Saubere Sieben

<p>Mit der Euro 7-Abgasnorm für Verbrenner müssen sich die Autohersteller auf ein strengeres Reglement für ihre Motoren einstellen. Sie ist übrigens der Beweis dafür, dass auch der Verbrenner noch Verbesserungspotenzial hat. Dennoch wird es mittelfristig Elektromobilität geben in der breiten Masse. Ach ja, und Elektroautos werden bei der neusten Umweltnorm übrigens auch berücksichtigt.</p>

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Machen wir uns nichts vor – der Verbrenner wird sterben. Also voraussichtlich in Europa und für die breite Masse. Das batterieelektrische Vehikel ist auf dem Vormarsch, ganz klar. Die Vorbehalte gegen den Stromer werden sich in Luft auflösen, denn die Akkutechnologie wird besser und die Ladezeiten damit kürzer. Schon heute dauert es mit einem ladeperformanten Fahrzeug kaum noch zwanzig Minuten, bis ein leerer Akku wieder so fit ist, dass er Strom für mehrere Hundert Kilometer spenden kann. Zieht man noch die Zeit ab, die ein klassischer Bezahlvorgang an der Tankstellenkasse in Anspruch nehmen kann, sieht die Bilanz für das Elektroauto gar nicht so schlecht aus. Doch heute eingesetzte Lithium-Ionen-Batterien sind ja nur der Anfang. Mit dem in wenigen Jahren startenden Feststoff-Stromspeicher werden die Karten neu gemischt – dann gibt es weitere Fortschritte in puncto Energiedichte und Ladegeschwindigkeit. Doch diese Zukunft ist noch eine Weile hin, der Verbrenner ist keineswegs abgeschrieben. Immerhin wird man ihn noch mehr als ein Jahrzehnt kaufen können.

Und da Stillstand Rückschritt ist, muss sich auch der weitverbreitete Verbrenner noch weiter verbessern, will heißen: Seine Abgase müssen deutlich sauberer werden. Abgasgrenzwerte haben eine lange Geschichte. In den USA, vor allem in Kalifornien, gelten schon seit Ende der Sechzigerjahre Abgasvorschriften. In Europa wurden bereits innerhalb des EU-Vorgängerkonstrukts, also der Europäischen Gemeinschaft, Abgasgrenzwerte festgelegt. Vor allem im Laufe der Siebzigerjahre wurde insbesondere der Ausstoß von Kohlenstoffmonoxid und Kohlenwasserstoff begrenzt. Gesundheitlich ziemlich schädlichen Rußpartikeln wird indes erst seit Ende der Achtzigerjahre der Kampf angesagt. Die Hürden der ersten Euronorm (Euro 1) mussten neue Autos erstmals 1993 nehmen. Dann wurde zunächst alle vier Jahre verschärft, ab dem Jahr 2011 dann alle fünf Jahre. Neu ist ein Element, das 2019 erstmals zum Tragen gekommen ist: Jetzt werden auch Emissionen bewertet (und begrenzt), die in tatsächlichen Fahrsituationen entstehen und nicht nur auf dem Prüfstand, um das Emissionsgeschehen einfach realistischer im Blick zu halten.

In der Vorbereitung zur ab 2025 geltenden Euro-7-Abgasnorm, die eigentlich Emissionsnorm heißen müsste (denn es geht nicht mehr nur um Abgase, dazu später mehr), drangen Vorschläge in die Öffentlichkeit, die so manchen Autohersteller haben aufhorchen lassen. Dabei war das Problem gar nicht, die geforderten Grenzwerte beispielsweise im Bereich Stickoxid grundsätzlich zu erreichen. Die Voraussetzung in den frühen Entwürfen lautete, dass die Grenzwerte quasi zu jeder Zeit einzuhalten seien, also selbst in der extrem kurz andauernden Kaltlaufphase des Motors (bei niedriger Temperatur sind die Katalysatoren noch nicht vollständig arbeitsfähig). Davon ist aktuell keine Rede mehr. Allerdings wird das Temperaturfenster, innerhalb dessen die tatsächlichen Emissionen bei realer Fahrt innerhalb des Grenzwerts liegen müssen, von 35 auf 45 Grad Celsius angehoben – vielleicht als Anpassung an allgemein wärmer werdende Witterungsverhältnisse gar nicht so unklug.

Ein wichtiger Punkt ist auch, dass bei den Emissionsvorgaben künftig keine Unterschiede mehr zwischen den Fahrzeugklassen gemacht werden. Ob Kleinwagen, leichtes Nutzfahrzeug oder schwerer Lastkraftwagen – für alle Vehikel gelten die gleichen Vorschriften. Allerdings haben die Hersteller schwerer Busse und Laster bis 2027 Zeit für die Umstellung. Also zwei Jahre länger. Jetzt könnte man sich fragen, welche Relevanz diese Informationen für den Flottenbetreiber haben – aber sie haben durchaus eine Relevanz. Denn je höher die Hürden werden, um die Abgasvorschriften zu erreichen, desto teurer werden die entsprechenden Neuwagen in der Anschaffung. Kleine Personenwagen mit ohnehin geringen Margen könnten durch solche Unterfangen komplett aus den Modellprogrammen fliegen. Kommen die Vorschläge so durch das EU-Parlament, sprechen verschiedene Quellen wie der ADAC oder gängige Automobilfachmagazine von Kostensteigerungen in der Größenordnung 150 Euro je Personenwagen und knapp 3.000 Euro pro Fahrzeug im Bereich des Schwerlastverkehrs. Das wären für Flottenbetreiber verkraftbare Dimensionen, und sie würden außerdem nicht den vorzeitigen Tod des Verbrenners bedeuten.

Noch ein paar weitere sinnvolle Änderungen sieht Euro 7 vor. Ebenfalls nicht mehr differenziert werden soll künftig zwischen den unterschiedlichen Antriebsarten. Durfte der Diesel bisher beispielsweise 80 Milligramm Stickoxid je Kilometer ausstoßen, wird dieser Grenzwert auf 60 Milligramm heruntergesetzt analog zum Benziner. Beim Benziner dagegen wird die „Kohlenstoffmonoxidbremse“ angezogen. Bisher waren eintausend Milligramm je Kilometer erlaubt, beim Diesel 500 Milligramm. Mit der Euro 7-Norm darf auch der Ottomotor die 500-Milligramm-Grenze nicht mehr reißen. Außerdem muss die Abgasreinigung künftig länger halten. Und zwar zehn Jahre lang und bis 200.000 Kilometer Fahrzeuglaufleistung. Bisher waren es nur fünf Jahre und 100.000 Kilometer. Zudem müssen die Hersteller smogförderndes Ammoniak eliminieren sowie noch feinere Rußpartikel als bisher. Und es gibt keine Credits mehr für die Messergebnisse während der praktischen Fahrt: Hier müssen die Fahrzeuge also exakt so sauber sein wie auf dem Prüfstand. Bisher durften sie dort deutlich schlechter abschneiden, teilweise um den Faktor 1,4 mehr Schadstoffe ausstoßen.

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Und jetzt kommt es: Auch Elektrofahrzeuge unterliegen bestimmten Kriterien der Euro-7-Norm. Freilich nicht mit ihren Abgasen, denn die gibt es ja nicht. Aber auch elektrisch angetriebene Autos verursachen Emissionen. Und zwar gibt es Reifenabrieb und Feinstaub, der durch abnutzende Bremsbeläge verursacht wird – schließlich kann die Rekuperation nicht alle vorkommenden Bremssituationen allein meistern. Außerdem müssen die Batterien eine gewisse Haltbarkeit aufweisen. Nach fünf Jahren respektive 100.000 Kilometern sind immer noch 80 Prozent Restleistung vorgeschrieben. Drei Jahre oder 60.000 Kilometer später müssen es noch immer 70 Prozent sein. Klar, schließlich verursacht der Austausch von Traktionsbatterien auch Emissionen. In Stein gemeißelt sind die Vorschläge freilich noch nicht – der Industrie gehen sie zu weit, den Umweltschützern nicht weit genug. Immerhin, wie auch immer ein Kompromiss ausgehen mag, das vorzeitige Aus für den Verbrenner wird es eher nicht geben. Gleichwohl wird die batterieelektrische Mobilität nicht mehr aufzuhalten sein.

 

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