Rufbus 2.0
<p> Konkurrenz für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und Taxis? Seit dem vergangenen Jahr erlebt das Thema Ridesharing auch in Deutschland einen Hype. Ioki, Lyft, MOIA, Uber und ViaVan – so die Namen der größten Anbieter – buhlen mit den traditionellen Mobilitätsanbietern um die Gunst der Kunden. Doch welches Konzept verbirgt sich hinter dem Begriff Ridesharing?</p>
Bereits im vergangenen Jahr haben wir im Artikel „Schnell und unkompliziert“ (Flottenmanagement 4/2018, S. 78 f.) einen Blick auf die Angebote im Bereich Ridesharing geworfen und einen kleinen Einblick in das Konzept dahinter gewährt. Im Grunde genommen stecken hinter dem Begriff Ridesharing Onlineanbieter für Transportservices. In den USA bilden diese unter dem Namen Transportation Network Companies (TNC) sogar eine eigene Klasse der Mobilitätsdienste. Die eigentliche Idee dahinter, Fahrten nur dann anzubieten, wenn auch Bedarf besteht, ist nicht neu. Jedoch werden hierfür neue Technologien genutzt, um diese Services in großem, globalem Maßstab anzubieten und ein lukratives Geschäftsmodell daraus zu machen. So weist das Konzept des Ridesharing enge Verbindungen zu Mitfahrdiensten, aber auch zu Rufbussen auf. Während der Rufbus jedoch vor allem im ländlichen Raum oder in den Abendstunden eine gewisse Grundversorgung sicherstellt, rufen Fahrgäste wie beim Ridesharing- Dienst der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), BerlKönig, einen Minibus per App einfach zu einer virtuellen Haltestelle. Geshared wird dabei die Fahrt, das heißt, Fahrgäste mit demselben Ziel oder ähnlicher Fahrtrichtung können auf dem Weg zusteigen.

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Die Resonanz auf das Angebot ist positiv: So zeigte eine Umfrage im Auftrag des Digitalverbandes Bitkom Anfang dieses Jahres, dass bereits zwei Prozent das neue Angebot regelmäßig nutzen. Fast jeder zweite Befragte (46 Prozent) gab an, Interesse an Ridesharing-Angeboten zu haben. „Die Digitalisierung verändert nicht nur einzelne Verkehrsmittel, sie vernetzt unsere gesamte Mobilität. Gerade Ridesharing bietet eine optimale Ergänzung zu bestehenden Angeboten wie dem klassischen ÖPNV mit Bus und Bahn“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. Unabhängig von der persönlichen Nutzung sieht die große Mehrheit der Deutschen viele Vorteile in dem Mobilitätsangebot: So sagten acht von zehn Befragten (82 Prozent), dass Ridesharing besonders in ländlichen Regionen hilfreich ist, in denen oft keine ausreichende Versorgung mit öffentlichem Nahverkehr besteht. Sieben von zehn (69 Prozent) sind zudem der Meinung, dass es eine sinnvolle Ergänzung zum bestehenden ÖPNV mit Bussen und Bahnen ist. Dagegen meint nur jeder Zweite (50 Prozent), dass Ridesharing eine Alternative zum klassischen Taxi darstellt. Aber ebenfalls jeder Zweite (52 Prozent) gibt an, auf ein eigenes Auto verzichten zu können, wenn das Alternativangebot flächendeckend verfügbar wäre.
Doch nicht jeder steht dem neuen Mobilitätsangebot positiv gegenüber: So äußerte Richard Leipold, Sprecher der Berliner Taxi-Vereinigung, gegenüber dem Mobilitätsmagazin Edison, dass sie zunehmend mit anderen Fahrdiensten um Gäste konkurrieren. Dabei sei insbesondere gegenüber dem Shuttle-Service BerlKönig die „Überlebenschance so klein wie bei einem Schneeball in der Hölle“, so Leipold. In der Senatsverwaltung für Verkehr sieht man indes keinen Grund für einen Konflikt zwischen Taxifahrern und BerlKönigen, denn die Ridesharing-Angebote in der Hauptstadt seien zum Test für maximal vier Jahre genehmigt. Doch der Erfolg der BVG-Shuttles gibt Anlass für Nachfragen: Laut der Verkehrsbetriebe hätten 120.000 Nutzer die App bereits heruntergeladen und 190.000 Fahrten seien gebucht worden.
Den Algorithmus und die Fahrzeugflotte für BerlKönig liefert im Übrigen ViaVan – eine Kooperation zwischen Daimler und dem US-amerikanischen Start-up Via. Eigenen Angaben zufolge ist das Joint Venture mit seinem Angebot in mehr als 40 Städten auf der Welt erfolgreich unterwegs. Doch auch Daimler ist mit dem Projekt nicht allein: Immer mehr Konzerne setzen gemeinsam mit öffentlichen Unternehmen einen Fuß in den neuen Markt. So gibt es in Berlin neben BerlKönig auch das CleverShuttle, woran die Deutsche Bahn als Geldgeber beteiligt ist. In Hamburg freut sich die Deutsche Bahn über den bisherigen Erfolg ihres Ridesharing-Dienstes ioki und verlängert das Angebot um zwei Jahre: „Der Start von ioki Hamburg hat unsere Erwartungen deutlich übertroffen. Etwa die Hälfte unserer Fahrgäste lässt sich zu größeren ÖPNV-Haltestellen bringen. Der Plan, den Nahverkehr zu stärken, geht also auf. Wir haben somit eine echte Chance, die Mobilitätsgewohnheiten in Zukunft zu verändern. Mit vernetzten Angeboten für die erste und letzte Meile machen wir den Nahverkehr deutlich attraktiver und das Leben ohne eigenes Auto wird gerade für junge Menschen langfristig denkbar“, sagt Michael Barillère-Scholz, Geschäftsführer von ioki. Das Angebot in Hamburg, welches zusammen mit den Verkehrsbetrieben Hamburg-Holstein GmbH (VHH) betrieben wird, wurde seit dem Start im Juli 2018 bereits von mehr als 180.000 Fahrgästen genutzt.
Seit April hat aber auch das Angebot von ioki in Hamburg neue Konkurrenz: Nach Hannover bietet die Volkswagen-Tochter MOIA auch in der Hansemetropole ihren Ridesharing-Dienst an. In einem gemeinsamen Projekt arbeiten der VW-Mobilitätsdienstleister und die Hamburger Hochbahn AG daran, ein neues umweltfreundliches Mobilitätsangebot für Hamburg zu entwickeln. Der Shuttle-on-Demand-Service ist mit umweltfreundlichen Elektrofahrzeugen unterwegs, die den öffentlichen Nahverkehr ergänzen und eine Alternative zum privaten Pkw bieten sollen. Mit rund 100 Fahrzeugen wird MOIA das Angebot für individuelle innerstädtische Mobilität für Hamburgerinnen und Hamburger erweitern. In den kommenden Jahren könnte die Zahl der Fahrzeuge auf 1.000 steigen.

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