Erfahrung zahlt sich aus
<p>Schwerpunktinterview mit Carsten Schopf, Direktor Flotten bei der Renault Deutschland AG, in der Kölner Niederlassung der Renault Retail Group Deutschland GmbH</p>

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Flottenmanagement: Vor genau zwei Jahren haben wir uns zum letzten Schwerpunktinterview getroffen. Seitdem ist sehr viel passiert, was Ihren Bereich Flotte stark beeinflusst hat. Wie hat sich Ihr Tagesgeschäft insbesondere durch die COVID-19-Pandemie verändert und wie haben Sie auf diese neuen Herausforderungen strategisch reagiert?
Carsten Schopf: Mit der Wucht der Pandemie mit all ihren Auswirkungen auf unseren Alltag hatte damals keiner gerechnet. Was sie allerdings auch mit sich gebracht hat, war der Schub an Digitalisierung, von dem wir nun profitieren. Weil wir schon früh mit digitalen Kommunikationsmethoden gearbeitet haben, konnten wir schnell und problemlos den Geschäftsalltag mithilfe der neuen Kanäle umstrukturieren. Gleichzeitig ist die Digitalisierung in Geschäftsbereichen wie der Rechnungsstellung, bei Freigabeprozessen oder Mitarbeitersteuerung vorangeschritten, sodass sich viele Prozesse beschleunigt haben. Vor allem die Schließung der Autohäuser erforderte, dass wir uns als Marke neu positionieren, um auf digitalem Weg nun auf den Kunden zuzugehen. Mithilfe von neuen Plattformen beispielsweise für das Leasing, für die Kommunikation und mit neu ausgerichteten Rücklaufquoten für Marketingmaßnahmen konnten wir unsere Kunden gut erreichen. Von Brühl aus haben wir in regelmäßigen Online-Meetings bei den Verkaufsteams nachgehört, wie wir unterstützen können, und Schulungen abgehalten. Unsere Händler haben kreative und innovative Ideen genutzt, auf vielen Wegen ihre Kundenbeziehungen erfolgreich auszubauen.
Flottenmanagement: In nahezu allen Renault- Baureihen finden sich elektrifizierte Varianten – als vollelektrische, Plug-in-hybridische oder hybridische Modelle. Welche Firmenzielgruppen werden mit den Varianten insbesondere angesprochen? Inwiefern spüren Sie, dass Renault bei den Kunden als einer der Elektropioniere in Europa in diesem Bereich von einem Vertrauens- und Erfahrungsvorschuss profitiert?
Carsten Schopf: Der Gesamtmarkt ist begeistert von der neuen Technologie und nutzt dabei intensiv die finanziellen Förderungen, was sich in den Absatzzahlen der Elektrofahrzeuge deutlich zeigt. Trotz Halbleitermangel, trotz Pandemie können wir Ende November auf rund 20.000 in Deutschland verkaufte ZOE stolz sein. Unsere Händler blicken auf langjährige Erfahrungen im Verkauf von Elektrofahrzeugen zurück, das zahlt sich aus, wenn sie zu Ladeinfrastruktur, lokalen Förderprogrammen, reellen Kosten oder Abnutzung beraten. Aber auch die veränderten Fahrprofile durch niedrigere Laufleistung tragen insbesondere bei den Firmenkunden zu einem Beschaffungsschub bei. Das Thema „Reichweite“ stellt kein Hindernis mehr dar, und erst recht nicht, wenn ein Elektrofahrzeug wie der neue Mégane E-TECH Electric mit bis zu 470 Kilometern Reichweite auftrumpfen kann.
Flottenmanagement: Der Wettbewerb im Bereich der vollelektrischen Modelle über alle Marken hinweg nimmt zu. Inwieweit spiegelt sich dies in der Neuausrichtung der Marke Renault wider? Was beinhaltet die sogenannte Nouvelle Vague und wie zeigt sich dies exemplarisch am neuen Mégane E-TECH Electric

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Ausgabe 1/2022

Sonderausgabe Elektro
Das neue Jahresspecial Elektromobilität.
Carsten Schopf: Kurz gesagt wollen wir uns bei Renault mit einer neuen Generation von Elektrofahrzeugen im Markt ganz vorne positionieren. Der Mégane E-TECH Electric tritt zwar mit bekanntem Namen, aber ansonsten als ein optisch und technisch komplett neu designtes und zukunftweisendes Fahrzeug mit einer Reichweite von bis zu 470 Kilometern auf. Symbolisch ist das der Beginn einer neuen Welle, also der Nouvelle Vague. Neben einer umfassenden Modelloffensive mit dem Schwerpunkt Elektromobilität positioniert sich Renault dabei stark in Richtung Technologie, Service und saubere Energie. Bis 2025 wird Renault 14 neue Modelle einführen, sieben davon vollelektrisch. Im Jahr 2030 sollen neun von zehn verkauften Renault elektrifiziert sein.
Flottenmanagement: Diesel- und Benzinmotorisierungen bleiben dennoch nicht außen vor in Firmenfuhrparks. Welche Entwicklungen bei Verbrauch und Motorisierung spielen eine wichtige Rolle? Welche Features sind bei der Komfortund Sicherheitsausstattung für Firmenfahrzeuge besonders interessant
Carsten Schopf: Wir entwickeln seit vielen Jahrzehnten effiziente, schadstoff- und verbrauchsarme Diesel- und Benzinmotoren. Das werden wir auch fortführen, weil es die nächsten Jahre weiterhin, wenn auch sukzessive, weniger Vielfahrer geben wird, für die sich kein Elektrofahrzeug eignet. Thermische Antriebe werden noch einige Jahre in unserem Portfolio bleiben, sie werden aber nach und nach durch Hybridtechnologie, Plug-in-Hybride und Elektrofahrzeuge ersetzt. Renault ist bekannt dafür, dass die meisten Assistenzsysteme und Komfortfeatures bereits im Kleinwagensegment gewählt werden können. Viele Fuhrparkfahrzeuge müssen standardmäßig auf einem hohen Sicherheitsniveau ausgestattet werden, sodass die Modelle punkten, die schon serienmäßig über viele der Features verfügen, die den Fahrer unterstützen. Die Loyalitätsquote bei Renault ist sehr hoch, was zeigt, dass die Kunden zufrieden mit der Qualität und der Ausstattung unserer Fahrzeuge sind.
Flottenmanagement: Nutzfahrzeuge sind eine Kernkompetenz bei Renault. Wo liegt der Schlüssel zum Erfolg der Sparte seit jeher und wie tragen Sie diese Erfolgsgeschichte in die Zukunft? Mit welchen Modellen und Modellvarianten können Sie im Flottenbereich punkten und welche besonderen Bedürfnisse von Flottenkunden wissen Sie zu erfüllen
Carsten Schopf: Im Nutzfahrzeugbereich ist ein solides, zuverlässiges Produkt, das aktuelle Ansprüche erfüllt, unerlässlich. Moderne Antriebsstränge und Fahrassistenzsysteme gehören bei den Transportern zu den wesentlichen Punkten, auf die Kunden Wert legen. Deshalb bieten wir den Master und den Kangoo als elektrische Varianten an, mit Reichweiten, die über den täglichen Bedarf hinausgehen. Der Kangoo kommt mit einer aufgeladenen Batterie bis zu 230 Kilometer weit, das ist das Doppelte der Reichweite, die ein Nutzfahrzeugkunde im Durchschnitt pro Tag fährt. Beim Master EV reichen 120 Kilometer elektrische Reichweite für typische Paketzusteller- Profile mit 30-Kilometer-Radien aus. Im Nutzfahrzeugeinsatz sind innovative Lösungen, nicht nur im technischen Bereich, sondern auch in Bezug auf die Beladung gefragt. Der neue Kangoo trumpft hier auf, weil er auf die B-Säule verzichtet und dadurch viel einfacher beladen werden kann. Solche Lösungen zu entwickeln und einen Schritt weiter zu sein, hat uns in der Vergangenheit ausgezeichnet und dabei bleiben wir. Wir arbeiten daran, für die jeweiligen Anwendungen den entscheidenden Mehrwert zu liefern und bringen Lösungen auf den Markt, die höchste Ansprüche an Komfort und Sicherheit erfüllen. Beispielsweise laden wir in der Entwicklungsphase Kundengruppen ein, denen wir unsere Ideen präsentieren und diese mit ihnen weiter optimieren.
Flottenmanagement: Die Mobilität verändert sich. Mit welchen Angeboten gehen Sie darauf ein? Wie wichtig ist es dabei, mit einem ganzheitlichen Konzept von der Beratung über die Beschaffung bis hin zu wichtigen Dienstleistungen für gewerbliche Kunden mit Pkw und Nutzfahrzeugen anzutreten?
Carsten Schopf: Mobilize heißt hier das Stichwort, so nennt sich unsere neue ganzheitliche Organisationseinheit, in der alle Dienstleistungen rund um das Fahrzeug, die Elektromobilität und um die Fristigkeit gruppiert sind. Dazu gehört das Renault Abo, mit dem privat oder gewerblich, ohne große Verpflichtungen über einen kurzen Zeitraum Fahrzeuge genutzt werden können. Dazu gehört auch der gesamte Themenkomplex rund um die Ladeinfrastruktur. Beratungsteams stehen bereit, sich beim Kunden vor Ort ein Bild von den Möglichkeiten zu machen, die er bei Ladesäulen, Ladekarten und Unterstützung in Form von Förderungen hat. All das, was über das Fahrzeug hinausgeht beziehungsweise alles, was dessen Nutzung betrifft, gehört in den Einzugsbereich von Mobilize. Für weitere Anforderungen wie Fuhrparkberatung, Leasing et cetera können wir auf ein erfahrenes Key-Account-Team zurückgreifen, das auf die Bedürfnisse der jeweiligen Kunden in Kooperation mit dem Handel eingehen und sämtliche Leistungen aus einer Hand erfüllen kann. Der Handel selbst hat seine eigene Spezialisierung auf den Geschäftskunden. Unsere 80 Businesscenter Pro+ zeichnen sich unter anderem aus durch speziell geschulte Verkäufer, eine bestimmte Anzahl an Vorführwagen für gewerbliche Kunden und an Werkstattangeboten, die in einem festgelegten Zeitfenster durchgeführt werden.
Flottenmanagement: Wenn man den aktuellen Verkaufsboom bei Elektrofahrzeugen betrachtet, inwiefern sind Restwerte und Gebrauchtwagenabsatz kalkulierbar, um jetzt und in Zukunft attraktive Preise darstellen zu können? Welche Strategien nutzt Renault, um das Elektrofahrzeug über seinen ganzen Lebenszyklus nachhaltig zu gestalten?
Carsten Schopf: Die Restwerte von Elektrofahrzeugen muss man differenziert betrachten. Zum einen verringert sich durch die Förderprogramme die Differenz zwischen Neu- und Gebrauchtfahrzeug. Deshalb bieten wir unseren Händlern spezielle Unterstützungsprogramme an, damit sie die Gebrauchtfahrzeuge gut vermarkten können. Zum anderen beeinflussen Technologiesprünge den Restwert: Fünf Jahre alte Fahrzeuge haben eine geringere Reichweite als die heutigen Modelle. Dennoch verzeichnen sie einen sehr stabilen Marktwert. Sie lassen sich für Abo-Kunden verwenden oder als Einsteigerfahrzeuge für Neukunden. Gebrauchte Elektrofahrzeuge haben vielfältige Einsatzbereiche, die wir alle mit Blick auf unseren Nachhaltigkeitsanspruch erschließen und nutzen. Die Angst, dass ein gebrauchter Akku nicht mehr genug Leistung zeigt, ist heute unbegründet. Unser Batteriereparaturzentrum und unsere auf Batteriesysteme ausgebildeten Händler können hier Abhilfe leisten. Zudem geben wir acht Jahre oder 160.000 Kilometer Garantie auf die Batterien und können somit das Risiko für den Kunden minimieren. Das Elektrofahrzeug hat ja auch Vorteile, zum Beispiel geringeren Verschleiß im Vergleich zum thermischen Antrieb und dementsprechend geringere Wartungskosten. Wenn Fahrzeuge doch ausgemustert werden, können die Akkus als Stromspeicher weiterleben. Im Frankreich läuft derzeit ein Projekt, bei dem gebrauchte Elektrofahrzeuge optisch und technisch aufbereitet und dann dem Zweitmarkt wieder zugeführt werden. So verlängern wir den Lebenszyklus einer Batterie oder eines ganzen Fahrzeugs.
Flottenmanagement: Wichtige Themen bei der Fahrzeugbeschaffung betreffen das Full-Service- Leasing, die Finanzierung, verstärkt flexible Mobilität in Form von Abo-Lösungen. Mit welchen Partnern arbeiten Sie hierbei zusammen? Welche Bereiche können Sie heute schon komplett digital abbilden, bei welchen wünschen die Kunden persönliche Beratung? Wie führen Sie beide Varianten in Zusammenarbeit mit dem Handel aus?
Carsten Schopf: Die RCI Banque ist unser bevorzugter Partner beim Full-Service-Leasing und bei der Finanzierung. Mit starker Innovationskraft entwickelt sie neue Konzepte und Lösungen. Über sie können wir das Renault Abo anbieten, um auf digitalem Wege kurzfristige Mobilitätslösungen vorzuhalten. Diese Prozesse bauen wir immer gemeinsam mit dem Handel auf, der die Fahrzeuge an den Kunden übergibt. Aber natürlich arbeiten wir auch mit allen freien Leasinggesellschaften zusammen. Das funktioniert sehr gut, weil der Händler sich den Partner seiner Wahl und mit der besten Kundenbeziehung suchen kann. Die persönliche Beratung spielt hierbei eine große Rolle – Digitalisierung hin oder her. Unser Handelsnetz ist hierfür sehr wichtig und gerade deshalb sind unsere Händler bei der Planung und Umsetzung unserer innovativen Ideen von Anfang an mit im Boot.
Flottenmanagement: Derzeit müssen Sie neben anderen aktuellen Herausforderungen den Umgang mit Lieferengpässen in Ihre Arbeit einbeziehen. Wie erfolgt die Kommunikation mit dem Kunden dazu und welche praktikablen Lösungen können Sie ihm anbieten?
Carsten Schopf: Bei solch sensiblen Themen wie Lieferverzug, der aktuell durch Halbleiterund Chipmangel in der gesamten Branche leider verstärkt auftritt, ist die offene Kommunikation mit dem Kunden das A und O. Unsere Maßgabe ist, dass der Kunde von seinen Ansprechpartnern bei Renault immer über den aktuellen Stand informiert wird und ihm Lösungsmöglichkeiten angeboten werden, die auf seine individuelle Situation passen. Das kann die Verlängerung des aktuellen Leasingvertrags sein oder der Rückkauf von Fahrzeugen. Wir erhalten hier positive Rückmeldungen, dass wir dabei sehr verlässlich und gut agieren.
Flottenmanagement: Innovation stand schon immer im Fokus der Arbeit von Renault. Worauf richtet sich derzeit der Blick in die Zukunft? An welche Art von Mobilität glaubt Renault
Carsten Schopf: Wir gehen davon aus, dass die individuelle Mobilität weiterhin einen großen Platz in unserer Gesellschaft haben wird. Deshalb entwickeln wir dahin gehend unsere Lösungen. Das, was sich verändert, sind die Besitzverhältnisse. Das Fahrzeug als Eigentum nimmt an Bedeutung ab, dafür werden Lösungen wichtiger, mit denen sich Kunden individuell und maximal flexibel bewegen können. Deshalb bieten wir mit Leasingmöglichkeiten, Miete und Auto-Abo attraktive Alternativen an. Bei den Antriebsformen erzielt die Elektromobilität eine große Nachfrage. Jedes fünfte neu zugelassene Fahrzeug war im November 2021 ein elektrifiziertes, der Anteil von Diesel- und Benzinmotorisierungen nimmt stetig ab, was einem dogmatischen Wechsel gleichkommt, auch getrieben durch die CO2-Grenzwerte, die die EU den Herstellern auferlegt. In den Startlöchern steht der Wasserstoffantrieb, an dem Renault intensiv forscht und ihn weiterentwickelt. Aber dafür sind noch nicht alle Weichen gestellt. Der Fortschritt beim autonomen Fahren ist technisch schon sehr weit, jedoch sind rechtliche Grundlagen noch nicht zur Genüge geklärt. Ich gehe davon aus, dass wir auf Teilstrecken wie Autobahnen zuerst autonom fahren können, wenn die Gesetzgebung dafür steht. Technisch ist Renault darauf vorbereitet.

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