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Flottenmanagement: Herr Moers, seit 2011 sind Sie Geschäftsführer von Audatex und AUTOonline. Seitdem versuchen Sie, die Zusammenarbeit beider Unternehmen zu intensivieren. Welche Synergieeffekte konnten bislang erzielt werden? Gibt es neben der Geschäftsführung weitere Überschneidungen beispielsweise im IT-Bereich?

Ferdinand Moers: Zunächst muss man festhalten, dass der Kauf von AUTOonline durch die Solera Group sicherlich in erster Linie daran orientiert war, dass sich die Angebote von Audatex und AUTOonline sehr ergänzen und dennoch keine Überschneidungen bestehen. Auf der einen Seite ist das Thema Kalkulation für die 80 Prozent der Fahrzeuge, die repariert werden, und auf der anderen Seite die Restwertvermarktung für die 20 Prozent der Autos beispielsweise mit Totalschaden. Das fasst sich demnach zu genau 100 Prozent zusammen.

Für unsere Flottenkunden ergeben sich aus dieser Kooperation Vorteile, zum Beispiel im Bereich ITEntwicklung: Wir haben sowohl bei Audatex als auch bei AUTOonline ein starkes Entwicklungsteam, die beide auf agile Software-Entwicklungsmethoden ausgerichtet sind. Scrum, die flexible Annäherung an ein bestimmtes Softwareproblem, ist da das Stichwort. Diese Arbeitsphilosophie baut darauf, dass kleine leistungsstarke Teams zusammengestellt werden und diese Teams dann dort eingesetzt werden können, wo gerade größerer Bedarf besteht. Das ermöglicht auch bei einem geringen Zeitfenster, Fachkräfte auf die Entwicklung eines bestimmten Produktes flexibel anzusetzen. Daneben konnten auch Synergien bei der Vereinheitlichung der Entwicklungsumgebung geschaffen werden. Diese ermöglichen eine nahtlose Integration von Services beider Firmen.

Neben dem Thema IT ist für uns der Bereich Vertrieb ein ganz wichtiger Punkt bei der Kooperation beider Unternehmen. Wir haben immer in beiden Firmen die Maxime gehabt: One Customer One Face. Jetzt ist es so, dass wir bei AUTOonline das Thema Flotte sehr stark mit Herrn Stumm besetzt haben. Aber man muss sicherlich auch das Gesamtspektrum sehen: Nehmen wir beispielsweise den Bereich Sachverständige. Diese sind in beiden Unternehmen wichtig: auf der einen Seite die Zustandsbewertung für Flottenkunden und auf der anderen Seite die Schadenskalkulation für die Versicherungen. Hier gab es einen eigenen Vertrieb in beiden Unternehmen. Damit wir unseren Kunden Services aus einer Hand anbieten können, legen wir beide Vertriebsabteilungen zusammen.

Flottenmanagement: Welche Vorteile haben sich bereits für Kunden durch diese Kooperation ergeben? Wie kann der IT-Dienstleister und Datenlieferant Audatex beim Remarketing von Flottenfahrzeugen helfen? Welche Rolle spielen dabei Softwarelösungen wie beispielsweise der VALUEpilot?

Ferdinand Moers: Audatex wird häufig als Datenlieferant gesehen, beispielsweise bei einer Fahrzeugkalkulation, um die erforderlichen Informationen über Teile, Preise und Arbeitswerte zu erhalten. Doch wir sehen uns neben diesen klassischen Betätigungsfeldern mehr im Bereich Prozessvernetzung rund um das Automobil. Das konnten wir beispielsweise sehr gut bei unseren Versicherungskunden deutlich machen, aber auch bei den Sachverständigenorganisationen, wo wir weit über das Thema Datenlieferant hinaus den Komplettprozess auf eigenen Plattformen darstellen. Diesen ganzheitlichen Ansatz verfolgen wir auch im Flottenbereich. Hier wollen wir die Prozesse durch bestehende Produkte vereinfachen. Dabei muss man wissen, dass unsere Unternehmensstrategie auf zwei Säulen fußt. Die eine ist Service Maintenance Repair (SMR), die Bereitstellung von Wartungsdaten, welche wir gerade in unsere Systeme einbauen. Damit können wir Wartungsinformationen gebündelt Werkstätten, die markenfremde Fabrikate reparieren, und Flottenverantwortlichen zur Verfügung stellen. Darauf aufbauend kann man verschiedene Dienstleistungen anbieten, beispielsweise eine Checkliste für die verschiedenen Inspektionen. Die zweite große Säule, die wir auch in Zukunft stärker ausbauen werden, ist Automotive Technology. Hier haben wir verschiedene Ideen zu der Frage: Wo können wir uns in diesem Prozess mit unserem Informationsschatz einbringen?

So weit die Strategie. Um konkreter zu werden, lässt sich an dieser Stelle der VALUEpilot nennen. Dieser liefert dem Kunden den Wiederbeschaffungswert des entsprechenden Fahrzeugs. Zuvor musste sich der Kunde dafür bei AUTOonline durch einen Suchbaum durchhangeln, um den gewünschten Fahrzeugtyp einzugeben. Jetzt braucht der Kunde, durch die Kooperation mit Audatex, nur noch die 17-stellige Fahrzeugidentifizierungsnummer und den Kilometerstand eingeben und gelangt dann zu einem konkreten Ergebnis. An dieser kleinen Veränderung kann man sehr schön den direkten Nutzen der Kooperation für den Kunden ablesen.

Ein weiteres Beispiel ist die Integration von AudaLis in die Sachverständigen-Anwendung Auda- Fusion. Gemeinsam mit großen Kunden, welche viele Fahrzeugrückgaben abwickeln, haben wir so ein Produkt entwickelt, das den Sachverständigen in die Lage versetzt, in ganz Deutschland, beauftragt durch einen Fuhrparkmanager, eine Fahrzeugrücknahme durchzuführen – mit dem klaren Unterscheidungsmerkmal zu anderen Produkten am Markt, dass reale Audatex- beziehungsweise exakte Herstellerinformationen dahinter liegen. Damit kann der Kfz-Sachverständige den genauen Zeitaufwand für die Montagearbeiten und für den Ersatzteilpreis inklusive der Bestellnummer ermitteln. Wir rüsten zurzeit unsere Sachverständigenkunden mit diesen Werkzeugen aus. Auch für den Flottenmanager ist es von Vorteil, wenn der Sachverständige mit unserem präzisen Tool arbeiten kann. Mit diesen Informationen bietet sich auch die Möglichkeit, den bestmöglichen Wert zu ermitteln und anschließend die Fahrzeuge direkt auf AUTOonline zu vermarkten. Auch hier zeigt sich unser Alleinstellungsmerkmal, dass beide Lösungen aus einer Hand kommen. Wir haben AudaLis für die Kurzrücknahme über ein intelligentes Schnittstellenmanagement an das Remarketing angegliedert. Häufig ist es so, dass man dafür zwei externe Dienstleister zusammenführen muss. Wir bieten das durch unsere Kooperation alles aus einer Hand.

Flottenmanagement: Herr Stumm, wie wichtig ist es, alles aus einer Hand anbieten zu können? Wie können Sie die Aussteuerung für den Flottenkunden vereinfachen und welche Rolle übernehmen mobile Softwarelösungen dabei?

Florian F. Stumm: Im Bereich der mobilen Softwarelösungen sehen wir großes Potenzial, weil damit eine gewisse Flexibilität gegeben ist. Man kann bequem um das Fahrzeug herum gehen und mit dem Tablet die Schadenbewertung vornehmen. Dafür kann sich der Kfz-Sachverständige unsere App AudaMobile herunterladen, beispielsweise auch im Auftrag des Fuhrparkbetreibers. Die komplette Audatex-Logik ist bei der App hinterlegt, ebenso die Integration der FIN-Abfrage, sodass die Serien-und Sonderausstattung direkt identifiziert ist. Hieran lassen sich die Vorteile der Kooperation zwischen Audatex und AUTOonline aufzeigen. Wenn der Kfz-Sachverständige als objektive Instanz eine Fahrzeugbewertung durchführt, kann er wie eben geschildert per Knopfdruck das Fahrzeug auf unserem Flottenportal einstellen. Der Vorteil für den Verkäufer und den potenziellen Aufkäufer liegt dabei auf der Hand: Wir haben eine sehr genaue Fahrzeugbeschreibung, die aufgrund einer ordentlichen Fahrzeugdokumentation und der professionellen Fotos von einem Sachverständigen eine sehr hohe Qualität aufweist. Der Aufkäufer kann sich so, obwohl er nicht vor Ort ist, ein genaues Bild von dem Fahrzeug machen. Was letztlich dem Flottenbetreiber zugutekommt, weil dieser bessere Restwerte realisieren kann. Je besser die Fahrzeugbeschreibung, desto besser der anschließende Restwert. Das ist ein klassisches Beispiel, wo wir aus einer Hand gemeinschaftlich für den Kunden neue Vorteile generieren. Unsere mobilen Lösungen schaffen auch Kosten- und Zeitersparnisse.

Wir haben allgemein die klare Philosophie, dass wir zur Unterstützung unserer Zentralsysteme mehr und mehr mobile Apps zum Einsatz bringen wollen. Allerdings nicht nach dem Motto: Wir bringen jetzt unser gesamtes Produktportfolio auch als App raus, sondern wir realisieren nur das auf dem iPad, was dort anwendbar ist. Durch die hohe Vernetzung der Tablets und Smartphones durch immer schnellere Datenverbindungen wie zum Beispiel LTE ist es möglich, die Informationen in einer Cloud zu sammeln und dann wieder gezielt zu verteilen. Dafür ist AudaMobile ein hervorragendes Beispiel. Man kann dort eine komplette Schadenkalkulation mit allen Features, die benötigt werden, ganz einfach auf dem Tablet erstellen. Gleichzeitig sind diese Informationen auch in der Cloud vorhanden, von der ich sie jederzeit abrufen und an die entsprechenden Stellen verteilen kann. Ein anderes Anwendungsbeispiel für Apps sind Auswertungen. An jedem Ort der Welt ist mit dem Smartphone oder Tablet zu sehen: Was ist vermarktet worden? Wo liegen die aktuellen Preise? Oder wie ist der Wert eines Fahrzeugs?

Flottenmanagement: Was wird sich durch die neuerliche Vertiefung der Kooperation zwischen Audatex und AUTOonline für den Flottenkunden ändern? Sind neue Produkte im Bereich Wiedervermarktung oder Restwertgutachten geplant und welcher Nutzen entsteht dabei für den Kunden?

Florian F. Stumm: Ein Kernanliegen für 2014 ist, dass wir beide Namen in dieser Kooperation ausrollen möchten, um stärker gemeinschaftlich als Dienstleister wahrgenommen zu werden. Gemeinsam wollen wir vor allem auf die Zielgruppe „Flotte“ zugehen, weil wir hier ganz klar Mehrwerte generieren können. Dafür werden wir beide Unternehmen immer weiter verzahnen. Wenn wir das Thema Flotte betrachten, wollen wir uns gemeinsam breiter aufstellen. Das heißt, den Remarketingprozess weiter optimieren und uns in Richtung der Auslieferung des Fahrzeugs weiter entlanghangeln, sodass wir uns vom Remarketing anhand unserer SMR-Daten immer weiter in Richtung der Bestellung und der Betriebsphase (Nutzung) des Fahrzeugs aufstellen können. Wir haben das unter dem Topic der elektronischen Fahrzeugakte zusammengefasst. Nehmen wir beispielsweise den VALUEpilot. Fuhrparkbetreiber müssen im Kauffuhrpark, aber auch im Leasingbereich wissen, was ihre Flotte aktuell wert ist. Daher wollen wir den VALUEpilot dahingehend weiter optimieren, dass Kunden die Anwendung noch besser für Portfolioanalysen nutzen können. Zukünftig wird der Flottenbetreiber diese Portfolioanalysen für den Gesamtfuhrpark oder für einzelne Fahrzeuge abrufen können.

Flottenmanagement: Wo sehen Sie mittel- und langfristig Anknüpfungspunkte für eine weiterführende Zusammenarbeit?

Florian F. Stumm: Allgemein gesprochen ist die Digitalisierung des kompletten Fahrzeuglebenszyklus der Weg, den wir gemeinsam eingeschlagen haben. Die Vorteile dieser Digitalisierung in den Punkten Transparenz, Zeit- und Kostenersparnis sowie geringe Manipulationsmöglichkeiten liegen dabei auf der Hand. Darüber hinaus ist ein kurzbis mittelfristiger Punkt sicherlich die weitere Integration in die etablierten Fuhrparkmanagement- Systeme, sodass Fahrzeugdaten aus den Fuhrparks in unsere Portale reingespielt werden können und somit Flottenbetreiber per Mausklick die Fahrzeuge über unsere Lösungen vermarkten können. Zudem wollen wir das AudaNet als Kommunikationsplattform im Flottenbereich ausbauen. Bislang gibt es darin ein Know-how-Transfer zwischen Versicherer, Kfz-Sachverständigem und Abwickler. Das können wir uns auch für Leasinggesellschaften oder andere Fuhrparkbeteiligte vorstellen. Damit könnten wir über eine allumfassende IT-Plattform alle Prozesspartner vernetzen.

Ferdinand Moers: AUTOonline hat mit dem Thema Remarketing einen klaren Fokus, was auch so bleiben soll. Aber wenn wir mit Werkzeugen und Services von Audatex dazu beitragen können, dass wir eine höhere Transparenz bekommen, ob das jetzt Transportschäden sind oder ob das Thema Wartung und Reparatur ist – wo auch immer wir entlang der Wertschöpfungskette Zusatzinformationen liefern können, da liefern wir auf der einen Seite einen Nutzen für den Fuhrparkbetreiber, münden aber auf der anderen Seite in eine professionellere Darstellung bei der Wiedervermarktung.