Der Aufbruch nach dem Stillstand
<p>Dank des starken deutschen Flottenmarktes erreichte der Gesamtmarkt 2019 fast das Spitzenergebnis aus dem Jahr 2009. Auch die Prognosen für 2020 waren gut, doch dann kam die Corona-Pandemie und mit ihr der Produktionsstopp bei den Herstellern und der Sparzwang bei den Flottenbetreibern. Wie die deutschen Hersteller und die Importeure bislang durch die Krise gekommen sind, zeigen wir in unserer Flottenmanagement-Halbjahresbilanz 2020.</p>

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Die Zahlen für Juni 2020 weisen auf einen Aufwärtstrend nach dem Einbruch im März und April hin. Zwar konnte das Vorjahresniveau im Juni noch nicht erreicht werden, doch vieles spricht für eine Normalisierung. Aufgrund der Corona-Pandemie und des damit verbundenen Lockdowns brachen im April die Neuzulassungen im gesamten Markt um rund 62 Prozent im Vergleich zum Jahr 2019 ein (Tabelle 1). Schon zuvor mussten die Hersteller Verluste hinnehmen, sodass im ersten Halbjahr 2020 kein Monat mit einem Absatzplus abgeschlossen werden konnte. Insgesamt gab es in den ersten sechs Monaten 1.210.622 Neuzulassungen auf dem deutschen Pkw-Markt. Das sind ganze 34,5 Prozent weniger als in der gleichen Zeitspanne im Vorjahr. Prozentual traf die Krise Importmarken ebenso hart wie heimische Marken. Auch der Flottenmarkt, sonst tragende Säule bei den Zulassungen, hatte im ersten halben Jahr 2020 deutlich weniger Neuzulassungen als 2019. Insgesamt wurden 117.289 Fahrzeuge weniger im relevanten Flottenmarkt zugelassen, das entspricht einem Rückgang von 25,6 Prozent. Damit zeigt sich zwar, dass der Flottenmarkt prozentual einen geringeren Rückgang zu verzeichnen hatte als der Privatmarkt, aber mit knapp einem Viertel doch deutliche Verluste einfuhr. Auch hier hatten deutsche Hersteller ebenso wie Importeure vergleichbare Einbußen zu verzeichnen.
Für das Ranking der beliebtesten Hersteller im deutschen Flottenmarkt ergibt sich folgendes Bild: Volkswagen steht nach wie vor unangefochten auf Platz eins, gefolgt von BMW und Mercedes-Benz. Gemeinsam mit dem Viertplatzierten Audi liefern sich die süddeutschen Autohersteller seit Jahren ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Plätze hinter Volkswagen auf dem Podium der echten gewerblichen Neuzulassungen in Deutschland. In diesem Halbjahr trennten BMW und Mercedes-Benz lediglich 276 Fahrzeuge voneinander. Dies ist vor allem dem Fakt geschuldet, dass die Stuttgarter mit einem Minus von 11,4 Prozent (bei den Flotten) vergleichsweise glimpflich durch das Krisenhalbjahr gekommen sind. Im gesamten Premium-Segment hat es nur Volvo noch besser erwischt. Die Schweden stehen mit minus zwei Prozent vergleichsweise gut da. Gleichwohl es im Gesamtmarkt keine positiven Zahlen zu vermelden gibt, haben doch zwei Importmarken im ersten Halbjahr 2020 im Flottenmarkt Zuwächse verzeichnen können. Nissan (0,4 Prozent) und DS (23,8 Prozent) konnten zwischen Januar und Juni mehr Fahrzeuge verkaufen als im gleichen Zeitraum 2019. Auch wenn insbesondere die prozentuale Steigerung von DS beeindruckend ist, so handelt es sich doch nur um sieben Fahrzeuge bei Nissan und um 57 Fahrzeugzulassungen bei dem französischen Hersteller.
Deutsche Hersteller
Schaut man bei den deutschen Herstellern etwas genauer hin, so fällt auf, dass der Abstand zwischen dem langjährigen Spitzenreiter Volkswagen und den Verfolgern durch die Krise geschrumpft ist. Die Wolfsburger hatten durch ein Minus von fast 30 Prozent im Flottengeschäft harte Einbußen in den letzten Monaten. Nichtsdestotrotz konnten die Flottenzulassungen – gemessen an den gesamten Absatzzahlen während der Krise – bei den Marken der deutschen Hersteller noch an Bedeutung gewinnen. Lag der Anteil der Gewerbeverkäufe der deutschen Marken im Dezember letzten Jahres noch bei durchschnittlich 29,4 Prozent, so ist er ein halbes Jahr später um 3,4 Prozentpunkte auf 32,8 Prozent angewachsen. Vor allem für BMW (37,8 Prozent) und Audi (35 Prozent) sind die Flottenzulassungen für die Gesamtbilanz relevant.
Die Bedeutung der Flottenzulassungen für den gesamten Pkw-Markt in Deutschland und damit auch für das Gelingen der Antriebswende wird durch die Krise verstärkt und in den nächsten Monaten noch zunehmen. Unterstützt wird diese Entwicklung auch durch das Corona-Konjunkturpaket, das eine erweiterte Förderung gewerblich genutzter Elektrofahrzeuge vorsieht (siehe dazu auch S. 52). Überhaupt könnte die Elektromobilität als Gewinner aus der Krise hervorgehen. Erste Anzeichen dafür lassen sich bereits aus der Halbjahresbilanz herauslesen. So hat Tesla, als reine Elektroautomarke, den Shutdown scheinbar besser verkraftet. Der amerikanische Hersteller hatte ein Minus von 6,7 Prozent im relevanten Flottenmarkt zu verzeichnen, bei einem Anteil von 39,4 Prozent Flottenzulassungen. Doch die deutschen Hersteller legen jetzt nach und viele Stromer von Volkswagen und Co. kommen nun auf den Markt. Daher kann die Jahresbilanz mit Spannung erwartet werden.
Importmarken
Insgesamt betrachtet hatten die Importmarken vergleichbare Verluste in den ersten sechs Monaten zu verzeichnen. Doch bereits in den Jahren des Wachstums gab es bei den Importeuren fast schon traditionell mehr Bewegung – dies hat sich auch 2020 nicht geändert. Wenn man smart einmal ausklammert, bewegen sich die Veränderungen bei den heimischen Marken zwischen minus 11,4 Prozent (Mercedes-Benz) und minus 29,8 (Volkswagen). Bei den Importeuren allerdings liegen die Schwankungen zwischen einem Zuwachs von 23,8 Prozent (DS) und einem Rückgang von 62,6 Prozent (Alfa-Romeo). Dazwischen verteilen sich die unterschiedlichen Marken fast gleichmäßig. Doch dieses Bild ist trügerisch, denn mit Blick auf die absoluten Zahlen im Flottenbereich sind die Entwicklungen der deutschen Marken mit denen der Importeure durchaus vergleichbar. Kein Wunder, denn mit Škoda und Seat führen zwei VW-Konzernmarken das Ranking der Neuzulassungen an. Zusammen machen beide Marken bereits fast 40 Prozent der gesamten Flottenzulassungen unter den Importeuren aus.
Die Rangfolge bei den Importeuren hat sich im Vergleich zu den Jahreszahlen 2019 auf den ersten fünf Plätzen gar nicht verändert. Erst durch den Platztausch von Hyundai (neu auf Platz 6) und Peugeot (Platz 7) kommt etwas Bewegung in die Rangliste. Übrigens, würde man Tesla unter den VDIK-Importmarken listen, wären die Amerikaner auf Platz 14 in guter Gesellschaft mit Land Rover, Mitsubishi und Mazda. Im Vergleich zur Jahresbilanz hätte sich das Projekt von Elon Musk also um einen Platz verbessert.

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Ausgabe 4/2020

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Konzernranking
Auch im Krisenhalbjahr 2020 bleibt der VW-Konzern der eindeutige Marktführer im deutschen Flottenmarkt: Mehr als 43 Prozent (147.654 Einheiten) aller verkauften Fahrzeuge entfielen hier auf die Marken Volkswagen, Audi, Porsche, Škoda und Seat.
Schon in den vergangenen Jahren ist um Platz zwei des Konzernrankings ein Wettbewerb auf Augenhöhe zwischen BMW/MINI und Mercedes-Benz/ smart entbrannt. Beim Jahresabschluss 2019 konnte sich Mercedes-Benz zusammen mit smart durchsetzen, sechs Monate später zieht BMW/MINI wieder vorbei. Der Münchner Konzern verkaufte 2020 bislang 40.779 Einheiten an Flotten und erzielt damit einen Marktanteil von zwölf Prozent. Mercedes-Benz hingegen kommt nur auf 37.838 Fahrzeuge und elf Prozent Flottenmarktanteil. Der geringe Abstand von nur einem Prozentpunkt wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in den nächsten Monaten zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen führen.
Als im Dezember letzten Jahres die Fusion von FCA-Konzern und PSA bekannt wurde, brachte das nicht nur das Konzernranking durcheinander. Ein halbes Jahr später hegt die EU-Kommission immer noch Bedenken und strebt eine vertiefte Prüfung der Mega-Fusion an, die noch bis zum 22. Oktober 2020 andauern könnte. Dieser Riesenkonzern wird wohl unter dem Namen Stellantis firmieren und würde mit den Marken Citroën, DS, Opel, Peugeot, Fiat, Jeep und Alfa Romeo derzeit auf 9,8 Prozent Marktanteil am deutschen Flottenmarkt kommen (33.605 Einheiten). Damit würde der vierte Platz in der Rangfolge gesichert werden und der Vorsprung gegenüber dem Dauerkonkurrenten von PSA, Ford, der auf 28.674 Neuzulassungen kommt, ausgebaut werden. Ohne die Fahrzeuge des FCA-Konzerns kommt PSA zwar auch auf den vierten Gesamtplatz, ist aber mit 88 Zulassungen nur hauchdünn vor den Kölnern.
Die rein aus Importeuren bestehende Allianz – Renault mit Dacia, Nissan sowie Mitsubishi – bleibt erst einmal auf dem sechsten Platz im Konzernranking. In Zahlen: 16.712 Fahrzeuge konnte die französisch- japanische Allianz an Flottenkunden absetzen, das macht 4,9 Prozent Marktanteil.
Topseller
Beim ersten flüchtigen Blick auf die 30 beliebtesten Flottenfahrzeuge im ersten Halbjahr 2020 (Tabelle 2), könnte man meinen, es sei alles beim Alten geblieben: Platz eins und zwei fest in der Hand von Volkswagen. Der Golf und der Passat führen auch in mageren Jahren die Bestenlisten an. Doch schon auf dem dritten Podiumsplatz ist mit dem Ford Focus ein Aufsteiger mit dabei. Der kompakte Kölner belegte im ersten Halbjahr 2019 noch den sechsten Platz und kam in der Jahresbilanz immerhin auf Platz sieben ins Ziel. Ebenfalls überraschend: Mit dem Opel Corsa drängt ein Neuling in die Top Ten vor und verdrängt dort sogar den BMW 5er. In der Jahresbilanz lag der kleine Rüsselsheimer 2019 noch auf dem 22. Rang. Auch auf den hinteren Rängen gab es einige Platzwechsel und insgesamt noch drei weitere Neulinge. So finden sich der Audi Q5, der Volvo XC60 und der Seat Ateca auf den Plätzen 24, 28 und 30 ein – alle drei, wie könnte es anders sein, sind SUV. Mittlerweile befinden sich im Feld der 30 Topseller des Flottengeschäfts sieben SUV-Modelle, zum gleichen Zeitpunkt 2019 war es noch ein Modell weniger. Allerdings schafft es von diesen sieben Modellen nur der Volkswagen Tiguan unter die ersten Zehn, die nach wie vor von der Kompakt – und Mittelklasse dominiert werden.
Insgesamt liegt der Flottenanteil bei rund 38 Prozent an den Gesamtverkäufen der Top 30. Einige Modelle haben für den jeweiligen Hersteller jedoch deutlich mehr Flottenanteil. So geht der Volkswagen Passat in 57,89 Prozent der Verkäufe an gewerbliche Kunden. Bei dem Škoda Superb ist der Flottenanteil noch höher und liegt bei stolzen 70,92 Prozent. Sicherlich sind diese Topwerte vor allem der Corona-Pandemie zuzuschreiben. 2019 kam der Superb beispielsweise auf einen Flottenanteil von 51 Prozent. Wie bereits beschrieben hat die Bedeutung der Gewerbekunden für die Hersteller zugenommen, wie dieses Beispiel noch einmal verdeutlicht.
Topseller der Importeure
Das Podium der Topseller der Importeure bietet im Vergleich zu der Halbjahresbilanz 2019 ein unverändertes Bild und gehört nach wie vor den Konzern-Modellen von Volkswagen Škoda Octavia, Škoda Superb und Seat Leon (Tabelle 3). Doch schon dahinter zeigen sich starke Verschiebungen bei der Rangfolge. Den größten Sprung macht der Volvo XC60 – von Platz 24 gestartet, landet er schließlich auf Platz sechs. Auch der Renault ZOE schafft es von einem 28. Platz im Juni 2019 innerhalb eines Jahres in die Top Ten und ist damit das erste rein elektrische Fahrzeug unter den meistverkauften Flotten-Pkw der Importeure. Der ZOE landet dabei sogar einen Platz vor seinem Schwestermodell, dem Renault Clio. Überhaupt kommen die Stromer besser durch die Krise, wie es scheint, denn auch das Model 3 von Tesla macht einen Sprung nach vorne und landet auf dem 15. Rang.
Schaut man erneut auf die Anteile der gewerblichen Neuzulassungen zwischen Januar und Juni 2020, wird deutlich, dass die Flottenzulassungen auf die Gesamtbilanz der Importeure weniger Einfluss haben als bei den heimischen Marken. Eine Ausnahme bildet hier Volvo. Die drei Modelle der Skandinavier unter den Top 30 der Importeure weisen mit 61,81 Prozent (V60, S60), 60,45 Prozent (XC90) und 34,28 Prozent (XC40) erstaunlich hohe Flottenanteile auf.
Fazit
Die ersten sechs Monate des Jahres 2020 werden in die Geschichtsbücher eingehen und bilden auch auf dem Flottenmarkt eine nie dagewesene Zäsur. Da die Verkaufszahlen im Mai und Juni sich bereits wieder nach oben entwickelten, bleibt die Hoffnung auf einen halbwegs versöhnlichen Jahresabschluss bestehen, denn auch dem erwähnten Spitzenergebnis aus dem Jahr 2009 ging eine weltweite Krise voraus.

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