Mitarbeitermobilität und Mobilitätsbudget: Alles flexibel – auch bei Steuern und Recht?

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Es gibt viele gute Gründe, Mobilitätsbudgets in Unternehmen einzuführen. Unter einem Mobilitätsbudget im weiteren Sinne versteht man ein Mobilitätsangebot für Mitarbeitende von Unternehmen – gegebenenfalls als Alternative oder Ergänzung zu einem individuell zugeordneten Dienstwagen.
Hierbei wird den Mitarbeitenden ermöglicht, im Rahmen eines vereinbarten Budgets Leistungen in Form von dienstlichen als auch privaten Fahrten mit Verkehrsmitteln nach Wahl abzurufen. Das zuvor festgelegte und vom Arbeitgeber bereitgestellte Budget kann insoweit von den Mitarbeitenden flexibel eingesetzt werden, um zur Vermeidung von CO2-Emissionen klimaschonende Verkehrsmittel zu nutzen. Als Mobilitätsalternative stehen Angebote des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) beziehungsweise Verkehrsmittel wie Fernbus und Bahn, Taxi und Mietwagendienste, aber auch (Corporate) Carsharing, E-Bike oder Fahrrad, E-Scooter, E-Moped oder – multimodal betrachtet – eine Kombination aus mehreren Verkehrsmitteln für die Bewältigung einer Wegstrecke zur Verfügung. Der für einen Firmenwagen gewährte Betrag könnte nunmehr auf andere klimafreundliche Verkehrsmittel aufgeteilt werden. Ein zusätzlicher Anreiz kann sein, dass ein nicht ausgeschöpftes Restguthaben innerhalb eines festgelegten Zeitraums gegebenenfalls für andere Zwecke verwendet werden darf. Eine solche ganzheitliche Mobilitätslösung wird sowohl den individuellen Anforderungen von Unternehmen als auch den Bedürfnissen der Mitarbeitenden gerecht. In Zeiten des Fachkräftemangels kann eine gute Lösung für Mitarbeitermobilität ein ausschlaggebendes Kriterium im Wettbewerb um Arbeitskräfte darstellen. Gleichwohl muss eine Mobilitätslösung für das Unternehmen, seinen Standort sowie seine Mitarbeitenden „passen“. Vor der Einführung des Mobilitätsbudgets muss daher eine Standortanalyse erfolgen.
Mobilitätsbudgets einfach gestalten
Im Ergebnis müssen Mobilitätsbudgets einfach nutzbar sein. Budgetlösungen müssen so ausgestaltet sein, dass sie von den Mitarbeitenden akzeptiert und genutzt werden. Das bedeutet keineswegs, dass Mobilitätsbudgets nicht durchdacht sein müssen – ganz im Gegenteil. Aber ihre Umsetzung und Handhabung durch Nutzer muss so simpel wie möglich sein. Am einfachsten wäre es, wenn man über eine einzelne App über das dienstliche (oder private) Smartphone die unterschiedlichen Mobilitätsdienstleistungen abrufen könnte und am Ende des Monats einen Überblick hätte, wie viel Restguthaben noch im Budget zur Verfügung steht. Wünschenswert wäre zudem eine Kooperation der kommunalen Verkehrsdienstleister im Hinblick auf die wechselseitige Einbindung von Diensten. Ein erster Schritt in die richtige Richtung war die Einführung des 49-Euro-Tickets (Deutschlandticket) ab dem 1. Mai 2023, das zur bundesweiten Nutzung des ÖPNV bei allen Verkehrsverbünden im Nah- und Regionalverkehr berechtigt.
In Deutschland gibt es keine gesetzlichen Vorgaben zum Mobilitätsbudget. Die Umsetzung betrieblicher Mobilität kann auf Grundlage bereits zur Verfügung stehender Regelungsmöglichkeiten erfolgen. Unternehmensintern erfolgt die Umsetzung einer Mobilitätslösung regelmäßig über das Arbeitsrecht. Der Übergang zur flexiblen Mobilitätslösung für Mitarbeitende geschieht zum Beispiel in Form von einseitigen Vorgaben durch den Arbeitgeber, die dann für die betriebliche Mobilität umgesetzt werden. Das bedeutet nicht unbedingt Zwang, ein Mobilitätsbudget zu nutzen, sondern vielmehr ein Angebot für Mitarbeitende. Zur weiteren Konkretisierung kommen ergänzende arbeitsvertragliche Vereinbarungen – gegebenenfalls unter Mitbestimmung des Betriebsrats in Betracht. Mehr Akzeptanz für solche Regelungen finden Unternehmen dann, wenn sie die Mitarbeitenden im Rahmen einer Bedarfsanalyse der Mitarbeitermobilität von Anfang an mit einbinden.
Im Außenverhältnis zwischen Unternehmen und Dienstleistern muss durch eine Rahmenvereinbarung geregelt werden, welche verschiedenen Mobilitätslösungen zum Abruf angeboten werden. Bei der konkreten Buchung der Mobilitätsdienstleistung (Leistungsabruf) durch Arbeitnehmer erfolgt dies vordergründig im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Dienstleister. Genau genommen ist es aber eine Leistung „über das Dreieck“: Die (steuerbare) Leistung erfolgt im Verhältnis Arbeitgeber – Dienstleister, wobei Letzterer die Mobilitätsdienstleistung dem Nutzer auf Abruf zur Verfügung stellt, aber auf Rechnung des Arbeitgebers. Wer steuerlich Leistungs- und Rechnungsempfänger ist, folgt aus den Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Dienstleister.

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Ausgabe 3/2023

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Vorhandene rechtliche Möglichkeiten nutzen
Mobilitätsbudgets betreffen grundsätzlich Fragen des individuellen und des kollektiven Arbeitsrechts. Beim Individualarbeitsvertrag ist die Arbeitsvergütung angesprochen, vor allen Dingen durch die Ausgestaltung, welche konkreten einzelnen Leistungen aus dem Baukasten eines Mobilitätsbudgets in Anspruch genommen werden dürfen. Das kann durch einen Ergänzungsvertrag zum Arbeitsvertrag geregelt werden – auch inwieweit das Mobilitätsbudget für dienstliche oder private Zwecke genutzt werden darf.
Ferner spielt das kollektive Arbeitsrecht beim Mobilitätsbudget eine Rolle. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG besteht bei Fragen der betrieblichen Lohngestaltung ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Dies betrifft alle Leistungen des Arbeitgebers, die als Gegenleistung für eine von den Mitarbeitenden erbrachte Leistung gewährt werden, also auch Sachleistungen aus einem Mobilitätsbudget. Das Mitbestimmungsrecht besteht aber nur in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, nicht aber bei individuellen Vereinbarungen im Einzelfall. Anders liegt es, wenn unternehmensweit flächendeckend das Mobilitätsbudget für alle Mitarbeitenden geregelt wird. Dann kann das Mobilitätsbudget als Betriebsvereinbarung eingeführt werden. Eine Betriebsvereinbarung überlagert individuelle Arbeitsverträge und hat den Vorrang. Empfehlenswert sind Laufzeitbegrenzungen für Betriebsvereinbarungen, die für die Zukunft Anpassungen ermöglichen. Betriebsvereinbarungen haben regelmäßig eine höhere Akzeptanz bei den Mitarbeitenden, da der Betriebsrat ihre Interessen wahrnimmt.
Steuerliche Regelungen einfach anwenden
Regelmäßig folgt die rechtliche Ausgestaltung von Mobilitätsbudgets den zur Verfügung stehenden steuerrechtlichen Möglichkeiten und den steuerlichen Vorfragen zu Geldleistungen und Sachbezügen. Bislang sind nur einzelne Bausteine aus Mobilitätsbudgets steuerrechtlich geregelt. Vereinzelt wurden Mobilitätselemente von Steuern befreit, während andere Mobilitätsmittel durch eine Pauschalsteuer durch den Arbeitgeber abgegolten werden können. Steuerfrei sind insoweit Zuschüsse zu Wegefahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte im öffentlichen Linienverkehr sowie Privatfahrten im ÖPNV, aber auch die Überlassung eines Dienstrads. Das entlastet Mitarbeitende finanziell. Wer Mobilitätsbudgets plant, muss den Überblick haben, welche steuerrechtlichen Regelungen für die unterschiedlichen Mobilitätsformen Verfügung stehen.
Steuerfrei sind beispielsweise:
Job-Ticket (§ 3 Nr. 15 EStG): zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährte Zuschüsse des Arbeitgebers zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Wegefahrten (zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte) mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr (ohne Luftverkehr) und nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG sowie für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr; das Gleiche gilt für die unentgeltliche oder verbilligte Nutzung der genannten öffentlichen Verkehrsmittel im Linienverkehr (ohne Luftverkehr) und im ÖPNV, die der Arbeitnehmer aufgrund seines Dienstverhältnisses zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn in Anspruch nehmen kann.
Das heißt: Im öffentlichen Personenfernverkehr sind nur Wegefahrten steuerfrei, die Privatnutzung ist steuerpflichtig. Das gilt für Fernzüge der Deutschen Bahn (ICE, IC, EC), Fernbusse auf festgelegten Linien oder Routen und mit festgelegten Haltepunkten, vergleichbare Hochgeschwindigkeitszüge und schnellfahrende Fernzüge anderer Anbieter. Im öffentlichen Personennahverkehr sind hingegen alle Fahrten der Mitarbeitenden begünstigt. Nicht zum ÖPNV zählen Taxis im Gelegenheitsverkehr und für konkrete Anlässe speziell gemietete Busse oder Bahnen. Allgemein zugängliche Mobilitätsoptionen wie zum Beispiel Car-, Bike- oder Scooter-Sharing werden dabei nicht begünstigt.
Überlassung eines betrieblichen (Elektro-)Fahrrads zur privaten Nutzung (§ 3 Nr. 37 EStG): zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für die Überlassung eines betrieblichen Fahrrads, das kein Kraftfahrzeug im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 ist (also keine S-Pedelecs).
Aufladen von Elektroautos oder Hybridelektrofahrzeugen im Betrieb des Arbeitgebers (§ 3 Nr. 46 EStG): zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für das elektrische Aufladen eines Elektrofahrzeugs oder Hybridelektrofahrzeugs im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Hs. 2 EStG an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers oder eines verbundenen Unternehmens (§ 15 AktG) und für die zur privaten Nutzung überlassene betriebliche Ladevorrichtung.
Pauschal versteuert werden beispielsweise:
• Barzuschüsse zu Fahrtkosten für Fahrten zwischen der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte (§ 40 Abs. 2 Satz 2 EStG)
• verbilligte oder unentgeltliche Übereignung eines betrieblichen Fahrrads, das kein Kfz ist (§ 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG)
• verbilligte oder unentgeltliche Übereignung einer Ladevorrichtung sowie Zuschüsse des Arbeitgebers (§ 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG)
• Lohnsteuer für Sachzuwendungen nach § 37b Abs. 2 EStG
Beim Deutschlandticket kann der Arbeitgeber nach § 9 Abs. 2 EStG bis zur Höhe der tatsächlichen Kosten der Fahrkarten (49 Euro) eine steuer- und sozialversicherungsfreie Auszahlung vornehmen. Die Sachbezugsfreigrenze wurde mit Wirkung ab 1. Januar 2022 von 44 auf 50 Euro monatlich angehoben. Eine Ausnahme gilt jedoch für einen vom Arbeitgeber selbst ausgestellten Gutschein, wenn die Akzeptanzstellen (zum Beispiel Tankstelle) aufgrund eines vorher geschlossenen (Rahmen-)Vertrags unmittelbar mit dem Arbeitgeber abrechnen.
Bei Gehaltsumwandlungen vom Bar- zum Sachlohn ist weiter zu beachten, dass diese regelmäßig steuer- und sozialversicherungspflichtig sind. Empfehlenswert ist, die Vorteile aus Mobilitätsbudgets nur „on top“ zum arbeitsrechtlich vereinbarten Barlohn zu gewähren. Fahrtkostenzuschüsse sowie andere Sachzuwendungen kommen daher für eine Pauschalversteuerung in Betracht. Die Pauschalversteuerung ist nämlich entscheidend davon abhängig, dass der gewährte geldwerte Vorteil zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu gewähren ist. Bei der Gehaltsumwandlung ist das Zusätzlichkeitskriterium nicht erfüllt, weshalb diese Form der Vorteilsgewährung nicht pauschalierungsfähig ist.
Die Art und Weise, wie Mitarbeitende Leistungen aus Mobilitätsbudgets abrufen können, hat Auswirkung darauf, ob es sich steuerlich um eine Geldleistung oder um einen Sachbezug handelt. Im Einkommensteuerrecht ist gesetzlich festgeschrieben (§ 8 Abs. 1 Satz 2 EStG), dass zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten, grundsätzlich keine Sachbezüge darstellen, sondern Geldleistungen sind (zur Abgrenzung siehe BMF-Schreiben vom 13.04.2021, IV C 5 – S 2334/19/10007 :002). Demgegenüber definiert § 8 Abs. 1 Satz 3 EStG bestimmte zweckgebundene Gutscheine (inklusive Gutscheinkarten, digitaler Gutscheine, Gutscheincodes oder Gutschein-Apps) oder entsprechende Geldkarten (inklusive Wertguthabenkarten beziehungsweise Prepaid-Karten) als Sachbezug. Die Gutscheine oder Geldkarten dürfen ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen beim Arbeitgeber oder bei einem Dritten (wie beispielsweise einem Mobilitätsdienstleister) berechtigen, wobei seit 1. Januar 2022 zudem § 2 Abs. 1 Nr. 10 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) zu erfüllen ist. Erstellt der Arbeitgeber einen Gutschein zur Einlösung bei Dritten selbst, stellt dies beim „Einlösen“, das heißt dem Einreichen der Quittung beim Arbeitgeber als nachträgliche Kostenerstattung, mithin einen Barlohn dar; die Sachbezugsfreigrenze von 50 Euro ist dabei nicht anwendbar. Der Teufel der Umsetzung steckt aber im arbeitsrechtlichen Detail: Werden Gutscheine als Teil der regulären Vergütung ausgegeben, greift diesbezüglich das Nachweisgesetz, weil es sich dann um Vergütungsbestandteile mit Entgeltcharakter im Sinne von § 2 NachwG handelt. Eine schriftliche Regelung ist in diesem Fall notwendig. Haben die Gutscheine reinen Belohnungscharakter, ist eine schriftliche Vereinbarung aus arbeitsrechtlicher Sicht nicht vorgeschrieben, aber zur Vermeidung rechtlicher Risiken anzuraten.
Auf die Plätze – fertig – los!
Unternehmen müssen nicht auf gesetzliche (Neu-)Regelungen zu Mobilitätsbudgets warten, sondern können bereits jetzt mit deren Einführung starten. Der rechtliche Rahmen für ein Mobilitätsbudget ist abgesehen von (fehlenden) umfassenden steuerlichen Vergünstigungsregelungen bereits in der bestehenden Rechtsordnung angelegt. Die vorhandenen rechtlichen Instrumentarien müssen aber individuell für die praktische und bedarfsgerechte sinnvolle Umsetzung eines Mobilitätsbudgets und seinen Leistungen an das Unternehmen angepasst werden. Hierbei sollten sich Unternehmen beziehungsweise das Mobilitätsoder Fuhrparkmanagement sowohl juristisch als auch steuerlich beraten und unterstützen lassen.
Rechtsanwalt Lutz D. Fischer, St. Augustin
Kontakt: kanzlei@fischer.legal
Internet: www.fischer.legal
AUTOR
RECHTSANWALT LUTZ D. FISCHER ist Mitglied der ARGE Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein. Ein besonderer Kompetenzbereich liegt im Bereich des Dienstwagen- und Verkehrsrechts. Als Autor hat er zahlreiche Publikationen zum Dienstwagenrecht veröffentlicht, unter anderem in der Fachzeitschrift „Flottenmanagement“ sowie im Ratgeber „Dienstwagen- und Mobilitätsmanagement 2018–2020“ (Kapitel Datenschutz). Als Referent hält er bundesweit offene Seminare und Inhouse-Veranstaltungen zur Dienstwagenüberlassung mit thematischen Bezügen zu Arbeitsrecht, Entgeltabrechnung, Schadenregulierung und -management, Datenschutz sowie Elektromobilität.

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