Die Zukunft hat schon begonnen

<p>Machen wir uns nichts vor, das autonome Fahren wird kommen – eine Gruppe von Autofahrern freut sich darauf, die andere sieht dieser Zeit mit Schrecken entgegen. Doch eigentlich sind die Aussichten gar nicht so schlecht.</p>

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Stellen Sie sich vor, Sie setzen sich in Ihr Auto, sagen ihm, wohin es Sie bringen soll – und dann geht es los. Sie müssen nicht mehr ins Lenkrad greifen, können während der Fahrt am Rechner arbeiten. Sowieso wären Lenkrad oder Pedale in diesem Szenario überflüssig, denn das Fahrzeug übernimmt ja sämtliche Fahrfunktionen. Dann wäre die Stufe 5 des automatisierten Fahrens erreicht – und in dieser Anwendung sind tatsächlich alle Straßenarten inbegriffen von der strukturierten Autobahn über enge Überlandstrecken mit teils schwachen Fahrbahnmarkierungen bis hin zum Stadtverkehr inklusive hochkomplizierter Kreuzungssituationen. Das klingt nach weit entfernter Zukunftsmusik, dabei ist der Automatisierungsgrad 4 schon in greifbarer Nähe. Allerdings besteht ein entscheidender Unterschied zwischen den beiden Levels – nämlich dass der Anwendungsfall bei Stufe 4 lediglich für einen ausgewählten, örtlich eingegrenzten Bereich gilt, was innerhalb dieser Thematik gravierend ist. Doch der Reihe nach.

Die gerade erstmals in München abgehaltene Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) hatte nicht nur spannende neue Elektroauto-Konzepte im Gepäck, sondern auch einige Spezialitäten mit dem Schwerpunkt auf der Level-4-Fahrautomation. Hierzu mag ein kleiner zeitlicher Exkurs in den Februar dieses Jahres angebracht sein, als die Bundesregierung als weltweit erster Staat den Weg für ein Gesetz freigemacht hat, das autonomes Fahren nach Level 4 zulässig macht. Im Mai wurde das Gesetz durch den Bundestag beschlossen und der Bundesrat hat ihm zugestimmt, sodass es am 28. Juli dieses Jahres in Kraft treten konnte. Somit dürfen autonome Fahrfunktionen nach Level 4 in den Regelbetrieb gehen. Bleiben die Fragen, welches Auto das schon kann und welche noch folgen. Um einen Gedankengang vorwegzunehmen: Level 4 ist technisch zwar durchaus spektakulär, muss aber nicht auf den ersten Blick spektakulär wirken. So kann die aktuelle S-Klasse der Baureihe 223 in Parkhäusern mit entsprechender Car-to-X-Architektur bereits autonom aus der Parklücke rollen. Level 4 ist also schon da!

Bei der Vorstellung des Luxusliners führte Mercedes diese heute dem Serienstandard zugehörige Funktion bereits vor. Es gibt zwei Szenarien – Auto im Einfahrtsbereich einfach abstellen, aussteigen und das Feature aktivieren. Dann rollt der Benz gemütlich durch das Parkhaus, meistert enge Kurven mithilfe von Kamera und Radar meisterhaft, bis der Fünfmeterliner irgendwann virtuos in die Parklücke zirkelt. Dazu muss man wissen, dass er durchaus auf fremde Hilfe angewiesen ist. Er läuft nicht etwa allein dank der vorhandenen Sensorik zu einer solch automatisierte Hochform auf, sondern nutzt die Infrastruktur des Parkhauses, das mit Sendern gespickt wurde. Im zweiten Szenario parkt die S-Klasse exakt so sicher wieder aus, wie sie auch in die Lücke hineinmanövriert hat. Dann rollt sie einen Hauch langsamer als Schrittgeschwindigkeit wieder in den Bereich, in dem die Fahrgäste schon auf das noble Gefährt warten, um endlich einsteigen zu können – nerviges Zirkeln in enge Parklücken entfällt also.

Doch autonomes Fahren nach Stufe 4 muss natürlich mehr sein als langsam durch Parkhäuser rollen. Entspannt Autobahnabschnitte nehmen und dabei andere Dinge tun als auf den Straßenverkehr zu achten – das hat auch volkswirtschaftliche Auswirkungen, denn auf diese Weise dürfte einige Arbeit, die sonst liegenbleibt, bereits im Auto erledigt werden – vor allem in Staus. Dass stillstehender Straßenverkehr Geld kostet, hat nicht nur Stauforscher Prof. Dr. Michael Schreckenberg längst festgestellt, der eine Stunde Autobahn-Verstopfung mit 35 Euro volkswirtschaftlichen Kosten beziffert. Dennoch ist das autonome Fahren nicht bei allen Autofahrern beliebt. Der Berliner Tagesspiegel hat jüngst 2.500 Personen von Civey befragen lassen, was sie von der Automatisierung halten – und nur etwa ein Drittel der Befragten geht davon aus, dass der Verkehr dadurch sicherer wird. Besonders skeptisch sind die Umfrageteilnehmer bezüglich ungeklärter Haftungsfragen (63 Prozent) und 36 Prozent sehen Probleme beim Datenschutz. Dennoch wird der autonom rollende Straßenverkehr kaum aufzuhalten sein. Schön ist doch, dass dort autonom gefahren wird, wo das Fahren sowieso lästig ist (im Stau). Auf der Landstraße übernimmt der Autofan natürlich das Steuer.

Audi präsentierte auf der IAA Mobility sein Grandsphere Concept, dessen Innenraum verdeutlichen soll, wie sich das autonome Fahren insbesondere auf den Fahrer auswirken wird. Wenn man das Steuer abgeben möchte, zieht sich das Lenkrad einfach zurück, während man es sich auf dem Fahrersitz bequem machen kann. Viel hölzerne Projektionsfläche lässt Raum für Informationen, die vor allem der Fahrer während der automatisierten Fortbewegung genießen darf. Infotainment-Inhalte konsumieren, wozu auch die Teilnahme an Videokonferenzen zählen kann, steht im Vordergrund. Die Steuerung erfolgt weitgehend über Gesten, auch das gehört zum modernen Bedienkonzept. Ein auf das Auge gerichteter Sensor liest dem User seinen Wunsch quasi aus dem Gesicht ab. Mitgelieferte Virtual-Reality-Brillen machen den Multimedia-Genuss perfekt – und wenn es keinen Fahrer für die Fortbewegung braucht, kann der vorn links sitzende Fahrgast schließlich das digitale Entertainment genießen.

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Die Audi-Studie mag dem einen oder anderen Beobachter vielleicht noch eine Spur zu viel Zukunftsmusik sein – Fakt ist aber, dass die Level-4-Fahrautomation zügig in die Breite ausgerollt werden wird. Neben dem Audi Grandsphere gibt auch die Marke Volkswagen mit einer noch getarnten, dafür aber umso auffälliger mit Technik-Features ausgerüsteten ID. Buzz-Studie einen Vorgeschmack, dass es künftig automatisiert vorangehen wird. Die israelische Intel-Tochter Mobileye enthüllte in München prompt ein autonom fahrendes Robotaxi mit mehr als zehn Kameras an Bord plus zahlreiche Laser- und Radarsensoren. Getestet hat der Konzern sein Vehikel bereits in Detroit, New York und München. In der bayrischen Metropole könnte das hübsch gezeichnete autonome Crossover ja vielleicht sogar bald in den Regelbetrieb gehen – dank des neuen Gesetzes. So richtig überraschend ist das autonome Fahren für viele Autofahrer andererseits ja nicht mehr. Immerhin können moderne Autos längst automatisiert bremsen, beschleunigen und sogar lenken. Bisher schalten die Systeme aber nach wenigen Sekunden schon ab. Doch damit dürfte es in Kürze vorbei sein.

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