Hätten Sie’s gewusst?

<p>Eigentlich kennen wir uns alle gut aus im Straßenverkehr. 90 Prozent der Autofahrer geben in Umfragen regelmäßig an, dass sie sich selbst zu den zehn Prozent der besten Fahrzeuglenker zählen. Die kleinen Gemeinheiten im Verkehrsrecht beleuchten wir regelmäßig in unserer Rubrik.</p>

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WAS IST EIGENTLICH MIT DEM „GEBOT GEGENSEITIGER RÜCKSICHTNAHME“ GENAU GEMEINT

Die Straßenverkehrsordnung deckt bekanntermaßen in vielen Fällen Sachverhalte nicht in der Tiefe ab, wie es aus Sicht der Verkehrsteilnehmer als Verhaltensleitfaden notwendig wäre. Es bleibt da eben häufig eine Art Vakuum, das dann schrittweise, ausgehend von konkreten Verfahren, durch Gerichtsurteile gefüllt wird. Aber auch da gibt es bisweilen unterschiedliche Auslegungen und darauf aufbauende Entscheidungen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Höhe der Schrittgeschwindigkeit in verkehrsberuhigten Bereichen.

Solche Urteile führen dann zwar zu einer Eingrenzung der Problematik, verlagern die Diskussion aber auf andere, ebenfalls unklare Vorgaben. Ein beliebtes Argument ist dann die „Allzweckwaffe“ der StVO in Form von § 1 (Grundregeln). In Absatz 1 wird das eigentliche Problem sichtbar: „Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.“ Dieser Satz prangt seit 1970 als erste Grundregel überhaupt über allen anderen. Damit ist aber im Detail nichts geklärt. Insbesondere, wenn aufgrund anderer Unklarheiten darauf verwiesen wird.

Zwei Beispiele sind das Einund Ausparken auf einem Parkplatz sowie die Vorfahrt bei beidseitiger Fahrbahnverengung (Zeichen 120). Bei Letzterem geht es um die Frage, wer Vorfahrt hat, wenn aus zwei Spuren eine wird und Fahrzeuge parallel auf diese „Vereinigungsstelle“ zufahren. Aus dem simplen „Rechts vor Links“ meint bestimmt so mancher Fahrzeuglenker, sich seinen Vorrang ableiten zu können. Diese Fragestellung blieb lange unbeantwortet, bis vor etwas mehr als einem Jahr durch ein exemplarisches Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) etwas mehr Licht in diese Grauzone gelangte.

Das Gericht bezog sich im Urteil auf das „Gebot der wechselseitigen Rücksichtnahme“. Warum nicht der Terminus „gegenseitig“ aus der StVO benutzt wurde, ist wahrscheinlich von minderer Bedeutung, aber trotzdem ist dies anzumerken, da sonst immer sehr genau auf die Wortwahl geachtet wird.

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Aber hier verlagerte man das Problem einfach wiederum auf § 1. Damit bleibt die Frage nach der Rücksichtnahme, die stattfinden soll, weitgehend ungeklärt. Es heißt dann lapidar, dass die Fahrzeugführer – wie auch immer – sich verständigen sollen. Und schließlich: „Gelingt die Verständigung nicht, sind sie dazu verpflichtet, im Zweifel jeweils dem anderen den Vortritt zu lassen.“ Spätestens hier kommen erhebliche Zweifel auf. Verständigung, und insbesondere die Versuche dazu, brauchen Zeit. Damit ist eigentlich keine verantwortliche Führung des Fahrzeugs in Fahrt aufgrund von Ablenkung mehr möglich, handelt es sich doch nicht um eine Notsituation, sondern um eine ganz normale Gegebenheit.

Steigt man da noch tiefer ein, so muss jeder Verkehrsteilnehmer eigentlich ständig mit dem Fehlverhalten der anderen rechnen und sich darauf einstellen. Die Komplexität des Verkehrs ist aber so groß geworden, dass lediglich ein komplettes Ausscheiden aus dem Geschehen dies gewährleisten kann. Das aber wiederum ist unrealistisch und so bleibt eigentlich nur die Projektion des eigenen Verhaltens auf andere. Die automatisierte Verkehrswelt wird da noch ganz andere Maßstäbe setzen.

 

WOHER STAMMT EIGENTLICH DER ZEBRASTREIFEN

Der Zebrastreifen, wie der Fußgängerüberweg umgangssprachlich überwiegend genannt wird, feierte am 24. August sein 70-jähriges Jubiläum. Denn genau an dem Tag im Jahre 1953 führte der Gesetzgeber den § 26 („Fußgängerüberwege“) in die damalige Straßenverkehrsordnung ein. Der Zebrastreifen wurde seinerzeit nicht als solcher, sondern als „Dickstrichkette“ bezeichnet.

Den Namen „Zebrastreifen“ geschaffen zu haben, nimmt das Hamburger Abendblatt für sich in Anspruch. Die simple Meinung, die Ähnlichkeit mit der Farbgebung der gleichnamigen Huftiere hätte dabei Pate gestanden, will man dort nicht gelten lassen. Nachdem die Unfallzahlen an den Zebrastreifen erheblich waren, startete die Zeitung am 24. April 1954 die „Aktion Zebra“ als Begleitung einer „Verkehrserziehungswoche“ der Polizei der Stadt Hamburg. Dabei wurden die Kennzeichen besonders rücksichtsvoller Fahrer im Blatt notiert (nach heutigen Datenschutzrichtlinien unvorstellbar) und die Fahrer mit einer Plakette für die Windschutzscheibe, worauf sich das Bild eines Zebras befand, ausgezeichnet.

Der Clou ist aber nun, dass es sich bei „Zebra“ nun um ein Akronym handeln sollte und in Wahrheit das „Zeichen eines besonders rücksichtsvollen Autofahrers“ gemeint war. Klingt ein wenig konstruiert (wie ein Backronym), aber der Inhalt könnte passen. Die Unfallzahlen waren tatsächlich ungeheuerlich. In Nordrhein-Westfalen soll es im Jahre 1955 allein an Zebrastreifen 85.650 Unfälle mit Personenschäden mit fast 4.000 Todesfällen gegeben haben. Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass es von Dezember 1952 bis Juli 1957 keine festen Geschwindigkeitsgrenzen für Pkw und Krafträder, auch innerorts, gab. Bis 1964 stieg die Zahl der Unfälle sogar noch auf 98.000.

Das lag vor allem daran, dass die Fußgänger beim Queren der Straße keinen Vorrang hatten, diesen wohl aber zu haben meinten. Dieser Missstand wurde erst zum 1. Juni 1964 mit der Einführung der „Lex Zebra“ beseitigt, wonach die Fußgänger nun endlich diesen Vorrang zugesprochen bekamen. In der Folge nahmen die Unfälle zwar erst noch zu, aber die Todesfälle gingen deutlich zurück. Im Jahre 2020 gab es bundesweit nur noch elf tödliche Unfälle an Fußgängerüberwegen. Die Zebrastreifen in der heutigen Form sind sowohl was die Maße als auch was die Beschaffenheit angeht genau festgeschrieben. Die Breite ist ein halber Meter, ebenso der Abstand zwischen den Streifen, die Länge ist normalerweise vier Meter, mindestens aber drei Meter. Das Material muss reflektierend („Reflexglasperlen“) sein, die Oberfläche griffig und natürlich abriebfest. Wie viele Dinge im Verkehr ist aber die Geschichte des Zebrastreifens vor seinem Erscheinen in der StVO von reichlich Nebel umgeben. Die Geschichte beginnt mal wieder in England (nicht mit den Beatles an der Abbey Road!), wo 1948 punktierte Linien als Straßenmarkierungen für Fußgänger auftauchten. 1949 wurde in Genf im Protokoll über Straßenverkehrszeichen der Zebrastreifen in seiner heutigen Form erstmals erwähnt. Den ersten deutschen Zebrastreifen gab es wohl im März 1952 in Ostberlin, danach im Juli auch zwölf Aufbringungen in München. Einige Bilder von Pompeji legen jedoch nahe, dass es dort schon vor 2.000 Jahren eine steinerne Vorform zum Überqueren einer breiten Rinne in der Straßenmitte (wohl für Abwasser und Abfall gedacht) gab, wo man von Stein zu Stein hüpfen musste.

 

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