Ziel: Innovativster Mobilitätsanbieter im Flottenbereich
Interview mit Wolfgang Schulz, Leitung Vertrieb an Flottenkunden Markt Deutschland bei der BMW Group

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Flottenmanagement: Herr Schulz, zuletzt hatten wir vor gut zwei Jahren in München die Gelegenheit, mit Ihnen im Rahmen eines Schwerpunkt-Interviews zu sprechen. Wie hat sich der Bereich Vertrieb an Flotten- und Gewerbekunden seitdem entwickelt
Wolfgang Schulz: Ich möchte die Entwicklungen in zwei Bereichen näher betrachten: kleine Flotten (Fuhrparks mit 5 bis 49 Fahrzeugen) und Großkunden (über 50 Fahrzeuge). In beiden Segmenten ist die BMW Group Marktführer im Premium-Segment. Seit 2024 sind wir erstmals bei kleinen Flotten an der Spitze, was ein positives Zeichen für unsere erfolgreiche Strategie ist.
Die BMW Group steht für Technologieoffenheit und hat im Bereich E-Mobilität die Spitzenposition im Premium-Segment erreicht. Dies ist besonders erfreulich, da der Markt stark in Bewegung ist, vor allem durch internationalen Wettbewerb. Wir sind gut aufgestellt, sowohl in Bezug auf Produkte als auch auf Dienstleistungen, und können auf diese Herausforderungen reagieren. Der Einsatz von regenerativen Kraftstoffen wie HVO 100, der für BMW-Fahrzeuge ab dem Produktionsjahr 2015 zugelassen ist, könnte aufgrund der Nachhaltigkeitsziele und des positiven Einflusses auf den CO2-Fußabdruck für Flotten künftig sehr interessant werden. Unsere Strategie der Technologieoffenheit hebt uns klar vom Wettbewerb ab. Neben dem steigenden Wettbewerbsdruck beeinflussen auch geopolitische Faktoren, wie Zölle aus den USA, den Markt. Trotz der Volatilität sind wir im Flottenbereich hervorragend positioniert.
Auch die Themen VIP- und Sonderkunden gehören zu meinem Bereich. Dazu zählen klassische VIP-Kunden mit überregionaler Ausstrahlung, die wir zentral betreuen, jedoch in enger Zusammenarbeit mit dem Handel. Konkret legen wir die Konditionen fest, während der Handel die Beratung, Probefahrt und Auslieferung übernimmt. Diese effiziente Zusammenarbeit ist entscheidend, da der Handel für uns das Rückgrat bildet. Ein weiteres interessantes Geschäftsfeld ist zum Beispiel auch der Vertrieb an mobilitätseingeschränkte Kunden. Hier führen wir überregionale Kooperationen durch, beispielsweise mit Medical Centern. Ein herausragendes Projekt ist die Zusammenarbeit mit der Ausbildungsstätte in Dingolfing, die Fahrzeuge wie den X1 für Reha-Zentren umgestaltet. Patienten können in diesen Fahrzeugen Simulationen unter verschiedenen Fahrbedingungen wie Regen oder Schnee erleben, unterstützt von Therapeuten.
Flottenmanagement: Beim letzten Interview hatten wir bereits ausgiebig über die BMW Vision Neue Klasse gesprochen. Ende 2025 soll die Serienproduktion des ersten vollelektrischen X-Modells der Neuen Klasse anlaufen. Können Sie bitte einmal kurz erläutern, was sich hinter dem Begriff „Neue Klasse“ verbirgt? Was können Sie vielleicht schon über den ersten Vertreter der Neuen Klasse verraten

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Ausgabe 4/2025

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Wolfgang Schulz: Der neue iX3 wird der erste Vertreter der Neuen Klasse von BMW, die schrittweise in alle Modellreihen integriert wird. Mit der Neuen Klasse setzen wir Maßstäbe in Digitalisierung, Bedienkonzepten und E-Mobilität, insbesondere bei der Ladeperformance. Der iX3 bietet eine Ladegeschwindigkeit von bis zu 400 Kilowatt, wodurch in nur 10 Minuten eine Reichweite von etwa 350 km erzielt werden kann. Zudem verwenden wir zylindrische Batterien, die eine höhere Energiedichte ermöglichen und Reichweiten von bis zu 800 km bieten. Uns ist es wichtig, diese Themen mit einem 360-Grad-Ansatz zu verknüpfen: Langlebigkeit, Schutz der Batterien bei Unfällen und der verantwortungsvolle Umgang mit seltenen Erden sind für uns von großer Bedeutung. Innovation und Fahrfreude sind zentrale Aspekte der Neuen Klasse, unterstützt durch eine 20-mal schnellere Rechnerleistung im Vergleich zum Vorgänger, während die Handhabung der Funktionen durch ein intuitives Bedienkonzept einfach bleibt.
Die neue Klasse stellt einen wichtigen USP für BMW dar und ist im Wettbewerbsumfeld einzigartig. Gleichzeitig bleibt die Eigenständigkeit der Modellreihen gewahrt, während wir ein innovatives Baukastensystem entwickeln, das verschiedene Antriebsvarianten umfasst.
Flottenmanagement: Angefangen beim kompakten BMW 1er und der MINI-Modellpalette über die BMW 3er- und 5er-Baureihen bis hin zum BMW X7 bietet das Portfolio von BMW und MINI eine Vielzahl an flottenrelevanten Modellen. Hinzu kommt eine Vielzahl an batterieelektrischen Modellen bei beiden Marken. Welche Modelle sind Ihre Topseller im Gewerbekundenbereich
Wolfgang Schulz: In der BMW-Familie ist der 3er das meistverkaufte Modell, gefolgt vom X1 und dem 5er. MINI haben wir seit dem letzten Jahr komplett neu aufgestellt, um auch eine interessante Produktfamilie für den Flottenbereich darstellen zu können. Dabei ist der neue Countryman besonders attraktiv für Flottenkunden, ebenso wie unsere vollelektrischen Modelle wie der Aceman. Diese Modelle ergänzen das BMW-Programm ideal, und wir setzen uns dafür ein, MINI in allen Fuhrparks zu integrieren.
Flottenmanagement: Die Marke MINI bietet seit letztem Jahr eine vollständig erneuerte Modellpalette. Welchen Stellenwert hat die Marke MINI für das Flottengeschäft in der BMW Group und welche gewerblichen Zielgruppen stehen hierbei besonders im Fokus?
Wolfgang Schulz: MINI bedient heute zwei Bereiche: User-Chooser und Spotdeals, wie bei BMW. User-Chooser sind in der Regel Manager, die eigenständig ein Fahrzeug im Rahmen der Fuhrparkpolicy wählen können, die Funktionalität schätzen, sich aber lifestyle-technisch vom klassischen BMW-Fahrer abheben möchten. Dies wird auch dadurch unterstützt, dass MINI keine direkten Wettbewerber hat und somit eine Alleinstellung einnimmt. Daher streben wir an, in alle Fuhrparks vorzudringen. Auch im Bereich Co-Branding und der damit verbundenen großen Außenwirkung sind wir aktiv, da Unternehmen an smart gebrandeten Fahrzeugen interessiert sind, die Wiedererkennung schaffen. Strategisch verfolgen wir durch Spotdeals und Promotionsfahrzeuge weiterhin das Ziel, in das Volumenfeld vorzudringen, und berücksichtigen die spezifischen Anforderungen der Kunden, sei es zum Beispiel im Pharma- oder Touristikbereich, wo wir bereits interessante Fahrzeuge platziert haben.
Flottenmanagement: Mit dem Aceman steht auch ein neuer Modellname im Produktportfolio von MINI. Für was steht der Aceman und wie lässt er sich in die Modellpalette einordnen? Mit welchen Highlights und Innovationen wartet der kompakte Crossover auf
Wolfgang Schulz: Der Aceman ist ein vollelektrisches Fahrzeug, das durch seine Funktionalität und großzügigen Platzverhältnisse besticht. Für alle, die vollelektrisch fahren möchten, ist er eine interessante Option. Früher wurde MINI oft mit Spaßfahrzeugen assoziiert. Aber der Aceman erfüllt gleichzeitig die Anforderungen von Großkunden und bietet ausreichend Platz und vermittelt immer noch das typische Go-Kart-Feeling beim Fahren. Als neues vollelektrisches Modell mit modernen technischen Features kommt er in unserer Flotte sehr gut an.
Flottenmanagement: Sports Activity Vehicle (SAV), wie sie in der BMW Group genannt werden, waren noch bis vor ein paar Jahren in vielen Unternehmens-Car-Policies ausgeschlossen. Wie steht es jetzt um SAV im Flottengeschäft
Wolfgang Schulz: Besonders hervorzuheben ist das Fahrgefühl in einem SAV. Man sitzt höher und hat eine bessere Sicht auf die Verkehrsteilnehmer, was ein sicheres Gefühl vermittelt. In Bezug auf Fahreigenschaften und Fahrdynamik ist es ein klassischer BMW, der sportlich und dynamisch fährt. Früher war der SAV in vielen Fuhrparks nicht zugelassen, doch heute ist das bei fast allen der Fall. Der Grund dafür liegt im Motivationsmodell im Flottenbereich: User-Chooser, die das Fahrzeug wünschen, können es nun wählen, da es mit der Fuhrpark- und Nachhaltigkeitsstrategie übereinstimmt. Daher haben die Fuhrparks das Fahrzeug in ihr Programm aufgenommen, und der X1 wird von Dienstwagennutzern stark nachgefragt.
Flottenmanagement: Die Touring-Modellvarianten des BMW 3er und 5er haben auch nach Jahrzehnten ihre Relevanz für das Flottengeschäft in der BMW Group in keiner Weise eingebüßt. Was macht den Charme dieser Flottentopseller aus
Wolfgang Schulz: Sie sprechen ein deutsches Phänomen an: das Thema Touring. Die starke Beliebtheit dieser Variante gibt es nur in Deutschland. Im Ausland wird sie anders wahrgenommen. Der Touring ist in seiner Linienform ein hervorragendes Fahrzeug mit erstklassigen Funktionen und einem ausgezeichneten Fahrverhalten. Dennoch bleibt es ein typisches deutsches Phänomen. In anderen europäischen Ländern wird es zwar nachgefragt, jedoch nicht in dem Maße wie in Deutschland, wo die Nachfrage nahezu gleichauf mit der der Limousine ist. Die meisten schätzen den Touring wegen seiner Funktionalität, besonders für Familien. Es handelt sich nicht um ein reines Transportfahrzeug, sondern um ein sportlich-dynamisches Premiumfahrzeug, das durch seine Lademöglichkeiten überzeugt und dabei weiterhin dynamisch aussieht. Das Design ist ansprechend und individuell, mit herausragenden Proportionen.
Flottenmanagement: Gerade erst wurde über das dreimillionste elektrifizierte Fahrzeug sowie das 1,5-millionste Elektrofahrzeug der BMW Group berichtet. Welche Bedeutung kommt der sogenannten „Elektrifizierungs-Offensive“ der BMW Group im Flottengeschäft zu?
Wolfgang Schulz: In Deutschland verfolgen fast alle erfolgreichen Unternehmen eine Nachhaltigkeitsstrategie. Bei der Marktdurchdringung vollelektrischer Fahrzeuge zeigen große DAX-Unternehmen eine zunehmende Umstellung auf 100 Prozent Elektromobilität. Mittelgroße Unternehmen sind gemischt, während kleinere oft gar nicht umstellen. Nachhaltigkeitsstrategien sind eng mit der Elektrifizierung verknüpft, insbesondere hinsichtlich des CO2-Fußabdrucks, den alle Unternehmen einhalten müssen. Die BMW Group nimmt dies ernst und hat ihren CO2-Fußabdruck in den letzten Jahren stets eingehalten. Auch 2025 werden wir unsere Ziele erreichen, da wir unsere Produktion entsprechend ausrichten. Die Außenwirkung ist entscheidend; Unternehmen, die ihre Ziele nicht einhalten, erhalten ein schlechtes Rating, was erhebliche Folgen hat.
Im Großkundenbereich besteht eine natürliche Nachfrage, unterstützt durch steuerliche Anreize. Fahrer vollelektrischer oder hybrider Fahrzeuge profitieren von reduzierten Steuern. Diese Faktoren ermöglichen es uns, die Nachfrage im Großkundenbereich zu nutzen. Zudem ist die Technologieoffenheit ein wichtiger Aspekt der Nachhaltigkeit: Synthetische Kraftstoffe bieten im Vergleich zu fossilen Brennstoffen eine CO2-Reduktion von bis zu 95 Prozent. Unternehmen können diese nutzen, um ihre Nachhaltigkeitsstrategien authentisch und strategisch umzusetzen und langfristig erfolgreich zu sein.
Flottenmanagement: Von Premiumherstellern erwarten Kunden auch Service auf höchstem Niveau. Welche Dienstleistungen bieten Sie hier für den Fuhrparkleiter und insbesondere auch für den Firmenwagennutzer an?
Wolfgang Schulz: Für BMW ist das Händlernetz, insbesondere im Flottenbereich, von entscheidender Bedeutung. Es bildet das Rückgrat unserer Strategie. Im Großkundenbereich schaffen wir die Rahmenbedingungen für die Fuhrpark-Policy, die Positionierung und die Zusammenarbeit mit Leasingpartnern. Die Beratung vor Ort, insbesondere für User-Chooser und Flottenmanager, erfolgt durch den Handel und ausgewählte Großkundenbetreuer. Diese Beratung ist entscheidend für die Kaufentscheidung, da der Nutzer autonom festlegt, welches Fahrzeug im Rahmen der Fuhrpark-Policy gewählt wird. Eine exklusive, premiumgerechte Beratung ist daher unerlässlich.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Service: Oft wird gesagt, dass das zweite Fahrzeug über den Service verkauft wird, was berechtigt ist. Die Prozesse müssen, insbesondere im Großkundenbereich, reibungslos funktionieren, auch wenn die Fuhrpark-Policies variieren. Daher ist eine nahtlose Zusammenarbeit mit unseren Handelspartnern und Leasinggesellschaften entscheidend. Hier hat die BMW Group eine klare Stärke, besonders im Vergleich zu neuen internationalen Wettbewerbern, die solche Prozesse aktuell noch nicht anbieten können.
Auch in puncto Digitalisierung bieten wir Premium: Dazu gehören die Apps mit umfassenden digitalen Dialogfunktionen für die Kommunikation mit dem Fahrer und die Bereitstellung von Telematikdiensten für Fuhrparkmanager. Diese Dienste ermöglichen die Analyse großer Fuhrparks mit Tausenden von Fahrzeugen, um Servicewege und Nutzersteuerung zu optimieren. Entscheidend ist aber nicht die Menge der Daten, sondern wie diese aufbereitet werden und welche Ziele verfolgt werden. So führen wir beispielsweise intensive Projekte mit unseren Großkunden und internen Abteilungen durch, bei denen wir Daten bereitstellen, einschließlich CO2-Zertifikatauswertungen. Diese komplexen Themen sind für uns und unsere Kunden von großer Bedeutung. Unser Ziel ist es, uns in der Digitalisierung in beiden Richtungen vom Wettbewerb abzuheben.
Flottenmanagement: Last but not least: Welche Ziele haben Sie sich mittel- und langfristig gesetzt, und was wollen Sie mit und für BMW sowie MINI noch erreichen
Wolfgang Schulz: Die BMW Group strebt an, der innovativste Mobilitätsanbieter im Flottenbereich zu sein. Unsere Kunden haben unterschiedliche Bedürfnisse und Zielrichtungen. Strategisch gesehen ist es mein Ziel, die Marktführerschaft sowohl im Bereich kleiner Flotten als auch bei großen Fuhrparks zu sichern.

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