicherstellung der Beachtung der Aufsichtspflicht, die dem Kfz-Halter über die von ihm in Verkehr gebrachten Fahrzeuge obliegt.

So lautet das Gesetz:
§ 31a Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) in der Fassung vom 26.04.2012, gültig seit 05.05.2012

(1) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Die Verwaltungsbehörde kann ein oder mehrere Ersatzfahrzeuge bestimmen.

(2) Der Fahrzeughalter oder sein Beauftragter hat in dem Fahrtenbuch für ein bestimmtes Fahrzeug und für jede einzelne Fahrt 1. vor deren Beginn
a) Name, Vorname und Anschrift des Fahrzeugführers,
b) amtliches Kennzeichen des Fahrzeugs,
c) Datum und Uhrzeit des Beginns der Fahrt und
2. nach deren Beendigung unverzüglich Datum und Uhrzeit mit Unterschrift einzutragen.

(3) Der Fahrzeughalter hat
a) der das Fahrtenbuch anordnenden oder der von ihr bestimmten Stelle oder
b) sonst zuständigen Personen das Fahrtenbuch auf Verlangen jederzeit an dem von der anordnenden Stelle festgelegten Ort zur Prüfung auszuhändigen und es sechs Monate nach Ablauf der Zeit, für die es geführt werden muss, aufzubewahren.

Fahrtenbuchauflage – immer (nur) gegen den Halter
Eine Fahrtenbuchauflage kann sich nur gegen den Halter eines Kraftfahrzeugs richten. Dabei ist der Halterbegriff im Straßenverkehrsrecht – wie in § 7 StVG – einheitlich zu bestimmen. In der Regel ist der Zulassungsinhaber und Versicherungsnehmer eines Fahrzeugs auch dessen Halter.

Halter des Fahrzeugs im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO ist grundsätzlich unabhängig von der Eigentümerstellung derjenige, der den Pkw für eigene Rechnung in Gebrauch hat (also die Nutzungen aus der Verwendung zieht und die Kosten für Unterhaltung und laufenden Betrieb trägt) und die tatsächliche Verfügungsgewalt innehat, die ein solcher Gebrauch voraussetzt (also Anlass, Zeit, Dauer und Ziel der Fahrten selbst bestimmen kann). Bei dieser wirtschaftlichen Betrachtungsweise kommt es weniger auf die rechtlichen Bezüge des Fahrzeugs, sondern vielmehr auf die Intensität der tatsächlichen Beziehungen zum Pkw an. Dies schließt allerdings nicht aus, dass im Einzelfall von ausschlaggebender Bedeutung sein kann, auf wen das Fahrzeug zugelassen ist.

Weil das Straßenverkehrsrecht im weitesten Sinne nahezu alle aus der Zulassung und dem Betrieb folgenden Pflichten dem Halter auferlegt, liegt die Annahme nahe, dass der Fahrzeughalter regelmäßig mit dem Zulassungsinhaber identisch ist. Da gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 FZV im Zulassungsverfahren der Name des Halters bei der Zulassung anzugeben und bei einer Änderung der Angaben zum Halter diese unverzüglich der Zulassungsstelle mitzuteilen ist, der Verstoß gegen diese Bestimmung gar eine zu ahndende Ordnungswidrigkeit darstellt, dürfte – rechtstreues Verhalten unterstellt – in aller Regel derjenige, auf den der Pkw (als Halter) zugelassen ist, auch tatsächlich der Halter sein. Ist der Betroffene zudem Versicherungsnehmer, kann dies als (weiteres) Indiz für seine Haltereigenschaft gewertet werden.

Allerdings gibt es keine Regel ohne Ausnahme. Die sich aus den vorgenannten Indizien ergebende Vermutung der Haltereigenschaft kann durchaus in vereinzelten Fällen widerlegt werden. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die tatsächliche Verfügungsgewalt über das Fahrzeug ausschließlich bei einer anderen Person liegt, die auch für die Kosten für Benzin, Steuern und Versicherung aufkommt und deshalb selbst als Halter des Fahrzeugs anzusehen ist (OVG Lüneburg, Beschluss vom 30.01.2014, Az. 12 ME 243/13). Allerdings bleibt auch in solchen Fällen eine Hintertüre für die Verwaltung: In diesen Fällen müssen nämlich jegliche Anhaltspunkte, die dafür sprechen, dass jemand zumindest (Mit-)Halter des Fahrzeugs ist, fehlen.

Manche Fuhrparks sind so strukturiert, dass der Halter eines Fahrzeugs seinen Sitz im Ausland hat. Dies kann Auswirkungen auf die Verpflichtung der Behörde zur Ermittlung gegen den Halter haben. Gibt der Halter eine Person mit Wohnsitz im Ausland als Fahrer an, ist die Bußgeldbehörde nicht verpflichtet, alle weiteren Ermittlungsmaßnahmen unmittelbar gegen diese Person zu richten. Vielmehr kann sie sich insbesondere aufgrund der Schwierigkeiten, die mit Ermittlungen im Ausland verbunden sind, zur Plausibilisierung der Angaben des Halters zunächst an diesen oder an andere Personen wenden oder, sofern sie einen nicht offensichtlich unbegründeten Verdacht gegen eine andere Person hegt, erst diesem nachgehen (OVG Münster, Beschluss vom 11.11.2013, Az. 8 B 1129/13).

Verkehrsverstoß als Voraussetzung der Anordnung
Eine Fahrtenbuchauflage kommt nur dann in Betracht, wenn Verkehrsvorschriften in nennenswertem Umfang verletzt worden sind. Ein Fahrtenbuch darf deshalb nur angeordnet werden, wenn der objektive Verstoß gegen die Verkehrsvorschrift in tatsächlicher Hinsicht feststeht. Als vorgelagerte Frage ist also stets zu klären, ob überhaupt ein Verkehrsverstoß mit dem Halterfahrzeug begangen wurde. Auf die Art der Verkehrsordnungswidrigkeit kommt es ebenfalls nicht entscheidend an, denn eine Fahrtenbuchauflage kann grundsätzlich bei Verkehrsverstößen jeder Art angeordnet werden, also sowohl bei Rotlichtverstößen als auch bei Geschwindigkeitsüberschreitungen.

Nach seinem Sinn und Zweck soll und kann das Fahrtenbuch nicht die Aufklärung des „Ob“ eines Verkehrsverstoßes erleichtern, sondern nur die Frage des „Wer“ eines feststehenden Verkehrsverstoßes. Ohne Verkehrsverstoß fehlt es an der Gefahr, deren Abwehr die Fahrtenbuchauflage allein dient. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts soll mit der Fahrtenbuchauflage „in Ergänzung zur Kennzeichnungspflicht dafür Sorge getragen werden, dass anders als in dem Fall, der Anlass zur Auferlegung eines Fahrtenbuches gegeben hat, künftig die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften ohne Schwierigkeiten möglich ist“.

Eine einmalige und unwesentliche Verkehrsordnungswidrigkeit wird eine Fahrtenbuchauflage dann nicht auslösen, wenn sie im Einzelfall nicht geeignet ist, Zweifel an der charakterlichen Zuverlässigkeit des Halters zu haben. Als unwesentlich sind in der Regel solche Verstöße anzusehen, wenn sie mit einem Verwarnungsgeld abgegolten werden können oder wenn sie im ruhenden Verkehr (beispielsweise ein Parkverstoß) begangen worden sind. Allerdings kann auch in solchen Fällen das Führen eines Fahrtenbuches angedroht werden.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Anordnung der Führung eines Fahrtenbuches in der Regel zulässig ist nach Begehung eines erstmaligen Verstoßes, der zu einem Punkt im Verkehrszentralregister führt. Eine konkrete Verkehrsgefährdung ist dabei nicht Voraussetzung. Es reicht vielmehr aus, dass der Verkehrsverstoß in objektiver Hinsicht generell gefährlich ist. Deshalb kommt es auch nicht auf ein Verschulden oder eine konkrete Wiederholungsgefahr an.

Dem Halter hilft es deshalb in der Regel nicht, wenn er einwendet, dass die dem Verkehrsverstoß zugrunde liegende Geschwindigkeitsmessung fehlerhaft sei. Dies führt in der Regel nicht zum Erfolg, denn im Bußgeldverfahren werden standardisierte Geschwindigkeitsmessverfahren nur dann auf Fehler überprüft, wenn im Einzelfall dazu konkrete Veranlassung besteht und ganz deutlich vorgetragen wird, welcher Umstand zur Fehlerhaftigkeit der Geschwindigkeitsmessung geführt haben soll. Das ist allerdings ohne ein Sachverständigengutachten in der Regel nicht möglich.

Nichtfeststellbarkeit des Fahrers als weitere Voraussetzung
Eine Fahrtenbuchauflage setzt voraus, dass der Fahrer, der für die Begehung einer objektiv festgestellten Verkehrsordnungswidrigkeit nicht als verantwortlicher Kraftfahrzeugführer ermittelt werden kann. Zu den erforderlichen Ermittlungen der Bußgeldbehörde zur Feststellung des Fahrers gehört grundsätzlich die Benachrichtigung des Halters von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß.

Grundsätzlich ist es Sache des Halters, zur Aufklärung eines mit seinem Kraftfahrzeug begangenen Verkehrsverstoßes so weit mitzuwirken, wie es ihm möglich und zumutbar ist. Im Regelfall soll der Kfz-Halter innerhalb von zwei Wochen nach der Zuwiderhandlung durch einen Anhörungsbogen der Behörde vom Verkehrsverstoß in Kenntnis gesetzt werden, damit er die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten und gegebenenfalls Entlastungsgründe vorbringen kann.

Die Zwei-Wochen-Frist gilt aber nach der Rechtsprechung nicht bei Verkehrsverstößen, die mit einem Firmenfahrzeug eines Kaufmanns im geschäftlichen Zusammenhang begangen worden sind. Denn bei Firmenfahrzeugen fällt es in die Sphäre der Geschäftsleitung, organisatorische Vorkehrungen dafür zu treffen, dass im Falle einer Verkehrszuwiderhandlung ohne Rücksicht auf die Erinnerung Einzelner festgestellt werden kann, welche Person zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Geschäftsfahrzeug benutzt hat. Die Geschäftsleitung kann deshalb ihrer Verpflichtung als Fahrzeughalterin, bei der Feststellung des Fahrzeugführers im Ordnungswidrigkeiten- beziehungsweise Verwaltungsverfahren mitzuwirken, regelmäßig nicht mit der Behauptung genügen, es sei nicht möglich, den Fahrzeugführer ausfindig zu machen.

Die erforderliche Benachrichtigung des Halters muss nicht zwingend in der Gestalt eines Anhörungsschreibens durchgeführt werden. Auch eine mündliche Befragung durch einen (Außendienst-) Mitarbeiter der Ermittlungsbehörde – sei es im Rahmen einer persönlichen Vorsprache oder mittels telefonischer Anfragen – kann ausreichend sein. Die Befragung von Mitarbeitern in einer Firma – insbesondere die Befragung einer Sekretärin – zu dem in Rede stehenden Verkehrsverstoß stellt regelmäßig eine ausreichende Ermittlungsmaßnahme dar; es fällt in den Verantwortungsbereich der Gesellschaft, innerbetrieblich dafür Sorge zu tragen, dass die Geschäftsführung beziehungsweise die Mitarbeiter, die zuverlässig Auskunft über den Einsatz der Firmenwagen geben können, informiert werden. Erfolgen daraufhin keine weiteren Angaben seitens des Halters zu der Person, die im fraglichen Zeitpunkt das Firmenfahrzeug geführt hat, ist es der Behörde regelmäßig nicht mehr zuzumuten, noch weitere zeitraubende Ermittlungen zu betreiben (OVG Münster, Beschluss vom 13.11.2013, Az. 8 A 632/13).

„Knackpunkt“ in der Rechtsprechung ist in diesem Zusammenhang immer wieder das Verhältnis zwischen dem Umfang der Nachforschungsbemühungen der Behörde einerseits und den Mitwirkungspflichten des Halters im Hinblick auf das Tätigen von Angaben zum Fahrer andererseits. Dabei ist bei den Mitwirkungspflichten des Halters eine deutliche Verschärfung der Rechtsprechung festzustellen. Bei der Unmöglichkeit der Fahrerfeststellung geht es um die Beantwortung der Frage, ob die Ermittlungsbehörde alle zumutbaren und angemessenen Maßnahmen ergriffen hat, um den Fahrer zu ermitteln. In diesem Rahmen spielt die Mitwirkung des Halters eine entscheidende Rolle, weil er durch seine Angaben zum verantwortlichen Fahrzeugführer maßgeblich dazu beitragen kann, die von seinem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr zu bekämpfen.

Ungeachtet der Reichweite der aus §§ 238 I, 257 HGB resultierenden Buchführungs- und Aufbewahrungspflichten entspricht es nach der Rechtsprechung dem sachgerechten kaufmännischen Verhalten, wenn Geschäftsfahrten längerfristig dokumentiert werden. Für einen kaufmännischen Wirtschaftsbetrieb könne deshalb – so die Rechtsprechung – unterstellt werden, dass dieser ohne Rücksicht auf die Erinnerung einzelner Personen grundsätzlich dazu in der Lage ist, Geschäftsfahrten anhand schriftlicher Unterlagen zu rekonstruieren und den jeweiligen Fahrzeugführer im Einzelfall festzustellen. Damit wird Unternehmen mit einem eigenen Fuhrpark wie auch Fuhrparkmanagement-Unternehmen zugemutet, dass diese ständig schriftliche Aufzeichnungen über die einzelnen Fahrten der Geschäftswagen aufbewahren, sodass anhand dieser Unterlagen jederzeit über den Fahrzeugführer Auskunft gegeben werden kann.

Unterlässt der Halter die Fahrerauskunft oder kommt er seiner diesbezüglichen Auskunftsobliegenheit nur unvollständig nach, ist regelmäßig die Täterermittlung im Sinne des §31a StVZO nicht möglich und kann die Führung eines Fahrtenbuches angeordnet werden. Daher ist zu empfehlen, den Zeugenfragebogen in diesem Sinne unter Angabe des in Betracht kommenden Fahrers oder Fahrerkreises möglichst rasch zu beantworten. Allerdings bedeutet das nicht automatisch, dass in den Fällen, in denen der Halter an der Aufklärung mitwirkt, keine Fahrtenbuchauflage verhängt werden darf. Die Auferlegung eines Fahrtenbuches nach § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO setzt nicht voraus, dass der Fahrzeughalter die Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften zu vertreten hat. Die Führung eines Fahrtenbuchs kann daher auch dann angeordnet werden, wenn der Fahrzeughalter an der Feststellung mitgewirkt hat, die gebotenen Ermittlungsbemühungen der Behörde jedoch gleichwohl erfolglos geblieben sind (OVG Münster, Beschluss vom 11.11.2013, Az. 8 B 1129/13). Mit anderen Worten ist es der Bußgeldbehörde regelmäßig nicht mehr zuzumuten, noch weitere Ermittlungen zu betreiben, wenn der Fahrzeughalter vor Auferlegung einer Fahrtenbuchauflage im Rahmen der Anhörung zu einem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß keine Angaben macht.

Vereinzelt wurde versucht, sich im Hinblick auf die Mitwirkungspflichten und Auskunftserteilung zum Fahrer auf Aussageverweigerungsrechte zu berufen. Dieser Schuss kann jedoch „nach hinten losgehen“. Wenn sich der Halter auf ein berufsbezogenes Aussage- beziehungsweise Zeugnisverweigerungsrecht beruft, kann der Halter eines Fahrzeugs nicht verlangen, von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben. Ein „doppeltes Recht“, nach einem Verkehrsverstoß einerseits im Ordnungswidrigkeitsverfahren die Aussage zu verweigern und zugleich trotz fehlender Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers auch von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, besteht nach gefestigter Rechtsprechung nicht. Ein solches „Recht“ widerspräche dem Zweck des § 31a StVZO, nämlich der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs zu dienen. Die vorstehenden Grundsätze gelten dabei nicht nur für solche Aussage- und Zeugnisverweigerungsrechte, die ihren Grund in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis des Mitwirkungspflichtigen zum Fahrzeugführer haben, sondern auch für berufsbezogene Aussagebeziehungsweise Zeugnisverweigerungsrechte (OVG Münster, Beschluss vom 14.11.2013, Az. 8 A 1668/13).

Falls der Halter im Hinblick auf die Angaben zum Fahrer insoweit seine Aussage verweigert, darf daraus in zulässiger Weise die Prognose abgeleitet werden, dass er auch bei künftigen Verstößen – seien sie von ihm, seien sie von anderen begangen – von seinem Recht zu schweigen oder zu leugnen Gebrauch machen und damit die Verkehrssicherheit gefährden werde. Dieser Gefahr kann durch ein Fahrtenbuch begegnet werden (VG Düsseldorf, Urteil vom 11.11.2013, Az. 6 K 6579/12). Damit ist – unter dem Strich – eine gewisse Verschärfung bei den Mitwirkungspflichten der Halter im Hinblick auf die Auskunftspflichten zum Fahrer festzustellen.

Was beinhaltet die Fahrtenbuchauflage?
Wird eine Verpflichtung zur Führung eines Fahrtenbuches behördlich angeordnet, kann sich diese auf eine oder mehrere bereits zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge beziehen. Ersatzfahrzeuge werden in Fahrtenbuchauflagen, die sich auf bestimmte Kraftfahrzeuge beziehen, jedoch nur dann eingeschlossen, wenn ein entsprechender Zusatz in die Fahrtenbuchauflage ausdrücklich als (gesonderte) Anordnung mit aufgenommen wurde. Ist der Betroffene Halter mehrerer Kraftfahrzeuge – wie dies in professionellen Fuhrparks der Regelfall sein dürfte –, so dürfen diese Kraftfahrzeuge nur dann einbezogen werden, wenn auch dort einschlägig Zuwiderhandlungen mit einem nicht ermittelbaren Fahrer zu befürchten sind.

Für den Fuhrparkbereich sind insoweit stets mehrere Fallgestaltungen denkbar, nämlich die Verhängung einer Fahrtenbuchauflage für ein einzelnes konkretes Fahrzeug, für mehrere Fahrzeuge im Fuhrpark oder sogar für alle Fahrzeuge im Fuhrpark.

Fahrtenbuchauflage für mehrere Fuhrparkfahrzeuge
Dokumentiert ein Unternehmen die Nutzung seines Fuhrparks nicht, kann die Behörde das Führen eines Fahrtenbuches auch für mehrere Fahrzeuge anordnen. Sie hat dazu die maßgeblichen Tatsachen zu erheben und muss ihr Ermessen sachgerecht hinsichtlich der Auswahl dieser Fahrzeuge bestätigen. Dabei darf sie sich von früher festgestellten Verstößen leiten lassen.

Soweit es den Geschäftsbetrieb des Unternehmens anbelangt und dieses selbst angibt, nicht zu wissen, wer wann mit welchem Fahrzeug welche Fahrten unternimmt, dürfte offenbar aber ihr Fuhrparkleiter eine solche Kenntnis besitzen. Dies ist dem Unternehmen zuzurechnen. Das Unternehmen hätte dann dementsprechende Erkundigungen bei dem Fuhrparkleiter einholen müssen, soweit dieser überhaupt entsprechende Dokumentationen führt. Dies gilt auch, soweit nunmehr von der hier verfügten Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuches zwei Kraftfahrzeuge aus dem Fuhrpark des Unternehmens betroffen sind: §31a Abs. 1 StVZO ermöglicht nicht nur eine Fahrtenbuchauflage bezüglich des Fahrzeugs, mit dem ein Verkehrsverstoß begangen wurde, sondern er umfasst ausdrücklich auch mehrere, auf den Fahrzeughalter zugelassene Fahrzeuge.

Ist der Adressat einer Fahrtenbuchauflage gleichzeitig Halter mehrerer Fahrzeuge – wie hier das Unternehmens –, so dürfen diese im Rahmen der ordnungsgemäßen Ermessensausübung der Behörde mit in die Fahrtenbuchauflage einbezogen werden, wenn, etwa aufgrund der Nutzungsgepflogenheiten des Halters, auch mit anderen Fahrzeugen einschlägig Zuwiderhandlungen naheliegen und zu erwarten sind. Genauso liegt der Fall hier; die insoweit anzustellende Prognose ist deshalb naheliegend, weil es bereits in der Vergangenheit zu Verkehrsverstößen mit den beiden Fahrzeugen gekommen ist, auf die sich nunmehr die verfügte Fahrtenbuchauflage bezieht (VG Oldenburg, Beschluss vom 25.11.2013, Az. 7 B 6607/13).

Erstreckung der Fahrtenbuchauflage auf alle Fahrzeuge des Halters
Die Erstreckung der Fahrtenbuchauflage auf alle Fahrzeuge des Halters kommt im Rahmen einer pflichtgemäßen Ermessensausübung und ausreichenden Sachverhaltsaufklärung auch dann in Betracht, wenn nur eine gewichtige Verkehrsstraftat vorliegt, aber aufgrund des Verhaltens des Halters und seiner Nutzungsgepflogenheiten auch mit anderen Fahrzeugen künftig unaufklärbare einschlägige Zuwiderhandlungen zu erwarten sind (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.01.2014, Az. 10 S 2438/13).

Will die Behörde für den gesamten Fuhrpark eine Fahrtenbuchauflage verhängen, liegt die Messlatte für die Rechtmäßigkeit allerdings höher. Ist nur ein Einzelverstoß begangen worden, will die Behörde aber gleichwohl die Fahrtenbuchauflage auf mehrere oder alle Fahrzeuge eines Fahrzeughalters erstrecken, obwohl nicht mit allen Fahrzeugen Verstöße begangen wurden, muss die Behörde prüfen, ob es zutrifft, dass bei zukünftigen Verstößen auch bei den übrigen Fahrzeugen des Halters die Fahrer nicht ermittelt werden können. Bei ihrer Entscheidung hat die Behörde deshalb zu berücksichtigen, ob der Fahrzeughalter sich durch eine Erklärung dazu bereit erklärt, eine interne Kontrolle über die Nutzung der Fahrzeuge offenzulegen. Die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage auf alle Fahrzeuge eines Halters erfordert deshalb eine behördliche Auseinandersetzung insbesondere mit dem Erfolg bisheriger Fahrzeugführerermittlungen und dem Angebot zur Offenlegung von internen Zuordnungslisten (so schon VG Stuttgart, Beschluss vom 08.01.2004, Az. 3 K 5347/03; VG Cottbus, Urteil vom 11.09.2007, Az. 2 K 1526/04).

Eine Fahrtenbuchauflage kann auf unbestimmte Zeit verhängt werden; dies wird aber unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit wohl eher die Ausnahme in der Praxis sein. Unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten werden Fahrtenbuchauflagen regelmäßig befristet, wobei in der Rechtsprechung Zeiträume von 6, 15 und 24 Monaten durchaus für zulässig angesehen wurden, jeweils im Verhältnis zu dem zugrunde liegenden Verkehrsverstoß. Als angemessen angesehen wurden die Befristung der Fahrtenbuchauflage auf 15 Monate bei einer Geschwindigkeitsübertretung, die mit 3 bis 5 Punkten im Verkehrszentralregister einzutragen war, sowie eine 24-monatige Fahrtenbuchauflage bei einem groben Rotlichtverstoß.

Fahrtenbuchauflage – kann ich mich wehren?
In der Regel wird die Behörde den betroffenen Halter vor Erlass einer Fahrtenbuchauflage notwendigerweise anhören. Dabei ist es allerdings nicht zwingend geboten, dass die Behörde auf die Möglichkeit der Anordnung einer Fahrtenbuchauflage konkret hinweist. Erlässt die Behörde nach erfolgter Anhörung eine Fahrtenbuchauflage, kann diese als Verwaltungsakt mit Widerspruch und Klage vor dem Verwaltungsgericht angefochten werden. In den meisten Fällen wird die Behörde gleichzeitig den Sofortvollzug der Fahrtenbuchauflage anordnen, weshalb Rechtsmittel hiergegen keinerlei aufschiebende Wirkung entfalten und die Auflage deshalb sofort gültig ist. Hiergegen hilft nur ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, der jedoch nicht immer von Erfolg beschieden ist.

Fahrtenbuch – Inhalt und Benutzung nach Auflage
Mit der Unanfechtbarkeit des Bescheides, mit dem die Fahrtenbuchauflage angeordnet wurde, wird diese wirksam. Der konkrete Inhalt des Fahrtenbuches ergibt sich aus dem Gesetz, aus §31a Abs. 2 StVZO. Der Halter oder sein Beauftragter hat dann im Fahrtenbuch für ein bestimmtes Fahrzeug und für jede einzelne Fahrt vor deren Beginn Name, Vorname und Anschrift des Fahrzeugführers, amtliches Kennzeichen des Fahrzeugs, Datum und Uhrzeit des Beginns der Fahrt und nach deren Beendigung unverzüglich Datum und Uhrzeit mit Unterschrift einzutragen.

Das Fahrtenbuch muss allerdings nur dann mitgeführt werden, wenn es entweder auf der Hinfahrt oder der Rückfahrt zu einem Fahrerwechsel kommt. Ansonsten genügt in der Regel, dass das Fahrtenbuch beim Halter verbleibt. Die Fahrtenbuchauflage wird im Übrigen auch nicht in den Fahrzeugschein eingetragen, weil es dafür an einer entsprechenden behördlichen Ermächtigungsgrundlage fehlt. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass das Fahrtenbuch nach Ablauf der Zeit, für die es geführt werden muss, noch für einen Zeitraum von einem weiteren halben Jahr aufzubewahren und der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen ist. Deswegen ist es geboten, derartige Fahrtenbücher auch nach Ablauf der Befristung einer Auflage sicher aufzubewahren.

Dennoch ist auch beim Umgang mit dem „lästigen“ Fahrtenbuch durchaus Vorsicht geboten: Wird die Fahrtenbuchauflage nach § 31a StVZO nicht erfüllt, begeht der Betroffene nämlich wiederum eine neue Ordnungswidrigkeit, die nach dem Bußgeldkatalog ihrerseits empfindlich mit einem Bußgeld geahndet werden kann. Nach § 69a Abs. 5. Nr. 4 StVZO handelt ordnungswidrig im Sinne des § 24 StVG, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 31a Abs. 2 StVZO als Halter oder dessen Beauftragter im Fahrtenbuch nicht vor Beginn der betreffenden Fahrt die erforderlichen Angaben einträgt oder nicht unverzüglich nach Beendigung der betreffenden Fahrt Datum und Uhrzeit der Beendigung mit seiner Unterschrift einträgt, und nach § 69a Abs. 5. Nr. 4a StVZO entgegen § 31a Abs. 3 StVZO ein Fahrtenbuch nicht aushändigt oder nicht aufbewahrt.

Rechtsanwalt Lutz D. Fischer, Lohmar
Kontakt: kanzlei@fischer-lohmar.de
Internet: www.fischer-lohmar.de

 

Autor

Rechtsanwalt Lutz D. Fischer aus Lohmar berät und vertritt mittelständische Unternehmen, Unternehmerpersönlichkeiten sowie Privatpersonen im Wirtschafts-, Zivil-, Arbeits- und Verkehrsrecht und ist bundesweit als juristischer Dienstleister tätig. Ein besonderer Kompetenzbereich liegt im Bereich des Dienstwagen- und Fuhrparkrechts. Rechtsanwalt Fischer ist Mitglied der ARGE (Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein) und Autor zahlreicher Publikationen zum Dienstwagen- und Verkehrsrecht, unter anderem in der Fachzeitschrift „Flottenmanagement“, „Der Kfz-Sachverständige“ und „autorechtaktuell.de“. Als freiberuflicher Dozent ist er für das Goethe-Institut in Bonn tätig und hält bundesweit Seminare zu „Dienstwagenüberlassung und Arbeitsrecht“ sowie zu „Professionelles Schadensmanagement im Fuhrpark“ für das Weiterbildungsinstitut CompendiumPlus aus Osnabrück.

 

 

 

Rechtsprechung

Hinweispflicht bei Verhängung eines Fahrverbots (Verschlechterung Bußgeldbescheid)
Mit der Verfahrensrüge beanstandet der Betroffene zu Recht, dass das Amtsgericht gegen ihn ein Fahrverbot nach § 25 StVO ausgesprochen hat, obwohl der von ihm angefochtene Bußgeldbescheid eine solche Maßnahme nicht vorgesehen und das Amtsgericht ihn oder seinen Verteidiger weder in noch vor der Hauptverhandlung auf die Möglichkeit der Verhängung einer solchen Maßnahme hingewiesen hat.
Ist im Bußgeldbescheid ein Fahrverbot nach § 25 StVG nicht angeordnet worden, so darf das Gericht im Einspruchsverfahren nur dann auf diese Nebenfolge erkennen, wenn es in entsprechender Anwendung des § 265 Abs. 2 StPO den Betroffenen zuvor auf diese Möglichkeit hingewiesen hat. Da in der Hauptverhandlung weder der von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbundene Betroffene noch sein Verteidiger erschienen ist, hätte das Gericht die Hauptverhandlung unterbrechen müssen, um dem Betroffenen über seinen Verteidiger Gelegenheit zur Äußerung innerhalb angemessener Frist einzuräumen. Dies ist im vorliegenden Fall jedoch nicht geschehen.
Die Verletzung der Hinweispflicht führt nicht nur zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs, sondern zieht die Aufhebung des gesamten Urteils nach sich. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass der Betroffene bei entsprechendem Hinweis grundsätzlich die Möglichkeit gehabt hätte, die Verhängung des Fahrverbots durch Rücknahme seines Einspruchs zu vermeiden. OLG Köln, Beschluss vom 03.09.2013, Az. III-1 RBs 255/13, 1 RBs 255/13

Halterhaftung aus Betriebsgefahr bei Brandschaden durch Nachbarfahrzeug
Für die Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es maßgeblich darauf an, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht. Steht der Brand eines geparkten Kraftfahrzeugs in einem ursächlichen Zusammenhang mit dessen Betriebseinrichtungen, ist der dadurch verursachte Schaden an Rechtsgütern Dritter im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG regelmäßig der Betriebsgefahr zuzurechnen.

Der Schaden am beschädigten Fahrzeug stand in einem nahen örtlichen und zeitlichen Kausalzusammenhang mit dem Brand des benachbarten Kraftfahrzeugs, der durch den technischen Defekt einer Betriebseinrichtung dieses Fahrzeugs verursacht worden ist. Dass Dritte durch den Defekt einer Betriebseinrichtung eines Kraftfahrzeugs an ihren Rechtsgütern einen Schaden erleiden, gehört zu den spezifischen Auswirkungen derjenigen Gefahren, für die die Haftungsvorschrift des § 7 StVG den Verkehr schadlos halten will. Dabei macht es rechtlich keinen Unterschied, ob der Brand – etwa durch einen Kurzschluss der Batterie – unabhängig vom Fahrbetrieb selbst vor, während oder nach einer Fahrt eintritt. Es reicht aus, dass der Brand oder dessen Übergreifen in einem ursächlichen Zusammenhang mit einer Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. BGH, Urteil vom 21.01.2014, Az. VI ZR 253/13

Handyverstoß auch bei bloßer Aufnahme wegen Blendung beim Fahren
Ein Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO liegt auch vor, wenn der Betroffene ein auf der Ablage vor seiner Windschutzscheibe liegendes Handy, welches aufblendet und hierdurch anzeigt, dass der Akku aufgeladen werden muss, wegen der Blendung beim Fahren in die Hand nimmt, darauf schaut und es dann zur Seite legt, um eine weitere Blendung zu vermeiden.

Der Betroffene wäre jedoch auch nach seiner eigenen Einlassung wegen Verstoßes gegen das Verbot des § 23 Abs. 1a StVO zu verurteilen, da er geltend gemacht hat, er habe das Handy auf der Ablage vor seiner Windschutzscheibe liegen gehabt. Das Handy habe aufgeblendet und hierdurch angezeigt, dass der Akku aufgeladen werden müsse. Der Betroffene führte aus, er sei durch das aufleuchtende Handy geblendet gewesen. Er habe das Handy deshalb in die Hand genommen, darauf geschaut und es dann zur Seite gelegt, damit es ihn nicht blende. Auch dies würde ein Benutzen im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO darstellen.

Der Betroffene wurde daher wegen vorsätzlicher verbotswidriger Benutzung eines Mobiltelefons als Kraftfahrzeugführer zu einer Geldbuße von 50,00 Euro verurteilt. AG Lüdinghausen, Urteil vom 17.02.2014, Az. 19 OWi – 89 Js 86/14 – 14/14, 19 OWi 14/14

Nichtberechtigung zum Gebrauch einer polnischen Fahrerlaubnis im Inland
Aus einer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vom Ausstellermitgliedstaat eingeholten Meldebescheinigung können sich unbestreitbare Informationen darüber ergeben, dass der Inhaber einer EU-Fahrerlaubnis dort zum Zeitpunkt der Erteilung nicht seinen ordentlichen Wohnsitz hatte.

Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV dürfen Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben, grundsätzlich im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Gemäß § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV gilt dies aber nicht für solche Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie – was vorliegend nicht zutrifft – als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Abs. 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 kann die Behörde nach § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen. Der Erlass des feststellenden Verwaltungsakts liegt im Ermessen der Behörde, das allerdings intendiert ist, wenn ein Feststellungsinteresse gegeben ist, weil – wie hier – Zweifel am Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und/oder 3 FeV bestehen. Insoweit bedarf ein feststellender Verwaltungsakt keiner Ermessensbegründung. Zudem kann die Begründung für das Fehlen einer Fahrberechtigung in Deutschland ausgewechselt werden.

Vorliegend bleibt der polnischen Fahrerlaubnis die Anerkennung in der Bundesrepublik Deutschland nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV versagt. Im Hinblick auf die vom Senat eingeholte Auskunft der Gemeinde liegen vom Ausstellermitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen vor, die die Nichteinhaltung des Wohnsitzerfordernisses zum Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis am 27. August 2009 belegen. Aus dieser Mitteilung folgt, dass der Fahrerlaubnisinhaber jedenfalls 2009, dem Jahr der Fahrerlaubniserteilung, seinen ordentlichen Wohnsitz entgegen der im Führerschein vorgenommenen Eintragung nicht in Polen, sondern in Deutschland hatte. Allein die theoretische Möglichkeit eines weiteren, trotz bestehender Meldepflicht nicht angemeldeten Aufenthalts in Polen genügt nicht, um die von der Meldebescheinigung ausgehende Beweiswirkung in Bezug auf die Aufenthaltsdauer in Zweifel zu ziehen. Denn es muss grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der betreffende Fahrerlaubnisinhaber seinen melderechtlichen Verpflichtungen, so weit solche – wie hier – im Ausstellermitgliedstaat bestehen, nachkommt und dass insofern eine von den Behörden des Ausstellermitgliedstaates auf dieser Grundlage erteilte Meldebescheinigung seinen Aufenthaltsstatus zutreffend wiedergibt. OVG Münster, Urteil vom 17.01.2014, Az. 16 A 1292/10

Kein Mietwagenkostenersatz bei erkennbar möglicher Notreparatur
Entstehen im Falle der Schadensberechnung auf wirtschaftlicher Totalschadensbasis und der Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs (hier: Rettungswagen) unverhältnismäßig hohe Mietwagenkosten, ist der Geschädigte auf die – technisch mögliche – Reparatur zu verweisen, wenn dabei für den Geschädigten erkennbar die Ausfallzeit erheblich geringer ist, insbesondere wenn die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert nach dem Schadensgutachten nur knapp übersteigen (hier: Mietwagenkosten bei der Anschaffung eines Neufahrzeugs von über 100.000 Euro bei einem Wiederbeschaffungswert von 9.500 Euro brutto und Reparaturkosten von 9.802,57 Euro).

Ist das verunfallte Fahrzeug mit einem geringen Kosten- und Zeitaufwand in einen verkehrssicheren Zustand zu versetzen, aufgrund dessen es in dem zu überbrückenden Zeitraum bis zur Auslieferung des Neufahrzeugs ohne Bedenken als Rettungswagen von der Klägerin eingesetzt werden kann, besteht der zu ersetzende Schaden in dem Wiederbeschaffungswert und den Kosten der „Notreparatur“. OLG Karlsruhe, Urteil vom 10.02.2014, Az. 13 U 213/11

Haftungsverteilung bei Spurwechsel vor Auffahrunfall – Anscheinsbeweis
Fährt ein Fahrzeug unstreitig auf das Fahrzeug eines anderen auf, so spricht der Anschein für einen schuldhaften Verstoß des Auffahrenden gegen § 4 Abs. 1 S. 1 StVO.

Wird dieser Anschein jedoch vom Auffahrenden dadurch erschüttert, dass er angibt, von dem anderen Fahrzeug unmittelbar vorher überholt worden zu sein, dass das Fahrzeug dann auf seiner Spur eingeschert sei und der Fahrer plötzlich ohne ersichtlichen Grund abgebremst habe, und wird dies vom Sachverständigen ernsthaft in Betracht gezogen, so handelt es sich um einen ungeklärten Verkehrsunfall, der zu einer hälftigen Haftungsverteilung führt. OLG München, Urteil vom 13.12.2013, Az. 10 U 2372/13

Abtretung von Ansprüchen wegen Verschmutzung einer Bundesstraße
Zivilrechtliche Schadensersatzansprüche nach den §§ 7ff. StVG, die der Bundesrepublik Deutschland aus der Verschmutzung einer Bundesstraße zustehen, können von Landesbehörden im eigenen Namen kraft unmittelbaren Verfassungsrechts geltend gemacht und auch an (private) Dritte abgetreten werden. Wegen § 19 2. AVVFStr kann ein solcher Schadensersatzanspruch – auch im Falle einer Abtretung –nur ohne Umsatzsteuer geltend gemacht werden. Ein Schaden ist auch dann „beim Betrieb eines Kfz“ i. S. v. § 7 Abs. 1 StVG entstanden, wenn der Schaden durch den Inhalt des auf die Straße abgestellten Transportgutes verursacht wurde. OLG Dresden, Urteil vom 29.01.2014, Az. 7 U 792/13, 7 U 0792/13

Haftung der Straßenverkehrsbehörde für Beschädigungen am Pkw durch Abschleppen
Beauftragt die Straßenverkehrsbehörde zur Vollstreckung des in einem Verkehrszeichen enthaltenen Wegfahrgebots im Wege der Ersatzvornahme einen privaten Unternehmer mit dem Abschleppen eines verbotswidrig geparkten Fahrzeugs, so wird der Unternehmer bei der Durchführung des Abschleppauftrages hoheitlich tätig. Durch das Abschleppen eines verbotswidrig geparkten Fahrzeugs im Wege der Ersatzvornahme wird ein öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis begründet, auf das die §§ 276, 278, 280 ff. BGB entsprechend anzuwenden sind. Der Eigentümer des verbotswidrig geparkten Fahrzeugs ist in einer solchen Fallkonstellation nicht in den Schutzbereich des zwischen dem Verwaltungsträger und dem privaten Unternehmer geschlossenen Vertrages über das Abschleppen seines Fahrzeugs einbezogen. Dem Geschädigten steht gegen den Verwaltungsträger neben seinem Amtshaftungsanspruch ein Schadensersatzanspruch aus einem durch den Abschleppvorgang begründeten öffentlich-rechtlichen Verwahrungsverhältnis zu, durch den sein Ersatzinteresse vollumfänglich abgedeckt wird. Auf das öffentlichrechtliche Verwahrungsverhältnis sind die bürgerlichrechtlichen Verwahrungsvorschriften der §§ 688 ff. BGB sowie die für Leistungsstörungen bestehenden Bestimmungen entsprechend anzuwenden. Bei einer Beschädigung der Sache gelten insbesondere die §§ 276, 278 sowie die §§ 280 ff. BGB analog. Der Verwaltungsträger hat daher für schuldhafte Pflichtverletzungen – auch seines Erfüllungsgehilfen – einzustehen und Schadensersatz zu leisten, wobei ihm im Gegensatz zur Amtshaftung die Beweislast für fehlendes Verschulden obliegt. BGH, Urteil vom 18.02.2014, Az. VI ZR 383/12

Voraussetzungen für Anscheinsbeweis bei Kettenauffahrunfall
Bei einem Kettenauffahrunfall kommt ein Anscheinsbeweis für eine schuldhafte Verursachung des Heckaufpralls durch den letzten in der Kette auffahrenden Verkehrsteilnehmer nur dann in Betracht, wenn feststeht, dass das ihm vorausfahrende Fahrzeug des Geschädigten rechtzeitig hinter seinem Vordermann zum Stehen gekommen ist und nicht durch einen Aufprall auf das vorausfahrende Fahrzeug den Bremsweg des ihm folgenden Fahrzeugs verkürzt hat.
Führen bei einem Kettenauffahrunfall die Schäden im Front- und Heckbereich des geschädigten Kraftfahrzeugs zu einem wirtschaftlichen Totalschaden und ist nicht feststellbar, ob der Frontschaden durch das Auffahren des nachfolgenden Fahrzeugs verursacht wurde, kann der gegen den Auffahrenden begründete Schadensersatzanspruch betreffend den Heckanstoß nach §287 ZPO durch die quotenmäßige Aufteilung des Gesamtschadens, gemessen am Verhältnis der jeweiligen Reparaturkosten, ermittelt werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Verursachung auch des Frontschadens durch den Auffahrenden nicht weniger wahrscheinlich ist als die Entstehung des Frontschadens unabhängig vom Heckaufprall. OLG Hamm, Urteil vom 06.02.2014, Az. I-6 U 101/13, 6 U 101/13