Zeiten des Umbruchs

Laut Michael Müller, Präsident des Deutschen Taxi- und Mietwagenverbandes (BZP), rufen die Deutschen pro Tag etwa 1,2 Millionen Mal ein Taxi – rund 430 Millionen Taxifahrten gebe es jährlich. Beeindruckende Zahlen, doch die Branche steht vor einem Wandel. Drohende Dieselfahrverbote, Apps oder neue Geschäftsmodelle, wie das Taxi zum Teilen, bestimmen mittlerweile die Debatten.

Zeiten des Umbruchs

1 /1

Zeiten des Umbruchs

PDF Download

Die Dieseldiskussionen sind weiter in vollem Gange und kaum eine Branche scheint nicht von den möglichen Folgen betroffen zu sein. Besonders im Taxigewerbe, das bis dato größtenteils Dieselfahrzeuge nutzt, sind die Sorgen groß. So fordert der BZP, dass Kommunen bei Emissionsvorgaben und im Falle eines kompletten Dieselfahrverbots in Innenstädten Übergangsfristen ermöglichen sollten. Der Umstieg auf Elektroautos scheint nur eine Frage der Zeit. Müller fordert allerdings bessere Voraussetzungen für diesen Umstieg. Dazu gehöre, dass die Industrie mehr für diesen Einsatz geeignete Autos mit entsprechender Fahrleistung anbiete und die Infrastruktur mit Ladestationen ausgebaut werde. Viele der Elektroautos, die derzeit auf dem Markt sind, seien als Taxi zu klein, so Müller in einem dpa-Interview im Vorfeld der BZP-Verbandstagung in Jena Anfang November.

Die Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamts stützen ihn dabei und zeigen, dass nicht nur die Taxibranche zurückhaltend agiert. Denn im ersten Halbjahr 2017 hatten nur knapp 10.200 der rund 1,78 Millionen in diesem Zeitraum in Deutschland neu zugelassenen Autos einen reinen Elektroantrieb. Trotz des Zuwachses von 133 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bleibt der Gesamtanteil der E-Fahrzeuge gering.

Ein weiteres Problem: Bundesweit gebe es bisher erst wenige Testprojekte (unter anderem in Berlin) für E-Taxis. „Das ist noch kein wirtschaftlicher Betrieb“, so Müller weiter. Der Verband setze sich dafür ein, dass die Mehrkosten bei der Anschaffung von E-Taxis sowie die Einschränkungen im Betrieb durch die Akkuladezeiten zumindest teilweise durch eine staatliche Förderung ausgeglichen werden. „Wir brauchen eine Förderung, die es möglich macht, auf E-Mobilität umzustellen. Es sollte einen Anreiz geben“, sagt der Verbandspräsident.

Ein erster Schritt: Das alte Bundeskabinett hatte im August die Messund Eichverordnung so angepasst, dass sämtliche E-Fahrzeuge als Taxis eingesetzt werden dürfen. Zuvor war es nur erlaubt, die vom Hersteller als spezielle Taxiversion angebotenen Modelle (Mercedes-Benz B-Klasse und Nissan eNV200 sowie Leaf) auch als Taxi zu verwenden. Nun ist dies beispielsweise auch für Tesla-Modelle oder den Opel Ampera-e möglich, der Einbau läuft dann über spezielle Dienstleister wie die INTAX Innovative Fahrzeuglösungen GmbH. Doch weiterhin bleibt vor allem der hohe Preis der E-Fahrzeuge ein großes Problem.

TAXIUMBAU, WAS WIRD GEMACHT?
Taxipaket beispielhaft für einen Mercedes-Benz Citan:

newspaper_img

Aktuelles Magazin

Ausgabe 6/2017

newspaper_img

Sonderausgabe Elektro

Das neue Jahresspecial Elektromobilität.

Beleuchtet alle Aspekte der batteriebetriebenen Mobilität im Unternehmen

• Taxameter-/Wegstreckenzähler-Vorrüstung
• Funk-Vorrüstung (Verkabelung ohne separat bestellbare Antenne et cetera)
• Dachzeichen-Vorrüstung mit Halterung und Steckschloss für Dachzeichen
• Dachzeichen-Schalter beleuchtet
• Taxi-Notalarmanlage
• Zentral-Innenlichtschaltung
• Ausführliche farbige Taxi-Bedienungsanleitung

Hinzu kommen bei INTAX verschiedene Premiumpakete, die unterschiedliche Taxameter und das Dachzeichen enthalten. Weitere Optionen (Antenne, Folierung, Funkgerät, Kunstleder- oder Lederausstattung) können ebenfalls hinzugebucht werden.

Quelle: in Anlehnung an INTAX Innovative Fahrzeuglösungen GmbH

Apps
Die Digitalisierung ist eines der bestimmenden Themen in der heutigen Zeit. Das Taxigewerbe hat sich dem Ganzen mit diversen Apps für die Bestellung und teilweise auch Bewertung von Taxifahrten angenommen. „Als Mobilitätsdienstleister stellen wir uns den Trends. Dazu gehört auch der Taxiruf per App, der bundesweit möglich ist“, so Müller im Interview mit der dpa. Der Präsident des BZP erwartet hier einen kontinuierlichen leichten Anstieg in den nächsten Jahren. Bisher gebe es mehr als 100.000 Taxirufe per App im Monat in Deutschland. Noch würden jedoch etwa 70 Prozent der Fahrten telefonisch bestellt, Buchungssysteme im Gastgewerbe oder in Arztpraxen hätten einen Anteil von zehn bis zwölf Prozent. Und es werde auch noch nach Taxen am Straßenrand gewinkt. In Berlin sei das noch weit verbreitet, so Müller. Inwieweit die Apps andere Bestellmethoden wirklich überflügeln können, ist fraglich. Denn viele Nutzer von Taxen sind älter, sie bevorzugen häufig die „konventionelle“ Bestellmethode via Telefon.

VORAUSSETZUNGEN FÜR TAXIFAHRERKONZESSION
Vorab: Es werden nicht unbegrenzt Taxikonzessionen vergeben. Um einem Überangebot vorzubeugen, ist gerade in größeren Städten die Anzahl der Neuerteilungen stark begrenzt und bei Bedarf können durch die Behörde weitere Anträge abgelehnt werden.

Um die Taxilizenz zu erwerben, wird ein Personenbeförderungsschein (P-Schein) benötigt. Dieser ist Grundvoraussetzung, um Taxifahrer werden zu können.

Zudem bedarf es der ...
• fachlichen Eignung: Hierfür ist das Ablegen einer Fachkundeprüfung vor der Industrie- und Handelskammer vonnöten. Ein entsprechendes Prüfungszeugnis dient dann als Nachweis beim Antrag auf Erteilung der Taxikonzession.
• persönlichen Zuverlässigkeit: Durch ein polizeiliches Führungszeugnis soll die Zuverlässigkeit des Antragstellers nachgewiesen werden. Dieses kann gegen eine Gebühr beim zuständigen Bürgeramt beantragt werden.
• finanziellen Leistungsfähigkeit: Zum Abschluss müssen die persönlichen Finanzen beziehungsweise die des Unternehmens offengelegt werden. Nur bei ausreichendem Eigenkapital kann die Konzessionsprüfung für ein Taxiunternehmen Erfolg haben.

Quelle: in Anlehnung an www.bussgeldkatalog.org

Taxi zum Teilen
Carsharing wird immer beliebter. Ein Berliner Start-up-Unternehmen kam auf die Idee, dass sich Kunden auch das Taxi teilen könnten. Dieser Ansatz dürfte gerade für jüngere Taxinutzer durchaus interessant sein. In Berlin wird diese neue Art der Fahrgemeinschaft seit Ende des vergangenen Jahres getestet. Das Ganze hat ein ähnliches Prinzip wie das Carsharing, funktioniert aber etwas anders: Denn beim Taxi zum Teilen würden Fahrstrecken so gelegt, dass mehrere Kunden mit verschiedenen Zielen auf dem Weg zu- und aussteigen können. Die Fahrgäste teilen sich die Kosten, die Koordination erfolge über eine Taxizentrale. „Am Ende werden die Kunden entscheiden, ob sie das annehmen“, so Müller.

Blick in die Zukunft
Das Taxigewerbe steht vor einem Umbruch. Viele Strukturen sind angestaubt, gerade für jüngere Nutzer müssen neue Konzepte und Dienstleistungen geschaffen werden. Das Taxisharing ist dabei ein möglicher Ansatz. Taxikonkurrenten wie Uber sind derzeit in Deutschland zwar noch verboten (jedenfalls mit ihrem Kernprodukt), hier wird es jedoch nur eine Frage der Zeit sein, wann sie mit neuen Ideen und Projekten wieder im Markt angreifen (siehe vorletzter Absatz).

Mittelfristig werden wohl die meisten Taxiflotten in Deutschland auf E-Fahrzeuge setzen. Die aktuellen Probleme wie der hohe Preis, die noch geringe Auswahl an taxitauglichen E-Modellen und die weitgehend fehlende öffentliche Ladeinfrastruktur müssen angegangen werden, staatliche Subventionen sind hier aber nur bis zu einem gewissen Grad sinnvoll. Immerhin: Die Hersteller scheinen das Potenzial erkannt zu haben. Mercedes-Benz Vans entwickelt derzeit eine batterieelektrisch angetriebene Variante des auch als Großraumtaxi erhältlichen Vito. Auch von anderen Autobauern sind in den nächsten Jahren vermehrt taxitaugliche E-Modelle zu erwarten.

Ein weiteres Thema: das autonome Fahren. Autonom fahrende Taxen – sogenannte Robocabs – werden voraussichtlich bis 2030 in den deutschen Markt drängen, so die Unternehmensberatung Roland Berger in einer Studie aus dem Oktober. Entsprechend würden viele Menschen diese Dienste auch in Anspruch nehmen, denn ihr Preis pro Personenkilometer läge circa 60 Prozent unter dem Preis herkömmlicher Taxen.

Und auch im Ausland laufen die Entwicklungen auf Hochtouren. Insbesondere (autonome) Lufttaxis scheinen hier in Zukunft ein Thema zu werden. Derzeit laufen dafür bereits in verschiedenen Ländern Tests. Die Vereinigten Arabischen Emirate wollen langfristig Passagierdrohnen als öffentliche Verkehrsmittel einsetzen. Zunächst soll in einer Testphase erprobt werden, wie der autonome Transport per Luft im Land funktionieren könnte. Das Emirat plant bis 2030 ein Viertel seines Verkehrs auf den autonomen Transport umgestellt zu haben.

In den USA wird der Einsatz von fliegenden Taxis ebenfalls erwogen. Uber arbeitet aktuell mit der US-Raumfahrtbehörde NASA an der Entwicklung von solchen. Schon 2020 sollen in ausgewählten US-Städten Demonstrationsflüge angeboten werden, teilte der Fahrdienstvermittler Anfang November mit. Die ersten kommerziellen Flüge von Uber-Lufttaxis soll es 2023 geben. Die Lufttaxis würden zunächst von einem Piloten gesteuert werden, aber könnten später dann autonom fliegen, so Uber-Sprecher Matthew Wing gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.

Noch ist bis dahin etwas Zeit. Es bleibt allerdings offen, was dann aus dem Berufsstand der Taxifahrer und -unternehmer wird. Daher gilt es für die Branche, jetzt mehr denn je an den richtigen Stellschrauben zu drehen und neue Entwicklungen anzustoßen.


0 Kommentare

Zeichenbegrenzung: 0/2000

newspaper_img

Aktuelles Magazin

Ausgabe 6/2017

newspaper_img

Sonderausgabe Elektro

Das neue Jahresspecial Elektromobilität.

Beleuchtet alle Aspekte der batteriebetriebenen Mobilität im Unternehmen

countdown-bg

Der nächste „Flotte!
Der Branchentreff" 2026