Richtig angepasst?

Ein von der Norm abweichender Reifendruck kann im schlimmsten Fall einen Reifenschaden nach sich ziehen. Dies stellt nicht nur eine Gefahrenquelle dar, sondern kostet auch viel Zeit und Geld. Insbesondere für den Dienstwagenfahrer ein großes Ärgernis. So weit muss es allerdings gar nicht erst kommen, denn mit Reifendruckkontrollsystemen (RDKS) lässt sich Luftverlust oft frühzeitig voraussagen. Flottenmanagement erklärt, wie die Überwachungssysteme funktionieren.

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Seit November 2014 müssen laut der EU-Verordnung 661/2009 alle neu produzierten Pkw sowie Wohnmobile ab Werk mit einem Reifendruckkontrollsystem ausgerüstet sein. Der Fahrer ist so jederzeit über den aktuellen Füllstand der Pneus informiert. So kann neben einem plötzlichen Druckabfall durch einen Schaden auch der natürliche Luftverlust erkannt werden. Denn jeder Reifen verliert im Laufe seines Lebens an Luft. Der Fachmann spricht in diesem Zusammenhang von Diffusion. Laut ADAC liegt der Diffusionswert bei bis zu 0,1 bar pro Monat. Das klingt zunächst nicht nach sonderlich viel. Allerdings ist Fahren mit einem von der Norm abweichenden Luftdruck weder wirtschaftlich noch umweltfreundlich. Denn bei einem Minderdruck von einem halben bar erhöht sich der Spritverbrauch bereits um 0,2 bis 0,4 Liter auf 100 Kilometern. Dieser vermeintlich kleine Mehrverbrauch kann sich insbesondere bei einer großen Flotte enorm auswirken. Der Fuhrparkleiter hat also ein entsprechend großes Interesse daran, dass die Fahrer mit den richtigen Luftdrücken unterwegs sind, um den Kostenfaktor Treibstoff nicht unnötig zu steigern.

Wirft man einen Blick auf die Initiative Reifenqualität – „Ich fahr‘ auf Nummer sicher!“ des Deutschen Verkehrssicherheitsrates e. V. (DVR) und seiner Partner im Jahr 2016, so scheint es empfehlenswert, die Fahrer auf das regelmäßige Kontrollieren der Reifendrücke hinzuweisen. Demnach wurden im September des vergangenen Jahres 1.511 Pkw im gesamten Bundesgebiet überprüft. Das Ergebnis: Bei 36 Prozent waren die Reifendrücke falsch eingestellt. 30 Prozent der Pneus wiesen dabei einen zu geringen Luftdruck auf. Eine mögliche Ursache für den Minderdruck hat das Markt- und Sozialforschungsinstitut INSA-CONSULERE im Rahmen einer Umfrage aufgedeckt. Etwa ein Viertel der rund 2.000 Teilnehmer gab an, den Luftdruck im Sommer absichtlich zu senken, um einen Reifenplatzer durch sich ausdehnende Luft zu verhindern. Ein Trugschluss, denn laut Experten tritt der gegenteilige Effekt ein: Zu geringer Luftdruck macht sich neben einem erhöhten Verbrauch auch durch schlechtere Fahreigenschaften bemerkbar. Insbesondere bei Kurvenfahrten werden Kräfte schlechter übertragen und der Pneu beginnt sich zu walken. Die Luft erhitzt sich und führt im schlimmsten Fall zum befürchteten Reifenplatzer.

Die Fahreigenschaften können übrigens auch bei einem Überdruck abnehmen, da sich die Aufstandsfläche der Reifen ebenfalls verringert. Es ist also durchaus ratsam, sich an die vom Hersteller vorgegebenen Reifendrücke zu halten. Damit dies einfach gelingt, statten Autohersteller ihre Neufahrzeuge mittlerweile ab Werk mit RDKS aus. Es stehen dabei zwei unterschiedliche Varianten zur Verfügung: direkte und indirekte Kontrollsysteme.

Direkte Kontrollsysteme
Bei den direkten Kontrollsystemen sitzen die Messgeräte, wie der Name bereits verrät, direkt am jeweiligen Reifen. Die Sensoren befinden sich bei dieser Variante direkt an der Felge im Reifeninneren oder auf dem Ventil. So können selbst kleinste Luftdruckveränderungen in Echtzeit registriert werden. Das System gibt in der Regel auch Auskunft über die Temperatur im Reifeninneren, um vor einer Überhitzung zu warnen. Die Daten des Reifens werden per Funk an ein Steuergerät gesendet und stehen dem Fahrer so auf dem Armaturenbrett des Fahrzeugs zur Verfügung. Bei einer Abweichung des Solldrucks, beispielsweise durch einen schleichenden Plattfuß oder eine zu große Wärmeentwicklung, wird der Fahrer über eine akustische sowie optische Warnung informiert. Die hohe Präzision ermöglicht letztendlich eine genaue Voraussage der Druck- und Temperaturentwicklung im Pneu. Im Optimalfall kann durch das frühzeitige Erkennen von Veränderungen das Risiko von Reifenplatzern beziehungsweise Unfällen durch Reifenschäden deutlich minimiert werden.

Allerdings birgt die direkte Messung auch gewisse Nachteile. Denn aufgrund der Komplexität der Sensoren ist das System entsprechend teuer. Bei einem Reifensatz kommen so schnell Hunderte Euro zusammen. Zudem müssen bei einem direkten System auch Winterreifen mit einem Satz Sensoren ausgestattet werden. Ein weiterer Faktor, der auf eine erhöhte finanzielle Belastung bei direkten Systemen weist, ist die Verwundbarkeit der Systeme. Durch die Platzierung der Sensoren an der Felge können jene beim Abziehen des Reifens in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Folge: Die Sensoren können beschädigt werden und müssen im Zweifel ersetzt werden.

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Indirekte Kontrollsysteme
Deutlich kostengünstiger sind indirekte Systeme. Zurückzuführen ist dies unter anderem auf den Verzicht von Sensoren im Reifeninneren. Bei dieser Variante wird der Luftdruck mithilfe der Raddrehzahlsensoren des Antiblockiersystems (ABS) überwacht. Wenn Luft aus einem Reifen entweicht, wird sein Umfang geringer und er dreht sich im Vergleich zu den anderen Pneus schneller. Wie der Name des Systems verrät, wird der Luftdruck also gar nicht unmittelbar gemessen, sondern indirekt über die ohnehin im Fahrzeug befindliche Technik des ABS. Daher fallen auch keine Kosten durch einen zusätzlich benötigten Satz Sensoren an. Auch ein Wechsel von Sommer- auf Winterreifen ist problemlos möglich, das System muss lediglich neu kalibriert werden.

Allerdings können die indirekten Messsysteme in Sachen Leistung nicht mit den Sensoren direkt im Reifen mithalten. Während die direkten RDKS bereits minimalste Veränderungen aufzeichnen, reagiert das indirekte System deutlich zeitversetzt und ungenauer. So wird der Alarm nur bei einer Veränderung der Rotationsgeschwindigkeit im Vergleich zu den anderen Pneus ausgelöst. Im Falle eines gleichmäßigen Luftverlusts an allen vier Reifen, wie beispielsweise durch die natürliche Diffusion, würde so kein Alarm ausgelöst werden. Auch Temperaturunterschiede können, im Gegensatz zu direkten Messsystemen, nicht registriert werden.

Die richtige Wahl?
Grundsätzlich werden Neuwagen heute bereits ab Werk mit RDKS ausgestattet. Die Hersteller bleiben bei ihren Fahrzeugen meist entweder dem direkten oder indirektem System treu. Mit Audi, Peugeot und Citroën verwenden laut des ADAC lediglich drei Hersteller beide Systeme in verschiedenen Modellen. In der Regel hat ein Käufer also nur Einfluss auf die Wahl der Systeme, wenn ein Auto einer bestimmten Marke angeschafft wird. Allerdings besteht auch die Möglichkeit, Fahrzeuge mit einem gewünschten RDKS nachzurüsten. Nicht zu unterschätzen ist jedoch auch der Faktor Mensch. Denn die unterschiedlichen Systeme warnen lediglich vor einem abweichenden Druck. Angepasst werden muss die Luftmenge noch immer manuell durch den Fahrer. Die Fahrt zu einem Druckluftautomaten an der Tankstelle bleibt dem Fahrer somit auch mit der Technik nicht erspart. Für den Fuhrparkleiter bedeutet dies, seine Fahrer explizit darauf hinzuweisen, die Meldungen im Armaturenbrett nicht zu ignorieren. Schließlich geht es nicht nur um die Sicherheit, sondern auch um einen Kostenfaktor in der Flotte.

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