Hätten Sie’s gewusst?
Eigentlich kennen wir uns alle gut aus im Straßenverkehr. 90 Prozent der Autofahrer geben in Umfragen regelmäßig an, dass sie sich selbst zu den zehn Prozent der besten Fahrzeuglenker zählen. Die kleinen Gemeinheiten im Verkehrsrecht beleuchten wir regelmäßig in unserer Rubrik.

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WIE IST DAS EIGENTLICH MIT DEM SICHERHEITSABSTAND
Die Frage nach dem Sicherheitsabstand oder besser nach dem Abstand, ab dem mindestens ein Bußgeld fällig wird, ist nicht so ganz einfach zu beantworten. Da gibt es unterschiedliche Szenarien, wo es kurzzeitig Unterschreitungen gibt, die aber nicht absichtlich geschehen sind und auch in dem Moment nicht zu verhindern waren. Eine genauere Analyse von Situationen über eine längere Strecke ist daher notwendig, um eine klare Bewertung der Situation abgeben zu können.
Aber hierzu gibt die StVO in § 4 („Abstand“) wie so häufig wenig konkrete Anhaltspunkte. So heißt es in Absatz 1: „Der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug muss in der Regel so groß sein, dass auch dann hinter diesem gehalten werden kann, wenn es plötzlich gebremst wird. Wer voraus fährt, darf nicht ohne Grund stark bremsen.“ Der letzte Satz erfordert eigentlich eine eigene Analyse, denn was ist mit „stark bremsen“ gemeint? Der erste lässt jede Menge Interpretationsspielraum. Dabei haben sich bestimmte Berechnungen als Standard oder besser Faustformeln etabliert.
Die bekannte „Halber-Tacho“-Regel bedeutet unabhängig von der eigenen Geschwindigkeit einen Zeitabstand von 1,8 Sekunden. Daraus wird häufig die „Zwei-Sekunden“-Regel, gemessen an passierten Leitpfosten (50 Meter Abstand) oder sonstigen markanten Punkten. Das Entfernungsschätzen von Menschen ist ohne Anhaltspunkte einfach nicht gut genug ausgeprägt.
Eine besondere Faustregel gilt speziell für den (Groß-)Stadtverkehr. Dort sollen mindestens 15 Meter oder drei Fahrzeuglängen Abstand gehalten werden (entspricht einer Sekunde Abstand bei 50 km/h). Außerorts gilt dann die Halber-Tacho-Regel mit den gerundeten zwei Sekunden. Sanktioniert wird eigentlich erst ab dem Abstand, bei dem von einer Gefährdung ausgegangen werden kann. Laut Gerichtsentscheid ist das die innerhalb von 0,8 Sekunden zurückgelegte Strecke. Hier sind die genauen Werte im Kontext letztendlich nicht ganz stimmig.

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Konkret sanktioniert wird nämlich gestaffelt nach gefahrener Geschwindigkeit und Abstand. Und das erst ab dem halben Sicherheitsabstand, was ein Viertel Tacho bedeutet (entsprechend 0,9 Sekunden Abstand). Die Staffelung erfolgt durch Unterteilung in die Geschwindigkeitsbereiche unter-/oberhalb 80 km/h sowie oberhalb 100 und 130 km/h. Oberhalb von 100 km/h und einem Unterschreiten von 30 Prozent des halben Tachos, bei 100 km/h also 15 Meter, drohen Fahrverbote von einem bis drei Monate (bei nur 10 Prozent, 5 Meter). Kriminell wird es beispielsweise bei einem Abstand von nur einem Meter bei hoher Geschwindigkeit, um einen zu Überholenden zum Spurwechsel zu nötigen. Da kann sogar ein bedingter Tötungsvorsatz unterstellt werden. Für Lkw über 3,5 Tonnen und Kraftomnibusse gilt ab 50 km/h übrigens ein durchgängig einzuhaltender Sicherheitsabstand von 50 Metern. Natürlich ist der Abstand den Infrastruktur-, Verkehrs- und Wetterbedingungen anzupassen. Hier sind die Autofahrer auf ihre Erfahrung und ihre eigene Verantwortlichkeit angewiesen. Konkrete Werte können daher naturgemäß nicht angegeben werden. In jedem Fall muss aber gewährleitet sein, dass selbst wenn der Vordermann plötzlich bremst, nicht aufgefahren wird. Besonders bei stark eingeschränkten Sichtverhältnissen (Starkregen, Nebel, tiefstehende Sonne) ist mit Vorsicht zu handeln, da die Bedingungen ja auch auf die Nachfolgenden zutreffen. Zudem ist bei einem Spurwechsel, insbesondere nach rechts, auch auf den Sicherheitsabstand nach hinten zu achten. Das ist aber etwas, das anscheinend ständig außer Acht gelassen wird. Darum muss in dem Fall der Sicherheitsabstand von den Nachfolgenden selbst wieder durch Abbremsen wieder hergestellt werden. Abstandskontrollmessungen müssen daher auch über einen frei einsehbaren Bereich von mindestens 300 Metern gemacht werden.
Verkehrstechnisch interessant ist zudem, dass sich der Verkehrsfluss bei korrektem Einhalten des Sicherheitsabstandes zu niedrigen Geschwindigkeiten hin verringert. Das liegt daran, dass der geringste zeitliche Abstand immer genau 1,8 Sekunden beträgt (entspricht halbem Tacho), allerdings gemessen von Stoßfänger vorne zu Stoßfänger hinten. Die Länge des Fahrzeugs an sich bleibt unberücksichtigt. Das bedeutet, dass beispielsweise bei 30 km/h der Fluss nur noch 75 Prozent (1.500 Fahrzeuge) des theoretischen Maximalwertes von 2.000 Fahrzeugen beträgt.
GIBT ES IN DEUTSCHLAND AUSSER AUTOBAHNEN ODER AUTOBAHNÄHNLICHEN EIGENTLICH STRASSEN WO SCHNELLER ALS 100 KM/JH GEFAHREN WERDEN DARF
Eine geradezu kuriose Frage, die viele wohl reflexartig sofort mit: „Nein!“ beantworten würden. Doch schauen wir uns den Paragraphen 3 („Geschwindigkeit“) der StVO mal genauer an.
Denn dort steht in Absatz 3, Satz 2 c) zu lesen: „Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt auch unter günstigsten Umständen außerhalb geschlossener Ortschaften für Personenkraftwagen sowie für andere Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse bis 3,5 t 100km/h.“ Das ist das, was zu erwarten war. Aber es folgen Einschränkungen: „Diese Geschwindigkeitsbeschränkung gilt nicht auf Autobahnen (Zeichen 330.1) sowie auf Straßen mit Fahrbahnen für eine Richtung, die durch Mittelstreifen oder sonstige bauliche Einrichtungen getrennt sind. Sie gilt ferner nicht auf Straßen, die mindestens zwei durch Fahrstreifenbegrenzung (Zeichen 295) oder durch Leitlinien (Zeichen 340) markierte Fahrstreifen für jede Richtung haben.“
Die ersten beiden Ausnahmen betreffen Autobahnen oder ihnen ähnliche Straßen. Auffällig ist der letzte Ausnahmefall, da er keinerlei Leitplanken oder sonstige physische Abtrennung der Richtungsfahrbahnen voraussetzt. Da reichen dann lediglich durchgezogene Linien zur Markierung und Abgrenzung. Voraussetzung ist aber auf jeden Fall das Vorhandensein von zwei Fahrstreifen in jede Richtung. Als autobahnähnlich sind eben die Strecke anzusehen, die einen Mittelstreifen oder andere bauliche Trennungen aufweisen. Für Strecken mit 2+1-Führung (bei wechselnder Zuordnung aufgrund von Steigungen und Gefällen) gilt die Ausnahme also nicht. Natürlich gilt dort auch die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h.
Man kann nun natürlich fragen, ob es solche Strecken überhaupt gibt. Und es gibt sie anscheinend tatsächlich. Als Beispiel gilt ein Stück der Bundesstraße 14 in Bayern zwischen Rückersdorf und Lauf an der Pegnitz. Trotz allem handelt es sich dabei wohl eher um exotische Installationen denn um Normalfälle. Aber jeder kann ja selbst danach Ausschau halten!

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