Schwarzes Gold ...

„Schwaaarzes Gooold, Miiiliiooooneen Jaaahre aaaalt!!!“ ... ja, liebe Schlagerfans, lang ist’s her, genauer im Oktober 1979, als Peter Alexander diese Zeilen in der Hitparade im „Zett Deh Eff!“ trällerte. Gemeint waren hier natürlich die Kohle und die Kohleförderung, das Lied quasi eine Hommage an den Kohlenpott. Ja, da geht das Schlagerherz mal so richtig auf. Stammleser wissen, dass Schlager zwar nicht so ganz mein Ding sind, aber die Überleitung ist einfach klasse. Schwarzes Gold – dahinter vermuten viele natürlich auch Öl. Es gibt aber noch ein Produkt, welches aus meiner Sicht diese Bezeichnung in mehrfacher Hinsicht verdient: der gute alte Autoreifen!

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Warum? Nun, Reifen sind schon allein von ihrer Bedeutung her sehr wertvoll. Wer denkt schon daran, was so ein Reifen alles leisten muss? In Zeiten von allen möglichen Assistenzsystemen, die in erster Linie der Sicherheit dienen sollen, vergisst man, wie sicherheitsrelevant ein Reifen ist. Das direkte Bindeglied zwischen Antrieb und Straße, welches erst für den Vortrieb sorgt. Wer mal mit einem ausgeprägten Plattfuß nur auf der Felge weiterfahren wollte, kann das sicher bestätigen: Ohne Reifen kein echter Vortrieb. Reifen müssen allen Witterungsverhältnissen trotzen: Regen, Hitze, Kälte, Nässe, Trockenheit – das darf die Funktion nicht beeinträchtigen. Ob auf Asphalt, Schotter, Splitt, Sand, Schnee oder Eis: Immer muss Grip und in Kurven auch genügend Seitenführung vorhanden sein – übrigens auch bei den unterschiedlichsten Geschwindigkeiten.

Aber nicht nur der Vortrieb ist wichtig. Die beste Bremsanlage am Auto bringt nichts, wenn der Reifen die Bremsleistung nicht adäquat überträgt und man mangels geeignetem Profil dann doch in die Botanik schlittert. Kleiner Gruß an die Allradfahrer: Der Vorteil beim Allrad findet sich ausschließlich bei der Beschleunigung, was man gerade im Winter oder auf losem Untergrund merkt. Besser bremst man mit Allrad hingegen nicht, zumal eigentlich JEDES Auto über alle vier Räder bremst. Schlimmer noch: Die größeren Schleppmomente beim Allrad verzögern bisweilen die Bremswirkung (das gefühlte „Schieben“) und ändern das Verhalten bei der Spurtreue. Im Regelfall schieben Fronttriebler über die Vorderräder („Untersteuern“), Hecktriebler brechen – mittlerweile dank ESP – kontrolliert mit dem Heck aus („Übersteuern“). Allradler gehen gerne über „alle Viere“ aus der Spur, was ziemlich gewöhnungsbedürftig ist ... auch für geübte Fahrer.

Aber zurück zum Reifen. Ja, und federn soll er auch. Noch bevor die Stoßdämpfer ihre Arbeit aufnehmen, hat der Reifen hier schon einen Teil der Unebenheit aufgenommen und geschluckt. Glauben Sie nicht? Naja, spätestens beim Wechsel von den großen Sommerrädern mit Niederquerschnittsreifen auf Wintersocken mit größerem Querschnitt fällt auch dem laienhaftesten Autofahrer auf, dass der Wagen irgendwie etwas weicher abrollt. Dass der Reifen bei alledem auch Bordsteinrempler nicht sofort mit Luftverlust quittieren und eben stets den richtigen Luftdruck haben soll, sei hier nur nebenbei erwähnt. Ach ja: Wann haben Sie zuletzt den Luftdruck geprüft, oder verlassen Sie sich ausschließlich auf die Reifendrucksensoren? Die schlagen bisweilen nämlich unbegründet Alarm.

Auch wenn der Vergleich im ersten Moment etwas seltsam klingen mag: Reifen sind ein bisschen wie Pornodarsteller. Sie müssen immer bereit sein. Das soll keinesfalls despektierlich wirken, weil in beiden Fällen die Anforderungen wirklich enorm sind. Hohe Anforderungen werden aber auch an die Entwickler gestellt ... also die Reifenentwickler. Autos sind im Laufe der letzten Jahrzehnte immer komplexer, immer leistungsfähiger, immer schneller, aber auch immer schwerer geworden. Dadurch müssen Reifen immer höhere Gewichte tragen und trotz zunehmender Breite auch noch positiv die Sparsamkeit des Automobils beeinflussen. Hier werden immer wieder neue Gummimischungen und neue Profilarten entwickelt und getestet, wobei einmal mehr die eingangs erwähnten Aufgaben bleiben. Würde man nun zu sehr in Richtung Individualisierung gehen, wäre das Reifenangebot sicher noch erheblich größer, als dies heute ohnehin schon der Fall ist. Entsprechend können Reifen immer nur einen Kompromiss darstellen, was übrigens ein Grund dafür ist, warum sich die Testergebnisse unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Reifenbreiten voneinander unterscheiden.

Beim Thema Winterreifen, die in aller Regel noch einmal teurer als Sommerreifen sind, empfiehlt sich ein genauer Blick auf das eigene Fahr- und Streckenprofil. Bin ich eher als „Flachland-Tiroler“ unterwegs und nur sehr selten in den Höhenlagen auf Achse, kann hier ein guter Ganzjahresreifen die wirtschaftlich sinnvollere Variante sein. Führen mich als Vertriebler meine Dienstfahrten hingegen häufiger über Höhenlagen, sollte es dann schon ein guter Winterreifen sein. Auch hier sollte man übrigens wissen: Je höher der Geschwindigkeitsindex, desto größer der Kompromiss ... und sind wir mal ehrlich: Wann kann man im Winter mit 240 km/h sicher unterwegs sein, ganz zu schweigen von der Kraftstoffverschwendung und den unnötig überhöhten Kraftstoffkosten, mit denen man seinen Arbeitgeber dabei konfrontiert

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Erwähnt werden sollte auch der Irrglaube über die O-bis-O-Regel, also Winterreifen von Oktober bis Ostern. Ein guter Freund von mir ist Geschäftsführer eines Reifenhandels und denkt als Profi dabei an die von mir schon oft erwähnte Gefahr des Genickbruchs durch Kopfschütteln, wenn Autofahrer ausschließlich nach dieser Formel die Reifen wechseln lassen. Erstens kommt es darauf an, wann tatsächlich Ostern ist. Wer beispielsweise Mitte März auf Sommerreifen umschwenkt und dabei übersieht, dass es morgens und abends durchaus noch zu Frostereignissen kommt oder dass ihn eine Dienstreise dann doch über den Schwarzwald führt, der handelt grob fahrlässig und wird im Schadenfall von seinem Fuhrparkverantwortlichen nicht unbedingt mit Freude und Lob überschüttet, zumal die Versicherung hier jegliche Regulierung verweigern darf. Oft genug hat mein Freund Fälle, in denen auch schon einmal im Februar auf Sommerreifen gewechselt wurde, weil es an drei Tagen hintereinander ziemlich mild war. Der unnötige Schwenk zurück auf Wintersocken war vorprogrammiert ... und verursachte beim Arbeitgeber des Dienstwagennutzers unnötige Mehrkosten.

Womit wir beim Thema sind: Reifen haben sich allein zwischen 2020 und 2023 im Schnitt um 65 Prozent verteuert, wobei hier die üblichen Verdächtigen die Auslöser waren und noch immer sind: Rohstoffpreise, Energie, Transport, aber auch neue Gesetzgebungen (Einführung des „Alpine-Symbols“). Ein Ende ist hier leider nicht in Sicht. Was tun? Hier weise ich sehr gern auf die individuellen Möglichkeiten bei jeder Reifenwahl hin. Vergleichstests zeigen ziemlich eindrucksvoll, dass der vermeintliche Testsieger nicht automatisch der beste Reifen für jeden ist. Im Gegenteil: Oftmals kann man hier auf Markenprodukte zurückgreifen, die in den für den Fahrer gewünschten Disziplinen besser sein können. Vergleichen Sie einfach mal die einzelnen Testkriterien miteinander und wählen Sie dann mit Hilfe der für Sie wichtigen Eigenschaften den für Sie passenden Reifen. Es kostet nicht viel Zeit, weil die Angaben der Reifenlabel schnell und übersichtlich helfen!

Wir lernen also gleich mehrere Dinge: Reifen sind enorm wichtig, sicherheitsrelevant, pornös und somit wie das eingangs erwähnte Schwarze Gold zwischenzeitlich auch in mehrfacher Hinsicht wertvoll ... und nein, Peter Alexander hat mit seinem Lied ganz sicher nicht den Reifen besungen ... wäre ja auch irgendwie schon schräg, zumal es dann sicher auch Schlager über Achsmannschetten oder Spurstangen geben würde. Ich bin mir aber sicher, dass Autonarren auch hier – und wenn auch nur aus Jux und bei geeigneter Stimmung – sicher aus vollem Halse mitsingen würden: Vielleicht „Meeeinee netteee Achsmannschetteeee“ oder so ähnlich.

 

AUTOR

PETER INSAM ist seit rund 30 Jahren im Einkauf für Betriebsmittel und Investitionsgüter unterwegs, von denen er seit mehr als 25 Jahren die Geschicke verschiedener nationaler und internationaler Fuhrparks in Unternehmen aus verschiedenen Branchen gelenkt hat. Darüber hinaus sammelte er zahlreiche Erfahrungen im Rahmen von Auslandsaufenthalten in Frankreich und Australien. Seit Ende 2014 ist Peter Insam zudem Mitglied des Redaktionsbeirates von Flottenmanagement und gibt regelmäßig in der Rubrik „Meine Meinung“ tiefe Einblicke in die Arbeit eines Fuhrparkverantwortlichen und das Leben eines Autoenthusiasten.

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