Die Ohren gespitzt
Sie heißen Alexa, Bixby, Cortana, Google, Siri oder Viv, um nur einige Vertreter zu nennen, und wollen die Welt um uns herum revolutionieren. In Zukunft soll sich eine Vielzahl von Geräten per Sprache steuern lassen, und das nicht nur im Nahfeldbereich, sondern auch aus der Ferne. Das Auto bleibt derzeit bei dieser Entwicklung noch außen vor, jedoch gingen die Unternehmen, die hinter den Sprachassistenten stecken, in den letzten Monaten erste Kooperationen mit Fahrzeugherstellern zur Integration ihrer Technologien ein. Was der aktuelle Stand der Dinge ist und worauf sich auch Dienstwagennutzer in Zukunft freuen könnten, erklären wir in diesem Artikel.

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Doch was ist ein Sprachassistent und wie grenzt er sich gegenüber der Sprachsteuerung im Entertainment- beziehungsweise Navigationssystem ab? Ein Sprachassistent ist eine Form einer intelligenten Software, die oftmals auch als künstliche Intelligenz (KI) bezeichnet wird. Ihr dienen unter anderem Spracherkennung sowie -analyse, die Informationssuche oder der Zugriff auf vernetzte Geräte, um einfache Aufgaben zu erledigen. Ein großer Unterschied zur einfachen Sprachsteuerung ist die menschlich wirkende Korrespondenz mit dem Nutzer, die sich aufbauend auf dem Informationsgehalt und im Zusammenspiel mit der künstlichen Intelligenz immer weiterentwickelt. Einfacher erklärt, erwartet eine Sprachsteuerung bestimmte Befehle, wie beispielsweise „Navigiere mich zu XYZ“. Im Vergleich dazu kann der Sprachassistent reagieren und auf Fragen antworten wie zum Beispiel: „Welche Sehenswürdigkeiten gibt es in XYZ?“, worauf dann nicht nur eine Antwort mit den Sehenswürdigkeiten geliefert wird, sondern im gleichen Moment auch abgefragt werden kann, ob zu diesen Sehenswürdigkeiten eine Route gesucht werden soll. Daher sind die Hauptaspekte eines jeden Sprachassistenten die kognitiven Funktionen, die der menschlichen Erkenntnis- und Informationsverarbeitung nachempfunden sind. Als einer der bekanntesten und frühesten Vertreter gilt Apples Siri (Speech Interpretation and Recognition Interface), welches bereits 2011 auf den Massenmarkt kam. Die Ursprünge von Siri liegen jedoch im CALO-Projekt (Cognitive Assistant that Learns and Organizes), das von der Siri Inc. entwickelt und unter anderem von der DAPRA (Defense Advanced Research Projects Agency), einer Behörde der US-Streitkräfte, mitfinanziert wurde. Mit diesen Wurzeln hat Siri indes aber nur noch die technische Grundlage gemein. Denn im April 2010 kaufte Apple die Siri Inc., wodurch auch alle Pläne, die Software neben iOS auf Blackberry OS und Android zu veröffentlichen, nichtig wurden. Stattdessen wurde der persönliche Assistent im Oktober 2011 erstmals mit dem iOS 5 auf dem iPhone 4S veröffentlicht.
Grundlage für Siris Spracherkennungs-Engine sind Techniken des maschinellen Lernens, die wiederum von Nuance Communications entwickelt wurden. Durch die frühe Einführung des Systems und die stetige Weiterentwicklung versteht Siri derzeit 21 Sprachen, darunter viele regionale Dialekte, und selbst gesprochene Sprache kann Siri in den meisten Fällen so weit übersetzen, dass das System die Anfrage bearbeiten kann. Hierzu ist allerdings eine Anbindung ans Internet erforderlich. Doch wie alle Vertreter von Sprachassistenten sind Systeme nur dann erfolgreich, wenn sie auch über den Zugriff auf andere Datenquellen und Geräte verfügen, andernfalls sind sie nicht mehr als nur eine Suchmaschine mit Sprachausgabe. Im Falle von Siri ist die Integration in das iOS- beziehungsweise MacOS-System Teil des Erfolgsrezeptes. Dadurch erhält Siri unter anderem Zugriff auf interne Apps wie Notizen, Nachrichten, Kartenmaterial, Kalender und Wecker. Mit dem Zugriff auf Fotos und Filme wurden zudem Kompetenzen eingeräumt, die eine Bedienung ohne manuelle Steuerung ermöglichen.
Die Grenzen zwischen Sprachassistenz und künstlicher Intelligenz sind oft fließend. Eine sogenannte künstliche Intelligenz ist in der Theorie für den Betrieb eines Sprachassistenten nicht erforderlich. In einigen Fällen, wie eben auch bei Siri, steckt trotz des doch sehr menschlich wirkenden Charakters keine KI hinter dem System, sondern es wird neben Informationen aus dem Internet einfach auf ein Repertoire an populären Anspielungen und Witzen zurückgegriffen. Je größer diese Datenbank ist, desto mehr „Persönlichkeit“ strahlt das System aus. Dennoch zeigt sich gerade in der Wiederholbarkeit von Aktionen, dass es sich hier nicht um künstliche Intelligenz handelt, sondern nur um ein System mit einer riesigen Datenbank. Künstliche Intelligenz zeichnet sich hingegen auch dadurch aus, dass sie von vorhergehenden Aktionen lernt. Sofern diese KI mit anderen Systemen auch noch vernetzt ist, kann der „Lernprozess“ auch von außen stattfinden.
Wie lassen sich diese Sprachassistenten in die Fahrzeuge integrieren? Dieser Frage widmet sich aktuell eine Vielzahl von Fahrzeugherstellern. Die Schwierigkeit bei der Integration liegt wie so oft in der Vielfältigkeit der Produkte. Neben dem nun bereits ausführlich vorgestellten Siri gibt es noch weitere fünf weit verbreitete Sprachassistenten, die aber jeweils einen bestimmten Kundenkreis ansprechen. So bietet Samsung in seinen neuen Smartphones den Sprachassistenten Bixby an, Microsoft-Nutzern wird Cortana kein Fremdwort sein und Google investiert derzeit stark in die Verbreitung von Google Assistant. Auch die ehemaligen Entwickler von Siri haben 2016 mit Viv einen neuen Sprachassistenten vorgestellt, der deutlich leistungsfähiger sein soll, mit anderen Diensten Kontakt aufnehmen und sogar einkaufen, Essen bestellen und Geld überweisen kann. Im Unterschied zu Siri antwortete Viv mit Texten und Bildern. Im Oktober dieses Jahres gab Samsung jedoch bekannt, dass die Technologie von Viv in Bixby 2.0 integriert wird.
Der letzte Vertreter, den wir hier aufführen wollen, ist Alexa. Im Unterschied zu allen vorher genannten Sprachassistenten sind für die Integration von Amazons Technologie bereits konkrete Pläne veröffentlicht. Beispielsweise bietet Mercedes-Benz bereits jetzt über Mercedes me bestimmte Funktionen im Auto, die mit dem Sprachdienst Alexa gesteuert werden können. Dadurch erfahren Mercedes-Benz-Fahrer zum Beispiel über „Alexa, frage Mercedes me nach der Reichweite“, wie viele Kilometer vor dem nächsten Tankstopp noch zurückgelegt werden können. Weitere Funktionen betreffen den nächsten Servicetermin, die Fahrzeugposition oder die Möglichkeit, die Standheizung zu starten oder abzuschalten. Dem Kunden mehr Zeit für Dinge, die ihm wichtig sind, zu schenken, steht im Vordergrund: „Durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz im Fahrzeug sowie in unserer Backend-Infrastruktur können wir Routineaufgaben unserer Kunden automatisch übernehmen. Der Mehrwert für unsere Kunden ist enorm: Mehr Zeit für diejenigen Dinge, die ihnen wichtig sind. (...) Damit sind wir unserem Ziel, das Fahrzeug zum mobilen Assistenten zu machen, wieder einen Schritt näher gekommen“, erklärt Sajjad Khan, Vice President Digital Vehicle & Mobility bei Daimler.

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Auch SEAT gab anlässlich der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in diesem Jahr bekannt, Amazons Sprachassistenten Alexa in seine Modelle zu integrieren. Der Startschuss soll beim Ateca und Leon noch in diesem Jahr fallen. Hauptgrund für die Entscheidung für Alexa war laut SEAT das offene und konstant wachsende System mit mehr als 150 Partnern und über 20.000 Funktionen, wodurch die Fahrer der Modelle des spanischen Fahrzeugherstellers in Zukunft ihre Zeit im Auto optimal nutzen können, um beispielsweise persönliche Termine zu verwalten, Lieder zu suchen, interessante Orte zu lokalisieren, Echtzeitnachrichten abzurufen oder den nächsten Händler ausfindig zu machen. Ned Curic, Vice President für Alexa von Amazon: „Wir sind davon überzeugt, dass Sprachsteuerung eine Zukunftstechnologie ist, insbesondere bei Fahrzeugen. Durch einfaches Antippen des Lenkrads können SEAT-Kunden Alexa anweisen, Musik abzuspielen, die Nachrichten wiederzugeben, ihr vernetztes Zuhause zu steuern und vieles mehr.“ Aber auch von zu Hause aus bietet Alexa für SEAT-Interessierte einen neuen Service: Die Buchung einer Probefahrt per Sprachsteuerung, welche als „SEAT Skill“ pünktlich zur Markteinführung des neuen Arona verfügbar ist, aber sich nicht nur auf dieses Modell beschränkt. „Das Angebot, Probefahrten über Alexa zu buchen, ist ein erster Höhepunkt in der Zusammenarbeit zwischen SEAT und Amazon und unterstreicht unser Ziel, in der Automobilbranche Vorreiter im Bereich der Konnektivität zu sein“, sagte Bernhard Bauer, Geschäftsführer der SEAT Deutschland GmbH, hierzu.
Doch die Ausbreitung von Alexa im automobilen Bereich beschränkt sich nicht auf diese Marken: Bereits im Januar gab das Unternehmen Volkswagen anlässlich der CES in Las Vegas bekannt, dass es auf Amazons Sprachassistenten setzt. „In Zukunft wird es möglich sein, aus einem VW heraus über Amazons Sprachassistenten ‚Alexa‘ mit der eigenen Wohnung zu kommunizieren und umgekehrt“, gab Volkswagen-Entwicklungschef Frank Welsch bekannt. Dazu müssen allerdings die Geräte über die Fähigkeit verfügen, die „Alexa“-Befehle auch zu verstehen. Wenn dies gegeben ist, soll es beispielsweise möglich sein, vom Auto aus die Heizung daheim hochzufahren, die Rollläden zu öffnen oder zu schließen oder auch diverse Lichtquellen zu aktivieren. Auch der bevorzugte Radiosender kann schon vom Fahrersitz aus so programmiert werden, dass die zur jeweiligen Stimmung der Heimkommenden passende Musik bereits beim Öffnen der Haustür erklingt. Da mittlerweile einige Kühlschränke ebenfalls ferngesteuert werden können und stets über ihren Inhalt informiert sind, kann der Sprachassistent auf die Frage „Alexa, haben wir noch genug Milch im Kühlschrank?“ schnell antworten, dass ein Umweg über den nächsten Supermarkt empfehlenswert ist.
Damit waren die Wolfsburger jedoch nicht die ersten Automobilhersteller, denn kurz zuvor ist bereits Ford eine Alexa-Partnerschaft mit Amazon eingegangen, um Ford-Fahrern am Steuer Hörbücher genießen, im Amazon-Universum einkaufen, lokale Ziele suchen, diese direkt ins Navigationssystem übertragen zu lassen und vieles mehr. Umgekehrt lassen sich von zu Hause aus mit einfachen Sprachbefehlen beispielsweise Fahrzeuge starten sowie ver- und entriegeln oder auch relevante Daten wie der Kraftstoffvorrat oder der Batterieladezustand eines Elektroautos abrufen.
Die bereits angesprochene Vielfalt und die daraus resultierende Schwierigkeit, sich für einen Sprachassistenten zu entscheiden, zeigt sich nicht zuletzt auch in der Automobilindustrie: So vermeldete BMW kurz nach der Bekanntgabe der Integration von Alexa in alle BMW-/MINI-Modelle auch die Zusammenarbeit mit Google innerhalb des „Google Assistant“-Sprachassistenten. Damit umfasst das digitale Netzwerk von BMW Connected neben der Apple Watch, Android- Smartwatches sowie Amazon Alexa auch Google Home und „Google Assistant“-kompatible Android- Smartphones und iPhones. Der Dienst über BMW Connected steht vorerst nur in den USA zur Verfügung, weitere Länder folgen im kommenden Jahr.

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