Update Arbeitsrecht: Dienstwagen auch bei Kurzarbeit und Homeoffice?

<p> Schwierige Zeiten wie die aktuelle Corona-Krise fordern auch in Unternehmen eine Anpassung ihrer Arbeits- und Produktionsabl&auml;ufe an die aktuelle Sicherheitslage in Bezug auf die Ausbreitung des Virus COVID-19. Dabei geh&ouml;rt es zu den F&uuml;rsorgepflichten des Arbeitgebers, die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass eine wechselseitige Ansteckung der Mitarbeiter untereinander ebenso eingegrenzt wird wie eine Ansteckung der Mitarbeiter im direkten Kundenkontakt.</p>

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So mancher Fuhrpark kommt schon wegen der zur Neige gehenden Desinfektionsmittel schnell an die Grenzen, noch „saubere“ Poolfahrzeuge zu überlassen. Viele Unternehmen schicken daher ihre Mitarbeiter mit einem Laptop ins Homeoffice, damit sie von zu Hause arbeiten. Andere Arbeitnehmer werden hingegen in Kurzarbeit geschickt, weil Material oder Ersatzteile fehlen oder weil aufgrund der im wahrsten Sinne des Wortes „engen“ Arbeitsabläufe eine Ansteckung nicht sicher verhindert werden kann. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn behördlich vorgegebene oder empfohlene Sicherheitsabstände von 1,5 bis 2,0 Meter bei den Rahmenbedingungen der Arbeitsleistung nicht mehr eingehalten werden können. Die großen deutschen Automobilhersteller wissen aufgrund der stillstehenden Produktion ein Lied davon zu singen. Für Mitarbeiter, die einen Dienstwagen auch privat nutzen dürfen, stellen sich nun einige wichtige Fragen.

Was passiert mit dem Dienstwagen während der Kurzarbeit?
In schwierigen Zeiten können Unternehmen für ihre Betriebe oder Betriebsteile unter bestimmten Voraussetzungen Kurzarbeit einführen. Kurzarbeit bedeutet nichts anderes als die Verringerung der betriebsüblichen Arbeitszeiten aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten beispielsweise durch Auftragsmangel oder infolge „unabwendbarer“ Ereignisse, wie durch Naturkatastrophen oder – wie dies nun in der aktuellen Corona-Krise der Fall ist – im Zusammenhang mit behördlichen Maßnahmen zur Kontakteinschränkung, zu Kontaktsperren bis hin zu Ausgangssperren. Dabei täuscht das Wort „kurz“ ein wenig darüber hinweg, dass im Rahmen der Verkürzung von Arbeitszeiten auch gar nicht mehr gearbeitet werden kann. Das nennt man dann auch „Kurzarbeit null“. Rechtsgrundlage für Kurzarbeit können ein Gesetz (zum Beispiel KSchG), ein Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder eine arbeitsvertragliche Vereinbarung mit dem Mitarbeiter sein. Einseitig kann der Arbeitgeber diese nicht anordnen.

Wie aber ist es bei Kurzarbeit um den Anspruch auf einen Dienstwagen – mit Privatnutzung – bestellt? Diese Frage war soweit ersichtlich bislang noch nicht Gegenstand der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung. Ein Blick auf allgemeine Dienstwagen-Grundsätze hilft hier aber weiter.

Da es sich – arbeits- und steuerrechtlich – bei der Einräumung der privaten Nutzung eines Dienstwagens um einen Gehaltsbestandteil in Form eines Sachbezugs handelt (vgl. BAG-Urteil vom 21.03.2012, Az. 5 AZR 651/10), besteht ein Anspruch auf die Privatnutzung so lange, wie der Arbeitgeber auch Arbeitslohn zahlen muss – und sei es eben nur einen Teil davon. Wird also bei verringerter Arbeitszeit vom Arbeitgeber ein verringerter Lohn gezahlt, dann bleibt der Anspruch auf die Privatnutzung des Dienstwagens vorerst bestehen. Der Dienstwagen wird – im Prinzip wie bei Teilzeit oder Altersteilzeit – nicht nur noch anteilig belassen. Mit anderen Worten entfällt der Dienstwagen mit Privatnutzung also keineswegs automatisch nur wegen der Kurzarbeit.

Dennoch ist es nötig, sich zum weiteren Verständnis die Merkmale der Kurzarbeit etwas näher anzusehen. Wird die Arbeitszeit verringert, wird auch nur ein entsprechend verringerter Lohn gezahlt. Der restliche Lohnausfall kann über die Agentur für Arbeit abgemildert werden, indem der Arbeitgeber für seine Mitarbeiter Kurzarbeitergeld (KUG) beantragt. Kurzarbeitergeld nach § 93 SGB III ist aber kein Arbeitslohn, sondern eine Lohnersatzleistung. Sie wird von der Arbeitsagentur für die Dauer der Kurzarbeit gezahlt und wie das Arbeitslosengeld I berechnet. Abgedeckt wird die Differenz zwischen dem Lohn, der „normalerweise“ für volle Leistung geschuldet wird, und dem verringerten Lohn, der sich aus der Verringerung der Arbeitszeit ergibt. Der Arbeitgeber muss bei der Lohnzahlung an die Mitarbeiter in Vorleistung gehen, wobei dann das Kurzarbeitergeld als Erstattungsleistung rückwirkend an den Arbeitgeber gezahlt wird. Auch der Sozialversicherungsbeitrag (also der volle Beitrag zur Kranken-, Rentenund Pflegeversicherung) muss weiterhin – mit dem Lohn – vom Arbeitgeber abgeführt werden. Denn nach § 105 SGB III gibt es nur 60 Prozent des während der Kurzarbeit ausgefallenen Nettolohns, wobei Arbeitnehmer mit mindestens einem Kind 67 Prozent des ausgefallenen Nettolohns erhalten.

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Aktuelles Magazin

Ausgabe 2/2020

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Daraus folgt, dass die „Kurzarbeit null“ durchaus ein möglicher Fall für den Widerruf der Privatnutzung zur Dienstwagenüberlassung ist, der von der oben genannten „Faustformel“ abgedeckt wird. Denn wird nur noch eine Lohnersatzleistung gezahlt und kein restlicher Arbeitslohn, dann besteht streng genommen auch kein Anspruch mehr auf den Sachbezug „Privatnutzung“ mehr. Anders sieht die Sache aus, wenn der Arbeitgeber beispielsweise laut einem Tarifvertrag verpflichtet ist, einen Zuschuss zum Kurzarbeitergeld zu zahlen. Versteht man diesen Zuschuss als Lohnzahlung, dann lebt der Anspruch auf die Privatnutzung gegebenenfalls selbst bei „Kurzarbeit null“ wieder auf. Das ist dann in jedem Einzelfall zu prüfen und zu klären.

Angesichts der mit dem Kurzarbeitergeld zwangsläufig verbundenen Lohneinbußen ist es für manchen Dienstwagennutzer unter dem Strich sogar eine Erleichterung, den Dienstwagen für die Dauer der Kurzarbeit an den Arbeitgeber zurückzugeben, schon um eine pauschale Versteuerung des geldwerten Vorteils im Rahmen der Ein-Prozent- Methode zu vermeiden. Hierbei ist aber unbedingt daran zu denken, dass bereits ein einziger Tag einer möglichen Privatnutzung die Pauschalversteuerung für den ganzen Monat auslöst.

Homeoffice
In anderen Fällen werden Mitarbeiter, die eigentlich eine erste Tätigkeitsstätte im Betrieb oder in einer Niederlassung des Arbeitgebers haben, bis auf Weiteres nach Hause ins Homeoffice geschickt. Verfügt ein solcher Mitarbeiter über einen Dienstwagen mit Privatnutzung, dann besteht der Anspruch auf den Sachbezug „Privatnutzung“ des Dienstwagens so lange, wie ein Anspruch auf den Arbeitslohn unverändert fortbesteht. Mit anderen Worten ändert ein vorübergehender Einsatz im Homeoffice rein gar nichts an der Entlohnung oder den Besteuerungsgrundlagen. Wurde der geldwerte Vorteil für die Privatnutzung des Dienstwagens pauschal nach der Ein-Prozent-Methode versteuert, dann bleibt es auch nach Aufnahme der Arbeit im Homeoffice dabei. Allerdings entfallen in der Praxis natürlich die werktäglichen Wegefahrten zur Arbeitsstätte und wieder nach Hause. Grundsätzlich sieht die Pauschalversteuerung nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EstG vor, dass wenn der Dienstwagen auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt werden kann, dann zusätzlich monatlich 0,03 Prozent des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte beim geldwerten Vorteil anzusetzen sind. Das Wort „kann“ macht deutlich, dass es eben nicht darauf ankommt, ob die täglichen Wegefahrten auch tatsächlich stattfinden. Daran ändert sich nur etwas, wenn beispielsweise im Rahmen der Vereinbarung über die Tätigkeit im Homeoffice zugleich festgelegt wird, dass die erste Tätigkeitsstätte nun nicht mehr beim Arbeitgeber liegt. Eine Anpassung der Überlassungsregelungen macht in beiden Fällen – sowohl Kurzarbeit als auch Homeoffice – Sinn. Dazu sollte man sich fachkundig juristisch wie steuerlich beraten lassen.

Rechtsanwalt Lutz D. Fischer, St. Augustin
 
 
AUTOR

RECHTSANWALT LUTZ D. FISCHER ist Verbandsjurist beim Bundesverband Fuhrparkmanagement e. V. und Mitglied der ARGE Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein. Ein besonderer Kompetenzbereich liegt im Bereich des Dienstwagen- und Verkehrsrechts. Als Autor hat er zahlreiche Publikationen zum Dienstwagenrecht veröffentlicht, unter anderem in der Fachzeitschrift „Flottenmanagement“ sowie im Ratgeber „Dienstwagen- und Mobilitätsmanagement 2018“ (Kapitel Datenschutz). Als Referent hält er bundesweit offene Seminare und Inhouse- Veranstaltungen zur Dienstwagenüberlassung mit thematischen Bezügen zu Arbeitsrecht/ Entgeltabrechnung/Professionellem Schadenmanagement/ Datenschutz. Zudem hält er Vorträge unter anderem für FleetSpeakers und das „Dialogforum für Fuhrpark- & Flottenmanagement“ von Management Circle.
 
 
 
RECHTSPRECHUNG

VERKEHRSZIVILRECHT

Rechtsüberholen auf auslaufender Fahrspur im Reißverschlussverfahren
Es ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, dass das Rechtsüberholen auf einer auslaufenden rechten Fahrspur außerorts, an deren Ende im Reißverschlussverfahren auf den linken, in dieselbe Richtung verlaufenden Fahrstreifen gewechselt werden muss, nicht mehrere Hundert Meter vor dem Ende des rechten Fahrstreifens zulässig ist, es sei denn, es läge einer der gesetzlich ausdrücklich abschließend geregelten Fälle des Rechtsüberholens vor. Denn das Reißverschlussverfahren ist nach § 7 Abs. 4 StVO „unmittelbar vor Beginn der Verengung“ durchzuführen. Nur in diesem Zusammenhang, also im Rahmen des Verkehrsgeschehens unmittelbar vor Beginn der Verengung, kann im Einzelfall nach § 7 Abs. 4 StVO auch ein Rechtsüberholen zulässig sein. Gegen eine weitergehende Zulässigkeit des Rechtsüberholens auf einem endenden Fahrstreifen spricht bereits der abschließende Charakter der gesetzlichen Aufzählung der zulässigen Fälle des Rechtsüberholens und die Beschränkung des Reißverschlussverfahrens auf einen räumlichen Bereich unmittelbar vor Ende des Fahrstreifens. Überholt ein Kraftfahrer auf einer auslaufenden rechten Fahrspur außerorts, an deren Ende im Reißverschlussverfahren auf den linken, in dieselbe Richtung verlaufenden Fahrstreifen gewechselt werden muss, bereits mehrere Hundert Meter vor dem Ende des rechten Fahrstreifens ein auf diesem befindliches Fahrzeug rechts, so handelt es sich nicht um ein Einordnen im Reißverschlussverfahren nach § 7 Abs. 4 StVO. Ein Rechtsüberholen ist in einer solchen Situation nur dann nicht verkehrsordnungswidrig, wenn einer der gesetzlich abschließend geregelten Fälle zulässigen Rechtsüberholens vorliegt. OLG Hamm, Beschluss vom 18.02.2020, Az. 4 RBs 61/20
 
Haftungsverteilung bei Kollision mit Vorfahrtsberechtigtem in Kreuzung
Der Wartepflichtige an einer Kreuzung, der in eine Vorfahrtsstraße einbiegen will, darf nur dann darauf vertrauen, dass der Vorfahrtsberechtigte seinerseits abbiegen will, wenn dieser blinkt und zusätzlich die Annäherungsgeschwindigkeit deutlich und erkennbar herabsetzt oder zweifelsfrei bereits mit dem Abbiegen begonnen hat. Es reicht demgegenüber nicht aus, wenn der Vorfahrtsberechtigte sich dem Kreuzungsbereich mit einer geringeren als der dort zugelassenen Höchstgeschwindigkeit nähert, ohne diese jedoch weiter zu verlangsamen. Eine Haftungsverteilung zulasten des Wartepflichtigen von einem Drittel zu zwei Dritteln ist gerechtfertigt, wenn der Vorfahrtsberechtigte vor dem Zusammenstoß zwar geblinkt, sich darüber hinaus aber nicht tatsächlich wahrnehmbar auf das Abbiegen vorbereitet hat. OLG Dresden, Beschluss vom 10.02.2020, Az. 4 U 1354/19
 
Haftungsverteilung bei Zweitunfall mit liegen gebliebenen Pkw auf Autobahn
Die an einem Unfall beteiligten Fahrzeuge prägen einen nachfolgenden Zweitunfall (Kollision eines nachfolgenden Verkehrsteilnehmers mit den zuvor verunfallten, liegen gebliebenen Fahrzeugen) mit, sodass die Haftung gemäß § 7 Abs. 1 StVG gegeben ist. Dies gilt auch dann, wenn ein gewisser Zeitraum zwischen Erst- und Zweitunfall liegt. Ein Kraftfahrer hat gemäß §§ 1, 3 Abs. 1 S. 4 StVO seine Fahrweise so einzurichten, dass er auch in der Dunkelheit vor auf der Straße liegen gebliebenen Kraftfahrzeugen, mögen sie auch unbeleuchtet sein, rechtzeitig anhalten kann.
Kommt es auf einer Autobahn infolge des Verstoßes eines Verkehrsteilnehmers gegen §§ 5 Abs. 4 S. 1 und 7 Abs. 5 StVO zu einem Unfall und später zur Kollision eines unter Verstoß gegen § 3 Abs. 1 S. 2, 4 StVO nachfolgenden Verkehrsteilnehmers mit den liegen gebliebenen Fahrzeugen des Erstunfalls, kann die Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge zwischen den beiden schuldhaft handelnden Verkehrsteilnehmern eine Haftungsverteilung von 30 zu 70 zulasten desjenigen ergeben, der den Erstunfall verursacht hat. OLG Celle, Urteil vom 22.01.2020, Az. 14 U 150/19
 
Haftung für Zweitunfall durch Kraftfahrzeugteile auf der Fahrbahn
Die Beteiligten eines Erstunfalls, bei dem Teile vom Kraftfahrzeug des Beklagten auf die Fahrbahn gelangen, die von einem nachfolgenden Kraftfahrer überfahren werden (Zweitunfall), haften dem durch den Zweitunfall geschädigten Kläger mit einer Gesamtquote als eine Haftungseinheit. Dies gilt so lange, als der Beklagte die Unabwendbarkeit des Erstunfalls für sich nicht beweisen kann. Zu welchem Anteil im Innenverhältnis die Beteiligten des Erstunfalls den Schaden aus dem Erstunfall zu tragen haben, betrifft deren Innenverhältnis und nicht das Außenverhältnis zum Geschädigten des Zweitunfalls. OLG Hamm, Urteil vom 08.11.2019, Az. 9 U 10/19
 
Keine Haftung aus Betriebsgefahr bei Auffahren auf Kfz als Fahrbahnhindernis?
Eine Haftung aus Betriebsgefahr nach § 7 Abs. 1 StVG entfällt, wenn ein Kraftfahrzeug zur bewussten Bildung eines Hindernisses auf der Fahrbahn eingesetzt wird. Auch wenn der Pkw auf das geschädigte Fahrzeug aufgefahren ist, verneint der Senat vorliegend die Haftung des Auffahrenden aus § 7 Abs. 1 StVG. Nach der BGH-Rechtsprechung muss die Schadensfolge in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist. Das ist hier nicht der Fall. Derjenige, der mit seinem Fahrzeug bewusst ein Hindernis auf der Fahrbahn bereitstellt, um einen Auffahrunfall zu provozieren, haftet allein. OLG Celle, Urteil vom 22.01.2020, Az. 14 U 173/19
 
Schadensersatzanspruch wegen Ölverunreinigungen auf einer Verkehrsfläche
Der Halter eines Fahrzeugs (hier: Lkw) haftet dem Grunde nach gemäß § 7 StVG in Verbindung mit § 249 BGB für die Kosten der Beseitigung einer unfallbedingten Verschmutzung der Bundesautobahn, wenn bei dem Unfall aus seinem Fahrzeug Öle und/oder Dieselkraftstoff und/oder Bremsflüssigkeit auf die Fahrbahn der Bundesautobahn auslaufen. Insbesondere ausgetretene Öle beziehungsweise Dieselkraftstoffe – oder andere, vergleichbare petrochemische und chemische sowie sonstige Stoffe/Flüssigkeiten wie Bremsflüssigkeit – können die Verwendung einer Straße nicht unerheblich beeinträchtigen und stellen insofern eine Sachbeschädigung dar. Der Halter ist dem Grunde nach verpflichtet, die zur Reinigung und Wiederherstellung der gefahrlosen Benutzbarkeit der Straße erforderlichen Aufwendungen im Falle eines Auslaufens von Betriebsstoffen aus einem im öffentlichen Straßenraum befindlichen Fahrzeug zu ersetzen. Dem geschädigten Bundesland steht grundsätzlich ein Anspruch auf Ersatz der zur Reinigung und Wiederherstellung der gefahrlosen Benutzbarkeit der Bundesautobahn erforderlichen Aufwendungen zu. AG Brandenburg, Urteil vom 11.03.2020, Az. 31 C 264/18

Halterhaftung für „erhöhtes Parkentgelt“ für Privatparkplatz?
Zwischen dem Betreiber eines privaten Parkplatzes und dem Fahrzeugführer kommt ein Vertrag über die Nutzung eines Fahrzeugabstellplatzes zustande, indem der Fahrzeugführer das als Realofferte in der Bereitstellung des Parkplatzes liegende Angebot durch das Abstellen des Fahrzeugs annimmt. Verstößt der Fahrzeugführer gegen die Parkbedingungen und verwirkt er dadurch eine Vertragsstrafe („erhöhtes Parkentgelt“), haftet der Halter des Fahrzeugs hierfür nicht. Ein Anscheinsbeweis dafür, dass der Fahrzeughalter auch der Fahrzeugführer ist, besteht nicht. Den Fahrzeughalter, den der Betreiber eines unentgeltlichen Parkplatzes als Fahrzeugführer auf ein „erhöhtes Parkentgelt“ in Anspruch nimmt, trifft jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Um seine Fahrereigenschaft wirksam zu bestreiten, muss er vortragen, wer als Nutzer des Fahrzeugs im fraglichen Zeitpunkt in Betracht kommt. BGH, Urteil vom 18.12.2019, Az. XII ZR 13/19 (rechtskräftig)
 
Gutachten nach Unfall: Aufklärungsobliegenheit des Geschädigten über Vorschäden
Grundsätzlich hat der Geschädigte die Obliegenheit, den Schadensgutachter von sich aus über alle Schäden aufzuklären, die nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen sind. Allein offenbare Gebrauchsspuren und Schäden, von denen er erwarten kann, dass der Gutachter diese aufgrund seiner Unfallbeschreibung ohnedies nicht ins Kalkül ziehen wird, können unerwähnt bleiben. Diese Obliegenheit betrifft grundsätzlich auch reparierte Vorschäden. Hat derselbe Schadensgutachter bereits den Vorschaden begutachtet, so bedarf es einer solchen Aufklärung grundsätzlich nicht. Ist wegen eines erheblichen Vorschadens kein zusätzlich berechenbarer Schadensumfang eingetreten und verbleibt daher kein ersatzfähiger Schaden des Geschädigten, sind die Kosten für die Einholung eines Sachverständigengutachtens dennoch regelmäßig ersatzfähige Kosten zur Schadensfeststellung. Dies ist nur abzulehnen, wenn von vornherein für den Geschädigten ersichtlich war, dass keine Schadenserhöhung eingetreten ist oder die Bagatellgrenze im Bereich von circa 700 bis 800 Euro nicht erreicht wird. OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.03.2019, Az. 1 U 84/18
 
Berücksichtigung von Beilackierungskosten im Rahmen fiktiver Schadensabrechnung
Den Geschädigten trifft die Darlegungs- und Beweislast für die Erforderlichkeit der Kosten der Beilackierung. Insoweit geht es nicht um die Verletzung der Schadensminderungspflicht, für die grundsätzlich der Schädiger die Beweislast trägt, sondern um die Schadenshöhe, die der Geschädigte nach den allgemeinen Grundsätzen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat. Das Berufungsgericht meint, ein Anspruch auf Ersatz der Beilackierungskosten könne bei fiktiver Abrechnung (von vornherein) nicht bestehen, weil sich die Erforderlichkeit der Beilackierungskosten erst nach durchgeführter Reparatur sicher beurteilen lasse. Es liegt in der Natur der Sache, dass bei der fiktiven Abrechnung eines Fahrzeugschadens stets eine (gewisse) Unsicherheit verbleibt, ob der objektiv zur Herstellung erforderliche Betrag demjenigen entspricht, der bei einer tatsächlichen Durchführung der Reparatur angefallen wäre oder anfallen würde. Unter Hinweis auf diese verbleibende Unsicherheit darf sich ein Gericht nicht der ihm obliegenden Aufgabe entziehen, eine Schadensermittlung nach den Grundsätzen des § 287 Abs. 1 ZPO vorzunehmen und insoweit zu prüfen, ob ein Schaden überwiegend wahrscheinlich ist. Im Übrigen trifft nicht zu, dass eine Beilackierung mit der Beseitigung des Unfallschadens als solchem nichts zu tun habe. Ist eine Beilackierung zur Wiederherstellung des Zustandes erforderlich, der vor dem schädigenden Ereignis bestanden hat, ist sie ebenso Teil der Beseitigung des durch den Unfall verursachten Schadens wie etwa der Ersatz eines beschädigten Fahrzeugteils. BGH, Urteil vom 17.09.2019, Az. VI ZR 396/18
 
Anscheinsbeweis für unfallursächliche Vorfahrtsverletzung durch Wartepflichtigen
Bei einem Zusammenstoß eines bevorrechtigten Fahrzeugs mit einem wartepflichtigen Fahrzeug im Vorfahrtsbereich spricht grundsätzlich ein Anscheinsbeweis für eine unfallursächliche Vorfahrtsverletzung durch den Wartepflichtigen. Zwar hat der Wartepflichtige das Vorfahrtsrecht eines herannahenden Verkehrsteilnehmers nur dann zu beachten, wenn das bevorrechtigte Fahrzeug in dem Augenblick, in dem der Wartepflichtige mit dem Einfahren beginnt, bereits sichtbar ist. Die bloße Möglichkeit, dass auf der Vorfahrtsstraße ein anderes Kraftfahrzeug herannahen könnte, löst noch keine Wartepflicht aus. Hier kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass der Wartepflichtige das bevorrechtigte Beklagtenfahrzeug bei der nach § 8 Abs. 2 Satz 2 StVO gebotenen Sorgfalt nicht hätte rechtzeitig wahrnehmen können. Ereignet sich beim Linksabbiegen eines Pkw ein Verkehrsunfall mit einem sich auf einer bevorrechtigten Straße mit überhöhter Geschwindigkeit von links nähernden Motorrades, so steht der festgestellte Geschwindigkeitsverstoß der Annahme eines gegen den Linksabbieger sprechenden Anscheinsbeweises jedenfalls dann nicht entgegen, wenn der Motorradfahrer für den Abbiegenden in der Annäherung erkennbar war. LG Saarbrücken, Urteil vom 30.12.2019, Az. 13 S 66/19
 
Anscheinsbeweis bei Kreisverkehr
Ein Anscheinsbeweis zulasten des in einen Kreisverkehr Einfahrenden kommt nur dann in Betracht, wenn es noch im Einmündungsbereich der Kreisfahrbahn zu einer Kollision kommt. Dagegen ist er ausgeschlossen, wenn sich der Unfall im Kreisverkehr ereignet, auch wenn feststeht, dass der Einfahrende erst nach dem Unfallgegner und unmittelbar vor dem Zusammenstoß mit erhöhter Geschwindigkeit auf die Kreisbahn eingebogen ist. OLG Dresden, Beschluss vom 02.12.2019, Az. 4 U 1797/19
 
Haftung aus Betriebsgefahr des Kfz bei Schaden durch Fahrfehler in Waschstraße
Bei „Waschanlagenunfällen“ bedarf es einer genauen Zuordnung, ob der Schaden dem Betrieb der Anlage oder des Pkw zuzurechnen ist. Wird eine Betriebseinrichtung (wie Bremse, Lenkung) eines Kfz in einer Waschanlage genutzt und kommt es infolgedessen zu einem Unfall in der Waschstraße, ist dieser dem Betrieb des Kfz zuzurechnen.
 
Der Schaden ist nicht durch eine Fehlfunktion der Waschanlage verursacht worden. Das folgt aus den Feststellungen des eingeholten Sachverständigengutachtens. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sei das vordere Fahrzeug in der Waschstraße vor der Kollision derart abgebremst oder anderweitig blockiert worden, dass das hintere Fahrzeug aufgeschoben worden sei. Ein technischer Defekt der Waschstraße oder andere äußere Einflüsse, welche auf das vordere Fahrzeug vor der Kollision eingewirkt und es so zum Stillstand gebracht haben, könnten anhand des Schadensbildes ausgeschlossen werden. Die Waschstraße verfüge über eine Transporteinrichtung, die aus einem umlaufenden Kunststoffförderband bestehe. Bei Kunststoffförderbändern gebe es keine Störungen, Fehlfunktionen oder Verschleißauffälligkeiten, welche ein Ausscheren von Fahrzeugen begünstigen könnten. Das Ausscheren von Fahrzeugen beim Transport mit Kunststoffförderbändern gehe somit ausschließlich vom Fahrzeug aus. Seit der Einführung von Fahrassistenzsystemen komme es häufiger vor, dass die Hinterräder blockierten. Grund sei immer, dass die Funktion der Parkbremse vor dem Transport nicht deaktiviert worden sei und während des Transports zum Blockieren der Hinterräder führe. Das vordere Fahrzeug sei zum Kollisionszeitpunkt nicht ausschließbar aufgrund blockierter Hinterräder quasi im Begriff des Ausscherens gewesen. Ob eine unzureichende Information der Anlagenbenutzer durch den Betreiber der Waschstraße das Schadensgeschehen mitverursacht hat, bedarf hier keiner Entscheidung. OLG Celle, Urteil vom 20.11.2019, Az. 14 U 172/18
 
 

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