Über die Wertigkeit eines Lottogewinns oder die Steuer- und Abgabebelastung bei Kraftstoffen
<p>„Und, was würdest du mit einem Sechser im Lotto machen?“ – „Erst mal volltanken ...“ So ähnlich könnte ein Gespräch unter Bekannten beim Bierchen in etwa 30 Jahren aussehen. Glauben Sie nicht? Nun, beim Blick auf die Geschichte der Mineralölsteuer und ihre Entwicklung, beginnend mit ihrer Einführung anno 1930, ist das nicht so ganz unrealistisch.</p>

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Zeit für einen kleinen Exkurs in Geschichte: Als Ersatz für den Petroleumzoll sollten mit der Mineralölsteuer Unterhalt und Ausbau von Straßennetz und Autobahnen finanziert werden ... womit sie eine zweckgebundene Steuer war. Schritt für Schritt wurde sie zunächst auf Benzin, dann auf Dieselkraftstoff und schließlich auf Heizöl und Gas erhoben. Mit der Besteuerung des Heizöls ab 1960 sollte mit den hieraus gewonnenen Einnahmen der Steinkohlebergbau subventioniert werden, was bis 1988 auch der Fall war. Was viele übrigens nicht wissen: Die Zweckbindung besteht eigentlich noch heute – eigentlich. Allerdings wird diese Bindung seit 1973 jährlich im Haushaltsgesetz ausgehebelt. Ein legitimer Schritt, um die Steuermittel anderweitig einsetzen zu können. Für fast alle Erhöhungen, die seit dem 01. Juli 1973 in Kraft getreten sind, wurde stets die gleiche Begründung angegeben: Verbesserung der Einnahmestruktur des Bundeshaushalts. Erstaunlich dabei ist übrigens die Tatsache, dass im Rahmen der ökologischen Steuerreform die Erhöhungen auch mit dem Umweltschutzzweck gerechtfertigt wurden. Die Bindung an den eigentlichen Verwendungszweck wird allerdings unverändert jährlich aufgehoben.
Übrigens: Zum 01. August 2006 wurde Kohle neben Benzin, Diesel, Gas und Heizöl als Besteuerungsgegenstand der Mineralölsteuer aufgenommen und diese wurde in Energiesteuer umbenannt.
Seit ihrer Einführung kennt die Mineralölsteuer, abgesehen von wenigen minimalen Ausnahmen, nur eine Richtung: nach oben. Seit den 70ern hat sie sich zu einer der wichtigsten Steuern im Haushalt entwickelt. Waren bis zu den 70er-Jahren die Erhöhungen noch moderat, so ging ab den 80ern die Post ab. Am Beispiel des Steueranteils (hierzu später mehr) pro Liter Benzin wird dies deutlich. So lag der Anteil 1972 noch bei 19,94 Cent.
In den 80ern gab es sechs Anpassungen, sodass der Anteil 1989 schließlich auf 29,14 Cent gestiegen war. In den 90ern schraubten die Erhöhungen den Anteil pro Liter dann auf 53,17 Cent. Und heute? Fragt man Statista, so ergibt sich folgendes Bild: Beim Zapfsäulenpreis von 1,479 Euro pro Liter für Super E10 betragen die Steuern und Abgaben, also Mehrwertsteuer, Ökosteuer, Energiesteuer/CO2-Abgabe und EBV (Abgabe für den Erdölbevorratungsverband) 95,3 Cent. Erstaunlich dabei ist, dass immer wieder vom Steuer-Anteil gesprochen wird, was hier rechnerisch übrigens etwa 64,44 Prozent sind. Wird eine Steuer, wie zum Beispiel die Mehrwertsteuer, nicht eigentlich aufgeschlagen
Nun, spätestens wenn man am Beispiel die Kraftstoffpreise umkehrt, fühlt man sich an Steuern und Wegezollgeschichten aus dem Mittelalter er- innert. Bevor ich Ihnen also diese Zahl präsentiere, prüfen Sie bitte den festen Sitz der Armlehnen Ihres Bürodrehstuhls oder lesen Sie die Zahl besser gleich im Liegen. Ausgehend vom Produktpreis inklusive Kosten in Höhe von 52,6 Cent pro Liter Benzin sind das 181,18 Prozent Steuerund Abgabenaufschlag! Bevor Sie sich jetzt ganz langsam beruhigen, kommt noch ein Nachschlag: Die Erhöhung der CO2-Abgabe ist schon abgemachte Sache. Aktuell soll eine stufenweise Erhöhung bis auf 55 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2025 erfolgen, sodass aus heutiger Sicht noch mal circa 8 Cent pro Liter Benzin als Aufschlag – ähm Abgabenanteilerhöhung – fällig werden.

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Allerdings kann man im Rahmen der aktuellen Wahlkampfdiskussionen beiläufig heraushören, dass diese fest geplanten Erhöhungen wohl reine Makulatur sind. Hinter vorgehaltener Hand ist man sich einig, dass hier im Sinne der Umwelt deutlich kräftiger an der Preisschraube gedreht werden muss. Komisch nur, dass diese Diskussionen zeitgleich mit den Hinweisen auf zu stopfende gigantische Haushaltslöcher aufkommen. Ein Schelm, wer Böses denkt. Dabei wird wohl vergessen, dass Energie bezahlbar bleiben muss. So hat sich Superbenzin seit dem letzten Jahr um fast 25 Cent pro Liter verteuert, wobei neben der zusätzlichen Abgabenbelastung noch der gestiegene Ölpreis und die immer unverschämter werdenden Preisspielchen an der Zapfsäule von bis zu 14 Cent am Tag (Preis für E10 morgens 1,569 Euro / abends 1,429 Euro) ihren Teil hierzu beigetragen haben. Warum kostet hierzulande ein Liter der günstigsten Kraftstoffsorte aktuell im Schnitt etwa 1,479 Euro, während man in den USA derzeit durchschnittlich pro Liter 0,63 Euro (Florida, 1 GAL = 3,78 L = USD 2,894/GAL, Kurs: 1 EUR = 1,21 USD; Quelle: gasprices.aaa.com, Stand: 16.05.2021) bezahlt
An dieser Stelle eine kleine Info am Rande: Einer jüngsten OECD-Studie nach ist Deutschland Weltmeister bei Steuern und Abgaben. Irgendwie scheint sich darüber niemand aufzuregen. Weltmeister bei Steuern und Abgaben? Na ja, wenn schon nicht beim Fußball.
Nur zur Klarstellung: Steuern sind wichtig für die Finanzierung der Staatsausgaben. Allerdings sollten diese wirklich zweckgebunden eingesetzt werden. Außerdem sollte man nicht wie selbstverständlich unentwegt Steuern erhöhen, nur weil es der einfachere Weg ist. Oder bekommen Sie von Ihrem Chef immer dann mehr Geld, wenn Sie mal wieder schlecht gehaushaltet haben? Eben. Und die Sache mit dem Lottogewinn? Darauf kann man leider nicht wetten.
AUTOR
Peter Insam ist seit rund 30 Jahren im Einkauf für Betriebsmittel und Investitionsgüter unterwegs, von denen er seit mehr als 25 Jahren die Geschicke verschiedener nationaler und internationaler Fuhrparks gelenkt hat. Heute ist er als Head of Corporate Procurement und zwischenzeitlich auch als Prokurist unter anderem für die knapp 700 Firmenfahrzeuge der Hays AG verantwortlich. Zuvor war er rund zehn Jahre für den Einkauf von Betriebsmitteln und Investitionsgütern für den Medizintechnik-Hersteller Maquet GmbH in Rastatt tätig. Hierzu gehörte auch die Leitung des Fuhrparks mit 350 Fahrzeugen am Standort Rastatt. Darüber hinaus sammelte er zahlreiche Erfahrungen im Rahmen von Auslandsaufenthalten in Frankreich und Australien.

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