Zukunft gestalten
Zum 19. Mal ist eine Vielzahl von Vertretern aus den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik der Einladung des Verbands der Automobilindustrie e. V. (VDA) zum Technischen Kongress gefolgt. Mit über 700 Teilnehmern erreichte eines der wichtigsten Branchentreffen der Automobilindustrie in Berlin einen neuen Höchststand. Auch Flottenmanagement ließ sich die Gelegenheit für einen Besuch nicht entgehen und fasst für Sie einige Kernpunkte aus den Themenkomplexen Umwelt, Energie und Elektromobilität sowie Fahrzeugsicherheit und Elektronik zusammen.

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Man könnte meinen, dass die Wahl auf Berlin als Veranstaltungsort aufgrund der Verbundenheit zum VDA, der dort seinen Hauptsitz hat, gewählt wurde, doch eigentlich hat dies einen anderen Hintergrund: „Wir haben in Berlin eine hochkreative Start-up-Szene rund um die Elektromobilität. Die beiden Welten verbinden sich zunehmend und befruchten sich gegenseitig“, erklärte Matthias Wissmann, Präsident des VDA, in seiner Begrüßungsrede. Die Branche wiederum blicke auf mehr als 100 Jahre Erfahrung zurück: „Wir wissen aber auch, nichts ist schneller als der Wandel“, so Wissmann weiter. Deswegen sei es unabdingbar, immer innovativ zu bleiben. Rund 40 Milliarden Euro würden daher in den nächsten Jahren in die Entwicklung alternativer Antriebe gesteckt. Weitere 16 Milliarden Euro fließen in die Digitalisierung. Ziel sei es, so der VDA-Präsident, immer umweltfreundlicher zu werden. Das bedeute aber auch, die klassischen Antriebe immer effizienter zu machen.
Auch Prof. Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung, hob in ihrer Rede die Bedeutung dieses Innovationsgeistes hervor: „Ein wichtiger Innovationstreiber ist die Automobilindustrie: Eine Vielzahl technischer Neuerungen kam von deutschen Herstellern, zum Beispiel im Leichtbau oder in der Elektronik. Rund 32 Milliarden Euro hat die Automobilindustrie im Jahr 2016 in Forschung und Entwicklung investiert – zehn Prozent mehr als im Vorjahr und ein Spitzenwert im internationalen Vergleich. Diesen Innovationsgeist brauchen und fördern wir, wenn es um die Forschung für das Auto von morgen geht. Denn die zukünftige Mobilität stellt uns vor neue Herausforderungen, die Antworten verlangen: Wir müssen dem Klimawandel begegnen, die Lebensqualität in den Metropolen stärken und die Chancen der Digitalisierung auch für die Vermeidung der Verkehrslasten nutzen.“ Dabei betonte Prof. Dr. Wanka, dass die Mobilität künftig vielfach individuell zu denken sei und das Auto deshalb auch in der Mobilität der Zukunft eine wichtige Rolle spiele. Welcher Antrieb sich durchsetzen werde, sei dabei zweitrangig, jedoch sei dafür Sorge zu tragen, dass die führende Rolle als Innovationsnation auch in Zukunft gehalten und ausgebaut werde. Dafür sei es unerlässlich, in alle Richtungen zu denken und auf Technologieoffenheit zu setzen.
Dies erfordere auch einen Wandel in der Automobilindustrie: In Zukunft müsse nicht mehr das Produkt Fahrzeug, sondern die Sicherstellung von Mobilität im Fokus stehen. Dafür sei auch eine Zusammenarbeit mit Mobilitätsanbietern aus der Start-up-Szene nötig, um beispielsweise den Weg vom automatisierten über das hochautomatisierte bis hin zum autonomen Fahren gestalten zu können. Wissmann wehrte sich in diesem Zusammenhang auch gegen den vorherrschenden Eindruck, die heimische Branche habe den Trend verschlafen: 58 Prozent der Patente zu den Themen automatisierte und vernetzte Fahrten seien in der Hand von VDA-Mitgliedern. „Die alten Straßen haben wir schon lange verlassen“, sagte er. Gleichzeitig bezeichnete er die Verabschiedung des Gesetzentwurfs des Bundestags zum automatisierten Fahren als „radikale Evolution“. Wobei für ihn eines klar ist: „Entweder wir sind an deren Spitze oder wir können die volkswirtschaftliche Bedeutung unserer Unternehmen nicht halten.“
Dr. Stefan Sommer, Vorstandsvorsitzender des diesjährigen Kongress-Premiumpartners ZF, betonte in seiner Keynote, dass auch das Auto der Zukunft nicht ohne Mechanik fahre, denn „das viel zitierte ‚iPhone auf Rädern‘ braucht weiter eine Bremse und eine Lenkung, Achsen und weitere mechanische Komponenten. Hier, in der Kombination aus Hardware und Software, liegt unsere Stärke – wir produzieren intelligente mechanische Systeme“, erläuterte Dr. Sommer. Diesen tief greifenden Wandel in der Automobilindustrie nutzt ZF zugleich für einen Transformationsprozess zu einem Technologiekonzern, der in den Zukunftsfeldern E-Mobilität sowie autonomes Fahren eine führende Rolle einnehmen soll. Dabei wies er auf die Herausforderungen der Zukunft mit Blick auf neue Technologien hin: So sind voraussichtlich im Jahr 2037 fünf Prozent der Pkw älter als 20 Jahre und verfügen daher nicht über die Technologien des automatisierten beziehungsweise autonomen Fahrens. Um diese, aber auch andere Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger und Radfahrer an diesem technologischen Fortschritt partizipieren zu lassen, müsse man auch hier neue Konzepte entwickeln. Ein Beispiel hierfür wäre die Vernetzung von Smartphones und Wearabeles, um auch Fußgänger vor Kollisionen mit Fahrzeugen warnen zu können.
Die fortschreitende Digitalisierung des Verkehrs bietet laut Andreas Krüger, Beauftragter für Informations- und Kommunikationstechnik des Geschäftsbereiches Digitale Gesellschaft des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), für Gesellschaft und Wirtschaft enorme Chancen, die genutzt werden müssen: „Sie sichert Wirtschafts- und Innovationswachstum, Beschäftigung und Wohlstand. Die Mobilität der Zukunft soll nicht nur sicherer, sondern auch umweltschonender werden.“ Zur Erreichung dieser Ziele stelle die Zukunftstechnologie des automatisierten und vernetzten Fahrens (AVF) einen wichtigen Baustein dar. So zeigen beispielsweise Unfallstatistiken immer wieder: Hauptursache von Verkehrsunfällen ist menschliches Fehlverhalten – über 90 Prozent der Unfälle sind auf personenbezogene Ursachen wie nicht angepasste Geschwindigkeit, Unaufmerksamkeit oder zu geringer Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug zurückzuführen. „Die Bundesregierung hat mit der ‚Strategie automatisiertes und vernetztes Fahren – Leitanbieter bleiben, Leitmarkt werden, Regelbetrieb einleiten‘ Leitlinien beschlossen, um die Potenziale des AVF schnellstmöglich zu erschließen. Für die Entwicklung, Erprobung und Einführung von AVF-Technologien im Straßenverkehr sind geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen. Handlungserfordernisse bestehen in den Bereichen Infrastruktur, Recht, Innovation, Vernetzung, IT-Sicherheit und Datenschutz sowie gesellschaftlicher Dialog“, resümierte Andreas Krüger.

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Insbesondere auf den gesellschaftlichen Dialog bezog sich auch die Keynote- Rede von Renata Jungo Brüngger, Vorstandsmitglied der Daimler AG, Integrität und Recht, die in ihrer Session zum Thema „Autonomes Fahren, Recht und Ethik“ betonte: „Recht und Ethik müssen mit der technischen Entwicklung Schritt halten. Für die teilautomatisierten Systeme, die bereits heute auf der Straße sind, bieten die bestehenden rechtlichen Regularien und ethischen Grundlagen den geeigneten Rahmen. Für die Zukunft des autonomen Fahrens, bei dem der Fahrer nur noch Passagier ist oder es gar keinen Fahrer mehr gibt, muss die bestehende Rechtsordnung ausgebaut und neu interpretiert werden.“ Dabei sei ein öffentlicher Diskurs von enormer Bedeutung: „Im Sinne einer verantwortungsvollen Herangehensweise an das autonome Fahren ist es darüber hinaus wichtig, die rechtlichen und ethischen Fragen in einem breiten Diskurs zu besprechen. Um die gesellschaftliche Akzeptanz dieser Zukunftstechnologie zu fördern, brauchen wir den Austausch zwischen Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaft und Politik“, fasste Renata Jungo Brüngger die Herausforderungen in der Zukunft zusammen.
Fazit
Die mehr als 700 Anmeldungen zum 19. Technischen Kongress des VDA zeigten, dass in der Automobilindustrie reges Interesse besteht einen der größten Wandel der Branche mitzugestalten. Gleichzeitig sollte allen Beteiligten klar sein, dass dieser Wandel nur im engen Zusammenspiel aller Akteure von Gesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zu bewältigen ist. Der jährlich stattfindende Technische Kongress bietet die ideale Plattform, um mit allen Akteuren in den Dialog zu treten und die Zukunft der Automobilindustrie zu gestalten.

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