Die Sterne vom Himmel holen

Flottenmanagement: Herr Kemmerer, seit nun mehr 16 Jahren leiten Sie den Bereich Flottenmanagement bei Mercedes-Benz Pkw in Deutschland. Welche Entwicklungen waren aus Ihrer Sicht prägend für das Key-Account-Management Flotte bei Mercedes-Benz in dieser Zeit? Was sind aber auch Trends, die in diesen Bereich zu erleben sind

Frank Kemmerer: Prägend für die gesamte Zeit war eigentlich immer der Dialog. Also die Mensch-zu-Mensch-Kommunikation zwischen unseren Kunden und deren Ansprechpartnern bei uns im Unternehmen. Ich bezeichne diesen Austausch gern als Essenz für die Mercedes-Benz „Family“ – also für das Gefühl der Zugehörigkeit, das man spüren soll, sobald man ein Fahrzeug von Mercedes- Benz fährt. Natürlich findet sich dieser Dialog auch im Key-Account-Management wieder und das trotz der signifikanten Ausweitung des Flottenbereichs in den vergangenen 16 Jahren. Es ist die Essenz für eine vertrauensvolle Partnerschaft: Das Umfeld und die Bedingungen verändern sich, die Kunden verändern sich und auch wir verändern uns. Und daher ist es in dieser Beziehung enorm wichtig, geeignete Formate zu finden, sich immer wieder darüber auszutauschen, was neu ist, welche Wünsche aber auch Sorgen bestehen und wohin Entwicklungen gehen.

Prägend ist aber auch die Entwicklung, die im Bereich Nachhaltigkeit stattfindet - nicht erst seit gestern, sondern schon seit Jahren: Als damals die erste S-Klasse als Mild-Hybrid auf den Markt kam, hätte man sich nicht vorstellen können, dass heute jedes Fahrzeug in unserem Produktportfolio elektrifiziert sein würde. Gerade in Deutschland sind wir hier sehr erfolgreich mit unserem Angebot an Diesel-Hybriden unterwegs, die heute über reinelektrische Reichweiten von weit über 100 Kilometer verfügen.

Und prägend ist ebenso die Elektromobilität, die ganz entscheidend unsere Zukunft bestimmen wird. Einen seriennahen Einblick in die Modellfamilie, die künftig als Einstieg in die Welt der Marke Mercedes-Benz dienen wird, haben wir mit dem Concept CLA Class auf der IAA Mobility in München gegeben. An der Schwelle zu einem neuen elektrischen und digitalen Zeitalter repräsentiert es die Vision des Unternehmens, dieses wichtige Segment auf Basis der langfristigen Produktstrategie aufzuwerten.

Unabhängig davon, vor welchen Herausforderungen wir in der Vergangenheit auch standen, es war stets wichtig das Gespräch aufrecht zu erhalten, auch, als der persönliche Kontakt nicht immer möglich war. Dass selbst unter diesen herausfordernden Bedingungen dann auch Gutes entstehen kann, zeigen nicht zuletzt unsere digitalen Key-Account-Manager, die unser klassisches Key-Account-Team seit Mitte dieses Jahres unterstützen, um den Dialog mit unseren Kunden noch weiter zu verbessern.

Damit ist nicht zuletzt auch ein weiterer Aspekt in unserer Customer Journey dazugekommen, der eben dieses spezifische Gefühl zur Mercedes-Benz „Family“ zu gehören definiert. Sprich die Entscheidung für die Marke Mercedes-Benz ist nicht nur eine Entscheidung für ein Fahrzeug, sondern immer auch für die Menschen, die sich für die Kunden und deren Fahrzeuge engagieren. Dies kann man nicht zuletzt auch bei unseren Vertriebspartnern und Niederlassungen erkennen, die schon seit jeher der erste Kontaktpunkt für unsere Kunden sind. Zudem treiben wir mit der im Mai dieses Jahres erfolgten Einführung des Agenturmodells unsere Strategie, das beste, ganzheitliche Kundenerlebnis zu bieten, konsequent voran und unterstreichen unsere Vorreiterrolle bei der Vertriebstransformation. Im „Vertrieb der Zukunft“ können wir auf die sich im Zuge der Digitalisierung stetig verändernden Kundenbedürfnisse noch schneller und individueller reagieren. Als zentraler Baustein der Customer Journey bietet der Vertrieb der Zukunft klare Vorteile für die Kunden, vor allem Preistransparenz über alle Vertriebskanäle hinweg.

Flottenmanagement: Bereits 2019 hat Mercedes- Benz mit der Strategie „Ambition 2039“ die Weichen in Richtung Klimaschutz und Luftreinhaltung gestellt. Können Sie kurz die Kernelemente der „Ambition 2039“ vorstellen und beschreiben, wo sich Mercedes-Benz in diesem Transformationsprozess aktuell befindet

Frank Kemmerer: Unser Ziel ist eine bilanziell CO₂-neutrale Neufahrzeugflotte über die gesamte Wertschöpfungskette bis 2039 und damit 11 Jahre früher als es die EU-Gesetzgebung vorschreibt. Bereits bis 2030 wollen wir die CO₂-Emissionen pro Pkw bilanziell um mindestens 50 Prozent senken. Dabei betrachten wir den gesamten Lebenszyklus unserer Fahrzeuge: von der Entwicklung über das Lieferantennetzwerk, die eigene Produktion, die Elektrifizierung von Produkten bis hin zu erneuerbaren Energien für die Nutzungsphase von Elektrofahrzeugen. Das Concept CLA Class, das wir auf der IAA Mobility gezeigt haben, markiert dabei einen entscheidenden Schritt, um dieses Ziel zu erreichen. Es basiert auf unserer neuen MMA-Plattform. Sie ist die erste Fahrzeugplattform, die von Grund auf neu entwickelt wurde, um die Ambition 2039 auf die Straße zu bringen.

Flottenmanagement: Das Produktportfolio von Mercedes-Benz ist heute so breit gefächert wie noch nie und bietet neben Pkw-, SUV- sowie Van-Modellen auch mehrere elektrisch fahrende Modelle. Welches sind Ihre Topseller im Flottengeschäft und wie wird sich Ihrer Meinung nach der gewerbliche Markt weiterentwickeln

Frank Kemmerer: Nach wie vor sind die C-Klasse und der GLC unsere wichtigsten Fahrzeuge im Flottenmarkt. Natürlich gehört hierzu aber auch die E-Klasse, die Business-Ikone von Mercedes-Benz, mit einer Historie von über 75 Jahren und gleichzeitig die meistverkaufte Modellreihe der Marke. Darauf folgen sehr dicht die A-Klasse, der CLA sowie EQA und EQB als reinelektrische Modelle. Außerdem beobachten wir weiterhin eine Entwicklung, die sich seit Jahren im Flottenmarkt abzeichnet: Egal, ob es der CLA Shooting Break, die C-Klasse oder eben die neue E-Klasse ist - das T-Modell bleibt für unsere Flottenkunden weiterhin eine sehr attraktive Karosserievariante.

Flottenmanagement: Die neue E-Klasse hatte ihren Verkaufsstart im September. Mit welchen Neuerungen und Highlights kann die „Business-Klasse“ von Mercedes-Benz aufwarten

Frank Kemmerer: Die E-Klasse steht seit jeher für souveränes und komfortables Fahren, verbunden mit einem hochwertigen und luxuriösen Interieur. Mit der neuen E-Klasse setzen wir das auf faszinierende Weise fort und kombinieren das überragende Fahrerlebnis mit einem digitalen Luxuserlebnis. Unsere Kunden genießen so das einzigartige Gefühl, Zuhause zu sein. Dabei ist die neue E-Klasse noch intelligenter und erreicht eine neue Dimension der Personalisierung und Interaktion. Dafür haben wir wegweisende Technik im Innenraum mit digitaler Intelligenz kombiniert. Dank digitaler Innovationen lassen sich Musik, Spiele und Streaming-Content im Auto mit fast allen Sinnen erfahren. Dazu besitzt der neue MBUX Superscreen eine große Glasoberfläche, die sich bis zum Zentral-Display erstreckt. Gleichzeitig bieten wir zur Markteinführung bereits die Hälfte aller Modelle als Plug-in-Hybride an – mit einer beeindruckenden und damit überaus praxistauglichen elektrischen Reichweite.

Flottenmanagement: Im September fand erneut die IAA Mobility in München statt. Welche der von Mercedes-Benz gezeigten Premieren sind insbesondere für den Bereich Flottenmanagement von Bedeutung und warum

Frank Kemmerer: Auf der IAA haben wir erlebbar gemacht, wie wir mit dem Pioniergeist, der in der DNA unserer Marke liegt, die Zukunft der Mobilität gestalten und neue Maßstäbe setzen – bei der Elektrifizierung, der Digitalisierung, dem automatisierten Fahren und der Nachhaltigkeit. Im Fokus unseres Auftritts in München stand dabei die Weltpremiere des Concept CLA Class – ein Konzeptfahrzeug, das zeigt, wie wir den Einstieg in die elektrische Mercedes-Benz Welt aufwerten und noch begehrenswerter machen werden – durch Innovationen, die in dieser Klasse wegweisend sind: ein außergewöhnliches Design, eine herausragende Effizienz, ein unvergleichlich digitales Erlebnis und innovative Materialien.

Darüber hinaus haben wir vor Ort die gesamte Bandbreite des aktuellen Portfolios von elektrischen und elektrifizierten Fahrzeugen unserer Marken Mercedes-Benz, Mercedes-AMG und Mercedes-Maybach gezeigt. Darunter auch die Weltpremiere der neuen E-Klasse All-Terrain sowie die Messepremiere des neuen EQA und EQB. Gerade die letzten Ergänzungen in unserem Portfolio haben bei unseren Kunden für Begeisterung gesorgt: Das gilt für unsere Elektromodelle wie den EQE SUV bis hin zu unserer neuen E-Klasse und dem CLE. Unser Fokus ist es, den Kunden von Mercedes-Benz das Niveau zu bieten, das sie suchen, und zwar entsprechend ihrer Bedürfnisse. Es gibt nicht die eine Kundengruppe, die wir ansprechen wollen. Unser Produktportfolio wird von den unterschiedlichsten Kundengruppen weltweit geschätzt.

Flottenmanagement: Welchen Stellenwert nimmt die Elektromobilität aus Ihrer Sicht derzeit bei gewerblichen Kunden ein? Mit welchen Dienstleistungen und Programmen unterstützt Mercedes-Benz Fuhrparks beim Ein- beziehungsweise Umstieg in die Elektromobilität

Frank Kemmerer: Die Elektromobilität hat für uns die oberste Priorität und wir sind in unserer Transformation bereits weit fortgeschritten: Mercedes-Benz hat eines der größten Line-ups an Plug-in-Hybriden und vollelektrischen Fahrzeugen auf dem Markt. Unabhängig davon bereiten wir uns auf ein weiteres EV-Wachstum vor und investieren massiv in die zukünftigen Fahrzeugplattformen sowie in die notwendige Ladeinfrastruktur.

Gerade für unsere Flottenkunden ist die Elektromobilität nur in den seltensten Fällen ein völlig neues Terrain. Sie kennen sich bereits mit dem Aufbau von Ladeinfrastruktur aus und haben das angenehme reinelektrische Fahren sowie das Aufladen eines Elektrofahrzeugs bereits auch selbst erlebt. Wenn wir dann darauf schauen, welchen Stellenwert die Elektromobilität in den verschiedenen Flottengrößen einnimmt, zeichnet sich eine klare Tendenz ab: Je kleiner die Fuhrparks sind, desto konsequenter ist auch die Entscheidung für eine reinelektrische Flotte. Bei großen Fuhrparks sehen wir vermehrt klare Bekenntnisse zu einer reinelektrischen Zukunft, aber hier sprechen wir eher von einem mittelfristigen Umstieg.

Um den Umstieg auf Elektrofahrzeuge zu beschleunigen, unterstützen wir alles, was unseren Kunden das Leben leichter macht. Eine entscheidende Rolle spielt dabei das Laden der Fahrzeuge. Um diesen Vorgang für unsere Kunden so unkompliziert wie möglich zu gestalten, setzen wir unter anderem auch auf Kooperationen zur Erweiterung der Lademöglichkeiten. Darüber hinaus entstehen weltweit noch in 2023 die ersten Mercedes-Benz High Power Charging Hubs. In Deutschland starten wir in Mannheim. Neben unseren Aktivitäten im Bereich des öffentlichen Ladens treiben wir aber auch die Bereiche des Ladens zu Hause und im gewerblichen Bereich weiter voran. Mit unserer Mercedes-Benz Wallbox laden E-Fahrzeuge und Plug-in-Hybride schnell, intelligent und komfortabel – und das dort, wo es für unsere Kunden am bequemsten ist: zu Hause.

Flottenmanagement: Mercedes-Benz möchte nicht nur im Bereich Elektromobilität seinen Pionierstatus wahren, sondern auch in den Bereichen Digitalisierung sowie automatisiertes Fahren. Wo befindet sich Mercedes-Benz in puncto automatisiertes Fahren

Frank Kemmerer: Grundsätzlich bietet Mercedes- Benz viele fortschrittliche Fahrerassistenzsysteme an, die die Sicherheit im Straßenverkehr erhöhen und das Leben in Alltagssituationen deutlich erleichtern können. Sie unterstützen zum Beispiel bei der Geschwindigkeits- und Abstandsregelung, beim Lenken und beim Spurwechsel. Mit „Intelligent Drive“ bündelt Mercedes-Benz mehr als 40 aktive Fahrerassistenzsysteme.

Darüber hinaus sind dank Park-Paket mit Remote-Parkfunktionen und dem Mercedes me connect Dienst INTELLIGENT PARK PILOT bereits sieben Mercedes-Benz Modelle, darunter zum Beispiel auch die neue E-Klasse, bereit für vollautomatisiertes und fahrerloses Parken. Das bedeutet: ins Parkhaus fahren, aussteigen und das Fahrzeug per Smartphone zu einem zuvor reservierten Parkplatz schicken. Mit dem sogenannten Automated Valet Parking entfällt die Parkplatzsuche ebenso wie das Ein- und Ausparken. Das schenkt unseren Kunden wertvolle Zeit und bietet insbesondere in engen Parkhäusern mehr Komfort.

Flottenmanagement: Von einem Premiumhersteller erwarten die Kunden auch Premiumservice. Womit kann Mercedes-Benz hier besonders punkten? Welche Neuerungen sind demnächst zu erwarten

Frank Kemmerer: Gerade im Flottenbereich ist uns die Zusammenarbeit mit Leasinggesellschaften sehr wichtig. Unsere Kollegen vom Servicebereich haben dafür mit FleetSite ein automatisiertes Abrechnungssystem entwickelt, das auch für freie Leasinggesellschaften zugänglich ist und über das inzwischen schon mehr als 300.000 Fahrzeuge abgewickelt werden. Dabei bietet FleetSite das Komplettpaket aller Serviceleistungen von der Wartung über die Reparatur, Räder und Reifen bis hin zur automatisierten Garantie- und Kulanzprüfung. Der Reparaturfreigabe-Prozess erfolgt schnell, transparent und automatisiert. So können beispielsweise mehr als 70 % der Anfragen voll automatisiert freigegeben werden. Damit erhalten FleetSite-Kunden Planungssicherheit und haben die höchste Transparenz über die eigenen Kosten. So entsteht ein maßgeschneidertes Serviceangebot, dessen flexible und prozessoptimierte Gestaltung den Bedürfnissen von Flotten-Fuhrparks und Leasinggesellschaften entspricht.

Flottenmanagement: Der Ruf nach digitalen Angeboten wird bei Unternehmen sowie Dienstwagennutzern immer lauter. Was bietet Mercedes-Benz in diesem Bereich und wohin geht der Weg aus Ihrer Sicht in Zukunft

Frank Kemmerer: Aus meiner Sicht hat besonders in den vergangenen Jahren die Bedeutung von Over-The-Air-Updates noch einmal deutlich zugenommen. So haben wir in diesem Jahr unter anderem auch ein umfangreiches Paket an neuen Unterhaltungs- und Navigationsfunktionen in zahlreichen Fahrzeugen eingeführt. Für die Aktualisierung der Software entfällt dabei die Terminvereinbarung beim Servicebetrieb und die Fahrt dorthin, denn sobald eine neue Version verfügbar ist, kann diese bequem – auch während der Fahrt – heruntergeladen und dann installiert werden, wenn das Fahrzeug gerade nicht benötigt wird.