Hätten Sie’s gewusst?

Eigentlich kennen wir uns alle gut aus im Straßenverkehr. 90 Prozent der Autofahrer geben in Umfragen regelmäßig an, dass sie sich selbst zu den zehn Prozent der besten Fahrzeuglenker zählen. Die kleinen Gemeinheiten im Verkehrsrecht beleuchten wir regelmäßig in unserer Rubrik.

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WAS VERSTEHT DER GESETZGEBER EIGENTLICH UNTER „HALTEN“ EINES ELEKTRONISCHEN GERÄTS

Wie schon an verschiedenen anderen Stellen angemerkt, lässt die StVO immer wieder einen recht breiten „Auslegungsspielraum“. Gerichte müssen daher die Inhalte durch entsprechende Urteile konkretisieren. Der immer wieder erweiterte § 23 „Sonstige Pflichten von Fahrzeugführenden“ erlaubt in Absatz 1a: „Wer ein Fahrzeug führt, darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, nur benutzen, wenn hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird und ...“

So taucht hier das weitgehend undefinierte „Halten“ auf, bei dem man unvermittelt an „in der Hand halten“ denkt. So urteilte auch ein Amtsgericht in einem Fall, bei dem eine Fahrerin ihr Handy auf dem Oberschenkel abgelegt hatte und dort mehrmals die Wahlwiederholung betätigte. Die Polizei wurde darauf aufmerksam und erließ ein Bußgeld in Höhe von 100 Euro. Ein Einspruch der Fahrerin brachte den Fall vor Gericht und dieses sah das Hand-held-Verbot nach § 23 StVO nicht verletzt und auch eine verminderte Reaktionsfähigkeit war nicht nachweisbar.

Die Staatsanwaltschaft ließ nicht locker und so wanderte der Fall nach Rechtsbeschwerde vor das Bayerische Oberste Landesgericht. Und das interessierte sich eingehend für die Bedeutung des Wortes „Halten“ und erweiterte nach einem Blick in den Duden (!) die Auslegung dahin gehend, dass dieses auch gegeben sei, „wenn das Handy in sonstiger Weise mithilfe der menschlichen Muskulatur in seiner Position bleibt“. Im Detail wird so argumentiert, dass die Schwerkraft alleine nicht ausreicht, um das Handy bei den wechselnden Fahrbewegungen auf dem Schenkel zu halten. Es bedürfe daher bewusster Kraftanstrengung, die „Auflagefläche“ so auszubalancieren, dass das Gerät nicht herunterfällt, und genau das falle auch unter den Begriff des Haltens.

Im Kern will man damit dem Zweck des § 23 folgen, der Ablenkung verhindern soll. Und ein wackeliges Handy auf dem Oberschenkel stellt letztendlich auch ein Gefährdungspotenzial dar, insoweit es einfach herunterfallen kann und damit spontane ungewollte Reaktionen zum Abfangen bewirken kann. Die Sichtweise ist hier immer mehr auf den Tatbestand der Ablenkung gerichtet denn auf die konkrete Ausgestaltung der Aktion. Genauso ist das Einklemmen des Handys zwischen Ohr und Schulter als solche anzusehen, zusammen mit eingeschränkter Bewegungsfähigkeit. Man wird hier in der Zukunft bestimmt noch weitere Konkretisierungen durch Urteile erfahren. Übrigens werden in Absatz 1b Ausnahmen behandelt, wobei man dabei auch vorsichtig sein sollte. Denn die Benutzung eines Smartphones bei stehendem Fahrzeug ist nicht automatisch erlaubt. Dafür ist der Motor vollständig auszuschalten. Und dazu wird geregelt: „Das fahrzeugseitige automatische Abschalten des Motors im Verbrennungsbetrieb oder das Ruhen des elektrischen Antriebes ist kein Ausschalten des Motors in diesem Sinne.“ Insbesondere ist damit die Start-Stopp-Automatik gemeint, die nicht den Sachverhalt des vollständig abgeschalteten Motors erfüllt. Hier sind bei Zuwiderhandlung jeweils 100 Euro und ein Punkt in Flensburg fällig.

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WAS BEDEUTET EIGENTLICH DIE MELDUNG „GEGENSTÄNDE AUF DER FAHRBAHN“

Diese Meldung hat bestimmt jeder schon einmal im Autoradio gehört, ohne allerdings zu wissen, um was es sich dabei denn genau handelt. Zuerst mal ist natürlich klar, dass irgendwelche „Gegenstände“ nicht auf die Straße gehören. In § 32 der StVO „Verkehrshindernisse“ steht denn auch geschrieben, dass es verboten ist, „die Straße zu beschmutzen oder zu benetzen oder Gegenstände auf Straßen zu bringen oder dort liegen zu lassen, wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann“. Interessant ist, dass der Paragraf nicht nur an die am Verkehr Teilnehmenden gerichtet ist, sondern auch an „nicht am Verkehr Teilnehmende“.

Grob kann man noch zwischen bewusster und unbeabsichtigter Verschmutzung oder Ablage von Gegenständen unterscheiden. Zu Ersterem würden beispielsweise abgestellte Fahrradständer, Container, Bauwagen oder überhaupt Baugeräte gehören. Aber auch eine in die Fahrbahn ragende Markise oder einfach ein zu tief über die Straße gespanntes Kabel gehören dazu. Andererseits können natürlich während der Fahrt (unbemerkt) Fahrzeugteile wie Stoßstangen, Auspuffrohre, Verkleidungen oder Laufflächen von Reifen abfallen und liegen bleiben. Allerdings kann auch einfach Ladung wie trockener, durch den Fahrtwind herabwehender Sand oder sonstige ungesicherte Schüttgüter auf die Fahrbahn gelangen.

Was da alles gefunden wurde, insbesondere auf den Autobahnen, gleicht eher einem Kuriositätenkabinett. Da liegen nicht nur Stühle, Fahrräder, Kochtöpfe oder Couches auf der Fahrbahn, es wurde sogar schon auf der A 25 bei Hamburg ein ganzer Balkon gesichtet. Verunfalltes Wild kann übrigens als Gegenstand ein Hindernis auf der Fahrbahn darstellen, es gilt allerdings nicht als Verunreinigung (wie ein Gericht treffend feststellte). Üblicherweise haftet der Verursacher für mögliche Unfälle in der Folge. Allerdings muss dieser erst mal ermittelt werden, was häufig nicht einfach ist. Man sollte tatsächlich einem Hindernis auf keinen Fall ausweichen und besser darüber fahren, auch wenn man damit einen möglichen Schaden (Fahrzeugboden?) in Kauf nimmt. Ein plötzlicher Richtungswechsel kann auf der Autobahn leicht andere Verkehrsteilnehmer mit in einen Unfall verwickeln, was bei Geschwindigkeiten über 100 km/h weitaus schlimmere Folgen nach sich ziehen könnte.

Was passiert aber, wenn ein Gegenstand auf der Autobahn entdeckt wurde? Der wichtigste Grundsatz ist: Man sollte niemals selbst versuchen, eigene oder fremde Teile von der Fahrbahn zu entfernen. Ein Anruf auf 110 mit Angabe der Fahrtrichtung und möglichst genau des Ortes sollte unbedingt als Erstes geschehen. Die Polizei fährt dann ein paar Kilometer vor dem Hindernis auf und agiert wie das Safety-Car in der Formel 1. Sie fährt dann möglichst in der Mitte, häufig auch Schlangenlinien, schaltet das Blaulicht und die Laufschrift „Bitte nicht überholen!“ ein. Der Verkehr wird dann sanft bis zum Stillstand heruntergebremst, der Gegenstand (hinter die Leitplanken) entsorgt (später dann von der Autobahnmeisterei gänzlich entfernt) und das „Safety-Car“ gibt wieder Gas und den Verkehr frei.

 

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