Auf der letzten Meile
<p> Immer mehr Menschen bestellen ihre Waren online. Dies führt einerseits zu leer stehenden Gebäuden in der Fußgängerzone und andererseits zu vollen Straßen in den Innenstädten. Vor dem Hintergrund des wachsenden Verkehrsaufkommens und strengerer Umweltrichtlinien in den Städten besteht bei den Paketzustellern Handlungsdruck.</p>

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Mehr als 3,35 Milliarden Kurier-, Express- und Paketsendungen (KEP) wurden laut dem Bundesverband Paket und Expresslogistik e. V. (Biek) im Jahr 2017 in Deutschland verschickt, dies sind 6,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Auch im Jahr 2018 ist mit einem Wachstum des gesamten Sendungsvolumens von 5 bis 5,5 Prozent zu rechnen, was über 170 Millionen zusätzlichen Sendungen entsprechen würde. Besonders deutlich zeigt sich das Marktwachstum bei den B2C-Sendungen. Hauptursache für das anhaltende Wachstum dürfte der Onlineversandhandel sein. Die rasante Zunahme an Warenlieferungen für private Empfänger sorgt auch dafür, dass sich Nutzfahrzeughersteller und Logistikunternehmen zunehmend Gedanken um die sogenannte Last-Mile-Delivery machen, also die letzten Kilometer, bis das Paket beim Empfänger angekommen ist. Denn gerade im urbanen Umfeld nimmt der Verkehr zu und eine pünktliche Zustellung der Pakete wird immer schwieriger. Neben dem Zeitdruck kommen auch noch Herausforderungen in Sachen Kostenreduktion und Umweltfreundlichkeit hinzu. Wir vom Flottenmanagement haben uns einmal einige Lösungsansätze für diese Probleme angeschaut.
Wechselplattform
„Der Vision URBANETIC ist eine – im wahrsten Sinne des Wortes – Plattform für Mobilität. Wir haben damit eine Vision entwickelt, die für Unternehmen wirtschaftlich sinnvoll ist und mit der wir die Stadt der Zukunft für ihre Bewohner noch lebenswerter machen können. Genau diese Prinzipien machen den Vision URBANETIC zu einem Sinnbild für zukünftige Mobilität. Gemeinsam mit unseren Kunden erproben wir Technologieelemente des Vision URBANETIC im Feld. Mit BASF werden wir in den Bereichen Elektromobilität, Digitalisierung und autonomes Fahren intensiv zusammenarbeiten, um voneinander zu lernen. Damit können wir die ganzheitlichen Mobilitätslösungen von Mercedes-Benz Vans noch weiter an den individuellen Kundenbedürfnissen ausrichten“, erklärt Volker Mornhinweg, Leiter Mercedes-Benz Vans, im Zuge der Bekanntgabe einer neuen Baureihe von Mercedes-Benz Vans. Um dieses beschriebene Maß an Flexibilität zu erreichen, ist der Vision URBANETIC je nach Einsatzzweck mit unterschiedlichen Wechselaufbauten ausgestattet (siehe Bild oben). Im Sinne der Reduzierung der Fahrzeugzahl innerhalb der städtischen Infrastruktur ist der Vision URBANETIC sowohl ein Ride-Sharing-Fahrzeug mit sogenanntem People-Mover-Aufsatz für bis zu zwölf Personen als auch ein klassischer Warentransporter mit dem Cargo-Modul, welches ein Laderaumvolumen von 10 m3 aufweist. Der Wechsel zwischen den Modulen läuft automatisiert ab und dauert nur wenige Minuten. Möglich ist dies, weil auf der Basis einer autonom fahrenden Fahrzeugplattform (Level 5) die jeweiligen Aufbauten verankert werden können. Mit Ausnahme der Ladezeiten für den batterieelektrischen Antrieb sowie der Wartungsstopps kann dieses Fahrzeug rund um die Uhr genutzt werden. Somit werden beispielsweise im Personennahverkehr Transportlösungen rentabel, die mit einem Fahrer nicht wirtschaftlich zu betreiben wären. Zugleich gibt das Konzept eine Antwort auf eine immer größer werdende Herausforderung zum Beispiel in der Paketbranche: den Fahrermangel. Erst 2017 kürte ein deutsches Fachmagazin „Fahrermangel“ zum Logistik-Wort des Jahres ...
Durch die Luft
Bereits seit 2013 testet der Onlinehändler Amazon den Einsatz von Drohnen bei der Auslieferung von Paketen. Diese Liefermethode, Prime Air genannt, hätte gleich eine Reihe von Vorteilen bei der Last-Mile-Delivery: Sie ist umweltfreundlich, platzsparend, schnell und vor allem günstig. Das Logistikunternehmen UPS schätzt, dass jedes Jahr 50 Millionen Dollar eingespart werden könnten, wenn Drohnen die täglich gefahrenen Meilen pro UPS-Fahrer um nur eine Meile reduzieren könnten. Zwar können die Prime-Air-Drohnen nur leichte Päckchen bis 2,5 Kilogramm tragen, allerdings machen Päckchen dieser Größenordnung auch rund 90 Prozent der täglichen Amazon- Lieferungen aus. Technisch gesehen steht dieser Liefermethode im Übrigen nicht mehr viel im Wege, so konnte bereits bei einer Testlieferung am 7. Dezember 2016 ein Kunde im britischen Cambridge seine Amazon-Bestellung (eine Fire TV-Box und Popcorn) auf dem Luftweg entgegennehmen. Die Lieferzeit betrug damals nur 13 Minuten. Trotz aller Vorteile hat sich diese Art der Paketzustellung bislang nicht durchgesetzt, denn die Vorbehalte in der Öffentlichkeit gegenüber der Drohnen-Technologie sind enorm. Laut einer Umfrage von Statista würden 17 Prozent der Deutschen die Möglichkeit, sich online bestellte Waren durch eine Drohne liefern zu lassen, „eher nicht“ nutzen. 27 Prozent würden diese Möglichkeit sogar „bestimmt nicht“ nutzen. Dennoch hält der Onlineriese an dieser Idee fest und arbeitet nach eigener Aussage daran, dass die „Prime Air-Fluggeräte“ bald „ein genauso normaler Anblick sind wie die Posttransporte auf unseren Straßen“.
Sonnenenergie
Selbst wenn eines Tages die Paketlieferung per Drohne Realität werden sollte, können nicht alle Gegenstände durch die Luft transportiert werden. Der klassische Liefertransporter wird also nach wie vor das Stadtbild prägen. Schon heute setzt DHL verstärkt auf den selbst entwickelten vollelektrischen StreetScooter für die Zustellung auf der letzten Meile. Die Erfolgsgeschichte dieses Elektrotransporters ist hinlänglich bekannt und dennoch will sich der Logistiker damit nicht zufriedengeben und arbeitet bereits an weiteren Ideen die Paketzustellung umweltfreundlich zu gestalten. „Unsere TRAILAR-Technik ist ein wichtiger Bestandteil unseres GoGreen-Programms und bringt uns unserem Ziel – führender Logistikanbieter mit null Emissionen bis 2050 zu werden – einen großen Schritt näher“, erläutert beispielsweise Thomas Ogilvie, Vorstandsmitglied Deutsche Post DHL Group für die Bereiche Personal und Corporate Incubations. Bei der TRAILAR- Technik handelt es sich um eine Solartechnologie, die auf der IAA Nutzfahrzeuge in Hannover vorgestellt wurde. Die dünnen, folienartigen Solarzellen sind dabei auf dem Dach des Lkw angebracht und speisen Energie in die Fahrzeugbatterie oder in zusätzliche Speicherbatterien an Bord (siehe Bild). Mit der gewonnenen Sonnenenergie sollen die elektrische Ladebordwand und sämtliche Zusatzgeräte, wie zum Beispiel die Klimaanlage, angetrieben werden können. Dies soll Einsparungen um die fünf Prozent ausmachen und zudem die Effizienz und die Lebensdauer des Motors erhöhen. Nach erfolgreichen Tests in Großbritannien soll diese Technologie in den nächsten Jahren serienreif sein.
Komplettsystem
Ein autonom fahrendes elektrisches Lieferfahrzeug würde bereits einen Großteil der Herausforderung in Sachen Verkehrsfluss und Umweltschutz bei der Paketlieferung auf der letzten Meile meistern. Immerhin bis zu 80 Prozent der innerstädtischen Staus werden zu Stoßzeiten vom Lieferverkehr verursacht. Autonome Liefertransporter würden dieses Problem minimieren. Allerdings bleiben die Kostenreduktion und auch der immense Zeitdruck von Paketboten ein Problem. So hat ein Bote im Schnitt pro Paket weniger als zweieinhalb Minuten, um die Lieferung zur Empfängeradresse zu fahren, sein Fahrzeug abzustellen, die Haustür zu finden und die Sendung abzuliefern. Das Technologieunternehmen ZF entwickelt ein Komplettsystem für die moderne Paketzustellung. Bei diesem Konzept steht die Vernetzung im Mittelpunkt: Der autonom fahrende Lieferwagen ist mit einem intelligenten Zustellsystem ausgestattet und verbindet Fracht, Bote und Empfänger. Auf diese Weise ist jederzeit die effizienteste Lieferreihenfolge zu finden. Dazu nutzt der sogenannte ZF Innovation Van ein cloudbasiertes Support-System. Hier sind für jede geladene Sendung die relevanten Daten wie der Zustellort oder die gewünschte Lieferzeit hinterlegt. „Das Päckchen sucht sich praktisch selbst den Weg“, erklärt Georg Mihatsch, Projektleiter ZF Innovation Van. Auch der Kunde ist ins System eingebunden. Über eine App kann er verfolgen, wo seine Lieferung gerade ist. Er kann die gewünschte Zeit sowie den Ort für die Paketzustellung angeben und beides auch kurzfristig ändern. All diese Informationen laufen in einer Cloud zusammen. Das System kalkuliert dann in Echtzeit eine neue Route für eine möglichst effiziente Zustellung. Dabei wird auch die aktuelle Verkehrslage berücksichtigt, daher nennt das System auch eine zuverlässige Vorhersage zum Lieferzeitfenster. Eine Datenbrille soll den als Fahrer nun nicht mehr benötigten Paketboten jederzeit auf dem aktuellen Stand halten.

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Fazit
Es gibt derzeit viele Lösungsansätze, die sich mit dem Problem der Last-Mile-Delivery beschäftigen, dies konnten die Beispiele zeigen. Da die Zahl der Warensendungen auch in den nächsten Jahren stark ansteigen wird, ist der Handlungsdruck relativ groß. Gleichzeitig ist dies für Technologieunternehmen eine hervorragende Aufgabenstellung, um neue Technologien voranzutreiben. Wie bereits das StreetScooter-Projekt der Post Pionierarbeit in Sachen sinnvoller und flächendeckender Einsatz von Elektromobilität geleistet hat, ist die Logistikbranche auch ein ideales Einsatzfeld für autonome Fahrzeuge. Daher erscheint es als wahrscheinlich, dass zunächst Pakete im autonomen Fahrzeug durch die Stadt rollen werden, bevor dies der Mensch regelmäßig tun wird.

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