Gleiche Marktherausforderungen

Interview mit Dr. Heinz-Peter Renkel, Verbandsgeschäftsführer der Banken der Automobilwirtschaft (BDA).

Gleiche Marktherausforderungen

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Gleiche Marktherausforderungen

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Flottenmanagement: Herr Dr. Renkel, das Fahrzeugleasing über herstellerverbundene Banken und Finanzdienstleister boomt in Deutschland. Welche Faktoren machen Sie dafür verantwortlich, dass die Finanzierungsart Leasing bei Fuhrparks so erfolgreich ist? Was macht herstellerverbundene Dienstleister für die Unternehmen attraktiv

Dr. Heinz-Peter Renkel: Die Fahrzeuge eines Unternehmens stellen in der Regel einen beachtlichen Kostenfaktor dar, insbesondere wenn es um größere Fahrzeugflotten geht. Bei der Frage nach dem richtigen Finanzierungsprodukt geht es in der Folge um harte ökonomische Kriterien, um die Mobilität des Betriebs beziehungsweise der Flotte so kostengünstig und effizient wie möglich zu gestalten. Leasing ist für Unternehmen geradezu historisch gewachsen das Produkt der ersten Wahl, da es für sie zahlreiche Vorteile bietet. Hier sind steuerliche Aspekte ebenso zu nennen wie die Bilanzneutralität der Leasingfahrzeuge, die Schonung der Unternehmensliquidität oder auch die optimale unternehmerische Planungssicherheit durch gut kalkulierbare, feste monatliche Raten und die Vertragslaufzeit. Bei der Wahl des richtigen Leasingpartners sind dann nicht nur die reinen Leasingkosten ausschlaggebend, sondern die gesamten Mobilitätskosten und damit die Frage „Wie hoch sind die Kosten rund um die Mobilität meines Fuhrparks insgesamt?“.

Neben dem eigentlichen Leasingprodukt kommt hier auch die weitere Dienstleistungspalette zum Tragen, etwa Wartungs- und Reparaturbausteine, Reifenservices, Tankkarten, Versicherungen, Schadenservice, Ersatzfahrzeugstellung, Kostenreporting et cetera. Die herstellerverbundenen Finanzdienstleistungsgesellschaften mit ihrem breiten Angebotsportfolio sind hier ein attraktiver und verlässlicher Partner für Unternehmen und gewerbliche Kunden, da sie alles aus einer Hand bieten können. Allein im vergangenen Jahr brachten die Finanztöchter der Automobilkonzerne gewerbliche Neufahrzeuge im Wert von über 25 Milliarden Euro in Deutschland auf die Straße – ein Plus von zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dieses starke Wachstum unterstreicht, dass die Produkte sowie die entsprechenden Dienstleistungsangebote der herstellerverbundenen Banken und Leasinganbieter die hohen Ansprüche gewerblicher Kunden bestens erfüllen. Dies reicht vom kleinen Fuhrpark eines Bäckerbetriebs mit nur wenigen Leasingfahrzeugen bis hin zum umfassenden Flottenmanagement großer Konzerne. Unabhängig davon, welche Größe oder Struktur der Fuhrpark aufweist, können die herstellerverbundenen Institute mit ihren flexiblen Lösungen, schlanken Prozessen und einer unkomplizierten Administration des Fuhrparks punkten. Insbesondere die enge Zusammenarbeit zwischen Bank und Hersteller erweist sich hier immer wieder als klarer Wettbewerbsvorteil.

Flottenmanagement: In Ihrem Verband kommen kleine und große Automobilbanken, inländische Hersteller und Importeure zusammen. Woraus besteht die gemeinsame Schnittmenge, welche Erfahrungen können die großen den kleinen, die Banken deutscher Hersteller den Importeursbanken mitgeben und umgekehrt

Dr. Heinz-Peter Renkel: In der Tat vereinen wir als Dachorganisation, wie natürlich alle Branchenverbände, heterogene Marktteilnehmer mit teilweise unterschiedlichen Herangehensweisen, individuellen Markenspezifika und auch mit verschiedenen Größen und Skaleneffekten. Der gemeinsame Nenner ist jedoch immer durch die für alle Institute gleich bestehenden Marktherausforderungen gegeben. Diese können wir verbandsseitig gut herausarbeiten und mit gemeinsamer Stimme adressieren, etwa im Bereich Bankenregulierung, oder in anderen Fällen unsere Mitglieder für Themen gezielt sensibilisieren. Betrachten wir exemplarisch das Thema Digitalisierung und Onlinevertrieb, zu dem wir seitens unserer Organisation unter anderem sogenannte „Digital Days“ ausrichten: Wesentliche Kundengruppen sind heute verstärkt online unterwegs und erwarten auch bei der Fahrzeuganschaffung das komplette Angebotsportfolio und entsprechende Finanzdienstleistungslösungen online. Hierauf müssen sich alle Marktteilnehmer gleichermaßen einstellen beziehungsweise ihr bestehendes Geschäftsmodell anpassen. Auch wenn es hier unterschiedliche Herangehensweisen, Umsetzungsgeschwindigkeiten und technische Lösungen gibt, so haben doch alle Häuser die Digitalisierung ihres Angebots als Kernthema erkannt und arbeiten an entsprechenden eigenen Projekten.

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Auf dem Heimatmarkt sind die deutschen Hersteller aufgrund einfacherer Entscheidungsprozesse teilweise schon etwas weiter vorangeschritten als die Importeure, diese haben mitunter jedoch einfach andere Pilotmärkte.

Flottenmanagement: Das Thema Restwert betrifft alle, ob großer oder kleiner, deutscher Hersteller oder Importeur. Was können Sie dem Flottenkunden sagen, wenn er die Meldungen über sinkende Restwerte beunruhigend findet? Wie gehen Sie mit dem Thema auf Verbandsebene um

Dr. Heinz-Peter Renkel: Handel, Hersteller und Finanztöchter arbeiten beim Thema Fahrzeugrestwerte eng zusammen, sowohl in regelmäßigen gemeinsamen Arbeitsgremien als auch unter Einbeziehung externer Dienstleister für Restwertprognosen. Auch hier ist gerade der Dreiklang aus Hersteller, Handel und herstellerverbundenem Finanzdienstleister ein kostenrelevanter Wettbewerbsvorteil, von dem die Kunden profitieren. Mit Blick auf die angeregte Mediendiskussion um mögliche negative Restwertentwicklungen für bestimmte Fahrzeuge raten wir, wie auch die benachbarten Branchenverbände, zur Besonnenheit und einer rein faktenbasierten Betrachtung. Die Restwertthematik wird genau beobachtet, allerdings gibt es zum aktuellen Zeitpunkt noch keine verlässlichen Erkenntnisse im Markt. Unabhängig hiervon werden bei den herstellerverbundenen Leasinggesellschaften ohnehin fast ausschließlich sogenannte Kilometerverträge abgeschlossen, um die eigenen Kunden vor bösen Überraschungen am Ende der Laufzeit zu schützen. Hierbei werden feste Laufzeiten sowie Laufleistungen vereinbart, auf deren Basis die Leasingraten kalkuliert sind. Darüber hinaus gefahrene Kilometer werden am Ende der Laufzeit mit einem vorher festgelegten Schlüssel nachbelastet und Minderkilometer ebenfalls entsprechend vergütet. Insofern trifft Kunden in der Regel auch keinerlei Restwertrisiko.

Flottenmanagement: Vor welchen Herausforderungen stehen Ihre Mitgliedsunternehmen, wenn immer stärker Mobilitätsdienstleistungen aus einer Hand gefragt sind und zudem die Digitalisierung bis hin zum Onlineverkauf von Fahrzeugen voranschreitet

Dr. Heinz-Peter Renkel: Der Wunsch gewerblicher sowie privater Kunden, alle Leistungen rund um das eigene Fahrzeug beziehungsweise rund um die individuelle Mobilität unkompliziert unter einem Dach und aus einer Hand zu erhalten, ist keineswegs neu. Hierin liegt seit Jahren eine große Stärke der herstellerverbundenen Finanzdienstleister, denn sie bieten die „Hardware Automobil“ direkt mit der begleitenden „Software“, etwa Finanzdienstleistungen, Versicherungs- und Servicemodulen an. Allein im vergangenen Jahr schlossen die Herstellerbanken über 2,56 Millionen zusätzliche Dienstleistungsverträge mit Leasing- und Finanzierungskunden ab. Und das Geschäftsfeld mit zusätzlichen Dienstleistungen rund um das Automobil bietet unverändert sehr großes Wachstumspotenzial. Besonders interessant ist dabei die Frage, wie genau zukünftige Services als integrierter Bestandteil eines Leasing- beziehungsweise Finanzierungsvertrags aussehen könnten. Eine Befragung von mehr als 1.200 Autokäufern im Frühjahr hat beispielsweise gezeigt, dass drei von fünf Kunden gern die Nutzung eines Urlaubsfahrzeugs als Dienstleistung integrieren würden. Jeder zweite Befragte könnte sich vorstellen, auch die Taxinutzung oder den öffentlichen Personennahverkehr in die monatliche Rate einfließen zu lassen.

Auch andere Mobilitätsangebote, beispielsweise Flugzeug-, Bahn- oder Carsharing-Nutzung, sind für viele Verbraucher als Bestandteil eines Paketangebots der Herstellerbanken vorstellbar. Zudem ist das Interesse an integrierten App-Funktionen sehr groß: 58 Prozent wünschen sich eine App-basierte Parkplatzreservierung insbesondere in Innenstadtlagen als integrierten Service. Mehr als jeder Zweite kann sich vorstellen, per App einzelne Funktionalitäten oder Features und Zusatzleistungen rund ums Auto punktuell freizuschalten. Mögliche Ansatzpunkte wären hier beispielsweise zusätzliche Assistenzsysteme oder zusätzliche Motorleistung in Form von Mehr-PS auf langen Fahrten oder auch das optionale Schiebedach-Feature für die Sommermonate. Integrierte Bezahldienste, etwa für Parken oder Tanken, sind ebenfalls für mehr als die Hälfte der Autokäufer als Vertragsbestandteil wünschenswert. Dies ist zwar nur ein kleiner Ausschnitt aus dem, was in Zukunft möglich sein wird, verdeutlicht jedoch, dass in diesem Segment noch große Wachstumspotenziale liegen und die Herstellerbanken auf ihrem Entwicklungspfad von reinen Finanzdienstleistern hin zu umfassenden Mobilitätsdienstleistern noch lange nicht am Ziel angekommen sind.

Unmittelbar mit dem Angebot neuer Dienstleistungen verbunden ist auch die Etablierung von nahtlosen digitalen Prozessen für die Kunden und die enge Verknüpfung von Online- und Offlineangeboten. Eine zentrale Herausforderung für alle Marktteilnehmer ist hier, mit den sich schnell verändernden Kundenbedürfnissen stets Schritt zu halten. Die herstellerverbundenen Finanzdienstleister wollen die Chancen der Digitalisierung verstärkt nutzen, um in Zukunft auch neue Kunden- und Produktsegmente zu erschließen – gemeinsam mit Handel und Herstellern. Erste wichtige Schritte der BDA-Institute sind getan und entsprechende Projekte im Markt etabliert. Diese reichen vom vollständig digitalen Vertragsabschluss über Online-Vorabkreditzusagen oder der Nutzung neuer Vertriebsplätze wie Amazon bis hin zum Angebot einzelner hinzubuchbarer Dienstleistungen im Netz. All diese Angebote und ergänzenden Online- Vertriebsaktivitäten zeichnen sich dadurch aus, dass sie in engem Schulterschluss mit den Handelspartnern umgesetzt werden und nicht an diesen vorbei. Auf neue digitale Projekte der Herstellerbanken darf man auf jeden Fall gespannt sein.

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