Elektrisch in der Zukunft
<p> Dass die Elektromobilität langsam Fahrt aufgenommen hat, sollte nun auch dem Letzten bewusst geworden sein. Viele öffentliche Parkplätze besitzen bereits Lademöglichkeiten und auch im Straßenbild nähert sich das eine oder andere Auto bereits geräuschlos. Doch der Weg, bis die Elektromobilität auch den letzten Zweifler überzeugt hat, ist noch ein weiter. Wir stellen vier Technologien vor, die für den nächsten Push sorgen könnten.</p>

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In unserer vergangenen Onlineumfrage „In Zukunft elektrisch?“ (Flottenmanagement 1/2019, S. 40 ff.) hatten sich rund 350 Flottenmanager unter anderem zu den Hindernissen bei der Etablierung der Elektromobilität im Unternehmen geäußert: Vor allem die fehlende Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum (80 Prozent), aber auch am Unternehmensstandort (45 Prozent) beziehungsweise am Wohnort des Dienstwagenberechtigten (65 Prozent) zählt aus Sicht der Fuhrparkverantwortlichen zu den Hürden, die es zu nehmen gilt. Doch wo könnte man anknüpfen, um eine Verbesserung in Bezug auf die Ladeinfrastruktur zu erreichen? Ein Anknüpfungspunkt ist mit Sicherheit der Ausbau des Angebots an Ladesäulen/-stationen. Zwar hat die Anzahl an Lademöglichkeiten, wie eingangs beschrieben, merklich zugenommen, dennoch ist selbst bei Elektromobilisten zu hören, dass die Zahl nicht ausreichend ist. Und was ist erst, wenn die Elektromobilität einen wirklichen Push erhält und sich die Anzahl an Elektrofahrzeugen binnen weniger Monate schlagartig erhöht?! Um dieses „Horrorszenario“ umgehen zu können, muss das Angebot an öffentlicher, aber auch privatwirtschaftlicher Ladeinfrastruktur weiter ausgebaut werden – und das nicht nur im Zuge von Neu- beziehungsweise Umbauten von Parkflächen.
Doch der alleinige Ausbau der Lademöglichkeiten wird am Ende nur einen kleinen Effekt haben, denn im Vergleich zum Tankvorgang bei einem herkömmlichen Fahrzeug mit Verbrenner benötigt man für das Laden eines Elektrofahrzeugs vor allem eins – Zeit. Die angepriesenen „in weniger als drei Minuten 100 Kilometer Reichweite laden“ sind für die meisten Elektrofahrzeugfahrer noch ein Traum. Bereits 2015, als Audi das e-tron quattro concept und Porsche den Mission-E auf der IAA in Frankfurt am Main erstmalig präsentierten, war klar, dass für die größeren Batterien auch eine vor allem schnellere Ladeinfrastruktur erforderlich ist. Der Zuffenhausener Sportwagenhersteller machte seine Pläne für die Entwicklung einer 800-Volt-Schnellladestation auch schnell publik. Gleichermaßen beteiligte sich Porsche am Forschungsprojekt „FastCharge“, welches im Juli 2016 initiiert wurde, und erzielte mit einem Forschungsfahrzeug als erster Pkw eine initiale Ladeleistung von 400 Kilowatt (kW). Möglich wurde dies durch ein innovatives Kühlsystem, das für eine gleichmäßige und schonende Temperierung der Batteriezellen sorgt. Im vergangenen Jahr wurde dann auch der erste Schnellladepark am Technologiestandort Berlin-Adlershof in Betrieb genommen. Das Besondere: Zwei der vier Kundenparkplätze der Niederlassung besitzen die neue 800-Volt-Ladetechnologie. Im Unterschied zu den heutigen Gleichstrom-(DC-)Schnellladestationen für Elektroautos wird die Spannungslage von rund 400 auf 800 Volt angehoben. Durch die Anhebung der Spannungslage wird die Ladezeit deutlich reduziert: So kann eine Reichweite von 400 Kilometern statt in 40 bis 80 Minuten nun in weniger als 20 Minuten aufgeladen werden. Der Porsche Taycan, der Ende 2019 auf den Markt kommt, wird zugleich das erste Serienfahrzeug mit 800-Volt-Technik sein.
Auch an anderer Stelle, in Jettingen-Scheppach, in der Nähe der A8 zwischen Ulm und Augsburg, ist bereits ein alternativer Ladesäulen-Prototyp ans Netz gegangen. Die Entwicklung ist auch hier aus dem Projekt „FastCharge“ hervorgegangen, bei dem neben Porsche auch BMW sowie der Ladesäulenbetreiber Allego und die Technikspezialisten von Phoenix Contact E-Mobility und Siemens beteiligt sind. Die Ladeleistung der Ultra-Schnellladestation von bis zu 450 kW soll dreimal so hoch wie die der bisherigen Gleichstrom-(DC-)Schnellladestationen sein, bei denen 150 kW meist die Spitze der Geschwindigkeit darstellt. Allerdings ist die Säule noch ein Prototyp, an dem die elektrischen Forschungsfahrzeuge demonstrieren können, dass 15 Minuten für einen Ladevorgang von 10 auf 80 Prozent praktisch möglich sind. Die Supercharger von Tesla brauchen im Übrigen fast doppelt so lange, aber diese gibt es dafür schon in Serie.
Technisch wird die Ladezeit von Strom und Spannung bestimmt: Je höher Volt- und Amperezahl sind, desto schneller füllt sich der Energiespeicher. An beiden Stellschrauben kann jedoch nicht beliebig gedreht werden, weswegen auch das Forschungsprojekt „FastCharge“ ins Leben gerufen wurde, um eben die technischen und physikalischen Grenzen aller beim Laden betroffenen Komponenten und Systeme – im Fahrzeug und bei der Infrastruktur – zu erforschen. Dass diese Ladezeiten noch Zukunftsmusik sind, zeigen aber auch die Elektrofahrzeuge: Die Ladeleistung von bis zu 450 kW kann die Ultra-Schnellladestation vorerst nicht ausspielen. Der Grund: Kein Elektrofahrzeug ist in der Lage, so schnell zu laden, selbst beim Porsche Taycan liegt die Grenze des Machbaren bei 350 kW. Daher wird auch in Zukunft von uns eine Umstellung beim „Betanken“ unseres Elektrofahrzeugs gefordert sein – die Lösung: Laden, wenn immer das Fahrzeug parkt.
Für Entlastung bei den zuvor genannten Problemen – unzureichende Ladeinfrastruktur und das Zeitmanagement – könnte ein mobiler Akku sorgen. Ähnlich dem Prinzip einer Powerbank für Smartphones und Tablets hat Volkswagen Ende letzten Jahres eine bewegliche Schnellladesäule für Elektrofahrzeuge vorgestellt: Sie kann dort aufgestellt werden, wo Bedarf ist – zum Beispiel auf öffentlichen wie auch privatwirtschaftlichen Parkplätzen oder bei Großveranstaltungen. Gleichzeitig kann sie als herkömmliche stationäre Schnellladestation genutzt werden, wenn sie fest ans Stromnetz angeschlossen wird. Die Ladekapazität liegt bei bis zu 360 kWh und die Schnellladestation ermöglicht im autarken Betrieb das Laden von bis zu 15 Elektrofahrzeugen insgesamt, davon bis zu vier gleichzeitig. Laut Volkswagen ist der größte Clou jedoch, dass ein Ladevorgang dank Schnellladetechnologie nur 17 Minuten dauern soll. Technisch basiert der mobile Schnelllader auf dem Batteriepaket des Modularen Elektrifizierungsbaukastens (MEB), welchen der Volkswagen Konzern unter anderem für seine ID.-Elektrofahrzeugfamilie nutzt. Damit ist auch eine mögliche Weiterverwendung der Fahrzeugbatterien in Aussicht: Bei nicht mehr ausreichender Ladekapazität und einer ausführlichen Analyse könnten die Batteriezellen in der Schnellladesäule weiter verwendet werden, bevor sie recycelt werden müssen. Ein weiterer Vorteil nach Angaben von Volkswagen: Die Ladesäule bietet die Möglichkeit, nachhaltig erzeugten Strom aus Solar- oder Windenergie zwischenzuspeichern. Dies ist ein wichtiger Aspekt für eine CO2-neutrale Mobilität. Der mobile Schnelllader wird zunächst in einem Pilotprojekt in Wolfsburg getestet; ab 2020 soll die Ladesäule auch in anderen Städten und Gemeinden zum Einsatz kommen.

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Apropos Zwischenspeicherung: Seit einigen Jahren bieten Hersteller wie Nissan im Leaf und Mitsubishi im Outlander Plug-in Hybrid einen bidirektionalen Schnellladeanschluss an. Das bedeutet, dass die Möglichkeit besteht, die Fahrzeuge als temporären Batteriespeicher zu nutzen. Dadurch kann beispielsweise der in Photovoltaikanlagen erzeugte Strom im Elektrofahrzeug für eine spätere Nutzung im Haushalt zwischengespeichert werden; auch die Speicherung von Strom, wenn er besonders günstig ist, ist ein denkbares Szenario. Das Problem: Während sich die Mehrkosten für eine bidirektionale Ladestation im Privathaushalt auch durch die Zurückspeisung in das Stromnetz amortisieren lassen, müssen Unternehmen eine Reihe gesetzlicher Regelungen wie beispielsweise zur Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien- Gesetz (EEG) oder zur Vergütung nach dem Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz (KWKG) beachten. Damit bleibt vielen Unternehmen nur die Möglichkeit, den zwischengespeicherten Strom nur für ihre eigenen Belange zu nutzen. Jedoch zeigen einige gewerbliche und kommunale Projekte, etwa in Amsterdam, wie sich das bidirektionale Laden etablieren lässt.
Nicht zuletzt wird auch dem Lastmanagement in Zukunft eine weitaus bedeutendere Rolle zukommen als heute: Je mehr Elektroautos an einem Standort geladen werden müssen, umso wichtiger ist es, die verfügbare Ladeleistung optimal auf alle zu ladenden Elektroautos zu verteilen. Dadurch lassen sich nicht nur die hohen Investitionskosten für den Ausbau des Netzanschlusses sparen, sondern es werden Lastspitzen vermieden, welche wiederum zu einer Erhöhung des jährlichen zu zahlenden Leistungspreises führen. Anbieter wie The Mobility House weisen bereits heute auf die Bedeutung von Lastmanagementsystemen hin: Die Technologieplattform nennt hier ein Fallbeispiel für einen Industriebetrieb mit 15 Service-Elektrofahrzeugen, die an 15 Ladestationen mit je 22 kW Ladeleistung geladen werden sollen. Ohne ein Lastmanagement würden Kosten für den Ausbau des Netzanschlusses in Höhe von circa 32.000 Euro anfallen und gleichzeitig würde sich der Leistungspreis durch die höhere Anschlussleistung um 15.000 Euro pro Jahr erhöhen. Durch ein dynamisches Lastmanagement, bei dem sich die verfügbare Gesamtladeleistung an dem aktuellen Stromverbrauch im gesamten Gebäude orientiert, können laut The Mobility House diese zusätzlichen Kosten eingespart werden. Auch soll keine Einschränkung für den Fuhrparkbetrieb durch die verlangsamten Ladevorgänge entstehen, da die Elektroautos bequem über Nacht geladen werden können.

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