Schreiben oder fahren

Wer gewerblich unterwegs ist, muss Lenk- und Ruhezeiten einhalten. Für das Handwerk gibt es aber Ausnahmen von den Aufzeichnungspflichten.

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Gerade mal 45 Minuten dauerte der Fenstertausch. Dafür schlug der Handwerker noch zwei Stunden für die An- und Abfahrt auf die Rechnung auf. Nicht abgesprochen, sagte der Kunde und wollte nicht zahlen. Doch das Amtsgericht Stadthagen gab dem Handwerker Recht (Az. 41 C 414/10). Tatsächlich ist es üblich, bei kleineren Werkleistungen von ein bis zwei Stunden Dauer eine Erstattung der Fahrtkosten zu verlangen. Aus gutem Grund: Die Fahrt ist nicht nur Arbeitszeit, für die der Chef seine Mitarbeiter bezahlen muss, dahinter steht auch noch ein hoher Verwaltungsaufwand – auch im Handwerk.

Tatsächlich ist das Handwerk von der EU-Gesetzgebung zu den Lenk- und Ruhezeiten betroffen und muss daher die fahrpersonalrechtlichen Vorschriften einhalten. Einen kleinen Trost gibt es: Denn der Gesetzgeber hat hierzulande für Handwerksbetriebe Ausnahmen in das Gesetz hineingeschrieben, die bürokratische Erleichterungen für die Meister bringen sollen. Keine schlechte Idee, schließlich müssen sich Meister bis zu einem Drittel ihrer täglichen Arbeitszeit mit der Verwaltung herumschlagen.

Die letzten Änderungen dieser Nachweispflichten zu den Lenk- und Ruhezeiten traten am 2. März 2015 in Kraft. Damit muss das Handwerk die Sozialvorschriften im Verkehr nicht einhalten bei:

• Fahrzeugen inklusive Anhänger bis 2,8 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht

• Fahrzeugen inklusive Hänger mit mehr als 2,8 bis 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht, solange es sich um einen Transport von Material, Ausrüstung oder Maschinen handelt, die der Handwerker für seinen Job vor Ort braucht.

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• Fahrzeugen inklusive Hänger ab 3,5 bis 7,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht, solange es sich um einen Transport von Material, Ausrüstung oder Maschinen handelt, die der Handwerker für seinen Job vor Ort braucht und die Fahrt nur in einem Umkreis von 100 Kilometern vom Firmenstandort aus erfolgt.

Hinfällig sind diese ganzen Vorschriften, wenn die Person am Steuer hauptamtlich Fahrer ist. Für den Lehrling, den Gesellen oder den Meister am Steuer gelten aber auch automatisch die Sozialvorschriften, wenn keine dieser Ausnahmeregelungen zutrifft. Handwerker müssen bei Fahrzeugen von 2,8 bis 3,5 Tonnen ein Tageskontrollblatt führen oder einen Fahrtenschreiber nutzen – wenn dieser an Bord ist. Und die Ausnahmen sind schneller erreicht als gedacht, etwa wenn der Fahrer zum Beispiel mit einem leeren Wagen unterwegs ist. Damit ist automatisch der Passus vom Transport von Material, Werkzeug oder Maschinen, die er zur Ausübung seines Jobs braucht, ausgehebelt – und für diese Leerfahrt gelten sofort die Auszeichnungspflichten. Dem Aufwand lässt sich aber schon entgehen, wenn nur ein Werkzeugkoffer an Bord ist.

Ab 3,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht gelten automatisch auch die gesamten Aufzeichungspflichten, wenn die Fahrt weiter als 100 Kilometer oder ohne Material, Maschinen oder Werkzeuge vonstattengeht. Ab dieser Gewichtsklasse gilt zudem: Ist das Fahrzeug nach Mai 2006 zugelassen, muss ein digitaler Tachograf an Bord sein. Das heißt aber auch: Der Fahrer muss im Besitz einer Fahrerkarte sein, um Lenk- und Ruhezeiten zu dokumentieren. Ist das Fahrzeug älter als Mai 2006, reicht auch ein analoger Fahrtenschreiber.

Eine entscheidende Frage ist, ob das Fahren die Haupttätigkeit des Angestellten hinterm Steuer ist oder das jeweilige Handwerk. Leistet sich der Handwerksbetrieb einen reinen Fahrer, gelten automatisch die Sozialvorschriften, also alle Vorgaben für die Lenk- und Ruhezeiten. Dabei sind die 2,8 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht die entscheidende Vorgabe, denn für alle Fahrzeuge darunter gilt das Gesetz nicht. Sitzt ein reiner Fahrer hinter dem Steuer eines Autos mit 2,8 bis 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht, muss er seine Fahrten generell nachweisen, das heißt, entweder mit einem Kontrollgerät oder einem Fahrtenbuch beziehungsweise Tageskontrollblättern.

Außerdem gilt dann auch: Führt der Fahrer eine nachweispflichtige Fahrt durch, müssen die Tätigkeiten des Fahrers der letzten 28 Tage dokumentiert sein. Das kann auf der Fahrerkarte gespeichert sein oder durch eine entsprechende Bescheinigung für berücksichtigungsfreie Tage, wenn der Fahrer nicht durchgängig ein nachweispflichtiges Fahrzeug lenkt. Weil es dafür kein offiziell vorgeschriebenes Formular gibt, reicht ein maschinenschriftliches Dokument, aus dem man die Tätigkeiten für die einzelnen Tage, etwa andere Arbeiten, Krankheit oder Urlaub, entnehmen kann.

Der Betriebsinhaber sollte sich generell um diese Nachweispflichten kümmern, vor allem dann, wenn er nicht von den Ausnahmeregelungen profitieren kann. Er ist daher gezwungen, die Fahrzeuge entsprechend auszurüsten und den Verwaltungsaufwand auf sich zu nehmen. Schließlich drohen im Falle einer Nichteinhaltung empfindliche Bußgelder.

Die letzten Änderungen, vor allem was die Ausnahmeregelungen betrifft, traten schon vor zwei Jahren in Kraft. Weil es im Vorfeld viele Diskussionen gab, geistern noch falsche Angaben durch die Gegend. Etwa was den Entfernungsradius rund um den Standort angeht. In der alten Fassung, also vor 2015, galt noch ein Radius von 50 Kilometern. Hier nimmt der Zentralverband des Deutschen Handwerks e. V. (ZDH) für sich in Anspruch, erfolgreiche Lobbyarbeit geleistet zu haben. Der ZDH hatte ursprünglich als Radius sogar 150 Kilometer gefordert. Außerdem hatte die EU zunächst auch vorgehabt, kleinere Transporter ab 2,8t mit digitalen Kontrollgeräten ausstatten zu lass Tonnen, was später dann auf 3,5 Tonnen (zulässiges Gesamtgewicht) erhöht wurde.

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