Adieu Ein-Prozent-Versteuerung
<p> In Fachkreisen ist die Ein-Prozent-Versteuerung bei Dienstwagen wohlbekannt. Jetzt soll sie bei E-Fahrzeugen allerdings ersetzt, genauer gesagt halbiert werden. Noch im November verabschiedet der Bundesrat hierfür aller Voraussicht nach eine neue Regelung (Stand 12. November). Dabei soll die pauschale Besteuerung auf die private Nutzung betrieblich zugelassener batterieelektrischer Autos und Plug-in-Hybride von 1 auf 0,5 Prozent des Bruttolistenpreises pro Monat reduziert werden. In Kraft tritt die Steuervergünstigung nach Zustimmung des Bundesrates dann bereits zum 1. Januar 2019. Flottenmanagement hat sich näher mit den Auswirkungen befasst.</p>

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Erst einmal Näheres zu den konkreten Inhalten der neuen Regelung: Der verringerte Prozentsatz ist vorerst für den Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zum 31. Dezember 2021 anberaumt. Die 0,5 Prozent gelten für alle in diesem Zeitraum neu angeschafften Dienstwagen mit E-Motoren (inklusive Brennstoffzellenfahrzeuge) im Rahmen der pauschalen Besteuerung auf die private Nutzung. Ob Plug-in-Hybridautos hier ebenfalls mit eingeschlossen sind, war zu Redaktionsschluss noch nicht klar, gilt aber als sehr wahrscheinlich. Möglich wäre es bei diesen Modellen, die Voraussetzungen aus dem Elektromobilitätsgesetz (EmoG) zurate zu ziehen. Diese besagen: eine maximale CO2-Emission von 50 Gramm pro Kilometer oder eine elektrische Mindestreichweite von 40 Kilometern. Unklar wäre dann jedoch noch, ob die CO2-Grenze nach dem alten Messzyklus NEFZ oder nach der strengeren WLTP berechnet wird. Bisher ist das im deutschen EmoG nicht definiert.
Hinzu kommt (unter Vorbehalt): Für die Wege zwischen der Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte halbiert sich der geldwerte Vorteil ebenfalls, von 0,03 Prozent auf dann 0,015 Prozent. Der Steuerberaterverband Niedersachsen Sachsen-Anhalt e. V. schreibt dazu weiter: „Die Anwendung der monatlichen 0,03-Prozent-Regelung kann zu Gunsten einer Einzelbewertung mit 0,002 Prozent je tatsächlich durchgeführter Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte abgewählt werden. Wird für solche Fahrten ein Elektrofahrzeug eingesetzt und kommt die Dienstwagen-Neuregelung hierauf zur Anwendung, dürfte vieles dafür sprechen, auch den 0,002-Prozent-Wert um die Hälfte auf dann (0,002 Prozent: 2 =) 0,001 Prozent zu vermindern. (…)“
Für Elektrofahrzeuge, die vor oder nach der genannten Zeitspanne zugelassen werden, bleibt die aktuelle Besteuerung bestehen. Einige Anreize gibt es derzeit schon: Denn der Anschaffungspreis für das Batteriesystem darf aus dem Listenpreis des Fahrzeugs herausgerechnet werden. Das bedeutet: Wer ein E-Fahrzeug im Jahr 2018 angeschafft hat (oder es noch anschaffen wird), kann einen Abschlag abziehen (Faktor 250 multipliziert mit den Kilowattstunden der Batterie, siehe Modellrechnung).
Wer profitiert von der neuen Regelung besonders? Es liegt nahe, dass die Regelung vor allem für den Dienstwagenfahrer gelegen kommt, der sich sowieso ein E-Fahrzeug anschaffen wollte oder immerhin mit dem Gedanken gespielt hat. Je höher der Bruttolistenpreis eines E-Fahrzeugs ist, desto größer ist hier das Einsparpotenzial mit der neuen Regelung. Durch die hierzulande vorherrschende Steuerprogression würden sich die Unterschiede mit größerem Einkommen weiter erhöhen.
Steuervergünstigung als großer Anreiz?
Kann die Steuervergünstigung wirklich dafür sorgen, dass sich mehr Leute für E-Fahrzeuge entscheiden? Schauen Sie sich hierzu unsere Modellrechnungen an, die Ersparnisse sind durchaus beträchtlich. Ein weiteres Beispiel: 72 Prozent der neu zugelassenen VW Golf im September 2018 gingen an gewerbliche Halter. Für die kommenden Jahre haben die Wolfsburger eine E-Auto-Offensive angekündigt. Eines der Versprechen: Der neue batterieelektrische VW I.D. (Erscheinungstermin Ende 2019) wird zum Preis eines VW Golf TDI angeboten. Die geringere Besteuerung des geldwerten Vorteils der privaten Nutzung des I.D. erhöht den Anreiz, einen solchen Dienstwagen anzuschaffen, um ein Vielfaches.

Aktuelles Magazin
Ausgabe 6/2018

Sonderausgabe Elektro
Das neue Jahresspecial Elektromobilität.
Schon in diesem Jahr war bei den Elektroauto- Neuzulassungen in der EU ein klares Wachstum zu verzeichnen, erstmals dürfte die Zahl sechsstellig ausfallen. In den ersten drei Quartalen wurden nach Angaben des Herstellerverbandes ACEA 98.035 rein batteriebetriebene Pkw neu auf die Straße gebracht, 39,3 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Der größte Elektroautomarkt war in den ersten drei Quartalen Deutschland mit 24.678 Neuzulassungen (plus 49,5 Prozent) vor Frankreich mit 20.256 Einheiten (plus 7,8 Prozent). Die neue Regelung wird dem E-Auto-Markt noch mal einen deutlichen Schub geben, auch vor dem Hintergrund, dass diverse Hersteller in den nächsten 24 Monaten zahlreiche neue E-Modelle angekündigt haben.
Doch Elektro-Hype hin oder her, ein solches Modell muss in den Fuhrpark beziehungsweise zum Dienstwagenfahrer passen. Das heißt, ist ein E-Modell mit dem eigenen Fahrprofil vereinbar und passt es zu den Gegebenheiten vor Ort (Stichwort: Ladeinfrastruktur)? Dies muss in den einzelnen Fällen abgewogen werden. Gerade auf dem Land ist die Ladeinfrastruktur häufig noch nicht flächendeckend ausgebaut. Aber Deutschland arbeitet hieran mit Hochdruck. Allein in diesem Jahr wuchs die Anzahl an öffentlich zugänglichen Ladesäulen von 6.902 (Q1 2018) auf 12.234 (Q4 2018, Stand 1. November 2018), sie verdoppelte sich also fast in nur einem Jahr (Quelle: Statista).
Der Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) erklärte in diesem Zusammenhang, dass es neben dem neuen Steuerprivileg genauso notwendig wäre, die Steuer- und Abgabenlast auf Strom zu senken – um Strom als Treibstoff und damit die Elektromobilität insgesamt gegenüber Benzin- und Dieselfahrzeugen konkurrenzfähig zu machen. Gut möglich, dass die Bundesregierung diesen Ruf bald erhört.
Politischer Hintergrund
Den Staat wird die 0,5-Prozent-Regelung in dem angegebenen Zeitraum von 2019 bis 2021 viel Geld kosten, die geschätzten Summen schwanken hier zwischen knapp 700 Millionen und rund zwei Milliarden Euro. Warum betreibt die Bundesregierung diesen finanziellen Aufwand? Es geht vor allem um die Einhaltung der EU-Grenzwerte für Stickoxide. Aufgrund von Verstoßen dagegen hatte die EU-Kommission bereits Mitte des Jahres vor dem Europäischen Gerichtshof unter anderem gegen Deutschland Klage erhoben. Die Große Koalition befürchtet hier weitere Klagen beziehungsweise möglicherweise auch Strafzahlungen, sollten sich die Werte nicht zeitnah deutlich verbessern. Die neue Regelung soll einen wichtigen Schritt zur Verbesserung der Luftqualität darstellen.
Kritik an der 0,5-Prozent-Regelung gibt es indes vonseiten der Grünen. So sagt Lisa Paus von der Bundestagsfraktion: „Die aktuellen Vorschläge der Bundesregierung zur steuerlichen Förderung für Elektro- und Hybridfahrzeuge sind im Kern ein reines Absatzprogramm für die Autoindustrie.“ Paus hält vielmehr eine Besteuerung, die konsequent nach CO2-Ausstoß ausgerichtet und unabhängig von der Technologie ist, für notwendig und angemessen. Stephan Kühn, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, spricht einen weiteren Punkt an: „Dass die Bundesregierung Hybridautos mit schlechter Ökobilanz auf eine Stufe mit reinen Batterieautos stellt, setzt falsche Anreize. Die Bundesregierung muss die Reform nutzen, um Spritschlucker künftig stärker zu besteuern und auf diesem Weg die klimafreundlichen Alternativen attraktiver zu machen.“
Fazit
Bereits 44 Prozent der neu zugelassenen E-Fahrzeuge gehen an gewerbliche Halter. Der günstigere Steuersatz wird sicherlich weitere Dienstwagenfahrer zu einem Umdenken bewegen und den E-Markt allgemein noch einmal deutlich ankurbeln. Nichtsdestotrotz gilt: Die Elektroautos müssen zum Unternehmen, zum Fahrprofil und zu den Gegebenheiten vor Ort passen. Die neue Regelung dürfte neben Dienstwagenfahrern mit Interesse an Elektromodellen vor allem der Bundesregierung und auch den Herstellern helfen, ihre Klimaziele zu erreichen. Ob die steuerliche Begünstigung von Plug-in-Hybriden sinnvoll ist, sei einmal dahingestellt, da diese Modelle in der Regel nur zu einem Bruchteil tatsächlich elektrisch unterwegs sind. All dieses zeigt: Es gibt noch jede Menge Redebedarf.
Und hier noch ein Hinweis in eigener Sache: Auf unserer Messe „Flotte! Der Branchentreff“ im kommenden März (20. und 21.3.) bieten wir eine große Plattform zum Thema Elektromobilität. Der Austausch von Fuhrparkleitern untereinander sowie Gespräche mit und Vorträge von Fach- und Rechtsexperten stehen hier im Vordergrund.

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