Prost Mahlzeit: Moralapostel Fuhrparkleiter?

Zwischen den Monaten Januar und Oktober 2017 geschahen in Deutschland 10.792 Unfälle mit Personenschaden, die unter Alkoholeinfluss verursacht wurden. Weitere 1.612 Unfälle mit Personenschaden passierten im gleichen Zeitraum aufgrund der Einnahme von berauschenden Mitteln. (Quelle: Statistisches Bundesamt). Auch Dienstwagenfahrer nehmen oder missbrauchen Drogen und Medikamente aus ganz unterschiedlichen Gründen. Aber ab wann sollte sich ein Fuhrparkleiter dafür interessieren, was seine „Sprösslinge“ zu sich nehmen?

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Prost Mahlzeit: Moralapostel Fuhrparkleiter?

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Zu Beginn ist festzuhalten, dass Dienstwagenfahrer ein Persönlichkeitsrecht haben, welches nicht willkürlich hinterfragt oder verletzt werden sollte. Ob sie also Medikamente aufgrund einer Krankheit, psychischer oder physischer Beschwerden nehmen oder Drogen rein aus Genuss konsumieren oder aufgrund einer Sucht, können sie, müssen sie aber nicht für sich behalten. Grundlegend sind alle Pflichten und Rechte eines Dienstwagenfahrers im Arbeitsvertrag oder Dienstwagenüberlassungsvertrag festzuhalten. Darin können auch Punkte enthalten sein, die den Dienstwagenfahrer dazu verpflichten, dem Fuhrparkleiter mitzuteilen, wenn starke oder bestimmte Medikamente eingenommen werden, falls diese die Fahrtüchtigkeit negativ beeinflussen können. Bei Medikamenten, die den Fahrer überhaupt erst fahrtüchtig machen, sieht es schon wieder anders aus. Wie ist also mit Medikamenten und Drogen im Fuhrpark umzugehen

Drogen
Die gängigsten Drogen, welche man auf Firmenfeiern, bei Konferenzen, Geschäftsessen oder auch privat zu sich nimmt, sind Alkohol, Koffein, Tabak und je nachdem welche Standorte des Unternehmens oder Kunden vertreten sind: Cannabis, was hier in Deutschland selbstverständlich illegal ist. Denn laut des Drogen- und Suchtberichts des Bundesministeriums für Gesundheit, sei der Konsum von Alkohol in Deutschland rückläufig und der Konsum von Cannabis steige von Jahr zu Jahr und gehöre damit zu der häufigsten illegalen Substanz, welche die Deutschen konsumieren. Auch Medikamente, worauf später noch detailliert eingegangen wird, können als legale Drogen missbraucht oder falsch eingenommen werden. Die eben genannten Substanzen sind sogenannte weiche Drogen und können die Konsumenten in geringen Dosen entweder aufputschen oder beruhigen oder beispielsweise auch die Verdauung regulieren. Doch welche Substanz beeinflusst einen Autofahrer am meisten? Alkohol und Cannabis sind aufgrund ihrer berauschenden und sinnesverändernden Wirkung auf Platz eins, gefolgt vom Koffein, das dem Dienstwagenfahrer das Herz bis zum Halse schlagen lassen kann. Zwar macht es einen zunächst wacher und leistungsstärker, kann aber im Übermaß zu einem hohen Puls und Blutdruck sowie zum Verlust der Feinmotorik führen. Zu guter Letzt kommt der Tabak, welcher zwar auch nach jahrelangem Genuss tödlich sein kann, aber zunächst keine Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit hat. Aufpassen sollten rauchende Dienstwagenfahrer trotzdem. Wer geschäftlich viel im Ausland unterwegs ist, sollte sich auf Länder wie Frankreich, Italien, Griechenland oder auch die USA oder Kanada einstellen, in denen das Rauchen im Auto mit einer Geldstrafe bis zu 1.500 Euro geahndet werden kann, wenn Kinder mit im Fahrzeug sind, oder wie in Italien: Schwangere.

Besonders nach Alkoholkonsum können viele Fahrzeuginhaber ihre Fahrtüchtigkeit nicht mehr korrekt einschätzen, was die genannten Unfallzahlen aus der Einleitung erklärt. Wer die erlaubte Promillegrenze von 0,5 überschreitet, muss mit Geldstrafen, Punkten im Fahreignungsregister (FAER) und Fahrverboten rechnen. Wird bei einer Polizeikontrolle jedoch die Einnahme von illegalen Drogen festgestellt, kann sogar ein Strafverfahren aufgrund des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtMG), folgen, woraus ebenfalls die Teilnahme an einer Medizinisch- Psychologischen Untersuchung (MPU) resultieren kann. Dies passiert dann, wenn ein Verstoß entweder besonders häufig stattgefunden hat, beispielsweise beim Konsum von Alkohol oder Cannabis, oder wenn harte Drogen, wie Kokain, Amphetamine oder Heroin, konsumiert wurden. Allerdings werde beispielsweise bei geringen Mengen Cannabis oft auf eine MPU verzichtet,  weil die Wirkung auf den Körper im Vergleich zu harten Drogen geringer sei, heißt es beim ADAC.

Nehmen Betroffene jedoch Cannabis als Medikament, sieht es das Gesetz vor, dass derjenige selbst entscheidet, ob das Fahrzeug noch persönlich geführt werden kann oder nicht. Zudem wird dem Patienten empfohlen, die Einnahme von Cannabis dem Arbeitgeber mitzuteilen oder für den Fall einer polizeilichen Kontrolle immer eine ärztliche Bescheinigung, eine Kopie des Rezepts oder einen Cannabis-Ausweis bei sich zu führen. Aber welcher Schwerkranke, der auf Cannabis angewiesen ist, ist überhaupt noch in der Lage, ein Fahrzeug zu führen

Medikamente
Laut Bußgeldkatalog kann jedes sechste Medikament die Fahrtauglichkeit beeinträchtigen, zum Beispiel in Form von Konzentrationsschwierigkeiten. Ebenso wird jeder vierte Unfall direkt oder indirekt durch die Einnahme von Medikamenten verursacht. Besonders Antidepressiva können die Fahrtauglichkeit beeinträchtigen, wohingegen weitere gängige Präparate wie Cortison, Aspirin, Morphium, Ibuprofen oder Antiallergika nur für eine schwache bis mäßige Einschränkung der Fahrtauglichkeit sorgen. Selbst wenn Medikamente keine Nebenwirkungen haben, sollten Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, auch mit solchen, die einen hohen Alkoholgehalt aufweisen, oder mit Alkohol nicht unterschätzt werden. Denn Alkohol oder andere Inhaltsstoffe können die Wirkung von Arzneimitteln stark beeinflussen. So kann die beliebte Aspirin nach dem Alkoholgenuss, um den darauffolgenden Kater zu vermeiden, unangenehme Nebenwirkungen wie Magenblutungen verursachen, weil das Zusammenspiel beider Mittel die Produktion des Schleims der Magenschleimhaut reduziert und die Produktion der Magensäure zunimmt. In Verbindung mit einem Glas Bier oder Wein am Abend können ebenso Beruhigungs- und Schlafmittel sowie Mittel gegen Epilepsie oder Insulin verstärkt werden. Fühlen sich Betroffene nach der Einnahme diverser Medikamente benommen oder weisen eine geringere Reaktionsfähigkeit oder Konzentrationsfähigkeit auf, wird diesen geraten, das Fahrzeug nicht mehr zu nutzen. Sogar die Zufuhr von Koffein kann Arzneimittel wie Opiate verstärken. Aber welche Strafen folgen auf eine Medikamenteneinnahme, die Einfluss auf das Fahrverhalten hat? Zunächst ist in Deutschland jeder Verkehrsteilnehmer dazu verpflichtet, vor Fahrantritt seine Fahrtüchtigkeit eigenverantwortlich sicherzustellen, weil es kein Gesetz gibt, das Arzneimittel im Straßenverkehr verbietet. Nach §24 a Straßenverkehrsgesetz (StVG) handelt man jedoch ordnungswidrig, wenn man berauschende Mittel zu sich nimmt und daraufhin ein Fahrzeug führt. Dies kann eine Geldbuße bis zu 3.000 Euro nach sich ziehen.

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Kommt es nach der Medikamenteneinnahme zu Fahrfehlern oder körperlichen Ausfallerscheinungen, gilt sogar eine Strafbarkeit wegen Trunkenheit am Steuer nach § 316 Strafgesetzbuch (StGB), wobei eine Geld- und Freiheitsstrafe möglich ist. Ebenso kann es passieren, dass erst nach einem Unfall durch einen Bluttest festgestellt wird, dass der Fahrer Medikamente oder Drogen sich genommen hat. Ist das der Fall, so verfällt laut ADAC sogar der Kaskoversicherungsschutz.

Fazit: Die Aufgabe des Fuhrparkverantwortlichen
Nimmt ein Dienstwagenfahrer nach Absprache mit seinem Arzt Medikamente, und nutzt diese gelegentlich, um beispielsweise Kopfschmerzen zu bekämpfen, oder gönnt sich in Maßen Alkohol, einen Kaffee zum Wachwerden oder einen Joint in Maastricht zum Entspannen, hat es den Fuhrparkleiter an sich nicht zu interessieren. Brisant wird der Konsum von Medikamenten und Drogen erst, wenn die Fahrtüchtigkeit beim Führen eines Dienstwagens in Gefahr ist. Spätestens dann sollte ein Fuhrparkleiter reagieren und nicht die Augen verschließen, falls es zu Auffälligkeiten kommt. Menschen auf einen Drogenoder Medikamentenmissbrauch anzusprechen, ist ebenso heikel, wie einer Frau Komplimente zu machen, es bedarf Fingerspitzengefühl. Hat ein Fuhrparkleiter keine eindeutigen Beweise, sondern nur den Verdacht eines Drogen- oder Medikamentenmissbrauchs kann er den Mitarbeiter nicht einfach zu einer ärztlichen Untersuchung zwingen. Der Verantwortliche hat stattdessen die Möglichkeit, eine Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat zu schließen, welche schließlich in den Arbeitsvertrag übernommen wird. Darin ist vereinbart, dass auch dann eine ärztliche Untersuchung verordnet werden kann, wenn nur ein Verdacht auf übermäßigen Drogenoder Medikamentenkonsum besteht. Zusätzlich muss der verdächtige Mitarbeiter daraufhin dem zuständigen Arzt die Erlaubnis erteilen, seine Verschwiegenheitspflicht gegenüber dem Arbeitgeber aufzuheben. Auch ohne Betriebsrat ist es möglich, eine individuelle Vereinbarung zu diesem Thema vorab im Arbeitsvertrag oder Dienstwagenüberlassungsvertrag festzuhalten, welcher der Mitarbeiter mit seiner Unterzeichnung nachzukommen hat. Doch wie können solche bürokratischen und unsensiblen Schritte vorab vermieden werden? Muss der Fuhrparkleiter als Moralapostel an seine Schützlinge herantreten? So dramatisch sollte man es vermutlich nicht sehen. Praktisch sieht es so aus, dass der Fuhrparkleiter oft die Halterverantwortlichkeit der Geschäftsleitung übertragen bekommt.

Als Fahrzeughalter kann ein Fuhrparkleiter damit theoretisch als Sekundärverantwortlicher fungieren, wenn der Dienstwagenfahrer beispielsweise Drogen oder Medikamente missbräuchlich eingenommen und gegen die Verkehrsregeln verstoßen hat. So sollte es im eigenen Interesse sein, sich zum einen als Fuhrparkleiter gegen solche Verstöße zu versichern, Themen wie Drogen- und Medikamentenmissbrauch im Arbeitsvertrag oder Dienstwagenüberlassungsvertrag zu regeln und dafür Sorge zu tragen, dass ein Fahrer niemals fahruntüchtig ein Fahrzeug führt. Eine Maßnahme könnte es auch sein, Drogen und Medikamente zum Thema in der Fahrerunterweisung zu machen. Doch zu hart sollte der Fuhrparkverantwortliche nicht an die Sache herangehen: Bei sensiblen Themen wie Drogen und Medikamenten ist es besonders wichtig, Verständnis zu zeigen, jederzeit ein offenes Ohr zu haben und wachsam zu sein. Frühzeitige Gespräche können dabei besonders hilfreich sein.

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