PDF DOWNLOAD

Durch den harten Winter sind auf vielen Straßen Aufbrüche und Schlaglöcher entstanden, auf deren Gefahren für Verkehrsteilnehmer unter anderem der Automobilclub ADAC unlängst hingewiesen hat. Das Tauwetter im Frühjahr hat sein Übriges zum Entstehen zahlreicher Schlaglöcher beigetragen, weshalb so manche Straße Ähnlichkeit mit einem Schweizer Käse hat. Die Kommunen haben bekanntlich meist zu wenig Geld in den öffentlichen Kassen und kommen durch die angespannte Haushaltslage vielfach nicht umhin, zunächst „Flickschusterei“ zu betreiben. Aber selbst wenn man dem Motto „Augen auf und vorsichtig fahren“ folgt, lässt sich manchmal das „Mitnehmen“ eines Schlaglochs nicht vermeiden, denn beispielsweise nachts auf nasser Fahrbahn sind Schlaglöcher mitunter zwar nicht zu sehen, aber heftig zu spüren, wenn man hindurchfährt. Dann ist es aber schon zu spät: Beim Durchfahren von Schlaglöchern sind Reifenplatzer und eingedrückte Leichtmetallfelgen nur das geringste Übel. Doch wer kommt eigentlich für die hierdurch entstandenen Schäden auf? Alles eine Frage der Vollkaskoversicherung? Mitnichten …

Harte Fakten – was passiert eigentlich, wenn …
... Sie mit Ihrem Fahrzeug durch ein Schlagloch fahren? Es kommt ganz auf das Gewicht und die Bereifung Ihres Fahrzeuges, auf die Größe beziehungsweise Tiefe des Schlaglochs sowie auf die gefahrene Geschwindigkeit an.

Betroffen von Beschädigungen sind in erster Linie vor allem die Reifen und die Felgen. Bei den Felgen kann es sogar vorkommen, dass man von außen keine erhebliche oder nur scheinbar geringfügige Beschädigung wie leichte Kratzer wahrnehmen kann, während sich der im Innern der Felge verborgene „Totalschaden“ den Blicken entzieht, weil der – im Gegensatz zur harten Felge – relativ weiche Reifen nach Durchfahren des Schlagloches wieder an „Ort und Stelle“ gerutscht ist. Da beschädigte Reifen jederzeit ein besonderes Risiko für die gesamte Fahrsicherheit darstellen, ist immer dann besondere Vorsicht geboten, wenn man Bekanntschaft mit einem Schlagloch gemacht hat. Hörbar austretende Luft an den Reifen ist stets ein ganz eindeutiges Warnsignal. Aber auch das Luftdruckmesssystem des Bordcomputers kann leichtere Druckabfälle in den Reifen oder Unregelmäßigkeiten beim Reifendruck anzeigen. In diesen Fällen ist dringend eine sofortige Kontrolle geboten.

Neben Reifen und Felgen können aber auch weitere Teile wie die Stoßdämpfer oder die Lenkung – wie Federbeine, Spurstangen und Querlenker – durch Schlaglöcher erheblich in Mitleidenschaft gezogen werden. Polternde Geräusche an der Vorderachse können auf beschädigte Koppelstangen oder ausgeschlagene Lager an den Lenkern hinweisen. Ein schief stehendes Lenkrad ist ebenso ein deutlicher Warnhinweis, aber auch ein beim Geradeausfahren zur Seite ziehendes Fahrzeug kann zumindest auf eine verstellte Spur hindeuten. Auch hier gilt es, rechtzeitige Kontrollen der Lenkung vorzunehmen und Probleme abzustellen.

Wer haftet für Schlaglöcher?
Es fragt sich nur, wer für den hier entstandenen Schaden aufkommen muss. Dies ist regelmäßig der Träger der Straßenbaulast, den meist weitreichende Kontrollpflichten in Bezug auf den verkehrssicheren Zustand der Straßen treffen. Aber wer verbirgt sich konkret hinter diesem Begriff? Die Betrachtung wird einfacher, wenn man sich vergegenwärtigt, dass stets der Eigentümer einer Immobilie für von deren Zustand ausgehende Gefahren verkehrssicherungspflichtig ist: Das gilt natürlich auch oder gerade auch im öffentlichen Verkehrsraum.

Als Straßenbaulast bezeichnet man im Verkehrsverwaltungsrecht sämtliche mit dem Bau, der Unterhaltung und dem Betrieb von Straßen und Wegen zusammenhängenden Aufgaben und Pflichten. Deswegen kommt es stets darauf an, um was für eine Art von Straße es sich handelt. Je nach Art und Rang der Straße obliegt die Straßenbaulast dem Bund (für Bundesautobahnen, Bundesfernstraßen und Bundesstraßen, vgl. § 5 Bundesfernstraßengesetz), den Bundesländern (für Landes- bzw. Staatsstraßen), aber auch die Landkreise (für die Kreisstraßen), die Kommunen beziehungsweise Gemeinden für die übrigen öffentlichen Straßen und – bei Kommunen mit mehr als 80.000 Einwohnern – auch für Ortsdurchfahrten von Bundesfernstraßen. Doch Vorsicht Falle: Die Verwaltung der Bundesfernstraßen ist gemäß Art. 90 Abs. 2 Grundgesetz (GG) zwar den Ländern übertragen, der Bund bleibt hierfür jedoch weiterhin der Träger der Straßenbaulast. Und last, but not least kommen auch Privatpersonen als Haftende in Betracht – nämlich bei Privatstraßen.

Festzuhalten ist, dass die Straßenbaulast jedenfalls nicht automatisch zugleich auch eine Haftungsgrundlage für Schlaglöcher darstellt, sondern vielmehr erst einmal klarstellt, wer überhaupt als Verantwortlicher in die Haftung genommen werden kann.

Welche Haftungsgrundlage greift denn beim Schlaglochschaden?
Alle vorgenannten Träger der Straßenbaulast haben unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflicht gewisse Kontrollpflichten in Bezug auf den Straßenzustand. Kommt der Straßenbaulastträger seiner Verkehrssicherungspflicht nicht nach oder vernachlässigt er diese und kommt hierdurch jemand zu Schaden, kann dies eine sogenannte schuldhafte Verkehrssicherungspflichtverletzung darstellen, für die nach §§ 823, 831 BGB beziehungsweise im Rahmen der Amtshaftung nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG Schadenersatz gefordert werden kann.

Für die Haftung kommt es sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach immer auf die Umstände des Einzelfalls an. Hier wird man meist rechtskundigen Rat durch einen Rechtsanwalt einholen müssen. Das gilt umso mehr für die Schadenersatzhaftung im Rahmen der Amtshaftung, wenn die jeweilige Anstellungskörperschaft wegen des Fehlverhaltens ihrer Bediensteten in Anspruch genommen werden soll. Hierfür ist der Zivilrechtsweg zu beschreiten; zuständig sind hier in der ersten Instanz die Landgerichte (vgl. § 40 Abs. 2 VwGO, § 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG), vor denen man sich durch einen Anwalt vertreten lassen muss (vgl. § 78 Abs. 1 ZPO).

Schlaglochschäden im Spiegel der Rechtsprechung
Die Haftung für Schlaglöcher wird auch unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflichtverletzung in der Rechtsprechung nicht immer ganz einheitlich beurteilt. Einheitlich ist indessen immer nur der Ansatzpunkt für eine Haftung, nämlich diefrage nach dem Umfang der jeweiligen Verkehrssicherungspflicht und deren Verletzung sowie ein in Frage kommendes Mitverschulden des verunfallten Autofahrers.

Als Grundsatz lässt sich zur Verkehrssicherungspflicht des Straßenbaulastträgers bei einem Kfz- Unfall im Winter durch ein tiefes Schlagloch auf einer Bundesautobahn zunächst festhalten – so das OLG Koblenz (Urteil vom 03.03.2008, Az. 12 U 1255/07) – dass ein Verkehrsteilnehmer bei Straßen mit hoher Verkehrsbedeutung auch unter Berücksichtigung der angespannten Finanzlage der öffentlichen Haushalte und des Umstands, dass ebene Fahrbahnen nicht überall zu erwarten sind und insbesondere im Winter mit Frostaufbrüchen zu rechnen ist, darauf vertrauen dürfen, dass jedenfalls keine ganz beträchtlichen Vertiefungen entstehen und Asphaltabplatzungen in erheblichem Umfange auftreten, die geeignet sind, eine Vielzahl von Fahrzeugen erheblich zu beschädigen.

Zwar tendiert die Rechtsprechung dazu, jedenfalls dann eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht anzunehmen, wenn es sich bei der Gefahrenquelle um tiefe Schlaglöcher handelt. Bei solchen Schlaglöchern kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, mit solchen Unebenheiten in der Fahrbahn müsse ein Autofahrer rechnen und sich auf diese einstellen. Das gilt insbesondere bei entsprechenden Fahrbahnschäden auf einer Autobahn.

Im Fall des OLG Koblenz ging es zwar nicht um ein sicher bereits vor dem Unfall vorhandenes Schlagloch dieser Tiefe, sondern ein solches, dass sich zur Unfallzeit wegen Frostaufbrüchen und Abplatzungen großer Asphaltstücke gerade erst gebildet hatte.

Mit dem wiederholten allgemeinen Hinweis auf „Straßenschäden auf 5 km Länge“ hatte das beklagte Land seiner Verkehrssicherungspflicht deshalb nicht ausreichend Genüge getan. Zwar machen solche Verkehrszeichen den Kraftfahrer darauf aufmerksam, dass er wegen Unebenheiten in der Fahrbahn langsamer fahren und besonders aufmerksam sein muss. Keinesfalls kann sich der Verkehrssicherungspflichtige indessen bei erheblichen Schäden an der Fahrbahn mit der Gefahr größerer Frostaufbrüche und der Abplatzung großer Asphaltstücke seiner Verantwortung schlicht durch allgemeine Warnschilder entziehen. Jedenfalls eine ordnungsgemäße Befahrbarkeit der Straße muss gewährleistet sein. Das war hier nicht der Fall.

Auch wenn das beklagte Land die Autobahn durch die Mitarbeiter seines Landesbetriebes Straßen und Verkehr alle zwei Tage kontrolliert und aufgetretene Schlaglöcher beseitigt hatte, wurde es dadurch unter den gegebenen Umständen nicht von seiner Haftung frei, weil die provisorische Ausbesserung der konkreten Schadstelle derart oberflächlich vorgenommen worden war oder als ältere provisorische Reparatur wiederum so schadhaft war, dass die Abplatzung und Entstehung des 20 Zentimeter tiefen Schlaglochs dadurch nicht verhindert wurde.

Ganz ähnlich hat das Landgericht Halle (Saale) durch Urteil vom 28.06.2012 (Az. 4 O 774/11) über die Verkehrssicherungspflicht des Straßenbaulastträgers bei einem Fahrzeugschaden durch ein großes Schlagloch auf einer Bundesautobahn entschieden: Auf einer Autobahn mit ihrer hohen Verkehrsbedeutung sowie den dort zweckbedingt hohen gefahrenen Geschwindigkeiten trifft den Straßenbaulastträger ein gesteigertes Maß, Gefahren für Dritte durch die Straßennutzung zu vermeiden oder zumindest vor diesen Gefahren deutlich zu warnen.

Große Schlaglöcher auf der Autobahn mit ihren hohen gefahrenen Geschwindigkeiten sind für den Fahrzeugverkehr und die beteiligten Menschen sehr gefährlich. Auch von den aus den Schadenstellen ausbrechenden Straßenteilen gehen große Gefahren aus, da sie Fahrzeuge aus der Spur bringen oder gar in die Windschutzscheiben tödlich hochgeschleudert werden können. Dennoch hatte der beklagte Träger der Straßenbaulast nur begrenzt Sicherungsmaßnahmen vorgenommen, die gegenüber den großen und naheliegenden Gefahren nicht als ausreichend anzusehen waren. So beschränkte man sich auf die für normale Autobahnen übliche einmal tägliche Routinekontrolle auch auf den von den von Betonfraß betroffenen Flächen, obwohl dort ein wesentlich höheres Risiko von Straßenschäden bestand. Auch ließ der Träger der Straßenbaulast die Schlaglochvorstufen wie Risse und kleine Schlaglöcher, die sich bereits gebildet haben, bis zur doppelten Faustgröße unbeachtet und schritt erst dann ein, wenn sich ein großes Schlagloch endgültig gebildet und dies im Rahmen der regelmäßigen Straßenkontrolle als vorhanden festgestellt wurde.

Auch die an der Stelle des Schlaglochs vorhandene Geschwindigkeitsbeschränkung auf 120 km/h auf der Autobahn war angesichts der vorherzusehenden Schlaglöcher zu beanstanden. Denn die Höchstgeschwindigkeit war damit fast in Höhe der Richtgeschwindigkeit festgesetzt und suggerierte den Autofahrern, dass keine besonderen Gefahren vorlagen, obwohl auf der folgenden Strecke sicher mit dem Vorhandensein großer Schlaglöcher zu rechnen war, die geeignet waren, den Autobahnverkehr schwer zu gefährden.

Eine adäquate Warnung der Autofahrer wäre dem Träger der Straßenbaulast auch ohne großen Aufwand möglich gewesen, beispielsweise durch Aufstellen von Schildern in regelmäßigen Abständen, auf denen vor Schlaglöchern mit der besonderen Information „Betonfraß“ sowie der Länge des betroffenen Straßenabschnitts gewarnt wird. Dies wäre ganz sicher auch geeignet gewesen, die Aufmerksamkeit der Autofahrer für diese besondere, ihnen sonst nicht erkennbare Gefahr der Straße zu schärfen und sie zu veranlassen, entsprechend vorsichtiger zu fahren. Erst hierdurch werden die Autofahrer gewarnt, dass Gefahren von der Straße selbst ausgehen. Die vorliegenden Versäumnisse des Straßenbaulastträgers im Vorfeld der Unfallsituation erschöpften sich keineswegs in der Häufigkeit der Straßenkontrollen.

Demgegenüber musste sich der Autofahrer, der in das Schlagloch geraten und verunfallt war, kein Mitverschulden anrechnen lassen. Zwar musste er dem Sichtfahrtgebot des § 3 StVO genügen und sich mit seiner Geschwindigkeit darauf einrichten, auf ein Hindernis angemessen reagieren zu können. Dies gilt auch bei Dunkelheit, die die Geschwindigkeit durch den im Scheinwerferlicht sichtbaren Straßenbereich begrenzt. Allerdings sind Schlaglöcher von bereits reparierten Straßenschäden bei Dunkelheit kaum zu unterscheiden und erscheinen auf der Betonoberfläche als kleine dunkle Flächen. Das Durchfahren eines Schlaglochs impliziert zumindest bei Dunkelheit auf der Autobahn keinen Verstoß gegen das Sichtfahrtgebot. Eine grundsätzlich zu hohe Fahrgeschwindigkeit des Autofahrers müsste demgegenüber vom Straßenbaulastträger nachgewiesen werden. Diese ist bei 80 km/h nicht gegeben, da bei dieser Geschwindigkeit auf grader Strecke innerhalb der Scheinwerferreichweite ein Bremsen und Ausweichen vor einem Hindernis möglich ist.

Vor diesem Hintergrund nahm das LG Halle (Saale) beim Straßenbaulastträger so wesentliche Pflichtverletzungen, dass ein Mitverschulden des verunfallten Autofahrers sowie die Betriebsgefahr seines Fahrzeuges dahinter völlig zurücktraten.

Es sprach daher dem Autofahrer Schadenersatz in Höhe von 744,61 € wegen der Beschädigung seines Fahrzeuges durch das Schlagloch gemäß § 839 BGB zu, weil der Straßenbaulastträger seine Verkehrssicherungspflicht für die Bundesautobahn verletzt hatte, die ihm als Amtspflicht oblag.

Auch nach einer Entscheidung des LG München I (Urteil vom 10.2.2000, Az. 19 O 17897/99) muss ein Straßenverkehrssicherungspflichtiger die Straße laufend überwachen, um sichtbare Veränderungen oder Mängel feststellen zu können. Die gebotene Häufigkeit der Kontrolle bestimmt sich nach der Verkehrsbedeutung der Straße. Wenn in einem Straßenabschnitt mit sehr hohem Verkehrsaufkommen (hier: Mittlerer Ring in München) Aufbrüche an einer (späteren) Unfallstelle beziehungsweise in dem weiteren Bereich derselben häufig festgestellt werden, ist eine Kontrolle nicht nur alle sieben Tage, sondern wesentlich häufiger durchzuführen. Auf weniger befahrenen und verkehrsunwichtigen Straßen reicht gegebenenfalls eine einmalige Sichtkontrolle (vgl. dazu OLG Koblenz, Urteil vom 1.4.1996, Az. 12 U 789/95) pro Woche oder alle paar Wochen aus, je nach der Verkehrsbedeutung der Straße im Einzelfall.

Über einen Fall der Übertragung der Verkehrssicherungspflichten auf ein Straßenbauunternehmen hatte das LG Wiesbaden durch Urteil vom 18.12.2009 (Az. 2 O 284/08) zu entscheiden. Dem lag der Fall zugrunde, dass ein Autofahrer mit seinem Fahrzeug bei Dunkelheit und Regen in ein rund 25 Zentimeter tiefes, mit Regenwasser gefülltes Schlagloch geriet, das sich im Bereich einer Straßenquerung befand, die zuvor mit Kaltasphalt verfüllt worden war. In diesem Falle – so das LG Wiesbaden – haften weder die Gemeinde als Trägerin der Straßenbaulast, noch ihre Stadtwerke, wenn sie die ihnen obliegenden Verkehrssicherungspflichten für den Baustellenbereich auf ein Straßenbauunternehmen wirksam übertragen haben und den nach Übertragung verbleibenden Kontrollpflichten ausreichend nachgekommen sind.

So ist eine Übertragung der Verkehrssicherungspflichten auf ein Straßenbauunternehmen beziehungsweise die Zuweisung der Verkehrssicherungspflichten an dessen Bauleiter grundsätzlich zulässig. Es bedarf aber einer klaren Absprache, die die Sicherung der Gefahrenquelle zuverlässig garantiert. Der Straßenbaulastträger ist aber durch eine solche Pflichtendelegation auch nicht völlig „aus dem Schneider“, denn die Verkehrssicherungspflicht des Übertragenden wandelt sich in eine Kontroll- und Überwachungspflicht um, deren Umfang sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet. Vorliegend hielt es das Gericht aber nicht für erforderlich, dass eine tägliche Kontrolle der bereits abgeschlossenen Straßenquerung erforderlich war. Nach Abschluss der Bauarbeiten an der Unfallstelle konnte die Gemeinde grundsätzlich darauf vertrauen, dass sich keine bisher unbekannten Gefahrenquellen entwickeln.

Anders kann der Fall liegen, wenn ein Verkehrsteilnehmer wegen einer Fahrt durch ein Schlagloch am Fahrbahnrand verunfallt. Dieser Unfall sei keine Folge einer Verkehrssicherungspflichtverletzung des Straßenbaulastträgers – so das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (Urteil vom 30.06.2011, Az. 7 U 6/11) – wenn es sich bei der Straße um eine untergeordnete Nebenstraße (hier: ländliche ca. 4 m breite Straße ohne Fahrbahnmarkierung) handelt, die erkennbare Unregelmäßigkeiten durch wechselnde Straßenbeläge und großflächige Flickstellen im Teer aufweist, infolge derer sich der Motorrollerfahrer entsprechend auf die Fahrbahnverhältnisse hätte einstellen können.

Auf dieser Linie liegt auch ein Urteil des OLG Oldenburg vom 29.04.2011 (Az. 6 U 17/11), bei dem es ebenfalls um die Verkehrssicherungspflicht des Straßenbaulastträgers und seine Haftung für Schlaglöcher nach einer langen Frostperiode ging. Das Gericht urteilte, dass der Benutzer von Straßen in ländlichen Bereichen, die oftmals auch von landwirtschaftlichen Fahrzeugen und schweren Landmaschinen benutzt werden, stets mit Unregelmäßigkeiten der Straßenoberfläche und schadhaften Stellen der Straße rechnen müsse. Das gelte insbesondere in den Wintermonaten, weil allgemein bekannt ist, dass durch Frost Schäden an der Fahrbahn hervorgerufen werden.

Die Sperrung einer Straße wegen Fahrbahnschäden sei nur veranlasst, wenn sie sich in einem außergewöhnlich desolaten Zustand befindet. Zudem könne eine Gemeinde nach einer langen Frostperiode (hier: des Winters 2009/2010) nicht sämtliche betroffenen Straßen sperren, sondern muss den Bürgern des Gemeindegebietes eine Zuwegung ermöglichen und insoweit eine Auswahl bei Sperrungen auf der Basis der potenziellen Schadenträchtigkeit treffen. Befindet sich die Straße sichtlich in einem schlechten Zustand und sind bei gehöriger Aufmerksamkeit sogar hochgestellte Pflastersteine ohne Weiteres erkennbar, ist eine Geschwindigkeit von etwa 30 km/h zu hoch. In einem solchen Fall trifft den Fahrer des geschädigten Fahrzeuges ein derart erhebliches Mitverschulden, dass eine etwaige Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vollständig dahinter zurücktritt.

Was muss wann vom Straßenbaulastträger veranlasst werden?
Der Straßenbaulastträger muss im Falle eines Schlaglochs praktisch umgehend tätig werden, wenn bei einer Kontrolle eine gefahrenträchtige Beschädigung des Fahrbahnbelags festgestellt wird. Je nach Einzelfall kann aber zuerst ein Warnhinweis durch eine entsprechende Beschilderung mit Warntafel und einer Geschwindigkeitsbegrenzung ausreichend sein. Mitunter ist es zur Gefahrenabwehr auch geboten, ein Schlagloch unverzüglich zunächst provisorisch zu verfüllen (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 9.7.2001, Az. 12 U 90/00), sofern die Gefahrenstelle mit zumutbaren Mitteln behoben werden kann. Alleine die Beschilderung „schlechte Wegstrecke“ und eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h sind aber bei einem bekanntermaßen schlechten Gesamtzustand einer stark befahrenen Durchgangsstraße nicht mehr ausreichend und erfordern eine regelmäßige Kontrolle (vgl. OLG Celle, Urteil vom 8.2.2007, Az. 8 U 199/06).

Mitverschuldenseinwand – unangepasste Fahrweise?
Das Mitverschulden des verunfallten Autofahrers kann dazu führen, dass die Schadenersatzhaftung des Verkehrssicherungspflichtigen gekürzt (gequotelt) wird oder sogar ganz entfällt. Da grundsätzlich vorausschauend zu fahren ist und auch nur so schnell, dass das Fahrzeug bei Gefahr innerhalb der überschaubaren Strecke abgebremst zum Stillstand gebracht werden kann, gilt generell, dass bei gut erkennbaren Schlaglöchern eine Haftung des Straßenbaulastträgers ausscheidet (vgl. LG Meiningen, Urteil vom 28.6.2000, Az. 3 O 266/00).

Ferner darf ein Autofahrer auch nicht im Allgemeinen davon ausgehen, dass der Fahrbahnbelag immer völlig in Ordnung und schadenfrei, mithin die Benutzung absolut ungefährlich ist. Insbesondere bei Straßen mit untergeordneter Verkehrsbedeutung muss stets mit Schäden gerechnet und die Geschwindigkeit entsprechend angepasst werden (LG Coburg, Urteil vom 16.8.2001, Az. 12 O 414/01). Demgegenüber darf ein Autofahrer auf Straßen mit hoher Verkehrsbedeutung (zum Beispiel auf Bundesautobahnen) erwarten, dass keine gefährlichen Vertiefungen vorhanden sind, die geeignet sind, Fahrzeuge zu beschädigen (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 3.3.2008, Az. 12 U 1255/07).

Die Rechtsprechung nimmt teilweise eine überwiegende beziehungsweise alleinige Haftung des Autofahrers an, wenn Schlaglöcher mit Wasser gefüllt sind und daher „nur als Pfütze“ wahrgenommen werden. Hier steht meist die Eigenverantwortlichkeit des Kraftfahrers im Vordergrund. Auf dieser Linie liegt das LG Köln (Urteil vom 7.8.2007, Az. 5 O 126/07), das vom Autofahrer verlangt, dieser müsse eine Pfütze auf der Fahrbahn, deren Tiefe er nicht klar erkennen könne und die sich zudem teils neben der Fahrbahn fortsetze eben vorsorglich umfahren. Handelt es sich bei einem mit Wasser gefüllten Schlagloch nach den konkreten örtlichen Verhältnissen offensichtlich nicht lediglich um eine kleine „Pfütze“ und lässt der Führer eines Pkw beim Durchfahren dieses Schlaglochs die im Verkehr erforderliche Sorgfalt erheblich außer Acht, trifft ihn ein derartig hohes Mitverschulden, dass die Haftung der zuständigen Behörde dahinter vollständig zurücktritt.

Was tun, wenn der Schaden passiert ist?
Grundsätzlich ist zu empfehlen, dass der „Schlaglochgeschädigte“ zeitnah alle Beweismittel sichert, die er benötigt, um später seine Ansprüche beweisen zu können, sofern dies ohne Eigen- und Fremdgefährdung möglich ist. Wer ein Smartphone mit eingebauter Kamera zur Hand hat, sollte aussagekräftige Fotos vom Schlagloch machen, mit denen sich dessen Position und Größe/Tiefe auf der Fahrbahn dokumentieren lassen. Natürlich sollten auch die sichtbaren Schäden am Fahrzeug dokumentiert und gegebenenfalls ein Kostenvorschlag einer Werkstatt eingeholt werden, der bei Überschreiten der Bagatellgrenzen (circa 700 €) notfalls durch ein Sachverständigengutachten zu untermauern ist. Für die Haftungslage sind auch die weiteren Rahmenbedingungen für den betroffenen Straßenabschnitt wie die zulässige Höchstgeschwindigkeit relevant; hier sollte man Fotos von der Verkehrsbeschilderung vor Ort machen. Und wie bei jedem Unfall gilt auch: Namen, Anschriften und Telefonnummern von Augenzeugen notieren. In vielen Fällen bedarf es nicht unbedingt der Hinzuziehung der Polizei. Aber eine Information der eigenen Kfz-Versicherung ist im Rahmen der Obliegenheiten durchaus angezeigt.

In den Fällen, in denen der Träger der Straßenbaulast nicht mit Erfolg wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten zur Verantwortung gezogen werden kann, hilft letztlich noch der Rückgriff auf die eigene Vollkaskoversicherung. Diese zahlt die Reparatur auch dann, wenn man aus Eigenverschulden mit seinem Fahrzeug in ein Schlagloch gefahren ist oder ein überwiegendes Mitverschulden an Schaden vorliegt, hinter welchem die Verkehrssicherungspflichtverletzung des Straßenbaulastträgers zurücktritt. In diesen Fällen kann die Vollkaskoversicherung den Schaden übernehmen, der durch ein Schlagloch am Auto entstanden ist.

 

Autor

Rechtsanwalt Lutz D. Fischer aus Lohmar berät und vertritt mittelständische Unternehmen, Unternehmerpersönlichkeiten sowie Privatpersonen im Wirtschafts-, Zivil-, Arbeits- und Verkehrsrecht und ist bundesweit als juristischer Dienstleister tätig. Ein besonderer Kompetenzbereich liegt im Bereich des Dienstwagen- und Fuhrparkrechts. Rechtsanwalt Fischer ist Mitglied der ARGE (Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein) und Autor zahlreicher Publikationen zum Dienstwagenund Verkehrsrecht, unter anderem in der Fachzeitschrift „Flottenmanagement“, „Der Kfz-Sachverständige“ und „autorechtaktuell.de“. Als freiberuflicher Dozent ist er für das Goethe-Institut in Bonn tätig und hält bundesweit Seminare zu „Dienstwagenüberlassung und Arbeitsrecht“ sowie zum „Professionellen Schadensmanagement im Fuhrpark“ für das Weiterbildungsinstitut CompendiumPlus aus Osnabrück.

 

Rechtsprechung

Forderungseinzug durch Mietwagenunternehmen – Notsituation bei Unfallersatztarif

Liegen keine Umstände vor, aus denen ohne Weiteres ersichtlich ist, dass es sich um einen Unfall handelt, bei dem die Einziehung einer abgetretenen Schadenersatzforderung durch ein Mietwagenunternehmen nicht erlaubt ist, ist die Abtretung nicht deshalb wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz unwirksam, weil noch nicht feststeht, wie sich der Unfallgegner beziehungsweise dessen Haftpflichtversicherer einlässt. Zu allgemeinen unfallspezifischen Kostenfaktoren, die den Ersatz eines höheren Mietpreises rechtfertigen können (hier: Eil- und Notsituation, Vorfinanzierung, Winterreifen), sowie zum Abzug für Eigenersparnis:
Nach der Rechtsprechung des erkennenden BGHSenats kann sich die Erforderlichkeit eines Unfallersatztarifs zwar daraus ergeben, dass es dem Geschädigten aufgrund einer besonderen Eilbedürftigkeit in der konkreten Anmietsituation nicht zuzumuten war, sich vor Anmietung nach günstigeren Tarifen zu erkundigen. Eine solche Eil- oder Notsituation kann bei Anmietung einen Tag nach dem Unfall aber grundsätzlich nicht angenommen werden. Eine besondere Eilbedürftigkeit kann sogar bei einer Anmietung noch am Unfalltag fehlen. Auf dieser Grundlage erweist sich die Annahme einer Eil- oder Notsituation einen Tag nach dem Unfall ohne Hinzutreten weiterer, ausnahmsweise auch nach Ablauf dieses Zeitraums eine besondere Eilbedürftigkeit begründender Umstände, für die nichts festgestellt ist als rechtsfehlerhaft. Bereits das Landgericht hatte darauf hingewiesen, dass die Klägerin nichts dazu vorgetragen habe, dass sich die konkrete Anmietsituation für die Geschädigten als Notsituation dargestellt habe.

BGH, Urteil vom 05.03.2013, Az. VI ZR 245/11