Motivationsinstrument Firmenwagen?

Rund ein Drittel aller Neuzulassungen im Pkw-Bereich für das erste Halbjahr 2024 entfiel laut Kraftfahrt-Bundesamt auf gewerbliche Halter. Die Firmenfahrzeuge werden dabei für die unterschiedlichste Zwecke eingesetzt: Sei es zu Repräsentationszwecken im Managementbereich, als dienstliches Gefährt, um Service- beziehungsweise Kundenbesuche zu realisieren oder als Motivationsmittel für die Mitarbeiter. Insbesondere den letztgenannten Zweck möchte Flottenmanagement in diesem Artikel einmal näher beleuchten und hat ausgewählte Leasinggesellschaften um Input gebeten.

Motivationsinstrument Firmenwagen?

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Motivationsinstrument Firmenwagen?

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Unsere Arbeitskultur wandelt sich: Es wird immer mehr zur gelebten Normalität den Arbeitgeber zu wechseln – auch nach einem oder zwei Jahren. Denn für viele ist ein Arbeitgeberwechsel ein nachvollziehbarer Schritt, um die eigene Karriere voranzutreiben, neue Einblicke in eine andere Unternehmenskultur zu erhalten oder um einen Job zu finden, der besser zu den eigenen Fähigkeiten passt. Von Arbeitgebern erfordert diese Entwicklung vor allem mehr Flexibilität und eine gute Strategie zur Mitarbeitergewinnung und -bindung. Wichtig zu wissen: Mitarbeitergewinnung und Mitarbeiterbindung sind Teil eines zusammenhängenden Prozesses, der das gesamte Beschäftigungsverhältnis eines Arbeitnehmers umfasst. Mitarbeitergewinnung bezieht sich auf alle Anstrengungen eines Unternehmens, neue qualifizierte Mitarbeiter zu identifizieren, anzusprechen und einzustellen. Hingegen versteht man unter Mitarbeiterbindung Strategien und Maßnahmen, die ein Unternehmen ergreift, um seine Mitarbeitenden langfristig an das Unternehmen zu binden und ihre Loyalität zu stärken. Beide Teile beziehen sich jedoch auf unterschiedliche Phasen der Unternehmenszugehörigkeit des Arbeitnehmers.

In der Sozialforschung geht man davon aus, dass zwei Aspekte eine besonders effektive Gewinnungs- und Bindungsstrategie auszeichnen: erstens durch die Identifikation sich überschneidender Elemente. Zum Beispiel kann ein attraktives Gehalt sowohl potenzielle Kandidaten anziehen als auch die Bindung bestehender Mitarbeiter stärken. Und zweitens durch einen personalisierten Ansatz: Nicht alle Mitarbeiter haben die gleichen Bedürfnisse und Motivationen. Für Wechselwillige und Angestellte stehen nach Angaben einer Studie von The Stepstone Group und dem Kienbaum Institut @ISM für Leadership & Transformation die Vergütung, Arbeitsplatzsicherheit und Work-Life-Balance im Vordergrund. Vergütung ist der absolute Spitzenreiter, jedoch wird hier je nach der Dauer der Unternehmenszugehörigkeit differenziert: Während Gehaltstransparenz und Fairness der Vergütung klar als Attraktivitätsfaktoren für Wechselwillige herausstechen, wirkt ein Festgehalt besonders bindend. Ein noch besserer Grund beim aktuellen Arbeitgeber bleiben zu wollen, ist für die meisten aber eine hohe Arbeitsplatzsicherheit in Form eines entfristeten Arbeitsvertrags. Dieses Ergebnis ist in Zeiten von wirtschaftlicher Unsicherheit wenig überraschend. Mit einem sich verstärkenden Arbeitskräftemangel und steigender Verhandlungsmacht aufseiten der Arbeitnehmer dürfte dieser Faktor jedoch zukünftig an Bedeutung verlieren. An dritter Stelle stehen für sowohl Wechselwillige als auch Angestellte, die bei ihrem Arbeitgeber bleiben wollen, die Faktoren Work-Life Balance und eine gesunde Team- und Unternehmenskultur. „Für Unternehmen ist es wichtig, ihre Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern, um nicht nur wettbewerbsfähig zu sein, sondern auch neue Mitarbeitende zu gewinnen. Betriebliche Mobilität ist weit mehr als ein reines Transportthema: Sie betrifft direkt den Alltag und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden. Eine gut durchdachte Mobilitätsstrategie kann Stress reduzieren, Zeit sparen und die Work-Life-Balance verbessern. Auch der positive Beitrag zum Umweltschutz sowie die Schaffung einer Kultur der Wertschätzung sind nicht zu unterschätzen. Dies steigert nicht nur die Attraktivität als Arbeitgeber, sondern auch die Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeitenden nachhaltig. Wenn das Unternehmen unterstützt und passende Lösungen anbietet – sei es ein Dienstwagen, ein Angebot zur Gehaltsumwandlung oder ein ÖPNV-Zuschuss – kann das ein erfolgskritischer Faktor sein“, erläutert Sebastian Lantelme, Chief Operating Officer bei Athlon Germany.

Zwar zählt das Gehalt nach wie vor zu einem der wichtigsten Faktoren der Mitarbeitergewinnung und -bindung. Um gutes Fachpersonal zu locken und an sich zu binden, reicht aber allein das Gehalt als Motivationsfaktor heutzutage nicht mehr aus. Daher haben sich in den letzten Jahren viele Zusatzleistungen im Rahmen der Personalbindung in Unternehmen etabliert. Im Bereich der betrieblichen Mobilität sind dies beispielsweise Parkplätze am Firmenstandort, Zugriff auf ein Mobilitätsbudget, Angebote für das Leasing von (Elektro-)Fahrrädern oder eines Firmenwagens. „Mobilitätsangebote tragen erkennbar dazu bei, neue Mitarbeitende zu gewinnen und bestehende zu halten. In Zeiten des Fachkräftemangels ist das ein strategischer Vorteil. Aus unserer repräsentativen Umfrage zu den Anforderungen der Generation Z wissen wir, dass fast die Hälfte der 18bis 28-Jährigen Unternehmen mit Mobilitätsangeboten für die attraktiveren Arbeitgeber hält und entsprechende Angebote die Zufriedenheit am Arbeitsplatz steigern. Übrigens: 46 Prozent der Befragten können sich schon heute vorstellen, auf ein E-Fahrzeug umzusteigen. Das unterstreicht nicht nur die Bedeutung von Nachhaltigkeit für die Mitarbeitergewinnung, sondern für die Unternehmensmobilität insgesamt“, wie Dr. Andrea Mlitz, Leitung Marketing, Geschäftsentwicklung bei Alphabet Deutschland, zu verstehen gibt.

Ein Firmenfahrzeug als Motivationsinstrument ist dabei scharf von einem Dienstwagen abzugrenzen, welcher Angestellten zur Erfüllung gestellt wird, um ihrer betrieblichen Tätigkeit nachzugehen. Dies hat unter anderem mit steuerlichen Vergünstigungen zu tun, die ein Unternehmen hierbei in Anspruch nimmt. Erlaubt ein Arbeitgeber seinen Angestellten, den Firmenwagen ebenfalls privat zu nutzen, müssen die entstandenen Kosten vom Nutzer persönlich beglichen werden. Denn aus steuerrechtlicher Sicht liegt bei der Nutzung eines Firmenwagens für private Zwecke ein sogenannter geldwerter Vorteil vor. Diesen Vorteil muss der Angestellte nach Vorgaben des Finanzamts anteilig versteuern. Er kann beim Firmenwagen zwischen der Ein-Prozent-Methode und der Versteuerung auf Grundlage eines Fahrtenbuches entscheiden. Für viele Angestellte ist ein Firmenfahrzeug daher ein gefragtes Motivations- und Bindungsmittel: „Zum einen angesichts der begrenzten oder nicht vorhandenen Mobilitätsalternativen vor allem im ländlichen Raum. Zum anderen wird er als attraktiver Benefit geschätzt, der finanzielle Vorteile, Flexibilität und Status bietet. Für Dienstwagen werden häufig ergänzende Serviceleistungen wie Reifenwechsel, Inspektion, Wartung, Schadensmanagement, Tankkarten et cetera mit der Leasinggesellschaft vereinbart. Das bedeutet für den Arbeitnehmer eine wichtige Entlastung“, erklärt Dr. Claudia Conen, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes Deutscher Leasing-Unternehmen (BDL). Ferner sei auch ein klassischer Dienstwagen von einem Firmenfahrzeug mit Gehaltsumwandlung abzugrenzen: Stellt der Arbeitgeber dem Mitarbeiter zusätzlich zum Gehalt einen Dienstwagen zur Verfügung und trägt alle Kosten (mit oder ohne Eigenanteil des Mitarbeiters), spricht man im Allgemeinen von einem klassischen Dienstwagenmodell. Etwas anders verhält es sich beim Modell mit Gehaltsumwandlung. Hierbei ermöglicht der Arbeitgeber es dem Angestellten, ein Firmenfahrzeug zu nutzen. Die Leasingrate des Fahrzeugs wird dem Mitarbeiter vom Bruttolohn abgezogen, was für diesen in der Regel einen positiven Steuereffekt durch die Verringerung seines Bruttogehalts mit sich bringt. „Mit einem Gehaltsumwandlungsmodell für nicht dienstwagenberechtigte Mitarbeiter können Unternehmen die Mitarbeitermotivation steigern und sich als attraktiver und innovativer Arbeitgeber präsentieren. Darüber hinaus haben sie weitere Vorteile, wie weniger Personalkosten durch Umwandlung der Gehälter, und es gibt steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Vorteile für beide Seiten“, so Christopher Schmidt, Commercial Director, Direct Sales bei LeasePlan Deutschland.

Beim Gehaltsumwandlungsmodell eines Firmenfahrzeugs – oft auch als Motivationsfahrzeug bezeichnet – wird der Wagen somit zum Teil des Gehaltspakets. Dadurch reduziert sich das zu versteuernde Gehalt und somit auch die Steuersowie Sozialversicherungsabgaben des Arbeitnehmers. Gleichzeitig können die Unternehmen bei der Gehaltsabrechnung Lohnnebenkosten einsparen. Der geldwerte Vorteil wird zur Versteuerung zum Bruttolohn des Arbeitnehmers hinzugerechnet, anschließend jedoch von den Nettobezügen wieder abgezogen. Doch Vorsicht: Nicht für jeden Arbeitnehmer lohnt sich ein Gehaltsumwandlungsmodell. Als Faustregel gilt, dass ein Motivationsfahrzeug für den Angestellten umso lohnender ist, je geringer die Kosten für dieses sind. Außerdem lohnt sich diese Variante bei relativ kurzen Fahrten zur Betriebsstätte und bei einem überschaubaren Anteil an Privatfahrten, wenn es um die Kilometerleistung geht. Sehr hohe Anteile an Privatfahrten, lange Fahrten oder hohe Kosten für den Firmenwagen relativieren die Vorteile hingegen wieder bis zu einem bestimmten Punkt. Daher ist immer genau zu rechnen, ob sich eine Gehaltsumwandlung für den Firmenwagen lohnt oder doch eher nicht. „Wir empfehlen den monatlichen Gehaltsumwandlungsbetrag je nach Zielgruppe in sinnvollem Umfang zu begrenzen. Hintergrund ist, dass bei der Bruttogehaltsumwandlung der Umwandlungsbetrag das Bruttogehalt reduziert. Zudem ist der geldwerte Vorteil kein sozialversicherungspflichtiges Entgelt. Dies kann unter anderem negative Auswirkungen auf die Altersvorsorge des Mitarbeitenden haben. Des Weiteren muss sichergestellt sein, dass der Betriebsrat, sofern vorhanden, rechtzeitig in eine Entscheidung für ein Firmenwagenmodell mit Gehaltsumwandlung einbezogen wird und dies abschließend genehmigt. Empfehlenswert ist auch die Schließung eines Überlassungsvertrags mit dem Arbeitnehmer, um die Nutzung des Firmenwagens klar zu regeln. Zu guter Letzt sollten die ‚Spielregeln‘ Ihres individuellen Firmenwagenmodells in einer internen Richtlinie dokumentiert und veröffentlicht werden“, erläutert Eva-Maria Eggert, Produktmanagerin bei der Deutschen Leasing, Geschäftsfeld Mobility.

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Gehaltsumwandlungs- beziehungsweise Gehaltsverzichtsmodelle stellen eine Win-win-Situation für Mitarbeiter als auch Arbeitgeber dar. Während Mitarbeiter von finanziellen und praktischen Vorteilen profitieren, kann das Unternehmen seine Produktivität steigern und talentierte Mitarbeiter anziehen. In der aktuellen Marktsituation lohnt es sich für Unternehmen, über die Implementierung solcher Programme nachzudenken. Aus Sicht von Katharina Schmidt, Head of Consulting, Arval Mobility Observatory, Leitung Fuhrpark, Mitglied der Geschäftsleitung der Arval Deutschland, gibt es noch weitere Gründe, die für eine Implementierung solcher Modelle sprechen: „Neben den Vorteilen einer stärkeren Mitarbeiterbindung und Recruitingvorteilen spielt das Angebot von diversifizierten Mobilitätslösungen im Unternehmen eine wichtige Rolle im Kontext von ESG (Environmental, Social and Governance). Die Einbindung nachhaltiger Mobilitätsmodelle wird immer häufiger als Bestandteil einer umfassenden ESG-Strategie betrachtet. Unternehmen nutzen diese, um ihre CO2-Emissionen zu senken, die Mitarbeiterzufriedenheit zu fördern und sich als verantwortungsvoller Arbeitgeber zu positionieren.“ Besonders interessant für Arbeitnehmer wie auch Arbeitgeber sind im Kontext der Gehaltsumwandlungsbeziehungsweise Gehaltsverzichtsmodelle Elektrofahrzeuge: Einerseits werden sie beim geldwerten Vorteil besonders günstig versteuert, andererseits kann die monatliche finanzielle Belastung des Mitarbeiters beim Umstieg auf E-Autos deutlich gesenkt werden. Gleichzeitig ergeben sich für Unternehmen im Hinblick auf die eigenen Nachhaltigkeitsziele Vorteile. „Wir verzeichnen ein steigendes Interesse bei unseren Großkunden an Gehaltsumwandlungsmodellen. Ein wesentlicher Grund dafür ist die steigende CO2-Regulierung, die dazu führt, dass Unternehmen zunehmend auch die Scope-3-Emissionen in den Blick nehmen müssen. Dazu gehört unter anderem der Pendlerverkehr, weswegen Unternehmen ihren Mitarbeitern auch abseits des klassischen Dienstwagens den Zugang zur Elektromobilität ermöglichen wollen“, wie Verena Roth, Geschäftsführerin der Volkswagen Leasing GmbH, verantwortlich für den Gesamtvertrieb in Deutschland, abschließend zu verstehen gibt.

 

 

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