Fahrzeuge im Abo
<p>Interview mit Gert Schaub (Gründer der Fleetpool Unternehmensgruppe) in Köln</p>

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Flottenmanagement: Herr Schaub, bereits seit 2008 entwickelt die Fleetpool Unternehmensgruppe maßgeschneiderte Mobilitätskonzepte. Wie hat sich die Nachfrage nach individuellen Lösungen für die Unternehmensmobilität seither verändert? Und welche Entwicklungen am Markt haben diesen Trend beschleunigt?
Gert Schaub: Generell kann man sicherlich sagen, dass die Nutzer viel offener für Alternativen sind als früher. Dies betrifft die Automobilmarken als auch die Anbieter von Mobilitätslösungen. Fleetpool hat vor zwölf Jahren klein angefangen und musste sich einen Bereich suchen, der nicht besetzt war. Also eine Positionierung zwischen den Leasinggesellschaften und den Autovermietern, mit einem einfachen und flexiblen Produkt, das eine andere Kundengruppe mit einem anderen Nutzungsverhalten anspricht. Diese Lösung ist heute als Auto-Abo bekannt.
Während der langjährigen Aufbauarbeit haben wir reichlich Impulse unserer Kunden aufgenommen und jeden verdienten Euro in die Weiterentwicklung unserer eigenen Softwarelösungen und den Ausbau unserer Infrastruktur reinvestiert. So unterscheidet uns heute sehr viel von den aktuellen Start-ups oder einer reinen Abo-Plattform. Als 360-Grad-Anbieter haben wir alle Prozesse selbst in der Hand und verfügen über eine ausgefeilte Logistikkette, die wir mit bundesweit sechs Logistikstandorten vorhalten und über die Jahre aufgebaut haben. Das ist etwas, was die Endkunden an unserem Produkt schätzen und unsere Kooperationspartner dazu bewogen hat, – beispielsweise bei unseren individuellen White-Label- Lösungen – eine Partnerschaft mit uns einzugehen.
Heutzutage hat das konkrete Fahrzeugmodell weniger Bedeutung als vielmehr die Erfüllung der Anforderung. Es muss also nicht mehr der deutsche Premium-Kombi sein, wenn man mit einem guten System und einem Importeur-Modell eine bessere Lösung anbietet. Lösung ist an dieser Stelle gleichbedeutend mit der einfachen digitalen Abwicklung. Wir haben mittlerweile eine eigene Digitalagentur, in der zwölf Entwickler nur an der Umsetzung unserer eigenen Softwareprodukte arbeiten.
Flottenmanagement: Flatrate-Angebote sind seit Jahrzehnten in vielen Bereichen marktbestimmend. Wie lässt sich diese Idee auch auf den Automobilbereich übertragen? Und welche Hemmnisse haben eine Ausbreitung auf den Automobilsektor sogar verlangsamt?

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Ausgabe 4/2020

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Gert Schaub: Das Nutzerverhalten hat sich stark verändert. In unserem Alltag dominieren mittlerweile einfache und flexible Nutzungsmodelle den Markt. Streamingdienste allen voran, die monatlich gebucht und auch gekündigt werden können. Dieses Prinzip erwartet der Nutzer dann auch in anderen Segmenten. So hat sich beispielsweise auch bei uns das Auto-Abo entwickelt – aus einer Kundenerwartung heraus. Die Zurich Agenturen waren auf der Suche nach einer Möglichkeit, bei Neueinstellung eines Mitarbeiters im Außendienst ein Fahrzeug mit kurzer Vertragsbindung zur Verfügung gestellt zu bekommen. Durch unsere Ursprungsmarke EazyCars haben wir diese Möglichkeit geschaffen und damit die Kommunikation sowie auch den Beschaffungsprozess für unsere Kunden vereinfacht – im Grunde genommen auch digitalisiert. Und gerade diese Einfachheit, dass sich Leute nicht mehr intensiv mit Nebensächlichkeiten beschäftigen wollen, also Themen, die nicht in ihren Bereich fallen, ist zusammen mit der Freiheit, zu entscheiden, will und brauche ich gerade noch ein Fahrzeug oder nicht, unser Trumpf. Es ist also nicht nur das All-inclusive-Paket, sondern zusätzlich auch die Flexibilität, die in bestimmten Nutzungsbereichen erwartet wird. Auf den Automobilsektor lässt sich das nur übertragen, wenn man stark ins Risiko geht und ein höchst effizientes System bereithält. Fleetpool hat das unter großer Anstrengung über die Jahre aufgebaut.
Die jüngste Ergänzung in unserem System ist unser neues eigenes Logistikzentrum in Griesheim bei Darmstadt mit 1.200 Stellplätzen und kompletter Service-Infrastruktur, das wir in einem Joint Venture mit einem erfahrenen Logistiker eigenständig betreiben und somit für Kunden und Hersteller eine elementar wichtige Dienstleistung innerhalb des Auto-Abos selbst erbringen.
Flottenmanagement: Welche Möglichkeiten sehen Sie für die Integration eines Auto-Abo-Modells in das Unternehmensmobilitätskonzept? Was sind die Unterschiede zwischen Auto-Abo sowie Leasing- und auch Mietkonzepten?
Gert Schaub: Für den Kunden ist der Unterschied in der volldigitalen Buchung und der einfach aufgebauten Angebotsstruktur mit kurzen Laufzeiten erkennbar. Das ist bei der Miete sicherlich auch gegeben, aber zu deutlich höheren Preisen und anstrengenden Tauschprozessen. Von daher ist das Auto-Abo ein Produkt zwischen Autoleasing und Fahrzeugmiete. Zudem ist es aber auch die Einfachheit: Wir unterbreiten dem Kunden ein Angebot, bei dem alles enthalten ist – ganz ohne Sternchen und versteckte Kosten. Dadurch nehmen wir ihm den Druck, sich für ein bestimmtes Angebot entscheiden zu müssen, was oftmals auch eine Hürde zum Abschluss ist. Gleichzeitig haben wir keinen Konfigurator, der Kunde erfasst somit sehr schnell, was er bekommt – ein top ausgestattetes Fahrzeug und kein nacktes Basisfahrzeug. In Summe führt das dazu, dass der Kunde mit nur fünf Klicks in unserem Shop ein Auto buchen kann.
Von der Seite des Systembetreibers beziehungsweise Anbieters betrachtet, ist der Unterschied zum Leasing zunächst, dass man Großflottenbetreiber ist und eine viel komplexere Software und Fahrzeugdisposition benötigt. Wir verwalten nicht nur Verträge, sondern haben weit über 10.000 aktive Fahrzeuge, bei denen unglaublich viel Bewegung ist. Hier liegt das Handling komplett bei uns, das ist sehr komplex und personalintensiv. Gleichzeitig sind die Produkte, die wir mit Fleetpool aufgebaut haben, zielgruppenspezifisch: like2drive business car-abo richtet sich beispielsweise an Einzelgewerbetreibende oder kleine Unternehmen sowie Freischaffende, die ein flexibles Fahrzeugangebot suchen und sich um nichts weiter kümmern möchten. Wir übernehmen das komplette Fuhrparkmanagement – der Kunde bekommt eine Rechnung, die alles inkludiert, und wird über die gesamte Dauer von uns begleitet. Sprich, es bringt auch ganz viel Komfort.
Flottenmanagement: Mit dem Ausbruch von COVID-19 und den dazugehörigen Einschränkungen scheint die Nachfrage nach flexibleren Mobilitätslösungen zu steigen. Wie stellt sich die Situation aus Ihrer Sicht dar? Gab es Auswirkungen auf Ihr Angebot
Gert Schaub: Die Pandemie hat uns natürlich auch beeinflusst und wir waren sehr verunsichert. Unser Vorteil gegenüber den klassischen Angebotsformen war und ist, dass wir die digitale Buchung bereits am Markt etabliert hatten. Zudem sind wir bei der Auslieferung unabhängig und konnten so auch im März und April über 1.000 Fahrzeuge monatlich an unsere Kunden übergeben. So etwas geht nur, wenn man 360-Grad-Anbieter ist: Alle Leistungen für unser Angebot kommen aus unserer Hand, wir sind kaum mehr abhängig von Dritten. Und vor dem Kunden hat das den Vorteil, dass wir die Prozesse selbst steuern und somit sicherstellen können. Das ist, wie schon erwähnt, auch ein Grund dafür, dass zunehmend mehr Hersteller mit uns Kooperationen eingehen möchten. Im Mai 2020 startete beispielsweise unsere Kooperation mit Toyota mit dem Angebot KINTO Flex. Wer als Hersteller ein Auto-Abo stabil betreiben möchte, kann nicht einfach eine Plattform mit Angeboten ins Internet stellen. Hier braucht man steuerbare Prozesse, ansonsten fliegt einem das nach einer gewissen Zeit um die Ohren.
Daneben verändern sich unsere Produkte auch permanent: So haben wir die Laufzeiten angepasst und einzelne Elemente verändert, aber auch ergänzt. Ein Beispiel hierfür ist der like2care Ratenschutz, also die Möglichkeit einer vorzeitigen Rückgabe des Fahrzeugs bei Arbeitslosigkeit. Damit wollen wir unseren Kunden auch in diesen unbeständigen Zeiten maximale Planungssicherheit bieten.
Flottenmanagement: Fleetpool betreibt mittlerweile einige Mobilitätsmarken für spezielle Nutzergruppen und wirbt mit „Auto all-inclusive“. Was bedeutet das genau? Inwieweit lassen sich Fahrzeuge hierbei konfigurieren?
Gert Schaub: Wir möchten es dem Kunden so einfach wie möglich machen – vorbestellte und vorkonfigurierte Fahrzeuge, keine Sternchentexte und eindeutige Preise. Wir haben ganz bewusst keinen Konfigurator, denn das kostet den Nutzer oder das Unternehmen nur Zeit. Bei Mitarbeitergehaltsumwandlungen mit Konfiguratoren verbringen die Nutzer unfassbar viel Zeit mit der Suche nach einem schicken Auto, und das alles während der bezahlten Arbeitszeit – das gibt es bei uns nicht. Ohnehin sind die Fahrzeuge bei uns top ausgestattet und verfügen über alle Ausstattungsmerkmale, die für den jeweiligen Anwendungsbereich essenziell sind.
Flottenmanagement: Mit like2drive business car-abo haben Sie vor einigen Monaten ein neues Angebot präsentiert. Wie unterscheidet sich dieses von dem Privatkunden-Angebot?
Gert Schaub: Mit der speziellen Ansprache der Firmenkunden erreichen wir diese Nutzergruppe besser. Im Hintergrund laufen auch andere Betreuungsprozesse. Wir haben unseren Ursprung in der Betreuung von Firmenkunden und wissen daher recht gut, was Firmenkunden erwarten. Das Angebot wird demnächst auch noch mal erweitert. Unsere Zielrichtung mit dem Business Auto-Abo ist ja generell nicht der Großkunde mit festem Fuhrpark und Fuhrparkleiter, sondern die kleine Einheit oder der situative Bedarf in Ergänzung zum Fuhrpark. Firmenkunden bekommen auch bei Einzelbestellungen den kompletten Service eines Fuhrparkmanagements und haben hohe Preistransparenz. Und natürlich wieder die Flexibilität über die kurzen Laufzeiten, was gerade in unsicheren Zeiten existenziell wichtig ist.
Flottenmanagement: Die Fahrzeugrückgabe wird von Leasingnehmern oftmals kritisch hinterfragt. Wie verläuft die Fahrzeugrückgabe beim Auto-Abo? Gibt es hier ein ähnliches Prozedere wie bei der fairen Fahrzeugrücknahme beziehungsweise der fairen Fahrzeugbewertung des VMF – Verband markenunabhängiger Fuhrparkmanagementgesellschaften e. V.?
Gert Schaub: Ja natürlich. Das Rückgabe- oder Tauschprozedere unterliegt ähnlichen Maßstäben wie bei der fairen Fahrzeugrücknahme beziehungsweise der fairen Fahrzeugbewertung des VMF: Es wird immer ein Gutachten von einem unabhängigen TÜV-Gutachter gemacht, bei dem der Kunde alles erklärt bekommt. Das Vertrauen der Kunden ist für uns essenziell und Teil des Prinzips. Anders könnten wir uns auch nicht über die vielen Bestandskunden freuen, die immer wieder das Auto-Abo für sich nutzen.
Flottenmanagement: Ein Megatrend in der Automobilbranche ist die Digitalisierung. Welche Chancen sehen Sie in der Digitalisierung für Ihr Konzept? Inwieweit profitieren Ihre Kunden von der Digitalisierung
Gert Schaub: Für uns ist Digitalisierung schon seit Jahren Tagesgeschäft, insofern sind wir hier ganz unaufgeregt. Bereits vor fünf Jahren haben wir begonnen, unser eigenes ERP-System zu entwickeln. Hinzu kam die Shop-Technologie für die Fahrzeugbuchung, die wir auch selbst aufgebaut haben. Im Bereich der Auto-Abos sind wir dem Markt sicherlich zwei Jahre voraus und entwickeln auf hoher Basis weiter. Unsere Kunden schätzen das und das ist Teil unseres Erfolgs – mit teilweise 300 Prozent Wachstum in den Segmenten. Für die Buchung eines Fahrzeugs brauchen unsere Kunden gerade mal fünf Klicks, und das ganz unabhängig von einer App. Über unsere Onlineportale ist die Fahrzeugbuchung so einfach wie eine Bestellung über Amazon – das kann und versteht jeder.
Flottenmanagement: Last, but not least: Langsam, aber stetig nimmt die Zahl der Elektrofahrzeuge zu. Sind flexible, maßgeschneiderte Mobilitätskonzepte Ihrer Meinung nach ein Mittel, der Elektromobilität zum Durchbruch zu verhelfen? Wie könnte dies aussehen
Gert Schaub: Gerade bei der E-Mobilität ist Flexibilität erwünscht. Prof. Dr. Dudenhöffer sagt sogar, dass das Auto-Abo entscheidend für den Durchbruch der E-Fahrzeuge sein kann. Und davon gehen wir auch aus. So haben wir zusammen mit einem Energieanbieter vor einiger Zeit ein reines Elektroauto-Abo entwickelt, um dessen Kunden die enorme Unsicherheit und auch das immer noch vorhandene Misstrauen gegenüber der Alltagstauglichkeit dieser Technologie zu nehmen. Denn oftmals verfügen Kunden bereits über die nötige Ladeinfrastruktur, aber sie wollen sich noch nicht langfristig an ein rein elektrisches Modell binden. Diesen Kunden nehmen wir die Angst und bieten ihnen einfach mit kurzer Laufzeit den Einstieg.

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