Was Volt ihr?
<p>Das Elektroauto muss dringend an Lade- und Reichweitenperformance zulegen, daran führt kein Weg vorbei. Für das Gelingen gibt es mehrere Optionen. Wir beleuchten einige davon.</p><p> </p>

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Der Widerstand gegen das Elektroauto ist vielschichtig. Manche Autofahrer vermissen schlicht den Klang des Verbrenners – bei manchen Motoren auch verständlich, aber nicht bei allen. Eng damit verknüpft ist das Argument der mangelnden Emotionalität bei elektrisch angetriebenen Vehikeln. Dieser Meinung kann man natürlich sein, aber wenn die Elektromobilität ausgebremst wird, hat das meist andere Gründe. Denn zwei Argumente gegen das Elektroauto wirken wie eine massive Wand, die sich so schnell nicht durchdringen lässt. Einerseits geht es um Reichweite, andererseits um die Ladegeschwindigkeit. Viele Befürworter elektrisch angetriebener Fahrzeuge argumentieren mit der geringen Kilometerfahrleistung der meisten Autofahrer. Das mag alles richtig sein, aber dabei wird gerne unterschlagen, dass ja irgendwann auch noch die Urlaubsfahrt ansteht. Zu berücksichtigen ist darüber hinaus: Es gibt einen psychologischen Effekt – in vielen Erhebungen hat sich herausgestellt, dass auch diejenigen Kunden gerne viel Reichweite hätten, die gar keine weiten Strecken zurücklegen. Kurzum: Das Elektroauto funktioniert in der Masse ausschließlich mit hoher Reichweite.
Hohe Reichweite und schnelles Laden sind der Schlüssel für erfolgreiche E-Mobilität
Der zweite Punkt ist die hohe Ladegeschwindigkeit. Und dafür tun sämtliche Hersteller eine ganze Menge. Akkugrößen um 100 Kilowattstunden herum können gepaart mit hoher Effizienz schon beträchtliche Reichweiten erzeugen. So nennt Peugeot für den neuen e-3008 bis zu 700 Kilometer WLTP-Reichweite. Möglich wird das nicht zuletzt durch hohe Effizienz. Das SUV soll mit unter 14 Kilowattstunden je 100 Kilometer auskommen. Der Stellantis-Konzern, zu dem ja nicht nur Peugeot gehört, sondern weitere Marken wie beispielsweise Alfa Romeo, Citroën, Fiat, Jeep, Maserati und Opel, legt sich richtig ins Zeug, um die Ladezeiten künftig so kurz wie möglich zu halten. Hier spielt auch die 800-Volt-Technologie eine Rolle, die bei Stellantis schon zum Einsatz kommt (Maserati GranTurismo Folgore). Auf diese Weise lassen sich 100 Kilometer Reichweite binnen fünf Minuten generieren bei einer Ladeleistung von 270 Kilowatt. Das ist dann zwar immer noch nicht so schnell wie konventionelles Tanken, aber immerhin bereits praktikabel. Und die Technologie schreitet immer weiter fort. Wichtig ist, dass schnelle Ladetechnologie demokratisiert wird.
Und daran arbeiten ebenfalls viele Hersteller. Mercedes kündigt an, die nächste Kompaktklasse-Plattform extrem ladeund reichweitenperformant auszulegen. Dafür soll nicht nur ein 800-Volt-Bordnetz bürgen. Maximale Effizienz erreichen die Ingenieure beispielsweise durch den Einsatz von mehreren Übersetzungen. So bekommen der nächste CLA und seine Derivate ein Zweiganggetriebe. Zusammen mit strömungsgünstigen Karosserien lassen sich Verbräuche von um die 12 Kilowattstunden je 100 Kilometer realisieren. Ein Wert, den der erste Hyundai Ioniq bereits erreicht. Gutes Stichwort – bei dem koreanischen Konzern (zu dem die Marken Genesis, Hyundai und Kia gehören) ist die 800-Volt-Technologie ebenfalls schon länger angekommen. Und zwar in der erschwinglichen Kompaktklasse. Aber all das reicht natürlich nicht – die Akkutechnologie muss weiter voranschreiten. Beispielsweise, um Temperaturschwankungen auszugleichen. Hier könnten Feststoffbatterien Abhilfe schaffen – beim Stellantis-Konzern bereits im Gespräch. Und nicht nur dort.
Das 800-Volt-Bordnetz wird sich durchsetzen
Die Themen Ladegeschwindigkeit und Reichweite treiben auch den Volkswagen Konzern um. Hier geht man die Sache stufenweise an – abhängig von der Fahrzeugkategorie. 800 Volt, die schon seit Jahren beim Audi e-Tron GT und dem Porsche Taycan zum Einsatz kommen, wird langsam weiter ausgerollt. Die nächste Plattform PPE für Porsche Macan und Audi Q6 kann ebenfalls 800 Volt. Und Volkswagen arbeitet längst daran, den sogenannten Modularen Elektrobaukasten (MEB) zu ersetzen – und zwar mit der Nachfolger-Plattform SSP (Scalable Systems Platform). Diese soll derart ladeperformant sein, dass der Akku bereits nach zwölf Minuten von 10 auf 80 Prozent State of Charge gebracht werden kann. Damit könnte es bereits in drei Jahren losgehen. Wichtig ist, dass künftig nicht nur Highend-Fahrzeuge schnell Energie nachfassen können, sondern ausdrücklich eben auch Basismodelle. Aber dahin geht die Richtung – beispielsweise mit SSP. Nahezu jeder namhafte Autohersteller arbeitet an der Reduktion seiner Ladezeiten. So auch der Konzern Jaguar Land Rover.
Die Briten wollen in Kürze mit einem Sportwagen auftrumpfen, der über 300 Kilometer Reichweite binnen einer Viertelstunde nachfassen kann. Und auch BMW wird Gas, ähm, Strom geben mit der künftigen „Neuen Klasse“ – der Name dieser elektrischen Plattform-Generation ist angelehnt an die historische Neue Klasse der Sechzigerjahre. BMW bringt seinen Performancegewinn mit einem schönen Dreiklang auf den Punkt: Die Ladezeit soll um 30 Prozent reduziert werden bei gleichzeitiger Reichweitenerhöhung von ebenfalls 30 Prozent. Zusätzlich steigert BMW seine Effizienz um 25 Prozent. Und noch viele andere Hersteller rüsten auf. Volvo ist es jüngst gelungen, die Ladeleistung im bestehenden Modell auf 200 Kilowatt zu steigern. Und entscheidend ist ja nicht nur die Peak-Leistung. Es kommt auch darauf an, wie lange eine hohe Ladeleistung aufrechterhalten werden kann. Auch daran werden die Tüftler in den nächsten Jahren zu feilen haben.

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Ausgabe 5/2023

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Auch die Ladeinfrastruktur muss noch wachsen
Sind das alles Maßnahmen, mit deren Hilfe die Elektromobilität also den Durchbruch schaffen kann? Na ja, da wäre noch die Kleinigkeit Ladeinfrastruktur. In Deutschland läuft es mit dem Aufbau von Ladesäulen recht gut, es gibt quasi keinen Fleck hierzulande, von dem aus betrachtet die nächste Ladesäule weiter als 50 Kilometer entfernt liegt – schaffbar selbst für das am wenigsten reichweitenperformante Elektrofahrzeug. Aber der Fokus liegt natürlich auf ganz Europa. Es sind zwar bereits Reisen durch Europa mit elektrisch angetriebenen Autos möglich. Jedoch haben die östlichen und südlichen europäischen Staaten noch Nachholbedarf, was Ladeinfrastruktur angeht. Andererseits: Es ist ja noch etwas Zeit. Bis zum Jahr 2035 dürfen Verbrenner in jedem Fall noch regulär verkauft werden. Und der Aufbau von Ladeinfrastruktur schreitet stetig voran. Es bleiben der Elektromobilität also noch ein paar Jahre, bis sie dann wirklich in Fahrt kommen muss. Hierzulande sind bereits über eine Million Autos mit rein elektrischem Antrieb unterwegs und der Anteil der Stromer an den Gesamtzulassungen beträgt aktuell rund 15 Prozent. Für den Anfang doch schon mal nicht schlecht. Demnach bleibt spannend, wie sich die Elektromobilität entwickelt.
Bisher war die Entwicklung durchaus dynamisch. Im Jahr 2010 gab es noch gar keine Elektromobilität – und 2017 lag die Zahl der Zulassungen hierzulande bereits bei etwa 25.000 Exemplaren. Und 2022 lag diese sogar schon bei über 470.000 Stück – Tendenz stark steigend. Und das, obwohl die Förderung bei der Anschaffung bereits reduziert wurde. Bei gewerblichen Fahrzeuganschaffungen wird nicht mehr gefördert – zumindest nicht bei der Anschaffung. Steuerlich werden elektrisch angetriebene Autos indes noch immer bevorzugt. So müssen Dienstwagenfahrer die pauschale Versteuerung von Privatfahrten mit bloß 0,25 Prozent abgelten. Diese Regelung gilt für Fahrzeuge mit einem Bruttolistenpreis von bis zu 60.000 Euro. Bei teureren Autos bildet die Grundlage für die Versteuerung immerhin der halbierte Bruttolistenpreis. Damit sparen Dienstwagenfahrer gehörig im Vergleich zum konventionellen Antrieb. Entscheidend wird natürlich auch sein, wie sich die Kraftstoff- und Strompreise entwickeln werden. Klar sein muss, dass die Elektromobilität auch ohne Förderung funktionieren sollte. Allerdings werden die Autohersteller in den nächsten Jahren so viele batterieelektrische Modelle herausbringen, dass der Kunde kaum noch um eine solche Antriebsart herumkommen wird. Ob es dann Warteschlangen an den Ladesäulen geben wird, bleibt abzuwarten. Daher ist es jetzt daran, noch mehr Ladeparks zu errichten. Doch das passiert ja stetig. Insofern steht der Elektromobilität – zumindest aus heutiger Sicht – nichts mehr im Wege.

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